Handbuch Äußere Sicherheit
Die wichtigsten Begriffe für Studium und Praxis.
Stefan Goertz,
Stuttgart 2024,
274 Seiten.
ISBN 978-3-415-07590-0.
Ladenverkaufspreis 36 €.Spätestens mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine erfolgte im Februar 2022 in weiten Teilen der deutschen Öffentlichkeit und bei den politisch Verantwortlichen eine Schwerpunktverlagerung: Die Äußere Sicherheit Deutschlands – zuvor oft als Quantité négligeable fehlgedeutet – rückte in den Mittelpunkt des Interesses.
Damit stieg auch der Bedarf an verlässlichen Darstellungen über dieses facettenreiche Thema.
Stefan Goertz lehrt Sicherheitspolitik an der Hochschule des Bundes in Lübeck im Fachbereich Bundespolizei. Goertz studierte Politik- und Sozialwissenschaften, Öffentliches Recht und Arabisch unter anderem in Berlin, München und Damaskus. Seit vielen Jahren befasst er sich mit Sicherheitspolitik, Extremismus und Terrorismus und veröffentlichte dazu mehrere Bücher und zahlreiche Aufsätze in in- und ausländischen Fachzeitschriften. In seinem hier zu besprechenden Handbuch führt er „die wichtigsten Begriffe im Bereich der Äußeren Sicherheit/Sicherheitspolitik für Studium und Praxis ein und legt einen klaren Schwerpunkt auf die deutschen Sicherheitsbehörden.“ Dieser Vorgabe folgend reicht das Spektrum der berücksichtigten Themen von „Abrüstung und Rüstungskontrolle“ bis zum „Zwei-plus-Vier-Vertrag“. Es liegt auf der Hand, dass in einem 274-seitigen Buch im DIN-A-5-Format nicht alle Aspekte der äußeren Sicherheit erfasst werden können. Damit für den Leserkreis der größtmögliche Nutzen entsteht, kommt es auf eine wohlüberlegte Auswahl und Gewichtung an. Auf vier Seiten beschreibt der Autor den britischen Geheimdienst Secret Intelligence Service – besser bekannt unter dem alten Kürzel MI6. Den gleichen Umfang nimmt die CIA der USA ein. Dem israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad räumt er drei Buchseiten ein, der deutsche Bundesnachrichtendienst wird auf sieben Seiten dargestellt. Ein von Goertz unbeschriebenes Blatt bleiben die chinesischen Geheimdienste, um die sich seit Jahrzehnten zahlreiche Mythen und Legenden ranken.
Manche Gewichtung überrascht. So befasst sich der Autor auf elf Seiten mit der „Gruppe Wagner“, einer Söldnerarmee in Diensten des russischen Präsidenten Putin. 20 Seiten widmet Goertz Russland, wobei allein der Krieg gegen die Ukraine acht Seiten einnimmt. Die USA hingegen werden auf nur neun Seiten abgehandelt.
Schwierig ist in einer solchen Überblicksdarstellung auch die Entscheidung, welche Aspekte innerhalb eines Themas berücksichtigt werden und was außen vor bleibt: Das Kommando Spezialkräfte (KSK) handelt er auf einer Seite. Er erwähnt, dass das KSK in vier Kompanien gegliedert ist, die 1., 3. und 4. Kompanie. Mancher Leser wird sich fragen, was mit der Zwoten geschehen ist.
Man könnte sich auch streiten, ob jede Überschrift treffend ist. So spricht Goertz von der „Neuaufstellung der Bundeswehr“ nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine. Ebenso könnte man sich aber auch fragen, ob der in diesem Zusammenhang von Bundeskanzler Olaf Scholz geprägte Begriff der „Zeitenwende“ mit einem zeitlichen Abstand von zwei Jahren betrachtet noch zutreffend ist.
Ein solches Buch stellt stets ein Wagnis dar, insbesondere dann, wenn eine breite Leserschaft angesprochen werden soll. Goertz sieht als Zielgruppen seines Buches unter anderem Ministerialbeamte, Hochschulen und Akademien der deutschen Sicherheitsbehörden – darunter auch die beiden Universitäten der Bundeswehr –, die Landes- und die Bundeszentrale für politische Bildung, die Medien und auch die Justiz.
Als eine erste Orientierung in einem vielfältigen Thema ist dieses Handbuch durchaus geeignet, nicht zuletzt, da jedes Kapitel weiterführende Literaturhinweise beinhaltet. Mehr will und kann das Handbuch Äußere Sicherheit nicht sein.
-Dr. Reinhard Scholzen-