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Blick ins Plenum
Foto: © Helmut Brückmann

Fachtagung Personenschutz

Fachlichkeit, Jubiläum und Wachwechsel

Von Heinz-Werner Aping

Am 6. und 7. November folgten 58 Fachleute aus Deutschland, Österreich und der Schweiz der Einladung von Helmut Brückmann zur Teilnahme an der 25. Fachkonferenz Personenschutz im Hyperion Hotel Dresden am Schloss.
In zwölf fachlich versierten wie abwechslungsreichen Vorträgen wurde ein spannender Bogen gezogen, der zeitgemäßen Personenschutz in einen Kontext sehr unterschiedlicher Themen stellte.

Personenschutz hat auch 25 Jahre nach Start der Fachtagungen von VEKO nichts an Aktualität und Notwendigkeit verloren. Die diesjährige Fachtagung war deshalb gleichermaßen Jubiläum wie auch geeigneter Rahmen für den öffentlichen Stabwechsel vom Begründer Helmut Brückmann zu Thomas Lay, der die Fachtagung in die nächsten 25 Jahre führt.

Die Fachtagung startete in bewährter Art mit einem Vortrag von Bernd Pokojewski über Fallanalysen im Personenschutz. Der ehemalige Chefausbilder und Einsatzleiter eines SEK und langjährige Leiter einer Personenschutzdienststelle ist wie Begründer Helmut Brückmann seit 25 Jahren dabei, wie gewohnt in allen Arten von Attentaten brandaktuell und vor allem praktisch und am tatsächlichen Handeln der Täter ausgerichtet. Seine Fallanalysen orientierte er in diesem Jahr besonders an Attentaten im Kontext des islamistischen Terrorismus und wählte dazu bedrückende Fälle in Großbritannien. Wie gewohnt präsentierte er eine sehr anschauliche, interessante und überzeugende Fülle von Informationen, Einsichten und Filmdokumenten.

Ihm folgte mit Dr. Stefan Goertz ein Politikwissenschaftler von der Hochschule des Bundes, Fachbereich Bundespolizei. Sein überaus lebendiger Vortrag zu Bedrohungsszenarien durch den islamistischen Terrorismus vor dem Hintergrund von 42 Anschlägen in Europa seit 2004 reichte von möglichen „Worst-Case-Anschlägen“ gegen verschiedenste Ziele über Anforderungen zu deren Bewältigung bis hin zu psychologischen Faktoren für jihadistische Aktionen. Der Hinweis auf sein Buch „Terrorismusabwehr“ war anschließend genauso häufig nachgefragt wie der direkte weitere Kontakt.

Den dritten Vortrag des ersten Vormittags hielt Marc Brandner, von SmartRiskSolutions spezialisiert auf Sicherheitsberatung, Reisesicherheit und Krisenmanagement, mit einer Fallstudie einer Langzeitentführung in Afghanistan (NGO-Mitarbeiterin). Unter ausdrücklicher Wahrung der Anonymität der konkreten Fall- wie personenbezogenen Aspekte konnte er deutlich machen, wie komplex die Aufgaben des Krisenmanagements in Entführungsfällen sind. Die Herausforderungen zur Bewältigung einer solchen Einsatzlage treffen regelmäßig auf eine Vielzahl von Akteuren. Die erfolgreiche Bewältigung einer Entführungslage gelingt nur über eine komplikationslose und erfahrungsreiche Zusammenarbeit aller Akteure.

Ein ganz anderes Szenario beleuchtete nach der Mittagspause Herbert Saurugg. Der ehemalige Offizier des österreichischen Bundesheeres und aus der damaligen Verwendung spezialisierte Experte für den Ausfall lebenswichtiger Infrastrukturen verdeutlichte unter dem Titel „Blackout – das unterschätzte Katastrophenszenario“ sehr sachlich und anschaulich, im Ergebnis dennoch bedrückend, die Folgen eines Ausfalls alltäglicher Infrastrukturen. Das können gleichermaßen Strom- oder Gas- oder Telekommunikationsausfälle wie sonstige Katastrophenszenarien sein. Besonderes Augenmerk legte der Referent auf die Notwendigkeit und die Möglichkeiten persönlicher, wie individueller Vorsorge, um die zwangsläufigen Ausfälle und Engpässe bis zur Wiederherstellung der normalen Lebensabläufe ohne Schaden oder Verluste zu bewältigen.

Den fünften Vortrag des 1. Tages hielt Dr. Christoph Eichel, Geschäftsführer der Result Group, zum Thema Entwicklungen und Herausforderungen in der internationalen Sicherheitsberatung. Ausgehend vom derzeitigen Geschäftsmodell und Organisationsstand der Result Group stellte er anhand der nationalen wie internationalen Entwicklungen und Herausforderungen insbesondere das Anforderungsprofil der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in diesem Bereich dar.

Der 1. Tag endete mit dem Vortrag des Verfassers, Heinz-Werner Aping, Direktor beim BKA a.D., langjähriger Leiter der Abteilung Sicherungsgruppe im BKA, über (25 Jahre) Personenschutz – Wandel inbegriffen. Der Vortrag zeigte auf, welche vielfältigen gesellschaftlichen Ereignisse und Veränderungsprozesse in „nur“ 25 Jahren zu verzeichnen waren, in welchen Feldern Personenschutz sich somit seit 1993 zwangsläufig geändert hat und vor allem weiter ändern wird.

Der Vortrag zielte neben der fachlichen Ebene im Fazit aber auch besonders darauf ab, Helmut Brückmann zu danken, dass er 1993 die erste Fachtagung Personenschutz ausrichtete und sie mit viel Initiative, Organisationsvermögen, und vor allem fachlicher Ausdauer und Leidenschaft über 25 Jahre weiterführte. Dafür gebührt ihm Lob, Dank und Anerkennung.

Dieses Lob, der Dank und die Anerkennung wurden Helmut Brückmann förmlich beim anschließenden Abendessen im historischen Restaurant „Zum Schießhaus“ durch drei ihn überraschende Ansprachen zuteil. Als besondere und vor allem in langer Freundschaft verbundene Ehren-Gäste hielten der Polizeipräsident von Dresden, Horst Kretzschmar und der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Sicherheitswirtschaft, BDSW, Dr. Harald Olschok sehr persönliche Ansprachen, die Helmut Brückmann sichtlich bewegten. Das gilt gleichermaßen für die Gruß- und Dankadresse von Stefan Bisanz, vereidigter Sachverständiger für den Personenschutz und seit Beginn 1993 nahezu ununterbrochen Teilnehmer der Fachtagungen, in Vertretung für alle anderen Teilnehmer der diesjährigen Fachtagung. Dr. Olschok konnte seinen Dank zudem durch eine besondere Ehrung namens des BDSW unterlegen.

Helmut Brückmann zog ein bewegtes und in der ihm eigenen Art eher kurzes Resümee dieser 25 Jahre und bedankte sich bei allen Weggefährten, namentlich auch bei seinem langjährigen Freund Bernd Pokojewski und seiner Mitarbeiterin Frau Schuch.

Er nutzte zum Schluss die Gelegenheit, nochmals deutlich zu machen, dass er den Staffelstab nunmehr an Thomas Lay weitergegeben hat. Er zeigte sich völlig überzeugt, dass die Zukunft der Fachtagung und von VEKO insgesamt damit in guten Händen liegt und wünschte ihm dafür viel Erfolg und vor allem das notwendige Quäntchen Glück.
Helmut Brückmann bleibt der Fachtagung und vor allem VEKO-online als Herausgeber auf jeden Fall erhalten.

Der zweite Tag startete mit einem Vortrag von Rainer Elsmann, Vertriebsdirektor beim Versicherungsmakler Dr. Walter GmbH über Fürsorgepflichten des Arbeitsgebers und Wege der Absicherung.

Sein Vortrag mit der Erfahrung der Firma aus über 50.000 Versicherungsabschlüssen pro Jahr befasste sich mit Haftungsrisiken für Unternehmen beim Einsatz von Mitarbeitern im Ausland und daraus erwachsenden Fürsorgepflichten. An zwei Beispielen machte er nicht nur deutlich, wie „entwicklungsfähig“ das Wissen aller Beteiligten zu notwendigen Schritten im Anlassfall ist, sondern welche Fragen sich Arbeitgebern wie Arbeitnehmern zwingend stellen und welche Lösungsmöglichkeiten sich zusammen mit Fachleuten erarbeiten lassen.

Ein ganz anderes, aber nicht minder bedeutsames „Schadensfeld“ beleuchtete im folgenden Vortrag Peter Königsfeld, erfahrener Journalist und Leiter des Berliner Standortes von Johanssen + Kretschmer, Berater im Bereich Krisenkommunikation und strategischer Kommunikation. In einer sehr gelungenen Verbindung von langjähriger Erfahrung, praktischen Fällen und grundsätzlichen fachlichen Erkenntnissen zeigte er zum Thema „Nach der Krise ist vor der Krise“ – Wie man sich in Krisenfällen nicht verhält fesselnd auf, welcher ggf. irreparable Schaden Unternehmen bei unzureichender Vorbereitung und fehlender professioneller Ausrichtung im Bereich Kommunikation entsteht und wie unverzichtbar eine weit im Vorfeld vorgenommene Vorbereitung und Begleitung durch Fachleute der Kommunikation ist. Sein dringender Rat: Zeit ist bei Krisen ein entscheidender Faktor. Je länger es dauert, mit der Krise umzugehen, desto mehr verlieren die Beteiligten die Kontrolle über ihre Entwicklung und vor allem ihre Deutungshoheit. Krisen durch falsche Kommunikation können vermieden werden, sind „Chefsache“ und bedürfen eines vorher erarbeiteten Krisenhandbuches.

Mit der Bewältigung von Krisen beschäftigte sich auch der dritte Vortrag des zweiten Tages. Ulrich Cronenberg, Referats- und Projektleiter im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK), trug zu LÜKEX – strategische Managementübungen vor. Sein kritischer Vortrag befasste sich nicht nur mit den grundlegenden Überlegungen zu größeren Krisenszenarien und den Chancen zu ihrer Bewältigung, sondern warf einen Blick auf die zurückliegenden LÜKEX-Übungen wie auch auf die unmittelbar zum Jahresende 2018 bevorstehende große Übung. Ulrich Cronenberg sparte mit der Gelassenheit großer Erfahrung nicht mit konstruktiv-kritischen Anmerkungen zum Zivil- und Katastrophenschutz. Vor allem aber betonte er die Notwendigkeit eines gesamtstaatlichen länder- und ressortübergreifenden Krisenmanagements und stellte gewinnend LÜKEX als Bestandteil einer neuen Strategie zum Schutz der Bevölkerung dar. Neben Aspekten des Übungsaufbaus und den Rollen der verschiedenen Beteiligten stellte er die Vorteile im Rahmen einer Beteiligung an dieser strategischen Managementübung dar. LÜKEX 2018 befasst sich mit dem Szenario einer Gasmangellage und den erheblichen Auswirkungen auf das gesamte gesellschaftliche wie wirtschaftliche Leben.

Den letzten Vortrag des Vormittags hielt Dr. Bertold Stoppelkamp, Leiter des Hauptstadtbüros des Bundesverbandes der Sicherheitswirtschaft, BDSW. Zum Thema Änderung Bewachungsgewerbe / Krisenkommunikation.

Er referierte zuerst über die Vorschriften zur Novellierung des Bewachungsgewerbes in 2016 (Gesetz zur Änderung bewachungsrechtlicher Vorschriften vom 1.12.2016), hauptsächlich hinsichtlich Änderungen im Bereich der Zuverlässigkeitsprüfung und vor allem zum Stand der Einrichtung des zentralen Bewacherregisters seitens der zuständigen Behörden.

Im Hinblick auf die gegenwärtigen und zukünftigen Themenfelder des Verbandes widmete er sich insbesondere dem schon lange verfolgten Ziel zur Schaffung eines eigenständigen Gesetzes für die Sicherheitswirtschaft und dem Wechsel der Fachaufsicht vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zum Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Parteien der amtierenden Großen Koalition haben beide Forderungen in ihrem Koalitionspapier abgebildet. Der BDSW ist und bleibt aus seiner Sicht der Innovationsmotor der Deutschen Sicherheitswirtschaft.

Die letzte Runde von Vorträgen eröffnete am Nachmittag Henrik Hohenlohe vom LKA Sachsen. Er stellte das Cybercrime Competence Center des LKA Sachsen vor und als eines der Aufgabengebiete eine starke öffentliche Präsentation der Aufgaben, Möglichkeiten und Erreichbarkeiten dieser Spezialisten für Unternehmen wie für einzelne Betroffene. Alle Landeskriminalämter haben die Einrichtung solcher Competence Center verabredet und eine entsprechend offensive Öffentlichkeitsarbeit.

Die bereits verzeichneten Fälle und Schäden genauso wie die drohenden Gefahren und Schäden legen dies auch nahe. So berichtete Henrik Hohenlohe anhand konkreter Fälle über CEO-Fraud, SPAM-Wellen, Phishing und Identitätsdiebstahl, Fakeshops und Warenagenten, und nicht zuletzt Crime as a service (illegale Kaufplätze für kriminelles Handeln mit Kaufhaus-Charakter). Gerade das letztgenannte Phänomen ist so bedeutsam, weil für kriminelles Handeln keine eigene Expertise mehr erforderlich ist. Sie wird stattdessen einfach gekauft.

Hierzu gibt es allein deutschlandweit ca. 50 Plattformen, weltweit über 250. Allein das LKA Sachsen setzt über 80 qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Cybercrime Competence Center ein. Henrik Hohenlohe schloss mit dem Hinweis auf nützliche Links zur weiteren Befassung mit diesem brisanten Thema.

Den letzten Vortrag der Fachtagung hielt Univ.-Prof.Dr.Ing.habil Norbert Gebbeken, Professor für Baustatik und Leiter des Labors für Ingenieurinformatik an der Universität der Bundeswehr München, zudem Sprecher des Forschungszentrums RISK (Risiko, Infrastruktur, Sicherheit und Konflikt) zum Thema Sicherung öffentlicher Räume durch baulichen Schutz – Technik und gesellschaftliche Debatte. Wie viel Sicherheit hält eine Gesellschaft aus?

Dr. Gebbeken, international bekannter und gefragter Experte zur Sicherheit öffentlicher Räume (insbesondere, aber nicht nur aus der Sicht der Städte- und Bauplanung), zeigte in einem mit vielen konkreten Beispielen ausgestatteten Vortrag auf, welche vielfältigen Möglichkeiten bestehen, erfolgreich durch planerische und bauliche Maßnahmen die Sicherheit öffentlicher Räume zu erhöhen oder zu gewährleisten. Das Wissen und die Möglichkeiten in diesem Bereich gehen weit über hergebrachte Formen z.B. materieller Sicherheit hinaus. Er stellte die Möglichkeiten der Bio-Mechanik vor, erläuterte die Chancen zur Reduzierung von Risiken eines Schadenseintritts bis zu 50% über Design, Fassaden, Wasser und Licht, trug zu den Möglichkeiten intelligenter Stadtmöblierung oder zu unsichtbaren Barrieren vor.

Sein Fazit: Urbanität und baulicher Bevölkerungsschutz sind kein Widerspruch. Wichtig ist es, entsprechende Fachleute bereits frühzeitig in die Gestaltung öffentlicher Räume mit einzubeziehen.

Mit dem Hyperion Hotel Dresden am Schloss war ein geeigneter Tagungsort in Dresdens historischer Mitte gefunden worden. Damit ist die Fachtagung Personenschutz mittlerweile das dritte Mal zu Gast in dieser Stadt gewesen. Das Programm war vielfältig, mit guten Vortragenden besetzt und zeigte über viele Rückfragen und Pausengespräche wie Kontakte auf, dass sich professionelle Fachleute zum zeitgemäßen Personenschutz in einem weiten Wissensfeld bewegen (müssen). Das Feedback der Teilnehmer war überaus positiv.
Dieser Ansatz dürfte reichlich Raum für die nächsten Jahre der Fachtagung Personenschutz bieten.

 

Über den Autor
Heinz-Werner Aping
Heinz-Werner Aping
Heinz-Werner Aping, Direktor beim Bundeskriminalamt a.D., Jahrgang 1953, war bis zu seiner Pensionierung Ende Mai 2014 fast vierzig Jahre im kriminalpolizeilichen Dienst in Land und Bund tätig. Von 1975 bis 1999 diente er bei der Berliner Polizei vom Kommissar bis zum Kriminaldirektor in vielen Feldern klassischer und schwerer Kriminalität und zuletzt fünf Jahre als Leiter des kriminalpolizeilichen Stabes des Polizeipräsidenten. Mit dem Umzug der Bundesregierung von Bonn nach Berlin wechselte Aping zum Bundeskriminalamt und verantwortete als Leitender Kriminaldirektor und Gruppenleiter in der Abteilung Sicherungsgruppe Grundsatz, Haushalt, Ausbildung, Lagebeurteilung, Staatsbesuche, Observation und Technikeinsatz des Personenschutzes für die Verfassungsorgane des Bundes und seiner ausländischen Gäste. Im Jahre 2001 wurde ihm die Leitung der gesamten Abteilung übertragen, die er bis zu seiner Pensionierung innehatte. Von 2001 bis zu seiner Pensionierung war Aping mit mehrmaliger Wiederwahl Chairman der Association of Personal Protection Services (APPS), des internationalen Netzwerkes von 50 staatlichen Personenschutzdienststellen von China bis zu den USA einschließlich Europol, Interpol, EU und UN mit Konferenzen weltweit. Heinz-Werner Aping ist als selbstständiger Berater tätig. Er ist Mitglied der Redaktion VeKo-online und zuständig für den Bereich Sicherheitspolitik.
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