Eine Streife der Gendarmerie auf dem geschlossenen Weihnachtsmarkt nach dem Anschlag
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Alle Jahre wieder?

Der Anschlag auf den Straßburger Weihnachtsmarkt

Von Thomas Lay

Am 11. Dezember 2018 verübte der 29-jährige Franzose Cherif Chekatt einen Anschlag auf den Straßburger Weihnachtsmarkt. Mit einer Pistole tötete er mehrere Menschen und verletzte zahlreiche Frauen und Männer zum Teil schwer. Die Tat wirft auch in Deutschland Fragen auf.
Der Täter war den Sicherheitsbehörden bekannt. In Frankreich und Deutschland hatte er bereits mehrere schwere Straftaten begangen. Unter anderem war er wegen Köperverletzung rechtskräftig verurteilt worden. Am Morgen des 11. Dezember wollten französische Polizisten Cherif Chekatt festnehmen, trafen ihn in seiner Wohnung aber nicht an. Dort hatte er größere Mengen an Waffen und Munition gehortet. Wenige Stunden später, gegen 20 Uhr, eröffnete der Franzose mit algerischen Wurzeln auf dem Straßburger Weihnachtsmarkt das Feuer auf die Besucher. Er tötete mit einer Pistole mindestens vier Menschen und verletzte zwölf zum Teil lebensgefährlich. Nach Augenzeugenberichten geriet er wenig später in ein Feuergefecht mit französischen Polizisten und Gendarmen, bei dem Chekatt, der von den Behörden als potentieller islamistischer Gefährder eingestuft war, angeschossen wurde. Rund 48 Stunden nach der Tat stellten Polizisten den Attentäter, der angeblich Mitglied des IS war, im Straßburger Stadtteil Neudorf. Nachdem er auf diese das Feuer eröffnet hatte, wurde er in Notwehr erschossen.

Weihnachtsmärkte waren in der Vergangenheit bereits mehrfach das Angriffsziel von Einzeltätern und terroristischen Gruppen. Im Dezember 2000 nahm die Anti-Terror-Spezialeinheit GSG 9 in Frankfurt am Main die Meliani-Gruppe fest, die einen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Straßburg plante. Im Besitz der vier Männer befanden sich neben detaillierten Skizzen über mögliche Tatorte, zahlreiche Waffen und Chemikalien zur Herstellung von Sprengstoffen. Das Oberlandesgericht in Frankfurt/Main verurteilte die Mitglieder der Gruppe im Jahr 2002 zu Haftstrafen zwischen zehn und zwölf Jahren. Am 19. Dezember 2016 verübte der aus Tunesien stammende Asylbewerber Anis Amri mit einem Lastkraftwagen einen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz. Er tötete zwölf Menschen und verletzte 49 zum Teil schwer.

Nach dem Attentat in Berlin wurden in Deutschland die Sicherheitsvorkehrungen deutlich verstärkt. Einige Maßnahmen sind für jedermann erkennbar, so etwa die tonnenschweren Barrikaden, mit denen mittlerweile auch in kleinen Orten die Zufahrtswege zu den Weihnachtsständen versperrt werden. Darüber hinaus wurde die Polizeipräsenz bei rund 1500 deutschen Weihnachtsmärkten deutlich erhöht. Zudem arbeiten dort viele tausend Mitarbeiter privater Sicherheitsfirmen. Die Bürger erwarten noch mehr. Nach dem Anschlag in Berlin forderten in Umfragen 80 Prozent der Deutschen eine Ausdehnung der Videoüberwachung im öffentlichen Raum. Dieser Wunsch scheitert jedoch mitunter an den Polizeigesetzen. Unter Fachleuten besteht kein Zweifel, dass moderne Technik im Bereich der Prävention sinnvoll ist. Diese Systeme erlauben zum Beispiel die automatisierte Auswertung von Videoaufzeichnungen. Dabei werden aktuell aufgenommene Gesichter mit einem Datenbestand abgeglichen. Dies wäre zum Beispiel bei bekannten terroristischen Gefährdern sehr effektiv. Andere Systeme sind fähig, gefährliche Situationen aufgrund Kerzen zum Gedenken an die Opfer des feigen Anschlags
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bestimmter Handlungsmuster von Personen zu erkennen. Eine Kombination dieser beiden Möglichkeiten bildet das System „Seamless Traveller“, das vor Jahren an den Flughäfen Australiens eingeführt wurde.

Eine hundertprozentige Sicherheit kann es jedoch nicht geben. Dies stellte auch der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow in einem Gespräch mit der „Augsburger Allgemeine“ heraus: „Wir wollen die Freiheit bewahren, auf einen Weihnachtsmarkt zu gehen. Aber das kann auch ausgenutzt werden, nicht nur von Terroristen, auch von anderen Straftätern. Das lässt sich auch nicht ändern.“

 

Über den Autor
Thomas Lay
Thomas Lay
Thomas Lay ist Mitglied der Redaktion von Veko-online. Aufgrund seiner langjährigen polizeilichen Erfahrung im In- und Ausland widmet er sich vornehmlich Sicherheitsthemen.
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