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Mit einem eigenen Stand ist ist natürlich auch die Polizei auf der Security vertreten.

Security Essen - Wie immer?

Von Helmut Brückmann

Alle zwei Jahre öffnet die Security Essen ihre Pforten für die Fachwelt, und das schon seit mehr als 40 Jahren. Eine Erfolgsgeschichte, die in diesem Jahr vom 27. bis 30. September ihre Fortsetzung finden soll. Wie aus einer Erklärung der Messegesellschaft vom 1. Juli vergangenen Jahres zu entnehmen ist, haben die vier Verbände der deutschen Sicherheitswirtschaft (BHE, ASW, BDSW und BDGW) ihre langjährige Zusammenarbeit mit der Messe Essen bestätigt.

Oliver P. Kuhrt, Chef der Messe Essen GmbH, wird in der Pressemeldung auch gleich zitiert: „Der Entschluss unterstreicht die hohe Branchenkompetenz der Messe Essen. Die Kooperation mit der deutschen Sicherheitswirtschaft ist für die Security Essen von großer strategischer Bedeutung. Wir freuen uns sehr darauf, die vertrauensvolle Zusammenarbeit langfristig fortzuführen.“

Über die Dauer der gerade erneuerten Zusammenarbeit schweigt sich der Verfasser der Meldung allerdings aus. Leicht irritiert liest man dazu: „Über die genaue Laufzeit wurde Stillschweigen vereinbart.“

Die Pressemeldung schließt mit einem Rückblick: „Zu ihrem 40-jährigen Jubiläum 2014 präsentierte sich die Essener Weltleitmesse in Bestform: 1.045 Aussteller aus rund 40 Nationen und 40.000 Fachbesucher aus mehr als 110 Ländern kamen in der Messe Essen zusammen.“

Dann lief in der Branche alles ab wie immer: Man kümmerte sich um Anmeldung, Messestand, Hotelzimmer, Kundenbetreuung, Pressemeldungen – das Übliche halt. Vor Weihnachten kamen auch noch die Juroren des Security Innovation Award (SIA) zur konstituierenden Sitzung zusammen. Kurzum, die Vorbereitungen zur Messe schritten auf allen Ebenen voran – bis Anfang Januar die Bombe platzte: Die drei Großen der Branche Siemens, Bosch und Honeywell, just während der Security in Halle 3 auf 2.500 Quadratmetern vereint, ließen die Messegesellschaft wissen, dass man der Security in diesem Jahr fernbleibe, Weltleitmesse hin oder her. So wie diese Nachricht, von der keiner weiß, wer sie in Umlauf setzte, verbreiteten sich auch die Gerüchte.

Veko-online verzichtete darauf, die dafür vorgesehene Küche weiter anzuheizen und verabredete sich stattdessen mit Claus-Peter Regiani, der als Projektleiter für die Security Essen zuständig ist.

Das Interview

Nach der Begrüßung gab Interviewpartner Claus-Peter Regiani seiner Freude Ausdruck, dass Jürgen Mathies zum neuen Polizeipräsidenten von Köln ernannt worden war. „Der neue Polizeipräsident ist unserer Messe seit vielen Jahren eng verbunden und einer der Juroren bei der bereits erwähnten SIA. Herr Mathies war für die Security Essen und SIA ein großer Gewinn, da er wesentlich zur objektiven und sachgerechten Bewertung von Bewerbungen unter sicherheitstechnischer und sicherheitstaktischer Aspekten beigetragen hat. Ob er wegen seiner umfangreichen neuen Aufgaben in Köln bei SIA bleiben kann, wissen wir noch nicht. Sicherlich wird er aber dafür sorgen, dass wir gegebenenfalls in diesem Gremium einen kompetenten Nachfolger erhalten.“

Veko-online: Herr Regiani, bitte stellen Sie sich unseren Lesern kurz vor.

Regiani: Ich bin 52 Jahre alt, gebürtiger Essener, Wirtschaftsakademiker mit dem Abschluss Diplom-Kaufmann, Schwerpunkt Marketing, seit 26 Jahren in der Messebranche tätig. Zu meinem Portfolio gehörten die Messen Schweißen und Schneiden und die Security Essen als Weltleitmessen der Messe Essen.

Die Messegesellschaft und auch Sie benutzen häufig das Attribut „Weltleitmesse“, wenn Sie von der Security sprechen. Wie definieren Sie diesen Begriff?

Wenn eine Messe wie die Security in der Branche die höchste Bedeutung hat, ist das ein qualitatives Merkmal. Hinzu kommen quantitative Merkmale wie Zahl der Aussteller, Zahl der Besucher, der Internationalitätsgrad der Aussteller und der Besucher und die Größe der belegten Ausstellungsfläche. Mit diesen Kriterien ist die Security mit Sicherheit die Nr. 1 in Europa.

Gehört zu einer „Weltleitmesse“ nicht auch ein Leitthema?

Das Thema der Security Essen ist die Zivile Sicherheit. Nicht Homeland Security, auch nicht der Bereich der Waffen. Die Security befasst sich mit dem Schutz von Person, Objekten und Werten. Dabei werden Produkte und Dienstleistungen jeglicher Couleur und unterschiedlichster Ausprägungen angeboten.

Nach den Terroranschlägen in Paris gibt es in unserer Gesellschaft eine große Diskussion um Sicherheitsfragen. Glauben Sie nicht, dass sich diese Diskussion auch auf einer Sicherheitsmesse widerspiegeln muss?

Da stimme ich Ihnen zu. Das Thema Sicherheit hat aufgrund der genannten Ereignisse stark zugenommen. Wir werden dieses Thema sicherlich auch hier auf der Messe diskutieren. Das beginnt mit Aktivitäten der Eröffnung, wenn die Politik hier vor Ort ist. Aber auch Themen zu Krisenmanagement und Terrorabwehr werden durch ausstellende Dienstleister auf der Messe abgedeckt sein.

Bei früheren Messen gab es parallel zur Ausstellung einen begleitenden Kongress, auf dem aktuelle Sicherheitsthemen diskutiert wurden. Das wird, wenn man sich herumhört, heute vielfach vermisst.

Wir haben sehr wohl einen Kongress in unserem Programm; er befasst sich mit dem Thema „Vernetzte Sicherheitsindustrie 4.0“. Eine Messe hat ja eine größere Vorlaufzeit, so dass wir auf aktuelle Themen nicht in besonderem Maße eingehen können. Und der Fokus liegt auf der Ausstellung der Messe. Man kann sicherlich darüber nachdenken, so einen begleitenden Kongress vielleicht einmal als Deutschen Sicherheitsgipfel zu organisieren, auf welchem die aktuellen Themen in der Welt der Sicherheit diskutiert werden. Aber in erster Linie handelt es sich bei der Fachmesse um ein Geschäftsmodell. Wir bringen Angebot und Nachfrage zusammen, damit unsere Aussteller hier gute Geschäfte machen.

Der genannte Begleitkongress befasst sich mit EDV-Sicherheit, wobei aber die genannten aktuellen Themen ausgeblendet sind. Oder wird diesen Themen an anderer Stelle Rechnung getragen?

Zur Eröffnung haben wir Wirtschaftsminister Siegmar Gabriel und den BDI-Präsidenten Ulrich Grillo eingeladen. Außerdem werden wir zur Eröffnung einen Round Table mit den Spitzenvertretern der Sicherheitswirtschaft, den Verbänden und den Repräsentanten der Firmen organisieren.

Warum gibt es den früheren Security Kongress nicht mehr?

Weil er sich wirtschaftlich nicht mehr getragen hat. Der Veranstalter, der ihn angeboten hat, konnte es wirtschaftlich nicht mehr darstellen. Es gibt ja zu den verschiedensten Themen zahlreiche Kongresse in Deutschland; das ist ein eigenes Veranstaltungsformat, mit dem man auch Geld verdienen kann. Aber bei einer Vier-Tages-Messe zeigt unsere Erfahrung, dass die Besucher sich auf der Messe vornehmlich informieren wollen, vielleicht mit einem bisschen Infotainment. Man möchte Netzwerken und eben halt nicht einen Tag oder noch länger im Konferenzsaal sitzen. Die Formate haben sich im Gegensatz zu früher ein wenig auseinanderentwickelt.

Unterm Strich bleibt aber festzuhalten, dass die Security auf die drängenden Sicherheitsfragen in unserem Land keine Antworten durch zusätzliche Veranstaltungen sucht.

Das ist so nicht ganz richtig, denn viele Aussteller stellen sich mit ihren Themen diesen Fragen. Zum Beispiel gehört auch der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) zu den Trägern der Security, dessen Mitglieder ebenfalls ausstellen und sich gezielt der Sicherheit von Unternehmen widmen. Denn ohne die private Sicherheitsdienstleistung, die ja hier auch stattfindet, wäre die Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik Deutschland gar nicht denkbar. Nehmen Sie als Beispiel die Flughafensicherheit, die ohne diese privaten Kräfte, in diesem Umfang, gar nicht möglich wäre. Also all die einzelnen Elemente müssen zusammenspielen in diesem System, in einer guten Struktur, um eine umfassende Sicherheit, was ja letztlich auch ein Gefühl ist, zu gewährleisten. Und das findet auf der Messe Security statt.

Wenn in Sachen Sicherheit die Security Essen eine solche Bedeutung hat, so fragt man sich, warum sich nicht mehr Politiker zur Messe-Eröffnung die Ehre geben? Ich erinnere mich an Zeiten, als grundsätzlich der Bundesinnenminister die Security eröffnete – von Manfred Kanther bis Otto Schily.

Wir haben die Politik immer wieder eingeladen, Bundespolitik. Und hatten leider bei den beiden letzten Veranstaltungen kurzfristige Absagen der zuständigen Minister, sei es Wirtschaftsministerium oder Innenministerium. Ich darf aber daran erinnern, dass wir vor vier Jahren den Vizepräsidenten der EU-Kommission hier hatten, den Herrn Tajani.

Den damaligen Kommissar für Unternehmen und Industrie, Antonio Tajani, kannte allerdings kaum jemand. Doch soll man die Zukunft nicht in der Vergangenheit suchen. Wer eröffnet in diesem Jahr die Security?

Funktional jedenfalls war Herr Tajani ein hochkarätiger Politiker. Und für die kommende Veranstaltung haben wir nun die Schirmherrschaft und die Eröffnung dem Bundeswirtschaftsminister Gabriel angetragen und hoffen, dass er die Messe eröffnen wird. Wir haben auch schon eine Zusage von BDI-Präsident Ulrich Grillo. Wir werden das Thema Gäste sicherlich weiterspielen. Denn in der Wertehierarchie ist das Thema Sicherheit sehr weit nach oben gerutscht, auch in der Bevölkerung.

Warum haben Sie sich nicht für den Innenminister entschieden?

Darüber wurde viel diskutiert. Doch hat sich der Messebeirat, unser Beratungsgremium, für den Wirtschaftsminister entschieden, da die Sicherheitswirtschaft einen bedeutender Wirtschaftszweig darstellt. Die Messe hat ja den Zeck, die Wirtschaft zu fördern.

Wer ist denn der Träger der Messe?

Der wirtschaftliche Träger der Messe ist die Messe Essen GmbH. Wir haben allerdings in unserem Messebeirat die wesentlichen Verbände integriert, die uns dort als ideelle Träger bezüglich Konzeptionierung und Marketing begleiten. Ich habe die Namen schon eingangs erwähnt.

Ja, und wenn das alles so ist, wie Sie das schildern, dass also die Verbände hinter dem Messekonzept stehen, vielleicht sogar wieder ein Minister zur Eröffnung anrückt, dann verwundert es, dass meines Wissens drei große Unternehmen Mitte Januar ihre Nichtteilnahme wissen ließen. Es sind die größten sicherheitstechnischen Unternehmen in Deutschland: Siemens, Bosch und Honeywell. Ein Paukenschlag in der Branche!

Wir haben die Nichtteilnahmeinformation dieser drei Firmen erhalten. Sie haben sich für eine andere Marketingstrategie entschieden. Sie werden nicht dieses zentrale Hauptereignis beschicken, sondern beispielsweise Siemens wird 12 regionale Events in Deutschland veranstalten. Bosch möchte eigene Kompetenzzentren errichten und auf eine andere Art und Weise ihre Kunden ansprechen. Sicherlich ist das ein Verlust was das Marktangebot anbelangt. Aber wie es im Leben so ist, es gibt ups and downs. Die Security existiert seit 40 Jahren. Wir zeigen hier Sicherheit, wir zeigen hier Brandschutz. Es handelt sich um Systemanbieter, die sich halt für einen anderen Weg im Moment entschieden haben. Das schwächt aber nicht die Security als Weltleitmesse.

Dass große Unternehmen statt der internationalen Messen das Format der Hausmesse für sich entdecken, ist wahrhaftig nicht neu und wird sich bald wieder ändern, wie Ihre Kollegen in Hannover gern bestätigen werden. Hat es noch mehr Nachahmer gefunden?

Wir haben zum jetzigen Zeitpunkt ein höheres Anmeldevolumen, einen höheren Anmeldestand als zum Vergleichszeitpunkt vor zwei Jahren.

Respekt, wenn dem so ist. Die Gefahr besteht natürlich, dass beim Wegbleiben bedeutender Unternehmen in Deutschland, andere große Messen im Ausland wie China oder die USA versuchen, mit dem gleichen Thema Fuß zu fassen. Haben Sie keine Sorge, dass die Security Essen in diesen Ländern effektive Konkurrenz bekommt?

Eine Weltleitmesse auf dem bisherigen Niveau zu halten und weiter auszubauen, ist eine permanente Herausforderung. Selbstverständlich haben wir Wettbewerb. Wir stellen uns dem und werden weiterhin intensivste Marketingmaßnahmen, kommunikative Maßnahmen leisten, um den Ausstellern, den Kunden, unseren Kunden die richtigen Kunden zuzuführen. Alles andere entscheidet dann der Markt.

Jetzt hat der Marketingmann Regiani gesprochen. Danke für das Gespräch.