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Vierfachmord am Heiligen Abend

Ein Hammerschmiedeknecht erschlug am 24. Dezember 1776 in der Obersteiermark mit einer Axt einen Bauern, dessen Frau und die beiden Kinder. Der Raubmörder wurde durch Rädern hingerichtet.

 

„Es wird wohl ehevor wissend seyn, weilen ich halt leuthe umgebracht habe“. So antwortete am 9. Jänner 1777 der Raubmörder Johannes Hoffer, ein bis dahin unbescholtener 24-jähriger Hammerschmiedeknecht, zur einleitenden Routinefrage über die Ursachen seiner Festnahme.

Hoffer verübte am 24. Dezember 1776, kurz vor Mitternacht, in der Klamm bei Rottenmann in der Obersteiermark gehörig, ein besonders grausames Verbrechen. Der Täter hatte an diesem Tag mittags das Dienstverhältnis mit dem Hammerschmiedemeister in der Klamm nach einjähriger Tätigkeit aufgelöst und lediglich zehn Kreuzer Lohn erhalten. Er blieb noch bis ungefähr elf Uhr abends bei seinem Arbeitskollegen Jakob Leeb, wo er sich auch zur Ruhe begab. Kurze Zeit später stand er auf, kleidete sich an und ging mit einer Axt, verborgen unter seinem Rock, zum Haus des Bauern Kurzreitter. Er klopfte an die Haustüre und bat die Bäuerin um Einlass unter dem Vorwand, sich wärmen zu wollen, weil er noch eine eiserne Fuchsfalle im Wald zu entspannen hätte. Die Bäuerin ließ ihn in der Küche allein und legte sich wieder schlafen.

Hoffer wartete ungefähr eine Stunde, dann betrat er das Zimmer, in dem der Bauer und seine Ehefrau schliefen. Er versetzte zunächst beiden je einen Schlag mit der Axt auf den Kopf. Die Getroffenen sprangen schreiend aus den Betten. Daraufhin schlug er mit der Schneide der Axt jeweils mindestens sechsmal auf die Opfer ein, bis sie leblos am Boden liegen blieben. Dann ging er über die Stiege zur Kammer, in der sich die beiden Kinder aufhielten. Das 13-jährige Mädchen, das durch den Tumult aufgewacht war, versuchte vergeblich die Kammertüre zuzuhalten. Der Hammerschmiedeknecht stieß das Mädchen mit der Türe weg und erschlug es mit der Axt. Er ermordete auch den im Bett liegenden kleinen Buben mit zwei Axthieben.

Deutlich ist an diesem Richtrad die Schneide erkennbar.Nach der Tat brach er in der Kammer der Kinder einen versperrten Kasten auf und raubte eine Holzkassette mit über 100 Gulden in verschiedenen Münzen. Unzufrieden mit der Beute ging er in die Schlafstube der ermordeten Eheleute im Parterre des Hauses, durchsuchte die Hose des Bauern und  erbeutete einen geringen Geldbetrag. Schließlich suchte er neuerlich die Schlafkammer der Kinder auf und brach dort eine versperrte Truhe auf, in der er aber nur Mehl vorfand. Hoffer wusch seine blutigen Hände in der Küche, verließ das Haus und warf die Mordwaffe in einen Graben.

Gegen ein Uhr früh kehrte er in seine Unterkunft zurück, kleidete sich um, versperrte das blutige Gewand sowie den Großteil des geraubten Geldes in seiner Truhe und machte sich auf den Weg nach St. Gallen bei Admont, wo er aufgewachsen war, um sich dort eine Arbeit zu suchen. Der tiefe Schnee hinderte ihn aber, über den Buchauer Sattel zu kommen. Er kehrte daher um und ging zurück in seine Unterkunft in der Klamm, wo er am Stephanitag um drei Uhr früh eintraf. Er zog sich neuerlich um und besuchte in Rottenmann die Heilige Messe. Dort traf er Anna Maria Randtlin, die Tochter seines ehemaligen Dienstherrn und Hammerschmiedemeisters, mit der er ein Liebesverhältnis unterhalten und die er geschwängert hatte. Er gab ihrem wiederholten Drängen nach und schenkte ihr als „Taufgeld“ aus der Raubbeute sechs Gulden, ohne sie aber über die Herkunft des Geldes in Kenntnis zu setzen. Danach aß er in einem Wirtshaus in Rottenmann und bezahlte dafür einen Gulden und 24 Kreuzer.

Hoffer hatte inzwischen eine Beschäftigung als Hammerschmiedeknecht bei der Hammerschmiede der Frau Penggin in Kalwang in Aussicht. Daher fuhr er am Nachmittag mit deren Fuhrmann und Fuhrwerk dorthin. Seine Truhe mit dem Großteil der Beute und Bekleidungsstücke ließ er in seinem früheren Quartier in der Klamm zurück.

Darstellung einer Richtstätte Am 5. Jänner 1777 verständigte der Landgerichtspfleger von Wolkenstein, Franz Karl Reichart, schriftlich den Landgerichtsverwalter von Freyenstein, Franz Anton Haßlinger, über den grausamen Raubmord, den Verdächtigen und dessen Aufenthaltsort. In der Nacht zum 6. Jänner ließ Haßlinger den Verdächtigen durch seinen Gerichtsdiener in der Hammerschmiede in Kalwang festnehmen und in den landgerichtlichen Arrest verschaffen. Am 9. Jänner wurde Hoffer vom Landgerichtsverwalter in  Anwesenheit von zwei Zeugen befragt. Als Tatmotiv gab er an, Geld gebraucht zu haben. Den Bauern Kurzreitter habe er deswegen als Opfer ausgesucht, weil dieser von den Leuten als reich bezeichnet worden sei. Den Entschluss zur Tat habe er bereits 14 Tage vor deren Ausführung gefasst, sich aber erst am 24. Dezember dazu hinreißen lassen können. Er habe deswegen alle vier Bewohner des Hauses erschlagen, damit ihn niemand verraten könne.

Das Landgericht Freyenstein war lediglich zuständig für die Festnahme, Verwahrung und Befragung des Raubmörders. Die Zuständigkeit ergab sich nicht nach dem Tatort, sondern nach dem Ort der Ergreifung des Täters. Erst Anfang des Jahres 1776 war die Folter abgeschafft worden, die aber auch vorher vom Landgericht Freyenstein nicht angewendet werden durfte. Das eigentliche Gerichtsverfahren oblag dem k. k. und landfürstlichen Banngericht unter der Leitung des Bannrichters in Obersteyer, Dr. Karl Joseph Unruhe. Landgerichtsverwalter Haßlinger ersuchte am 15. Jänner die k. k. Innerösterreichische Regierung in Graz um Entsendung des Banngerichts. Das am 21. Jänner beauftragte Banngericht verurteilte Hoffer am 22. März zum Tod durch Rädern. Der Verurteilte sollte von unten nach oben gerädert werden, das heißt, beginnend mit den Beinen sollten ihm mit der Schneide des Richtrades die Gliedmaßen und zum Schluss die Halswirbel zertrümmert werden. Am 7. April wurde dem Delinquenten jedoch am Richtplatz des Landgerichtes Freyenstein wegen bekundeter Reue und Bußfertigkeit sofort der Todesstoß versetzt.

Das Verhör vom 9. Jänner, gegliedert in Fragen und Antworten, einige Amtsvermerke über Festnahme, Befassung des Banngerichtes sowie der Vermerk über den Urteilsspruch und dessen Vollstreckung haben sich in zu Amtszwecken angefertigten zeitgenössischen Abschriften erhalten.

DDr. Otto Kainz

 

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