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Radpanzer Škoda PA-II („Turtle“): Ab 1928 bei der Wiener Polizei im Einsatz.
Foto: © LPD Wien/Polizeiarchiv)

POLIZEIGESCHICHTE ÖSTERREICH

„Schildkröten“ gegen Aufständische

Von Werner Sabitzer

Bei der Wiener Polizei waren ab 1928 drei gepanzerte, mit vier Maschinengewehren bestückte Spezialfahrzeuge im Einsatz. Die Škoda-Panzerwagen wurden wegen ihres Aussehens „Turtle“ („Schildkröte“) genannt.

Nach den schweren Ausschreitungen am 15. Juli 1927 in der Wiener Innenstadt mit 89 Toten und Hunderten Verletzten rüstete die Wiener Polizei auf, um weitere gewalttätige Demonstrationen zu verhindern.

Die Škoda-Werke in Prag lieferten 1928 drei gepanzerte, mit Maschinengewehren bestückte Fahrzeuge nach Wien. Die sechs Meter langen, 2,16 Meter breiten und 2,60 Meter hohen Spezialfahrzeuge mit der offiziellen Typenbezeichnung „Obrněný automobil vzor 1923“ (OAvz23), deutsch: „gepanzertes Automobil-Modell“, waren 1923 für die tschechische Armee konstruiert, aber von dieser abgelehnt worden. Deshalb entwickelte Škoda die Polizeiversion PA-II, die wegen ihrer Armierung „Zelva“ bzw. „Turtle“ („Schildkröte“) genannt wurde.

Angetrieben wurde der fast acht Tonnen schwere Wagen von einem Vier-Zylinder-Motor mit nur 70 PS (51 Kilowatt). Die Höchstgeschwindigkeit betrug 70 km/h.
Bewaffnet war der Panzerwagen mit vier wassergekühlten Schwarzlose-Maschinengewehren; zwei MGs befanden sich vorne und zwei hinten.

Die Besatzung bestand aus fünf Mann – einem Kommandanten, zwei Lenkern (einer vorne, einer hinten) und zwei MG-Schützen. Anstelle der Luftreifen konnten Vollgummireifen montiert werden, damit das Fahrzeug bei Reifenbeschuss weiterfahren konnte.

Škoda produzierte zwölf „Turtles“, neun für die tschechoslowakische Polizei und drei für die Polizei in Wien. Die gepanzerten Polizeifahrzeuge wurden bei gewalttätigen Auseinandersetzungen eingesetzt – in der Zwischenkriegszeit gab es immer wieder Zusammenstöße zwischen den paramilitärischen Formationen der großen politischen Lager, es gab Putschversuche der Kommunisten, der Sozialdemokraten und der Nationalsozialsozialisten.

„Daimler“-Panzerwagen

Nachfolgemodell Steyr ADGZ.
Foto: © LPD Wien/Polizeiarchiv
Nachfolger der „Turtles“ von Škoda wurden die geländegängigen Acht-Rad-Panzerfahrzeuge ADGZ, entwickelt von Austro-Daimler (1934: Steyr-Daimler-Puch). Ab 1935 wurde die Sicherheitswache mit sechs und die Gendarmerie mit acht „Austro-Daimler mittlerer M 35 ADGZ“ ausgestattet. Die Besatzung des zwölf Tonnen schweren und mit einem sechszylindrigen und 150 PS (110 Kilowatt) starken Steyr-Motor ausgestatteten Panzerwagens bestand aus sechs Mann, darunter zwei Lenkern (einer vorne, einer hinten). Auf dem Drehturm des Vierachsers befanden sich ein 2-cm-Kampfwagenkanone (KwK) und ein schweres Maschinengewehr. Die Höchstgeschwindigkeit betrug 70 km/h. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme im März 1938 wurden die gepanzerten Fahrzeuge der österreichischen Exekutive von der Ordnungspolizei übernommen.

Der Beitrag ist im Magazin des österreichischen Innenministeriums „Öffentliche Sicherheit“ erschienen.

 

Über den Autor
Werner Sabitzer
Werner Sabitzer
Werner Sabitzer, MSc, 63, war 30 Jahre lang Pressereferent im österreichischen Bundesministerium für Inneres (BMI) und Chefredakteur der Fachzeitschrift „Öffentliche Sicherheit“. Er ist seit 2018 Referent für Polizeigeschichte und Traditionspflege im BMI und leitet das Polizeimuseum Wien.
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