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Notfälle und Krisen effizient und effektiv bewältigen

Eingangsstatement von Guido Zemp, Leiter Sicherheitsleitstelle & Notfallmanagement der Fraport AG

Guido Zemp„Das Gelände unseres Flughafens erstreckt sich über ein Gebiet von 21 Quadratkilometern. Wird auf dem Flughafen-Gelände ein Alarm ausgelöst oder ein Notfall gemeldet, muss alles ganz schnell gehen. Um Notfälle und Krisen effizient und effektiv bewältigen zu können, wurden zu Beginn 2013 das Notfallmanagement (NFM) und die Sicherheitsleitstelle (SLS) organisatorisch zusammengelegt. Beide Organisationseinheiten gehören zum Geschäftsbereich Flugbetriebs- und Terminalbetrieb, Unternehmenssicherheit der Fraport AG.

Das Notfallmanagement entwirft Notfallverfahren beziehungsweise entwickelt diese weiter und stimmt sie mit allen Beteiligten ab. Als Vorbereitung auf den Ernstfall besteht eine der Hauptaufgaben des Notfallmanagements darin, Szenarien für Krisenfälle zu entwerfen und durchzuspielen, wie beispielsweise einen Flugzeugabsturz. Fragen wie „Könnte das bei uns auch passieren?“ oder „Wie können wir dies verhindern beziehungsweise uns darauf vorbereiten, falls es doch geschehen sollte?“ sind Themen, mit denen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen müssen. Auch wenn die entworfenen Notfallpläne glücklicherweise selten benötigt werden, müssen diese in großen Übungen dennoch regelmäßig durchgespielt werden, um zu testen, ob die Verfahren in der Praxis auch tatsächlich greifen.

Die Sicherheitsleitstelle ist die zentrale Melde- und Alarmierungsstelle am Flughafen Frankfurt und rund um die Uhr erreichbar. Integrativer Bestandteil der SLS ist die Feuerwehrleitstelle. Von der Sicherheitsleitstelle aus werden alle operativen Maßnahmen der Flughafen-Feuerwehr, des Rettungsdienstes und der Unternehmenssicherheit koordiniert und dokumentiert. Die Sicherheitsleitstelle gewährleistet die dazu erforderliche Informationsversorgung aller beteiligten internen Dienststellen und des Managements, sowie der involvierten Behörden, Fremdfirmen und Luftverkehrsgesellschaften. Sie ist verantwortlich für die Ersteinstufung von Alarmmeldungen und Notfällen gemäß der Betriebsanweisung für Notfälle (BA NOT). Gleichzeitig ist sie zuständig für die Alarmierung der Einsatzkräfte, deren Heranführung an die Einsatzstelle und unterstützt diese während des gesamten Einsatzes. In der SLS finden die unterschiedlichsten Systeme Anwendung, unter anderem ein Videosystem mit rund 2.200 Kameras und einer Gefahrenmeldeanlage mit ca. 5.000 Meldern. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der SLS führen täglich bis zu 2.000 Funkgespräche und arbeiten bis zu 1.200 Telefonate ab. Hinzu kommen unzählige E-Mails und Telefaxnachrichten.“

Interview mit Nina Reitz und Florian Adam

Florian Adam und Nina ReitzWie sich die organisatorische Veränderung auf die Zusammenarbeit auswirkt, berichten Nina Reitz, Leiterin Notfallmanagement, und Florian Adam, Leiter Sicherheitsleitstelle. Darüber hinaus sprechen sie über den Anstieg der Einsatzzahlen sowie die daraus resultierenden Herausforderungen.

Was bedeutet die Zusammenführung für die Zusammenarbeit der beiden Stellen?

Reitz: In unserer täglichen Arbeit entwickeln und verfeinern wir die Alarmierungsverfahren für den Krisenstab und seine nachgeordneten Module und dokumentieren diese in der Betriebsanweisung für Notfälle, kurz BA NOT. Die Kolleginnen und Kollegen der Sicherheitsleitstelle lösen die Alarmierungen dann bei Bedarf aus und geben uns wiederum die Rückmeldung über weitere Verbesserungspotenziale.

Adam: Die organisatorische Zusammenführung beider Bereiche hat Schnittstellen in dieser Zusammenarbeit reduziert und für noch bessere Voraussetzungen gesorgt, um Notfälle und Krisen schnell und effizient zu bewältigen. Im Zuge der Umstrukturierung haben wir zusätzlich die Funktion des Security Duty Officers in die Sicherheitsleitstelle integriert. Dieser ist fester Ansprechpartner für alle sicherheitsrelevanten Themen in der SLS und vor Ort, zum Beispiel als Security-Einsatzleitung an einer Einsatzstelle. Somit bekommen wir ein rundes Bild mit engen Schnittstellen, angefangen bei der Vorbereitung über die Alarmierung, die Abarbeitung innerhalb der SLS und vor Ort bis hin zur Nachbearbeitung.

Im vergangenen Jahr wurden rund 240.000 Einsätze in der SLS dokumentiert. Wie setzt sich diese Zahl zusammen?

Adam: Überwiegend sind das Alarme unserer Gefahrenmeldeanlage, also Lichtschranken, Türalarme, Wärmebildkameras und so weiter. Hinzu kommen die Brandmelder sowie Notrufe, gemeldete Diebstähle oder Unfälle auf dem Flughafengelände. Der Großteil der Meldungen sind glücklicherweise Fehlalarme oder versehentlich ausgelöste Melder. Dennoch müssen unsere Disponenten immer voll konzentriert sein, um bei den Echtalarmen sofort die richtigen Entscheidungen zu treffen.

 

Daimler

 

Was sind die Gründe für den rapiden Anstieg der Einsatzzahlen bei SLS und NFM in den vergangenen Jahren?

Adam: Im Bereich der SLS resultieren die Einsatzzahlen aus dem bisherigen Anstieg der Verkehrszahlen. Weiterhin hat sich die Gesetzeslage geändert: Seit 2005 besteht für Flughafen-Betreiber die Pflicht zur Sicherung der sogenannten Critical Parts, also der Bereiche am Flughafen, die verschiedenen Sicherheitskontrollen unterliegen. Größter Treiber ist jedoch die Absicherung der durch neue Bauprojekte entstehenden Flächen. Allein die Landebahn Nordwest hat mit ihrem gesicherten Außenzaun, den durch Wärmebildkameras gesicherten Rollbrücken und den übrigen meldergesicherten Bereichen im Jahr 2012 zu einer Steigerung von fast 20 Prozent geführt.

Reitz: Das Notfallmanagement und seine Notfallvorsorgeeinrichtungen ERIC und Care-Team wurden in den vergangenen Jahren konsequent weiterentwickelt, was zu einem Anstieg unserer Einsatzzahlen geführt hat. Unter anderem wird das Fraport-Krisenzentrum ERIC jetzt auch bei gravierenden Betriebsstörungen wie Extremwetterlagen oder Streiks besetzt. Auch das SAT-Team wird seit einigen Jahren nicht mehr ausschließlich für die Betreuung von Angehörigen und Unverletzten bei einer Großschadenslage eingesetzt, sondern beispielsweise auch bei der Rückführung im Ausland befreiter Geiseln über unseren Flughafen. Eben dort, wo eine Betreuung sowie die besondere Organisation der Abläufe Sinn machen. 2011 wurde das Basic Assistance-Team extra für die Betreuung gestrandeter Passagiere in den Terminals gegründet und hatte bereits einige Einsätze bei Streiks und extremen Wintertagen.

Statements von Mitarbeitern der Sicherheitsleitstelle

Udo BockiusUdo Bockius, Einsatzsachbearbeiter in der SLS:

„Ich bin seit 25 Jahren bei Fraport und seit 15 Jahren Disponent in der SLS. Kein Tag ist wie der andere, gerade in einem echten Notfall ist mittlerweile vieles komplexer geworden: Ich muss die Übersicht behalten und sehr viele Stellen informieren. Auch wenn es dann mal hektisch wird, macht es mir sehr viel Spaß, in einer der Schaltzentralen des Flughafens zu arbeiten. Mich reizt hierbei die wiederkehrende Herausforderung.“

 

 

Angela DornaufAngela Dornauf, Einsatzsachbearbeiterin in der SLS :

„Die Sicherheitsleitstelle war lange Zeit eine Männerdomäne. Hier hat ein Umdenken stattgefunden, immerhin sind wir mittlerweile fünf Frauen in der SLS. Ich gehöre nun seit etwas über einem Jahr dazu und meine Aufgaben machen mir Spaß, auch weil ich sehr gut aufgenommen wurde. Außerdem mag ich es, täglich mit den unterschiedlichsten Abteilungen, Firmen und Behörden in Kontakt zu stehen. Ich habe heute ein ganz anderes Bild vom Flughafen und den Zusammenhängen, die hier bestehen.“

 

Fiktiver Ablauf

Werfen wir einen Blick hinter die Kulissen. Anhand eines fiktiven, aber in der Realität möglichen Einsatzes zeigen wir die Aufgaben der Sicherheitsleitstelle und des Notfallmanagements.

09.05 Uhr

 

 

Ein Notruf geht in der Sicherheitsleitstelle (SLS) ein: Auf dem Vorfeld ist ein Passagierbus mit einem Flugzeug kollidiert. Mehrere Personen sind verletzt.

 

 

09.06 Uhr

Die Einsatzdisponenten der SLS alarmieren die Einsatzkräfte von Airport Security, Feuerwehr und Rettungsdienst

09.08 Uhr

Wie bei dieser Übung, kümmern sich die Einsatzkräfte vor Ort um verletzte Personen, sperren den Unfallort ab und dokumentieren den Vorfall. Der Security Duty Officer (SDO) koordiniert den Security-Einsatz vor Ort.

Der Security Duty Officer ist Bestandteil der Sicherheitsleitstelle. Er dient als 24-Stunden-Vertreter der Unternehmenssicherheit und ist im Innen- sowie Außendienst Ansprechpartner in allen operativen Sicherheitsfragen für Behörden, Airlines, Passagiere, externe Firmen und Fraport-Bereiche. Darüber hinaus besitzt er die fachliche Weisungsbefugnis gegenüber allen operativen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Unternehmenssicherheit, der Flughafen-Sicherheit sowie externen Dienstleistern, die nach Paragraf acht des Luftsicherheitsgesetzes tätig sind.

09.10 Uhr

 

Die SLS alarmiert Behörden, Luftverkehrsgesellschaften, Fraport-Bereiche sowie Unternehmen am Standort über den Vorfall.

 

 

09.29 Uhr

 

Der Gesamtbetrieb muss eingestellt werden, die SLS alarmiert den Fraport-Krisenstab.

Sobald ein Ereignis auftritt, das von der Regelorganisation nicht mehr zu bewältigen ist, wird der Krisenstab aktiviert und tagt im Emergency Response and Information-Center (ERIC) von Fraport. Hier finden sich Schlüsselfunktionen der Unternehmensbereiche sowie Airlines und Behörden zusammen, um einen möglichst reibungslosen Betrieb zu gewährleisten. Zur Festlegung wirksamer Maßnahmen muss die Lage schnell analysiert und bewertet werden.

 

 

09.36 Uhr

Das NFM fordert in der SLS die Alarmierung des Care-Teams an.

Das Care-Team besteht aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aller Fraport- und FraSec-Bereiche, die sich über ihr originäres Aufgabengebiet hinaus in Not- und Sondersituationen für die Betreuung von Fluggästen und Angehörigen engagieren und den Krisenstab unterstützen. Zum Care-Team gehören das Basic Assistance-Team (BAT), das ERIC Support-Team, die Notfallinformationszentrale (NIZ) und das Special Assistance-Team (SAT).

10.30 Uhr

Wiederherstellung des Regelbetriebs und Nachbereitung des Einsatzes durch das Notfallmanagement.

(Quelle: Fraport AG)

 


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