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Blick in den Konferenzsaal im Radisson Blu

24. Fachkonferenz Personenschutz

Von Heinz-Werner Aping und Thomas Lay

71 Teilnehmer aus Deutschland, Monaco, Österreich und der Schweiz kamen am 14. und 15. November zur mittlerweile vierundzwanzigsten (!) Fachkonferenz Personenschutz in Leipzig zusammen. Der große Zuspruch und die sehr vielfältige betriebliche wie persönliche Herkunft der Teilnehmer zeigen auf, wieviel sich in den letzten 24 Jahren im Personenschutz verändert hat. Das bedingt eine breite Palette von Vorträgen, um wie bisher den professionellen Anspruch der Fachkonferenz Personenschutz zu gewährleisten.
Das ist insgesamt 12 Vorträgen sehr gut gelungen. Die bisherigen Rückmeldungen der Teilnehmer belegen das.

1. Konferenztag

Mit der großen Zahl und Unterschiedlichkeit der Teilnehmer bietet sich zudem immer wieder eine hervorragende Chance neuer Kontakte und Bildung von Netzwerken. Bernd PokojewskiBesondere Erwähnung verdient in diesem Zusammenhang die Abendveranstaltung in Auerbachs Keller mit einer Zeremonie Anno Domini 1525, die wohl keiner der Teilnehmer vergessen wird.
Die Konferenz startete mit dem Vortrag von Bernd Pokojewski zu „Fallanalysen im Personenschutz“. Pokojewski, früher Chefausbilder/Einsatzleiter eines SEK und langjähriger Leiter einer Personenschutzdienststelle in Frankfurt am Main, ist ein „Mann der ersten Stunde“ und seit der ersten Fachkonferenz Personenschutz dabei. Er belegt immer wieder, mit wieviel Wissen und Erfahrung sowie bemerkenswerter Energie er tagesaktuell insbesondere die taktischen Erfordernisse des Personenschutzes analysiert und beleuchtet. Seine Ausführungen unterlegt er regelmäßig mit Bild-, Video- und Tondokumenten und verdeutlicht damit in sehr eindringlicher Art gleichermaßen die Gefahren durch Täter wie durch Unachtsamkeit oder falsches Handeln der für Personenschutz verantwortlichen Kräfte. Pokojewski spannte einen großen Bogen von Fehlern bei einer Festveranstaltung bis hin zu den Fehlern beim Schutz französischer Manager in kontroversen betrieblichen Situationen.
Fazit: neben allen notwendigen strategischen Überlegungen, Vorbereitungshandlungen und „handwerklichen“ Kenntnissen wie Fähigkeiten sind für erfolgreichen Personenschutz immer wieder unverzichtbar eine jederzeitige gefahrenbewusste Einstellung der Personenschützer, aktuelles Wissen um Angriffsszenarien, Engagement und Aufmerksamkeit für alle Details.

Dem sehr praxisorientierten Vortrag von Bernd Pokojewski folgte der zwar theorie-verdächtige, aber nicht minder praktisch orientierte Vortrag von Dr. Marwin Abou-Tam.
Der promovierte Islam- und Politikwissenschaftler beim Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz und Lehrbeauftragter an der Humboldt-Universität ist Insidern bestens Dr. Marwin Abou-Taambekannt und mit seiner anerkannten Expertise ein vielgefragter Ratgeber. In seinem Vortrag über „Radikalisierungsmechanismen und Früherkennung radikaler Muslime“ zeigte er gewissenhaft auf, wie vielschichtig die Frage- und Problemstellungen rund um den Islam und das Problem radikaler Muslime sind. Wer in diesem Problembereich erfolgreich sein will, kommt über Fachwissen und entsprechende Differenzierungen zum Islam im Gegensatz zum Islamismus, Fundamentalismus und Radikalisierung nicht umhin. Dr. Abou-Tam gelang es jederzeit, notwendiges Wissen um historische wie geopolitische Hintergründe und die Grundsätze wie verschiedene Strömungen des Islam mit klaren, praxisbezogenen Aussagen und Forderungen zum Umgang mit Radikalisierungstendenzen und sich radikalisierenden wie bereits radikalisierten Muslimen zu verbinden. Fazit: hohe Sachkunde, beeindruckender Vortrag, hohe Aufmerksamkeit und Nachdenklichkeit bei den Teilnehmern.

Den dritten Vortrag des Vormittags zum Thema „Reisesicherheit“ hielt Marc Brandner, ehemals Angehöriger des Kommandos Marc BrandnerSpezialkräfte und Mitgesellschafter der SmartRiskSolutions GmbH.
Das Thema Reisesicherheit ist in den letzten Jahren weltweit zunehmend in den Fokus von Sicherheitsüberlegungen zum Schutz von Personen geraten. Das gilt nicht nur für Angehörige von Ländern, die sehr stark, auch militärisch, in internationalen Krisenherden aktiv sind.
Deutschland ist zwar weniger militärisch aktiv, steht aber immer in strategischer Partnerschaft und ist vor allem als herausragende Exportnation mit den reisenden Vertretern seiner Firmen vielfältigen Bedrohungen und Gefahren ausgesetzt.
Marc Brandner zeigte die Bedeutung des Themas Reisesicherheit mit der Darstellung und Analyse des Angriffs auf das Hotel Imperial Marhaba in Algerien auf. Der Angriff von 32 Terroristen auf das algerische Gasfeld mit 800 Beschäftigten, darunter 134 expats, endete tragisch. Die Geiselnahme der Beschäftigten durch die Terroristen führte zur Separierung der nationalen von den internationalen Beschäftigten und anschließender Ermordung. Die algerische Armee beendete die Geiselnahme zwar durch einen massiven bewaffneten Einsatz, aber 40 Beschäftigte, darunter 39 expats, hatten ihr Leben verloren.
Brandner war Teil der Krisenbewältigung und konnte sehr fachkundig und authentisch zahlreiche Details und Problematiken von der Lagebeurteilung vor der Tat über das Krisenmanagement bis hin zur Betreuung der Angehörigen vortragen.
Die Sorge um und Vorsorge für die Sicherheit entsandter Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen muss unzweifelhaft Teil einer professionellen Entsendeplanung von Firmen mit Aktivitäten im Ausland sein.

Boris GehrkeBoris Gehrke, stellvertretender Leiter des Krisenstabs der Bundesregierung, startete als erster Vortragender in den Nachmittag und zeigte mit seinem Vortrag zum Thema „Krise im Ausland“ die Arbeit des Krisenstabes der Bundesregierung auf. Seine Präsentation stellte dar, wie der Krisenstab im Auswärtigen Amt aufgestellt ist und wann er wie tätig wird.
Gehrke beleuchtete die Struktur, Zusammensetzung und den Ort des Krisenstabes (was der Verfasser noch aus eigener Tätigkeit kennt) und stellte zuerst die verschiedenen Krisenarten dar, zu denen der Krisenstab aufgerufen wird. Das reicht von Naturkatastrophen über Entführungen und Geiselnahmen über Terrorangriffe und manches mehr bis hin zu großen medizinischen Notlagen. Der Abriss über Krisenvorsorge, Krisenreaktion, Krisenmanagement, Krisenteams und Krisennachsorge verdeutlichte, wie herausfordernd und vielgestaltig die Problemlagen sind, mit denen sich der Krisenstab beschäftigen muss, dabei sehr diskret und mit dem Ziel, den betroffenen Menschen zu helfen, ihr Leben zu retten.
Ein schwieriges Feld ist hierbei immer die Nahtstelle zwischen dem Krisenstab und den beteiligten staatlichen Stellen auf der einen und den von Firmen oder Angehörigen beauftragten Sicherheitsdienstleistern auf der anderen Seite.
Vieles ist und bleibt notwendigerweise vertraulich.1

Den fünften Vortrag des ersten Veranstaltungstages hielt Dr. Gunther P. Grasemann vom Fraunhofer IOSB (Fraunhofer Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung) zum Thema „ArGUS –Assistenzsystem zur situationsbewussten Abwehr von Gefahren durch UAS“.
Dr. Gunther P. GrasemannHinter UAS verbirgt sich, was landläufig als Drohnen bezeichnet wird.
Grasemann beschäftigt sich als Physiker seit vielen Jahren mit komplexen sicherheitstechnischen Aufgabenstellungen und koordiniert seit März 2017 das BMBF-Forschungsprojekt „ArGUS“. Grasemann hatte bereits zur 3. Fachkonferenz Flughafensicherheit von veko-online im Oktober 2017 vorgetragen, konnte aber für einen Vortrag vor dem Teilnehmerfeld Personenschutz erneut gewonnen werden.
Am gegenwärtigen wie künftigen Nutzen im Einsatz von Drohnen für die gesamte Menschheit gibt es keinen Zweifel. Ihre Entwicklung und ihr Einsatz werden weiter vorangehen. An mit ihrem missbräuchlichen Einsatz verbundenen Gefahren kann und darf aber auch kein Zweifel bestehen.
Dr. Grasemann stellte im ersten Teil seines Vortrags das Fraunhofer Institut vor und den gegenwärtigen Entwicklungsstand von Drohnen und ihren gesellschaftlichen Nutzen dar. Davon ausgehend widmete er sich typenabhängigen Gefahreneinschätzungen und einer Darstellung von verschiedenen Angriffsphasen. Nach einem Zwischenfazit zum Markt mit Drohnen und den wichtigsten Tendenzen folgte die Darstellung von Bekämpfungsmöglichkeiten und anschließend die Vorstellung des Projektes „ArGUS“ (Assistenzsystem zur situationsbewussten Abwehr von Gefahren durch Drohnen). Die Ausführungen berührten die Themen Projektübersicht, Projektpartner, Projektstruktur und die festgelegten Arbeitspakete. Den Projektabschluss wird ein Funktionsdemonstrator bilden. Geplantes Projektende ist März 2020.
Es bleibt abzuwarten, ob das Ziel des Projektes, sein geplantes zeitliches Ende genauso wie praktische Anwendungserkenntnisse erreicht werden wird.

Christopher SchrammDen letzten Vortrag des ersten Tages hielt Christopher Schramm, Krisenberater der Firma red24, zum Thema „Entführung und Erpressung in Deutschland – Herausforderung für Sicherheitsverantwortliche in Unternehmen“.
In Ergänzung zur Darstellung staatlichen Handelns bei Krisenlagen im Ausland durch Gehrke stellte Schramm sehr praxisorientiert und eindrucksvoll dar, wie die Abläufe bei Entführungen und Geiselnahmen im Inland sind, gleich ob sie politisch, religiös oder kriminell motiviert sind. Er beleuchtete gleichermaßen die Vielzahl der eingebundenen Akteure, egal ob staatlicher oder privater Seite, ihre unterschiedlichen Möglichkeiten und Notwendigkeiten und die Schwierigkeiten einer Koordination. Die Situationen sind immer wieder sehr komplex und bedürfen zu ihrer erfolgreichen Bewältigung geschulte und geübte Kräfte, eben auch von privater Seite. Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Akteuren, eine eigene vorweg geplante Aufbau- und Ablaufstruktur eines eigenen Krisenstabes, geschulte und versierte Beraterkräfte, Wissen um Verhandlungsabläufe in Kidnappingfällen, Betreuung der betroffenen Familien und vor allem versierte Medienarbeit sind Herausforderungen, die nur dann erfolgreich bewältigt werden, wenn die eingesetzten Kräfte und die sie umgebenden Strukturen darauf vorbereitet und darin geübt sind.
Es darf zu Recht behauptet werden, dass viele Firmen und möglicherweise gefährdete Familien gar nicht oder völlig unzureichend auf derartige Fälle vorbereitet sind. Ein weites Feld für professionelle Dienstleister, wie der Vortragende deutlich vermitteln konnte.

Den Abschluss des ersten Veranstaltungstages bildete wie immer das traditionelle gemeinsame Abendessen. Helmut Brückmann hatte In Auerbachs Keller
Alle Fotos: © Helmut Brückmann
dafür den berühmten und bald 500 Jahre alten Auerbachs Keller in Leipzigs Innenstadt als Ort gewählt. Das zwanglose Beisammensein bei hervorragendem Speis und Trank bot einen hervorragenden Rahmen für die so wichtigen Gespräche zum Vertiefen bestehender oder Knüpfen neuer Kontakte. Ein außergewöhnlicher Programmpunkt war der launische und kundige Vortrag des Kellermeisters über die Historie, die Bedeutung und Entwicklung des Weinkellers, nicht zuletzt die unvergängliche Beschreibung von Auerbachs Keller in Goethes Faust. Gekrönt wurde der Vortrag vom Abstieg in kleinen Gruppen in das tiefste Gewölbe von Auerbachs Keller und die Teilhabe an einem geheimnisumwitterten Zeremoniell, das kein Teilnehmer vergessen dürfte – und geheim bleiben muss....

Heinz-Werner Aping

2. Konferenztag

Carsten Klauer

 

Den zweiten Tag eröffnete Carsten Klauer von der Power GmbH aus Hamburg. Unter dem Titel, der G20-Gipfel in Hamburg, die Privaten Dienstleister im Sicherheitskonzept der Hansestadt erläuterte er den Einsatz des Unternehmens anlässlich des G-20 Gipfels. Ein viel beachtetes Thema befasste sich mit dem aktuellen Waffenrecht für Angehörige der privaten Sicherheit. Hier insbesondere der aktuellen Rechtsprechung.

  Frank Göpper

 

 

 

Mit Frank Göpper, Rechtsanwalt, hatte man einen Referenten gefunden, welcher hierzu kompetent und mit aktuellen Fällen die Zuhörer in seinen Bann zog.

Stefan Kiessling

 

 

 

Nach einer Vielzahl an Fragen stellte im Anschluss Stefan Kiessling, Sprecher des Bundesverbandes der Waffenträger in der Sicherheitswirtschaft (BVWSW), den neu gegründeten Verband vor. Die BVWSW wurde am 03. Oktober 2017 in Frankfurt am Main gegründet.

Dr. Jürgen Harrer & Robert Braun

 

 

 

 

 

 

Mit Dr. Jürgen Harrer von der EBS Universität für Wirtschaft und Recht und Robert Braun, Siemens, wurde der Personenschutz bei Siemens im Rahmen der Projektsicherheit an einem Beispiel beleuchtet.

Siemon Ernst

 

 

 

Ein neues Screeningfahrzeug als mobilen Checkpoint, welches auch angefasst und besichtigt werden konnte, stellte Siemon Ernst von der Firma MSS vor, einem neu gegründetem Sicherheits-Konsortium, welches dieses Fahrzeug als Präventionswerkzeug für Feste, Weihnachtsmärkte, dem Schutz öffentlicher Plätze, Veranstaltungen und Einrichtungen angesichts der weltweiten Terrorgefahr konzipiert hat.

Andreas Nees

 

 

 

 

Andreas Nees referierte zur Lauschabwehr in der Wirtschaft unter dem Motto, Vertrauen ist gut, Abhörschutz ist besser. Als zertifizierter IT-Sicherheitsdienstleister widmet sich die Telekom auch dieser nicht zu unterschätzenden Gefahr. Es wurden potentielle Gefahrenquellen aufgezeigt und mögliche Schutzkonzepte angesprochen.

Florian Oelmaier
Alle Fotos: © Helmut Brückmann

 

 

Cybersecurity 2017, eine allgegenwärtig präsente Thematik eines jeden Unternehmens oder Privatperson. Florian Oelmaier von Corporate Trust gab hierzu ein Update bezüglich neuer Gefährdungen. Er veranschaulichte deutlich die nicht zu unterschätzenden Gefahren und den damit meist einhergehenden Schäden.

Es stellte sich in den Abschlussgesprächen heraus, dass man mit den Referenten und Themen ins Schwarze getroffen hatte. Wie immer diente diese Veranstaltung auch als eine feste Konstante zum Austausch und zur Pflege persönlicher Kontakte sowie über bereits Jahrzehnte geknüpfte Freundschaften. Zum Abschluss bedankte sich Helmut Brückmann auch im Namen der Redaktion bei allen Referenten sowie Teilnehmern für die konstruktive und rege Teilnahme an dieser Veranstaltung. Einer Jubiläumsveranstaltung, 25. Fachkonferenz Personenschutz 2018, sah manch Teilnehmer bereits am Ende der diesjährigen Veranstaltung erwartungsvoll entgegen.

Thomas Lay