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Vom Zeitenwandel zu Wandelzeiten

Anmerkungen von Gerhard Kastl, Hessen

Nach zwei schrecklichen Weltkriegen mit verheerenden Folgen waren europäische Nationen endlich reif, friedliche Vereinbarungen zu treffen. Fast alle Daseinsbereiche erlebten einschneidenden, überwiegend fortschrittlichen Wandel. In der BRD durften sich auch Gewerkschaften wieder für bessere Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder einsetzen. Für den Polizeidienst gab es gravierende Veränderungen. Vieles wurde erheblich besser doch manches auch schwieriger und gefährlicher.

 

Aus der 48-Stunden-Sechstage-Arbeits-Woche wurde schrittweise eine 42-Stunden-Fünftage-Woche. Polizeianwärter-, Gerhard Kastl (83), Ltd. Polizeidirektor i. R., war bei seiner Versetzung in den Ruhestand Stellvertreter des Direktors der Hess. Bereitschaftspolizei. Hauptwachtmeister-, Meister-, Kommissarlehrgänge an der Hess. Polizeischule sowie U-, M- und O-Klassen, manche auch in den Dienstorten der Bereitschaftspolizei, gibt es nicht mehr. Bis 1980 hatte die Mehrzahl der Dienstanfänger Volksschulabschluss und zum Teil abgeschlossene Berufsausbildung. Heute werden nur noch Abiturienten eingestellt. Die Polizeischule heißt nun Polizeiakademie. Studiert wird an der Hochschule für Polizei und Verwaltung, heimatnah in Kassel, Wiesbaden, Gießen und Mühlheim am Main. Aus Lehrgangsteilnehmern wurden Studenten, die schon nach drei Jahren als Polizeikommissare Dienst versehen. Von drei Laufbahngruppen blieben nur noch der gehobene und höhere Dienst. Der 93%ige Anteil des mittleren Dienstes (A5 bis A8 m. Z.) gehört nun zu den Laufbahnen des gehobenen und höheren Dienstes. Seit 1980 wächst der Anteil uniformierter Polizistinnen.

Kommunale Polizeien der Städte wurden verstaatlicht. Uniformen wechselten ihre Farbe: vom Nachkriegsgrün zu einer modischen zweifarbigen Kombination, die der die nun blaue Dienstkleidung folgte. Stiefel und Lederkoppel wurden als „zu militärisch und undemokratisch“ abgeschafft. Sogar Dienstrangabzeichen waren einige Jahre tabu. Der Polizeistock musste gekürzt werden, um ihn in einer Seitentasche der Uniformhose verstecken zu können.  Dienstfahrzeuge, Waffen und Ausrüstung, Fernmelde- und Unterrichtsmittel hielten Schritt mit der technischen Entwicklung. Behörden und Dienststellen stehen weitgehend neue und erneuerte Gebäude und Einrichtungen zur Verfügung. An private Investoren veräußerte und teuer zurückgemietete Liegenschaften unterliegen leider nicht mehr der gleichen zeitnahen Betreuung wie früher.

So motivierend verbesserte Berufschancen wirkten, so bedenklich ist es, was im praktischen Dienst und bei Einsätzen an neuen, stressigen und oft gefährlichen Aufgaben zu bewältigen ist.

Bis in die 60iger Jahre des 20. Jh. blieben notgeprägte Generationen zufrieden mit dem wachsenden Wohlstand und selbst bei Streiks, Großveranstaltungen und Demonstration friedlich gestimmt. Polizisten fuhren in Alltags-Dienstkleidung zu Einsätzen in Fahrzeugen mit offenem Verdeck. Mit Studentenprotesten und Hausbesetzungen (an denen auch später bekannte Politiker beispielgebend beteiligt waren) begann sich die Situation dramatisch zu ändern.  Beleidigen, bespucken, schlagen und mit gefährlichen Gegenständen bewerfen mutierte zum „Volkssport“. Schutzleute mussten sich schützen. Vergitterte Fahrzeuge, behelmte in feuerhemmender Schutzkleidung mit Schutzschilden ausgerüstete Sicherheitskräfte sind nun auf schmerzhafter Erfahrung beruhender Beleg für die bei Großveranstaltungen oft eskalierenden Gewaltexzesse.

Im FOKUS 21/2014, Seite 41 waren folgende Schlagzeilen zu lesen: „Bulle verpiss dich! In Deutschland werden jährlich Tausende Polizisten brutal angegriffen. Der Respekt schwindet – laut internen Studien vor allem bei jungen Männern mit Migrationshintergrund“.

Immer mehr Zeitgenossen fühlen sich der Staatsmacht überlegen, viele gehen nicht zur Wahl oder wählen radikale Parteien. Berichte über Extremgruppierungen, Glaubenseiferer, organisierte Banden, Raub und Taschendiebstähle, Betrugsdelikte, Haus- und Wohnungseinbrüche häufen sich. Die Zahl inhaftierter Straftäter mit Migrationshintergrund ist um vieles größer als der Bevölkerungsanteil. Fehlt es hier nicht an Regeln, die helfen könnten, das in anderen Kulturkreisen geprägte Verhalten unseren Normen anzupassen? Schändlich ist u.a., dass Gewalttäter bisher straflos nur provozierte Reaktionen von Schutzkräften mit Smartphones filmen und ins Internet stellen.

Weil alles Leben auf der Erde von geografischen und klimatischen Bedingungen geprägt wird, sind Aussehen, Glauben, Sprache, Schrift, Ernährung, Wohnform und Kleidung, daher auch Lebensregeln und Verhaltensweisen der Menschen natürlich sehr verschieden. Deshalb ist es nicht einfach, sich einem fremden Kulturkreis problemlos anzupassen. Einheimischen wiederum fällt es mitunter schwer, Fremdeinflüsse zu tolerieren. Doch Fremdenhass ist nicht zu billigen. Gegen Migranten verübte Verbrechen belasten den polizeilichen Alltag und den Ruf der Nation. Polizei kann nur im Rahmen ihrer Personalstärke und Befugnisse Sicherheit gewährleisten.

Auch dem Gesetzgeber müssen Ursache und Wirkung der Zunahme an Rechtsbrüchen bekannt sein. Es ist seine Pflicht, den Entgleisungen mit geeigneten Maßnahmen entgegen zu wirken. Zögerliche Reaktionen lassen die Schäden steigen. Unmittelbar davon Betroffene, aber auch ihre politischen und beruflichen Vertreter sollten nicht zögern, ihre Parlamentarier zu drängen, durch geeignete Regeln diese Entwicklung aufzuhalten.

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