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Die Franzosen veränderten die deutschen Karabiner am Schaft, indem sie dort einen metallenen Steg anbrachten, um daran den Trageriemen zu befestigen. Im BGS wurde der Riemen wieder in alter Manier befestigt.
Foto: Grenzschutzabteilung Braunschweig

Hauptsache billig?

Die ersten Waffen für den Bundesgrenzschutz

Von Dr. Reinhard Scholzen

Teil 1

Da es den Deutschen bis weit in die 1950er Jahre verboten war, eigene Waffen zu produzieren, wurden die ersten Gewehre und Pistolen für den Bundesgrenzschutz aus dem Ausland beschafft. Die junge Republik musste sparen, daher kam in der Regel der günstigste Anbieter zum Zug, aber es gab Ausnahmen von der Regel.

Deutsche Karabiner aus Frankreich für den BGS

Fünf Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hegten die Franzosen gegenüber einer deutschen Wiederbewaffnung die größten Vorbehalte. Daher überraschte die Bonner Behörden im Dezember 1950 ein Brief des französischen Generals Jean Ganeval. Darin teilte der Hochkommissar des Alliierten Sicherheitsamtes in Koblenz seinem direkten Ansprechpartner im Bundeskanzleramt, Dr. Herbert Dittmann, mit, die französische Republik wolle „in unentgeltlicher Leihe“ 11.000 Karabiner K 98k und 1000 leichte MG 42 aus ehemaligen Wehrmachtsbeständen liefern. Mit diesen Waffen sollten die zukünftigen Bundesgrenzschützer und die Bereitschaftspolizei der Länder ausgerüstet werden.
Auch die Briten boten der westdeutschen Regierung nahezu gleichzeitig ihre Unterstützung an. Sie offerierten 30.000 Enfield-Gewehre im Kaliber .303, 3000 leichte Maschinengewehre des Modells Bren und 35.000 Revolver im Kaliber .38 Smith & Wesson. Allerdings nicht umsonst. Für die Gewehre forderten sie im Februar 1951 pro Stück 204 DM, jedes Seitengewehr mit Scheide sollte ihnen 19 Mark und 80 Pfennig einbringen. Für das leichte MG setzten sie einen Preis von 1500 DM fest und für die .38er Revolver kalkulierten sie einen Erlös von jeweils 198,40 DM ein. Das Gesamtpaket stellte somit aus der Sicht der Briten einen Wert von 18.158.000 Mark dar. Ein deutscher Ministerialbeamter erwog das Für und Wider und beurteilte in einer Aktennotiz das Angebot: Die Waffen seien weder modern, noch entsprächen sie den deutschen Kalibern und zudem seien „auch die Preise für die einzelnen Waffen sehr hoch“.
Bonn entschied sich für das französische Angebot und traf alle Vorbereitungen für einen zügigen Waffentransport. Am 12. Februar 1951 erhielt die Speditionsfirma Pracht & Schulz in Frankfurt am Main einen Brief: „Ich bestätige Ihnen für Passzwecke, dass ich beabsichtige, Sie zu beauftragen, für das Bundesministerium des Innern einige Fahrten zur Abholung von Gütern aus verschiedenen Orten Frankreichs auszuführen. Die Aufträge werden sich zunächst auf die Zeit bis zum 12. März 1951 etwa erstrecken.“ Die Bezeichnung „Güter“ unterstreicht, dass den Deutschen daran gelegen war, den anstehenden Waffentransport nicht an die große Glocke zu hängen. Die Franzosen hatten jedoch bei dem Gedanken, deutsche Fuhrleute schwerbewaffnet auf ihren Straßen umherfahren zu lassen, ein mulmiges Gefühl. Daher beschlossen sie, ein französisches Militärbegleitkommando solle die deutschen Lastkraftwagen bis zur Grenze bei Weißenburg im Elsass eskortieren.
Die Franzosen stellten die Gewehre leihweise zur Verfügung, aber dies bedeutete nicht, dass damit keine Kosten verbunden waren. Bundesinnenminister Dr. Robert Lehr stellte in einem Brief an Bundeskanzler Adenauer die wesentlichen Ausgaben zusammen: Für den Transport und die notwendige Instandsetzung der 18.000 Karabiner und 1800 Maschinengewehre kalkulierte er mit rund 500.000 Mark. Drei Wochen später schrieb er erneut an den Kanzler. Auch dieser Brief erfreute Konrad Adenauer sicherlich nicht, da Dr. Lehr klagte, die von Frankreich erhaltenen Waffen stellen „nur einen Bruchteil dessen dar, was zur Ausrüstung des BGS und der Bereitschaftspolizei und der äußerst mangelhaft bewaffneten Länderpolizei erforderlich ist. ... Zu einem Abschluss mit ausländischen Firmen kann es nicht kommen, weil die Bezahlung in Devisen verlangt wird, die von der Bundesregierung nicht bereitgestellt werden können. Im Interesse einer dringend notwendigen schnellen Bewaffnung der Vollzugskräfte des Bundes und der Länder wird die Waffenproduktion in deutscher Hand erwogen werden müssen. Meine Feststellungen haben ergeben, dass deutsche Waffenfabriken technisch in der Lage sind, die Herstellung alsbald aufzunehmen. Es bedarf jedoch einer Produktionsgenehmigung der Alliierten Hohen Kommission, um deren möglichst schnelle Herbeiführung ich bitte.“ Den Bedarf hatte er bereits feststellen lassen: „Die Genehmigung würde sich auf die Herstellung von etwa 100.000 Pistolen, 80.000 Sturmgewehren und 20.000 Maschinenpistolen zu erstrecken haben.“

Bis zum 4. April 1951 in Nahbollenbach übernommene Waffen

  MG 42 Karabiner 98k MG Lafetten Trommeln
Abgeholt und in der Gallwitz-Kaserne eingelagert 1300 8984 70 1000
Zum Abtransport stehen bereit 500  - 110 800
Aus Frankreich avisiert in Nahbollenbach  - 2000  -  -
Gesamt 1800 10984 180 1800

100.000 Patronen und die dazugehörenden Ladestreifen für die Karabiner lieferten die Franzosen im Juli 1951 zum Preis von 2.700.000 Francs. Des Weiteren die gleiche Anzahl Patronen ohne Ladestreifen, für die sie 100.000 Francs weniger verlangten. Für die Maschinengewehre stellten sie 248.000 Patronen und berechneten dafür 8.184.000 Francs. Darüber hinaus konnten sie 52.000 Leuchtspurgeschosse beziehungsweise s(=Spitz-)-Geschosse mit Brandsatz erübrigen, für die sie 2.236.000 Francs veranschlagten. Und Üb-Munition für die Maschinengewehre konnten die Franzosen auch entbehren: 500.000 Schuss gegurtet – für 11.500.000 Francs – und die gleiche Anzahl Leuchtspurmunition in Kisten verpackt zum Preis von 19.000.000 Francs. Insgesamt besaß die Lieferung einen Wert von 46.220.000 Französischen Francs, was rund 553.000 Mark entsprach. Nachdem das Geld in zwei Raten am 13. 8 und 25. 9. 1951 auf das Konto des „Secretaire General aux Forces Armees“ bei der Allgemeinen Elsässischen Bankgesellschaft überwiesen worden war, lieferte das französische Militär weitere Munition nach Deutschland.

Quantität vor Qualität

Am 11. Oktober 1951 übernahm BGS-Hauptmann Albert im französischen Depot Nr. 319 in Landstuhl in der Pfalz 170.000 Gewehrpatronen. Der BGS-Beamte fertigte über deren Qualität einen Bericht: „Die Munition hat lackierte Stahlhülsen und ist ohne Ladestreifen. Das Fertigungsjahr ist 1945. Verpackung: Original Holzkasten (deutscher Herkunft, 3 Pappkarton à 300 Schuss) mit je 900 Schuss.“ Sechs Tage später kamen aus dem Nachbarland nochmals 170.000 Patronen. Der größte Teil der Geschosse steckte in Messinghülsen, die in den Jahren 1936-1938 gefertigt worden waren. Ein kleinerer Teil von ihnen besaß kupferplattierte Stahlhülsen aus dem Jahr 1938. In geringem Umfang fand der BGS-Mann auch lackierte Stahlhülsen – zum Teil gewachst –, die in den Jahren 1943 und später gefertigt worden waren. Hauptmann Albert stellte fest, dass die meisten der 8 x 57 IS mit verkupferten Messing-Zündhütchen „30“ versehen waren, teilweise aber auch mit den Messing-In den frühen 1950er Jahren legte der BGS auf die Waffenkunde großen Wert.
Foto: Grenzschutzabteilung Braunschweig
Zündhütchen „88“. Diese waren problematisch; denn sie enthielten einen korrosiven Zündsatz, der bei ungenügender Waffenpflege den Gewehrlauf schädigte. Auf seiner Mängelliste vermerkte er weiter, deren Gurtung sei nicht reinrassig. Dies bedeutete, dass in manchen Gurten bis zu drei unterschiedliche Hülsensorten steckten. Damit waren Funktionsstörungen an den Waffen programmiert. Albert fasste zusammen: „Die Munition entstammt im wesentlichen nicht besonders gepflegten Beutebeständen, deren Lagerung bis heute nicht immer sachgemäß erfolgt sein dürfte.“ Die Lieferungen aus Frankreich konnten hohen Qualitätsansprüchen nicht genügen, aber die Bundespolizisten benötigten dringend Gewehre, Pistolen und Munition. Allerdings war die Not nicht so groß, dass alles in die Arsenale des BGS eingelagert wurde. Im Mai 1951 berieten einige Bonner Ministerialbeamte, ob es sinnvoll sei, ein Angebot der Amerikaner anzunehmen, die kostenlos „Sten Guns“ zur Verfügung stellen wollten. Lediglich für die aus den Maschinenpistolen zu verschießende Munition beabsichtigte die US-Regierung 13 Pfennig pro Stück in Rechnung zu stellen. Nach Rückfrage bei Sachverständigen, unter anderem bei dem ehemaligen Leiter des deutschen Heereswaffenamtes, General Heinrich Kittel, kam man zu dem Ergebnis, diese unter anderem für französische Widerstandskämpfer während des Zweiten Weltkriegs gefertigten Waffen entsprächen nicht den Anforderungen der Bundesgrenzschützer.

Qualität, nicht erlaubt

Andere Waffen galten – obwohl in der Endphase des Krieges gefertigt – als leistungsfähig und polizeidiensttauglich. Am 7. März 1951 berichtete Bundeskanzler Adenauer an Bundesinnenminister Dr. Lehr: „Abgeordneter Strauss empfahl mir als ideale Bewaffnung für die Grenzpolizei das deutsche Sturmgewehr 44, das auch in Deutschland hergestellt werden könnte.“ Franz Josef Strauß hatte diese Waffe als ehemaliger Wehrmachtoffizier selbst kennen gelernt, aber offensichtlich kannte er nicht die immer noch geltende Direktive der Alliierten vom 6. November 1945. Dort hieß es: „Um die Überwachung von Feuerwaffen und Munition in deutschem Besitze zu erleichtern und jede Rechtfertigung für die weitere Herstellung von Feuerwaffen und Munition in Deutschland auszuschalten, wird die Wiederbewaffnung der deutschen Polizei durch die Zuteilung von außerhalb Deutschlands hergestellten Feuerwaffen erfolgen.“ Der Bundesinnenminister ließ zu dem Vorschlag des CSU-Bundestagsabgeordneten eine detaillierte Stellungnahme erstellen. Darin stand unter anderem: „Das deutsche Sturmgewehr 44 ist eine ausgezeichnete Waffe, dessen Einführung nach dem Ihnen vorgelegten Gliederungsplan der Bereitschaftspolizei der Länder bereits vorgesehen ist.“ Allerdings hob der Gutachter hervor: „Die Bewaffnung mit diesem Gewehr ist nicht möglich, solange die Produktionserlaubnis von den Alliierten für die Deutsche Bundesrepublik noch nicht erteilt ist.“ Wenn die Genehmigung vorläge, würde es noch rund anderthalb Jahre dauern, bis die ersten Waffen fertig seien. Lakonisch ergänzte der Ministerialbeamte, für die Übergangszeit seien die französischen Waffen „erforderlich und ausreichend“.

Pistolen aus Spanien

Erforderlich waren die Waffen aus dem Nachbarland ohne Zweifel, aber ihre Zahl reichte bei weitem nicht aus. Die Bundesregierung unternahm daher weiterhin intensive Anstrengungen, um aus West- und Südeuropa weitere dringend benötigte Gewehre, Maschinenpistolen und Pistolen sowie die dazugehörende Munition zu beschaffen.
Gute Beziehungen zum Ausland stellten in den frühen 1950er Jahren eine Voraussetzung dar, um die Bewaffnung der deutschen Polizisten zu ermöglichen. Den ersten Die Astra Pistole, Modell 600/43, wurde beschafft, weil sie deutlich billiger als andere Waffen war.
Foto Doll
Kontakt zu den Spaniern knüpfte der ehemalige General Hans Dörr, der in der letzten Kriegsphase Militärattaché in Madrid gewesen war. Im Verlauf einer Dienstreise konnte er im April 1951 den Kauf von 38.000 spanischen Astra-Pistolen des Modells 600/43 vereinbaren. Der Stückpreis lag inklusive der Kosten für Zoll, Umsatzausgleichsteuer, Fracht und Spesen bei 79,25 DM. Die Astras wurden gekauft, obwohl General a. D. Kittel in einem für das BMI erstellten Gutachten die in der Schweiz gefertigte SIG 210 als die am besten für den BGS geeignete Waffe bezeichnete und als Höchstpreis für die spanische Pistole „DM 50,– frei Haus“ angesetzt hatte. Eine schweizerische SIG 210 kostete damals deutlich mehr als 200 Mark.

Hohe Kosten für Waffen und Munition

Die Bundesregierung war zwar bei ihrer Suche nach Waffen und Munition erfolgreich, aber die hohen Kosten drückten. So weist eine Aufstellung vom 22. April 51 aus, dass allein die belgische Firma „SIDEM“ Waffen und Munition im Gesamtwert von 4,2 Millionen DM nach Deutschland lieferte.
Es war unvermeidlich, dass zum Kaufpreis für die eingeführten Waffen und die Patronen jeweils noch Zollgebühren und Umsatz-Ausgleichsteuer entrichtet werden mussten. Die Beträge waren beträchtlich: Für 8.395.522 Patronen, die Spanien lieferte, fiel eine Steuer in Höhe von 134.999,95 DM an. Für 350.000 Schuss Kleinkaliber-Munition mussten 3.292,50 DM Zoll und 1.954,55 Mark Umsatzausgleichsteuer abgeführt werden. Für die Astra-Pistolen Modell 600/43 und die dazugehörige Munition 9 x 19 mm gingen 52.295,35 DM an den Fiskus. Für die dem BGS gelieferten Pistolen 210-4 des Schweizer Herstellers SIG und Zubehör kamen Zoll und Steuern in Höhe von 272.296,05 DM auf die Rechnung. Italienische Beretta-Maschinenpistolen und die mitgelieferte Fiocchi-Munition belasteten den Haushalt mit 157.402,40 DM.
Schießausbildung in den späten 1950er Jahren in der BGS-Ausbildungseinheit Hof/Saale.
Foto: Lohr
In einem Brief an das Bundesministerium für Wirtschaft listete das BMI am 9. Juni 1952 die bis zu diesem Zeitpunkt beschafften Waffen und die Munition auf. Durch den Leihvertrag mit Frankreich hatten die Bundes-Polizeien im Juli 1951 insgesamt 16.816 Karabiner 98 k und 1800 MG 42 – alle aus deutscher Kriegsfertigung – erhalten. Darüber hinaus waren für sie im Ausland 36.200 Astra-Pistolen (Modell 600/43), 4000 SIG-Pistolen (Modell 210-4) und 5.479 Beretta Maschinenpistolen (Modell 38/49), gekauft worden. Als weiteren Bedarf für den BGS plante man 25 Stück 2 cm Zwillingskanonen der Schweizer Firma Oerlikon und 125 Stück 3,7 cm Kanonen für den Straßenpanzerwagen (SW) ein.
Da dem Schießen eine hohe Bedeutung beigemessen wurde, übten die Grenzschützer häufig mit ihren Waffen. Dementsprechend wurde der monatliche Munitionsbedarf vom BMI hoch angesetzt: 393.880 sS Patronen im Kaliber 7,92 mm; 166.700 Schuss KK-Munition – und 8.375 Handgranaten. Hierin spiegelt sich wider, dass der BGS und die Bereitschaftspolizeien der Länder zu Beginn der 1950er Jahre auf eine solide infanteristische Ausbildung großen Wert legten.
Unter dem Betreff „Nach dem Ausland zu zahlende Regierungsausgaben für das Rechnungsjahr 1952“ finden sich in den Akten des BMI weitere Angaben über Ausgaben für den Bundesgrenzschutz:

 

A. Für Erstausstattungen und Neubeschaffungen

1.) 2388 Stück S.I.G. Pistolen für den BGS
12 Stück S.I.G. Pistolen für den SGS (See-Grenzschutz)
2400 Stück à 225,00 DM
540.000 DM
2.) 2388 Stück Ersatz-Magazine für SIG-Pistole für BGS à 9,00 DM 21.492 DM
3.) 208 Stück Kleinkalibersysteme für SIG Pistolen für BGS
12 Stück Kleinkalibersysteme für SIG Pistolen für SGS
220 Stück à 160,–
35.200 DM
4.) 20 Stück Scherenfernrohre à 5000 DM 100.000 DM
5.) Waffenersatzteile 460.000 DM
6.) 25 Stück Zwillingsgeschütz 2 cm
mit Lafette und Zubehör à 90.000
2.250.000 DM
7.) Munition 2.840.548 Stück 7,92 mm à 285 DM per 1000 Stück 810.000 DM
8.) Munition 9 Para (keine Beschaffung erforderlich)  
9.) Spreng-Granatpatrone 3,7 cm aus den USA
37.350 Stück à 50 DM
1.867.500 DM
10.) Spreng-Granatpatrone 2 cm aus der Schweiz
84.000 Stück à 20 DM
1.680.000 DM
11.) KK-Munition (keine Beschaffung erforderlich)  
12.) Handgranaten 82.516 Stück à 10 DM (davon 5000 aus Frankreich) 825.160 DM

B. Für laufende Ausstattung

1.) 1.160.000 Stück sS Patrone 7,92 mm à 280 DM per 1000 Stück 483.645 DM
2.) 280.000 Stück Kleinkaliber .22 long rifle 70.300 DM
3.) 18.000 Handgranaten à 10 DM 180.000 DM
4.) Sprenggranaten 2 cm à 20 DM 500.000 DM
Erstausstattung: 8.589.352 DM
laufende Ausstattung: 1.233.945 DM
Gesamtbedarf: 9.823.297 DM

Auch noch im Jahr darauf waren für die Beschaffung von Waffen und Munition Auslandsbesuche erforderlich. Am 17. Februar 1953 berichtete der zuständige Referatsleiter des BMI über eine Dienstreise, die er nach Lissabon, Madrid, Genf und Zürich unternommen hatte. Als Zweck gab er in seinem Bericht den „Einkauf von Waffen und Munition für BGS und Bereitschaftspolizei“ an. Danach lagen insgesamt sechs Angebote für Karabiner-Munition im Kaliber 7,92 mm auf dem Tisch. Jeweils 1000 Schuss wurden angeboten:
Firma Pabst, Zürich: 220,50 DM, portugiesisches Erzeugnis fob. („free on board“, zu deutsch „frei an Bord“) Portugal;
Firma Sidem, Brüssel: 252 DM, spanisches Erzeugnis, cif. („cost, insurance, freight“, also frei von Kosten für Verladung, Versicherung und Fracht);
Firma Bombrini, Italien: 285,94 DM, italienisches Erzeugnis, fob. Italien;
Firma Genschow, Köln: 275,90 DM, spanisches Erzeugnis, cif. deutscher Nordseehafen;
Firma Rosenberg, Brüssel: 250,40 DM, portugiesisches Erzeugnis, cif. deutscher Nordseehafen;
Firma Falkmann, Madrid: 250,40 DM, spanisches Erzeugnis, cif. Cuxhaven.
Nach zähen Verhandlungen konnte er den Preis des günstigsten Anbieters, der Firma Pabst aus Zürich, auf 209 DM drücken. Gleichzeitig erzielte er auch für den Kauf der Pistolenmunition deutlich günstigere Konditionen. Nicht ohne Stolz errechnete der Beamte, seine Bemühungen hätten eine Einsparung von 88.340 DM erbracht.
Das Spardiktat galt jedoch nicht immer. Eine Ausnahme bildeten von Beginn an Waffen aus der Schweiz, die legendär hochwertig waren und zudem bestand zu den Eidgenossen eine traditionell gute Nachbarschaft.

(Teil - 2 - folgt in der nächsten Ausgabe von www.veko-online.de)

 

Quellen:

[1] Bundesarchiv (BA) Koblenz, Bestand (B) 106, Nr. 14841. Trotzdem ließ sich das BMI viel Zeit, bis es offiziell das britische Angebot ablehnte: Erst ein halbes Jahr später, am 31. August 1951, schrieb das Ministerium nach London, die Franzosen würden Waffen kostenlos leihweise zur Verfügung stellen. Da man zudem ein einheitliches Kaliber anstrebe, wolle man auf das Waffenangebot verzichten. Offiziell erwähnten die Beamten mit keinem Wort die völlig überhöhten Preise der Briten.
[2] BA, B 106, Nr. 13876.
[3] BA, B 106, Nr. 13876. Brief des BMI, Referat I C 6, an das Ministerium für Inneres in Rheinland-Pfalz vom 16. Februar 1951.
[4] BA, B 106, Nr. 13876.
[5] BGS-Kaserne im Bonner Stadtteil Duisdorf.
[6] Im Februar 1952 lehnten die Deutschen auch ein Angebot der Belgier ab, die 2000 Maschinenpistolen vom Typ „Vigneron“ – benannt nach ihrem Konstrukteur, einem belgischen Oberst – liefern wollten. BA, B 106, Nr. 13931.
[7] Die seit Dezember 1944 als Sturmgewehr 44 (StG44) bezeichnete Waffe war eine Weiterentwicklung des Maschinenkarabiners 42 und der Maschinenpistole Modell 43 und 44. Das mit einem 30-Schuss Magazin versehene Gewehr verschoss die Patrone 7,92 mm x 33 kurz. Diese war im Krieg unter anderem von den Suhler Firmen Haenel und Sauer, Erma in Erfurt, Walther in Zella-Mehlis, Mauser in Oberndorf und der österreichischen Firma Steyr gefertigt worden. Vgl.: Terry Gander; Peter Chamberlain: Enzyklopädie deutscher Waffen 1939-1945. Stuttgart 1999. S. 50, 53-54.
[8] Trotz der guten Beurteilung wurde die Waffe nie bei der westdeutschen Polizei eingeführt. Anders in der DDR. Mit dem „StG44“ und seinen unmittelbaren Vorfahren rüstete man dort in den frühen 1950er Jahren die kasernierte Volkspolizei aus. Vgl.: Friedrich, Horst: Handfeuerwaffen der deutschen Gendarmerie und Polizei des 19. und 20. Jahrhunderts. Katalog zur Sonderausstellung der Wehrtechnischen Studiensammlung. Koblenz 1999, S. 104.
[9] In einer Aufstellung vom Juni 1952 werden weniger Pistolen aufgeführt – nur 36.200. Die Differenz erklärt sich daraus, dass in der im Juni erstellten Auflistung nur die Waffen verzeichnet sind, die an den BGS und die Bereitschaftspolizei der Länder gingen. 1800 Astras wurden im Jahr 1951 für die Bewaffnung der Zöllner an den Bundesminister der Finanzen abgegeben. Vgl. BA, B 106/13890.
[10] BA, B 106, Nr. 14841.
[11] Mit den 3,7 cm Kanonen sollten amerikanische M8-Spähpanzer bestückt werden. Das Vorhaben scheiterte am Widerstand der Franzosen, die sich auch zu diesem Zeitpunkt vehement gegen eine Aufrüstung Deutschlands zur Wehr setzten. Seit 1953 wurden die „gepanzerten Streifenfahrzeuge“ lediglich mit Maschinengewehren ausgerüstet. Ob mit oder ohne 3,7 cm Kanone, die Illustrierte „Stern“ hatte bereits im April 1952 eine bedrückende Unterlegenheit in der Bewaffnung der BGS-Beamten erkannt: „Damit stehen sie eines Tages womöglich den sowjetischen T 34 gegenüber, auf denen zur Stunde die deutschen Volkspolizisten üben“.
[12] Offensichtlich wurde zu diesem Posten – unausgesprochen – noch etwas hinzugerechnet; denn die Karabiner-Munition allein hätte nur 324.800 Mark gekostet.

Über den Autor
Dr. Reinhard Scholzen
Dr. Reinhard Scholzen
Dr. Reinhard Scholzen, M. A. wurde 1959 in Essen geboren. Nach Abitur und Wehrdienst studierte er Geschichte und Politikwissenschaft an der Universität Trier. Nach dem Magister Artium arbeitete er dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter und promovierte 1992. Anschließend absolvierte der Autor eine Ausbildung zum Public Relations (PR) Berater. Als Abschlussarbeit verfasste er eine Konzeption für die Öffentlichkeitsarbeit der GSG 9. Danach veröffentlichte er Aufsätze und Bücher über die innere und äußere Sicherheit sowie über Spezialeinheiten der Polizei und des Militärs: Unter anderem über die GSG 9, die Spezialeinsatzkommandos der Bundesländer und das Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr.
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