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 Geschickte Industriespione pflegen harmlos erscheinende Einzelinformationen mehrerer Personen zu einem Gesamtbild zusammenzufügen. Jede noch so unbedeutende Information, die nach draußen dringt, ist deshalb eine Information zu viel.

Aus eins mach vier

Von Klaus Henning Glitza

Statt einer zentralen Ansprechstelle, der Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit der Wirtschaft (ASW), werden sich künftig auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) eigenständig um das eminent wichtige Themenfeld Wirtschaftsschutz kümmern. Dabei war es bis vor zwei Jahren in der relevanten Verbandslandschaft noch völlig unstrittig gewesen, dass Staat und Behörden einen zentralen Ansprechpartner brauchen, der deren wirtschaftsrelevante Informationen den deutschen Wirtschaftsunternehmen zugänglich macht.

 

Ganz ohne Zweifel: In Sachen Wirtschaftsschutz werden jetzt die Karten neu gemischt. Aus eins mach vier - eine Entwicklung, die eine erneute Herausforderung wie auch Chance für die ASW bedeutet. Die neue Konstellation der Verbandspolitik trifft bei Deutschlands Sicherheitsverantwortlichen auf ein Meinungsbild, wie es unterschiedlicher nicht sein kann: Den einen gilt es als Zugewinn, dem anderen als Zersplitterung der Kräfte.

Wo liegen die Gründe für die aktuelle Viererkonstellation in Sachen Wirtschaftsschutz? Unter der Oberfläche der ASW, die Außenstehenden als glatt erschien, brodelte es schon seit Jahren. Wie fast überall, wo mehrere Verbände und deren unterschiedliche Interessenlagen unter einen Hut gebracht werden sollen. Im konkreten Fall traten Dissonanzen über die einzuschlagende Richtung zutage, die darin gipfelten, dass sich 2011 der DIHK aus der ASW zurückzog.

 

Mobotix

 

Ein Paukenschlag, denn der DIHK war nicht nur ein normales zahlendes Mitglied, sondern der Hauptsponsor der ASW. Ein Ereignis mit Folgewirkung: Ende vorigen Jahres hat der BDI gleichfalls der ASW den Rücken zugekehrt. Ende dieses Jahres vollzieht auch der BDSW diesen Schritt.

Insider sind sich einig: Weit schwerer als der Verlust der Mitgliedschaften wiegt, dass sich diese Verbände in Zukunft selbst des Themas Wirtschaftsschutz annehmen werden. Der ASW geht damit ihr wichtigstes Alleinstellungsmerkmal, die einzige Zentralorganisation der deutschen Wirtschaft in Sicherheitsfragen zu sein, verloren. „Nichtsdestotrotz verfügt sie aber weiterhin über ein einzigartiges Netzwerk der Sicherheitsexperten aus Regional- und Fachverbänden, was ein hohes Potential bietet, das es nun zu nutzen gilt“, ist aus ASW-Kreisen zu hören.

Grund der Austritte war nach Aussagen eines Insiders, dass BDI, BDSW und DIHK zwar Sitz und Stimme im ASW hatten, aber angesichts der Mehrheitsverhältnisse die verbandspolitische Ausrichtung der Arbeitsgemeinschaft nicht entscheidend prägen konnten. Die Spitzenverbände hätten sich in die Rolle von fördernden Mitgliedern ohne wirkliche Mitgestaltungsmöglichkeiten versetzt gesehen. In entscheidenden Fragen seien sie schlicht und einfach überstimmt worden. Dass die betroffenen Verbände darüber alles andere als „amused“ waren, sei schon lange bekannt gewesen. Ein anderer Insider sagt hingegen: Der Gestaltungsspielraum sei nicht immer entsprechend genutzt worden. Es gebe zwei Seiten der Medaille.

Das Beispiel DIHK zeigt deutlich die damalige Situation. Der Spitzenverband der deutschen Industrie- und Handelskammern hatte trotz massiven Sponsorings und seiner Sonderrolle (er stellte stets den -somit quasi „geborenen“- zweiten Vorsitzenden) keinen adäquaten Einfluss auf die organisatorische Weiterentwicklung der ASW gewinnen können. Dabei hatte er von vornherein klargestellt, dass er sein Sponsoring als Anschubfinanzierung betrachtet, die jährlich auf den Prüfstand zu stellen ist. Dem Vernehmen nach schoss der DIHK weit mehr als 50.000 Euro pro Jahr in die ASW. Hinzu kamen die Mitgliedsbeiträge und geldwerte Arbeitshilfen wie die Nutzung der IT-Infrastruktur, der Telekommunikationseinrichtungen und der Datenbanken des DIHK. Doch trotz dieser Unterstützung blieb der erhoffte personelle und organisatorische Ausbau der ASW aus, weil sich keine weiteren finanzkräftigen Sponsoren fanden. So ergab sich die Situation, dass abgesehen von der Arbeit des Vorstandes über lange Zeiträume der damalige Geschäftsführer und seine Sekretärin das Thema ASW weitestgehend allein auf weiter Flur abbilden mussten.

Der Ausstieg von BDI, BDSW und DIHK ist ein gravierender Aderlass in der Mitgliederstruktur, gewiss. Allerdings war der Fortbestand der ASW dadurch nicht gefährdet. Denn als Reaktion hat die ASW ein Reformprojekt gestartet, das neben einer inhaltlichen Neuausrichtung in Form eines Kompetenzcentermodells auch die Finanzierung sicherte. Denn schon nach dem Ausscheiden des DIHK ist es der Arbeitsgemeinschaft gelungen, mit dem Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte und dem Sicherheitsdienstleister POWER Sponsoren und Förderer zu finden. Der finanzielle Spielraum ist deshalb von den Austritten nicht tangiert. Der neue Kurs, für den vor allem der seit März 2012 agierende ASW-Vorsitzende Volker Wagner mit seinem Vorstandsteam steht, findet zudem zunehmend Anerkennung.

Es bleibt die Frage, was planen jetzt die ausgeschiedenen Spitzenverbände konkret?

Beim BDSW, dem früheren BDWS, wurde bereits mit der Umbenennung deutlich, dass der Wirtschaftsschutz künftig eine größere Rolle spielen würde. Denn Bundesverband der Sicherheitswirtschaft statt Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen, das ist nicht einfach eine neue Verbandsbezeichnung, sondern ein völlig neues Konzept.

Wie Hauptgeschäftsführer Dr. Harald Olschok gegenüber VeKo ausführt, plant der BDSW in Sachen Wirtschaftsschutz eine pragmatische Variante. Im engen Schulterschluss mit dem Staat will der BDSW „seine Mitgliedsunternehmen so qualifizieren, dass sie noch besser als bisher einen effizienten Beitrag zur Unternehmenssicherheit, vor allem für die mittelständische Wirtschaft, leisten können“. Vor allem die „hidden champions“, „von denen es vor allem im Mittelstand immer mehr gibt, dürfen im Interesse unseres Landes und in ihrem eigenen Interesse den Know-how-Vorsprung und ihre Wettbewerbsfähigkeit nicht verlieren. Dem BDSW geht  es vor allem darum, die bisherigen Informationsangebote des Staates undder staatlichen Stellen noch mehr auf die besonderen Bedürfnisse der KMU auszurichten“.

Im Vordergrund sollen dabei die sicherheitsbezogenen Hauptprobleme stehen, mit denen die Unternehmen heute konfrontiert sind, so Dr. Olschok. Zielsetzung ist es, statt ganz- oder mehrtägiger Veranstaltungen die wesentlichen Inhalte kurz und prägnant zu vermitteln. Auf diese Weise solle die wichtigste Voraussetzung für Prävention und Abwehr, das Sicherheitsbewusstsein, zielgerichtet gestärkt werden.

Ein wichtiger Aspekt, denn der BDSW könnte nach eigenen Angaben die wichtige Rolle eines Informationsmittlers einnehmen und als „Koordinierungsstelle zur Weitergabe sicherheitsrelevanter Informationen zwischen Staat und Wirtschaft“ zur Verfügung stehen.

Dafür nennt Dr. Olschok gegenüber VeKo triftige Gründe. Über seine mehr als 800 Mitgliedsunternehmen sei der Verband in der Lage, „Zehntausende von Kunden im Mittelstand“ zu erreichen. Gerade die überwiegend kleinen und mittleren Unternehmensgrößen des Mittelstandes seien ein enorm wichtiger Adressatenkreis, da dort der Wirtschaftsschutz überwiegend eine untergeordnete Rolle spiele.

Zu dieser Erkenntnis war der BDSW bereits in dem im März 2012 veröffentlichten Grundsatzpapier „Der Beitrag des BDSW und seiner Mitgliedsunternehmen zur Gewährleistung und Verbesserung der Unternehmenssicherheit für kleine und mittlere Unternehmen“ gekommen. Viele KMU (kleine und mittlere Unternehmen) verfügten „im Unterschied zu vielen DAX-Unternehmen bzw. `Global Playern´ nicht über eigene Sicherheitsabteilungen“, wurde in dem genannten Papier konstatiert.

BDSW-Präsident Gregor LehnertDies beinhalte aus BDSW-Sicht Risiken, die weit über den Mittelstand hinausgehen und die gesamte Volkswirtschaft betreffen. Denn die KMU stellen „mit ihrem Ideenreichtum, ihrer Flexibilität und Innovationsfähigkeit das Rückgrat des Wirtschaftsstandortes Deutschland“ dar. BDSW-Hauptgeschäftsführer Dr. Harald OlschokEin Grund mehr, sich intensiv um die „weißen Flecken“ in der Sicherheitslandschaft zu kümmern.

Zur Realisierung dieses Ansatzes haben der Präsident des BDSW, Gregor Lehnert, Hauptgeschäftsführer Dr. Olschok und der Leiter des BDSW-Hauptstadtbüros, Dr. Berthold Stoppelkamp, bereits mit den Präsidenten des Bundeskriminalamtes und des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Jörg Ziercke und Dr. Hans-Georg Maaßen, Arbeitsgespräche geführt. Ein weiteres Gespräch dieser Art ist in der Ltr. BDSW-Hauptstadtbüro Dr. Berthold Stoppelkampnächsten Zeit mit dem Präsidenten des BSI, Michael Hange, terminiert.

Gegenüber Präsident Jörg Ziercke sprach Dr. Olschok offen an, dass die Sicherheitsmeldungen des BKA für die BDSW-Mitgliederschaft aufgrund der überwiegenden Staatsschutzthemen von geringerer Bedeutung sind. In dieser Hinsicht erhoffe sich der Verband eine deutlichere Akzentuierung auf wirtschaftsrelevante Themen.

Auch die früheren ASW-Mitglieder BDI und DIHK haben das Mittelstands-Thema dezidiert in den Fokus gestellt. Im Rahmen einer nationalen Wirtschaftsschutzstrategie sollen nach den Vorstellungen der beiden Spitzenverbände künftig insbesondere mittelständische Unternehmen stärker für Sicherheitsfragen sensibilisiert werden. Diese Zielsetzung wurde schlaglichtartig deutlich, als am 28. August 2013 die beiden Spitzenverbände und das Bundesinnenministerium (BMI) eine Absichts- oder Grundsatzerklärung, einen sogenannten Letter of Intent, zum Thema „Wirtschaftsschutz in Deutschland 2015 – Vertrauen, Information, Prävention“ unterzeichneten.

Ein Termin, der denkbar hoch aufgehängt war. Neben Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich Haus der Deutschen Wirtschaft in Berlinunterzeichneten Ulrich Grillo, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) und Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie und Handelskammertages (DIHK), die gemeinsame Erklärung. Die Veranstaltung fand im Berliner „Haus der Deutschen Wirtschaft“ statt, in dem BDI und DIHK als Hausherren fungieren.

Sämtliche Beteiligten waren sich laut einer gemeinsamen Pressemeldung des BDI, des DIHK und des Bundesministeriums des Innern in der Sache einig. Nach diesen Meldungen erklärte Bundesinnenminister Friedrich, dass es „für einen erfolgreichen Schutz unserer Wirtschaft“ eines geschärften Bewusstseins „für die noch immer unterschätzte Gefahr von Angriffen auf Know-how und Innovation deutscher Spitzenunternehmen“ bedürfe. Wirtschafts- und Industriespionage sei eine leise, aber mächtige Bedrohung. Die Auswirkungen zeigten sich zeitlich verzögert durch den Verlust der Technologieführerschaft und Wettbewerbsverzerrungen. „Das bedeutet immer auch den Verlust von Arbeitsplätzen. Davor müssen wir uns schützen“, so der Minister.

Den Schutz vor weltweiten Angriffen auf Unternehmen, der für das Industrieland Deutschland unabdingbar sei, stellte BDI-Präsident Grillo in den Vordergrund seiner Ausführungen, wie aus der gemeinsamen Pressemeldung ersichtlich wird. „Nur wenn Wirtschaft und Bundesregierung freiwillig und partnerschaftlich zusammenarbeiten, können die immer komplexeren Sicherheitsherausforderungen bewältigt werden“, hob er hervor. Grillo forderte daher, alle nationalen Wirtschaftsschutzmaßnahmen in Bund und Ländern stärker aufeinander abzustimmen. „Wir benötigen dringend eine sinnvolle Koordinierung auf Bundesebene. Eine nationale Sicherheitsstrategie wäre ein Meilenstein für unseren Wirtschaftsschutz und einzigartig in Europa.“

Während der Unterzeichnung des Letter of Intent. Von links Ulrich Grillo (BDI), Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich, Eric Schweitzer (DIHK).DIHK-Präsident Schweitzer sprach der Pressemeldung zufolge besonders die Gefährdung mittelständischer Unternehmen an. Großkonzerne seien sich des Risikos der Industriespionage in der Regel viel bewusster als kleinere Unternehmen und wappneten sich entsprechend. „Diese Sensibilisierung müssen wir auch bei kleineren und mittelständischen Unternehmen noch stärker erreichen. Sicherheit darf auch hier nicht nur als Kostenfaktor gesehen werden – die Schäden, die durch Spionage und Wirtschaftskriminalität entstehen, sind vielfach deutlich höher als die erforderlichen Investitionen in die Sicherheit!“, so Schweitzer.

 

In einer gemeinsamen Erklärung wurden folgende Handlungsziele vereinbart:

  • Wir wollen eine Sicherheitsplattform mit zentralen Ansprechpartnern der Wirtschaft und der Sicherheitsbehörden schaffen.
  • Wir wollen eine Sensibilisierung in der Wirtschaft schaffen hinsichtlich der Gefährdungslage und Risiken durch Wirtschaftsspionage und Wirtschaftskriminalität sowie der Qualität und Schutzbedürftigkeit der in ihrem Besitz befindlichen Informationen. Die Sicherheitsbehörden sollen für die Belange der Wirtschaft in einer freiheitlich verfassten Wirtschaftsordnung sensibilisiert werden.
  • Wir streben daher eine stärkere Vertrauenskultur durch vertrauensbildende Maßnahmen an, um die Kooperation von Sicherheitsbehörden und Wirtschaft zur Abwehr von Risiken zu befördern sowie den Informations- und Erfahrungsaustausch zu stärken.
  • Wir wollen in diesem Rahmen gemeinsam zu einer neuen Qualität des wechselseitigen Informationsaustausches beitragen. Hierzu soll der freiwillige, risikobasierte Informationsfluss zwischen Wirtschaft und Sicherheitsbehörden verbessert werden.
  • Wir halten eine Schaffung einer gemeinsamen Internetplattform Wirtschaftsschutz von Staat und Wirtschaft für erforderlich.
  • Wir halten im Bundesinnenministerium die Schaffung eines Beauftragten für Wirtschaftsschutz für zielführend, der zentraler Ansprechpartner des Bundesinnenministeriums und seiner Sicherheitsbehörden für die Wirtschaft ist und die Zusammenarbeit koordiniert.

Der Letter of Intent basiert im Wesentlichen auf dem BDI-Positionspapier „Wirtschaftsschutz in der deutschen Industrie stärken“, das im September 2012 herausgegeben wurde. Darin ist bereits von der Ausarbeitung eines Nationalen Konzeptes für Wirtschaftsschutz die Rede, und es sind zentrale Handlungsziele wie die Benennung eines Bundesbeauftragten für Wirtschaftsschutz und Detailfragen der Kooperation zwischen Staat und Industrie ausformuliert. Unter „Ausgangslage und Positionsbestimmung“ heißt es: „Unternehmen können nur dort erfolgreich agieren, wo sie gegen äußere Beeinträchtigungen und Angriffe Dritter gesichert sind. Der Schutz zentraler Unternehmenswerte in Form von Mitarbeitern, Know-how, Vermögenswerten und Betriebsstätten im In- und Ausland ist daher unabdingbar.“

 

Securitas

 

Aus diesem Positionspapier, aber auch aus weiteren Statements der Spitzenverbände BDI und DIHK wird deutlich, dass bei der Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft erheblicher Handlungsbedarf gesehen wird. Die Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern unterstützten die Wirtschaft zwar mit einer Vielzahl an Initiativen, diese seien „jedoch nur teilweise inhaltlich und organisatorisch aufeinander abgestimmt“. Zudem seien „die Gesetzesgrundlagen für die Kooperation zwischen Behörden und Industrie unzureichend“. Staatliche Zuständigkeiten und Verfahren „sind deutschland- wie EU-weit nicht abgestimmt“. Insgesamt fehle „für einen zukunftsweisenden Wirtschaftsschutz ein gemeinsamer kohärenter Handlungsrahmen“.

Diese Ausgangslage soll jetzt nach Kräften geändert werden. Zur Erarbeitung der Nationalen Strategie richten BDI, Bundesinnenministerium und DIHK jetzt „eine gemeinsame Steuerungsgruppe ein, die offen ist für die Beteiligung weiterer Partner“, so geht es aus  Pressemeldungen hervor. „Zur Koordinierung der Sicherheitsbehörden in Wirtschaftsschutzfragen soll zudem im Bundesinnenministerium eine zentrale Koordinierungsstelle eingerichtet werden“.

Wermutstropfen der Veranstaltung im „Haus der Deutschen Wirtschaft“: Die Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit der Wirtschaft stand, obwohl der Wirtschaftsschutz erklärtermaßen ihre Kernkompetenz ist, nicht auf der Liste der Unterzeichner. „Ein unschönes Moment der Verbandspolitik“, kommentiert ASW-Vorsitzender Volker Wagner gegenüber VeKo. Dem Vernehmen nach wurde die Arbeitsgemeinschaft bewusst von der Unterzeichnungszeremonie im Haus der Wirtschaft ferngehalten. ASW-Chef Wagner war auf Einladung des BMI trotzdem dabei, er ist zudem aktives Mitglied des BDI-Unterausschusses Wirtschaftsschutz, der früher die Bezeichnung Ausschuss für Sicherheitsfragen trug.

Wie es auf der ASW-Homepage heißt, wies aber Bundesinnenminister Friedrich bei dieser Veranstaltung ausdrücklich darauf hin, „dass neben den Sicherheitsbehörden u.a. die ASW bei der Ausgestaltung und Umsetzung eingebunden sein muss“. Die ASW werde „dieser Aufforderung von Minister Friedrich gerne nachkommen“, so die Replik auf der Homepage.

Denn der Letter of Intent ändere „nichts an der Stellung der ASW in der Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden“, heißt es unter der Internetadresse www.asw-ev.de weiter. Die ASW nehme „mit ihrer ganzheitlichen Betrachtung des Themas ‘Sicherheit‘ weiterhin die vom Ministerium und den Sicherheitsbehörden gewürdigte und öffentlich wiederholt geäußerte Rolle der Scharnierfunktion zwischen Wirtschaftsunternehmen auf der einen Seite sowie den Ministerien und den Behörden auf der anderen Seite ein“. Mit dem Kompetenzcentermodell befinde sich die ASW „auf dem richtigen Weg, diesen Anspruch auch in Zukunft im Sinne ihrer Mitgliedsverbände und zugehörigen Unternehmen erfüllen zu können!“

 

Klüh

 

Thomas Renner, Pressesprecher des DIHK, sieht die Unterzeichnung des Letter of Intent als normalen Vorgang. Es sei nicht unüblich, dass zwei große Wirtschaftsverbände Vereinbarungen mit Bundesinnenministerien schließen. Mit der gemeinsamen Erklärung werde letztlich auch die große Bedeutung unterstrichen, die das Thema Wirtschaftsschutz für die Wirtschaft habe.

Aus BDI-Kreisen verlautete, dass die Unterzeichnungsveranstaltung nicht bedeute, dass nunmehr die Tür zugeschlagen sei. Jeder, der einen Beitrag zum Wirtschaftsschutz leisten wolle, sei als Partner willkommen. Der BDI nehme aber auf der anderen Seite sein Recht wahr, die Sicherheitsinteressen seiner Mitglieder selbst gegenüber der Bundesregierung geltend zu machen.

Um dies in die Tat umzusetzen, hat es BDI-intern bereits eine organisatorische Änderung gegeben. Es wurde der Matthias Wachter wurde Geschäftsführer des BDI-Ausschusses für SicherheitAusschuss für Sicherheit (Geschäftsführer ist Abteilungsleiter Matthias Wachter) und der Unterausschuss Wirtschaftsschutz ins Leben gerufen. Wie der BDI dazu auf seiner Webseite ausführt, ist es Zielsetzung des Ausschusses für Sicherheit, „die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen so auszugestalten, dass die deutsche Industrie ihre Innovationsfähigkeit und Wertschöpfung in Deutschland sichern und stärken kann“. Der Unterausschuss Wirtschaftsschutz befasst sich mit sämtlichen Fragestellungen zur Stärkung der Unternehmenssicherheit, „die für die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit des Industrielandes Deutschland von grundlegender Bedeutung sind“.

Ungleich entscheidender als die Programmatik ist aber die Frage, wie die „Essentials“ des Wirtschaftsschutzes mit höchstmöglicher Zielgenauigkeit zu den Adressaten transportiert werden können. Das geht naturgemäß am besten, wenn die Sicherheit nicht nur von Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft als Gemeinschaftsaufgabe gesehen wird, sondern auch von den Spitzenverbänden. Wichtige Positionen hatte zuvor unter anderem bereits der BDSW („Zehn-Punkte-Katalog“) formuliert. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Top-Themenfelder Unternehmenssicherheit und Wirtschaftsschutz im Zeichen der Viererkonstellation ASW, BDI, BDWS und DIHK künftig fortentwickeln werden.

 


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