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Gefährliche Begegnung
Foto: © Dedrone GmbH

Drohnen erkennen und abwehren

Möglichkeiten und Grenzen in Kombination von moderner Technik und spezialisiertem Personal

Von Peter Mark

Sind Deutschlands kritische Infrastrukturen (KRITIS) – insbesondere Flughäfen – gegen Terroranschläge durch Drohnennutzung (ausreichend) geschützt? Drohnen, sogenannte Unmanned Aerial Vehicles (UAV) oder Unmanned Aerial Systems (UAS) sind für jedermann leicht zu beschaffen – ganz legal. Die Zahl der in der Luft befindlichen Drohnen in Deutschland wächst entsprechend stetig und damit auch das Interesse an einsatzfähigen Detektions- und Abwehrsystemen. Denn neben der erstrebenswerten friedlichen Nutzung der fliegenden Helfer eröffnen die technischen Möglichkeiten auch der kriminellen Kreativität neuen Raum.

Erfahrungen aus der Bekämpfung des IS haben schon eine bestehende Bedrohung durch UAS gezeigt. Drohnen werden als Einsatzmittel und Trägersystem für den Bombenabwurf mit hoher Effizienz und Wirkung gegen Bodentruppen und Fahrzeuge eingesetzt, teils auch zur Dokumentation der Angriffe genutzt. Im Mai 2017 wurde diese Gefahr in Medien thematisiert sowie Hinweise gegeben, dass bereits zwei Anschläge mit UAS in Deutschland vereitelt worden wären. Massenveranstaltungen als auch KRITIS sind für Terroranschläge mit UAS leichte Ziele mit einem enormen Schadenspotential und daraus resultierendem Propagandawert. Al-Qaida hat das mit dem Anschlag auf das World Trade Center und dem Pentagon bereits mit deutlich höherem Aufwand und Entdeckungsrisiko bewiesen. Gerade die derzeit drohende Niederlage des IS innerhalb seines sogenannten Kalifats wird seine ausgebildeten Experten für UAS-Einsätze aus diesem Gebiet in alle Welt fliehen und untertauchen lassen. Die Gefahr für Anschläge in Verbindung mit UAS dürfte entsprechend steigen.
UAS erfordern eine schnelle Reaktion innerhalb des nutzbringenden Einsatzes und erst Recht auf Bedrohungen, die bei Missbrauch dieser Systeme erwachsen können. Besonders im Bereich von KRITIS entstehen durch diese Systeme neue technologische Herausforderungen und Bedarfe.
Der Albtraum jedes Flughafenbetreibers: Drohne über der Runway
Foto: © Dedrone GmbH
Bereits im vergangenen Jahrhundert zeigten neue Technologien aus der dritten Dimension Grenzen und Schwachstellen von Sicherungsmaßnahmen auf. Mit der heutigen Hochverfügbarkeit von einfachen, kostengünstigen und leicht beherrschbaren „Spielzeugen“ erwachsen weitaus bedrohlichere Gefahrenlagen für KRITIS, insbesondere für Flughäfen. Es treten weltweit immer mehr Beobachtungen von UAS im Umfeld beziehungsweise auch in den Einflugschneisen und so in unmittelbarer Nähe von Luftfahrzeugen auf. Trotz existierender präventiver Maßnahmen von UAS-Herstellern mit dem Einsatz von „Geofencing“ gelangen immer größere Zahlen dieser Systeme in die Sperrzonen des Luftraumes. Securitas, ganzheitlicher Anbieter von Sicherheitslösungen und weltweit an rund 200 Flughäfen im Einsatz, beschäftigt sich intensiv mit Lösungen zur UAS-Detektion und –Abwehr.
Untersuchungen des Britischen Department for Transport, der Military Aviation Authority gemeinsam mit der British Airline Pilots Association haben ergeben, dass schon kleine UAS große Schäden an Flugzeugen und Helikoptern anrichten können – mehr Schaden als Vogelschlag bei gleicher Geschwindigkeit. Diese Test- und Studienergebnisse haben auch Vertreter der „Vereinigung Cockpit“ in Interviews bestätigt. War es bisher noch unklar, wie beim Aufprall eines UAS auf eine Cockpitscheibe eines Helikopters oder Verkehrsflugzeuges oder eines Triebwerkes die Folgen aussehen, so wurde eine erschreckende Gefahr für die Luftfahrzeuge mit dieser Studie deutlich dokumentiert.
Waren UAS bisher durch Externe (Planespotter, Filmteams) eine neue Erscheinung im Bereich von Flughäfen, so werden durch weiter anwachsende technische Möglichkeiten der Flugsysteme sowie dazugehöriges kommerzielles Interesse, nun auch Dienstleistungen durch UAS-Einsätze innerhalb der KRITIS Airport ermöglicht und mit entsprechender Genehmigung legalisiert. Daraus folgt: Es gilt nun, UAS zweifelsfrei zu identifizieren, Eindringlinge ohne Aufsehen zu detektieren und schadensfrei, zuverlässig sowie rund um die Uhr unter individuellen externen Bedingungen an ihrem illegalen Tun zu hindern.
Bei den bisher auf Zufällen basierenden Meldungen von UAS im Umfeld von Flughäfen oder anderen KRITIS sind Sicherheitsverantwortliche sofort mit einer Unmenge an Fragen konfrontiert, welche sie nur zu einem minimalen Teil oder gar nicht beantworten können. Auf dieser Basis in kurzer Reaktionszeit eine Entscheidung zu treffen und diese auch im Nachgang noch verantworten zu müssen, bringt Sicherheitschefs ins Schwitzen.
Derzeit sind Systeme im zivilen und militärischen Bereich zur Detektion mit Sensoren beziehungsweise Sensorverbundsystemen verfügbar. Immer mehr Anbieter dringen in diesen neuen Markt. Die Sensoren sind relativ einfach zu nutzen. Es gelten hier viele bekannte Einschränkungen, die auch bisher bei der Installation von Sicherheitstechnik zu beachten waren. Im Bereich der Radartechnologie als auch für die Effektoren stellt sich der Umgang wesentlich schwieriger dar. Technische und juristische Aspekte müssen geprüft und evaluiert werden. Genehmigungen bisher für Sicherheitstechnik weniger oder gar nicht relevanter Systeme müssen beantragt werden. Mit einigen Systemen wird aktiv in den „Luftraum“ eingegriffen, somit sind neue, größere Haftungsrisiken für Verantwortliche, Planer, Anwender und Entscheider entstanden.
Ebenso beeinflussen diverse Aspekte Konzepte und Planungen solcher Lösungsansätze: physikalische Gesetzmäßigkeiten, Umweltbedingungen, Reichweitenbegrenzungen sowie die Tauglichkeit der Sensoren und Effektoren, Bebauung und Geländeoberfläche, externe Liegenschaften oder Verkehrswege ebenso wie rechtliche Grundlagen und damit verbundene Rahmenbedingungen. Pilotprojekte oder spätere Festinstallationen erfordern enormen Aufwand in der Konzeptions- und Planungsphase; Risikoanalyse und -bewertung sowie Stakeholder-Management sind von immenser Bedeutung für solche Projekte.
Aktuelle Systeme sind vielfach für den mobilen Einsatz konzeptioniert, jedoch sind feste Installationen in KRITIS notwendig. Das erfordert ein Planen und Realisieren im operativ aktiven Bestand. Bisher notwendige, mehr oder weniger vorhandene beziehungsweise aktuelle bauliche und technische Bestandsdokumentationen werden Planungsgrundlage für die Systeme. Zusätzlich ist die Verfügbarkeit der Systeme sowie die Sicherheit gegen Hackerangriffe (Cyber Security) zu berücksichtigen.
Weitaus komplizierter wird es sein, die unterschiedlichen Stakeholder auf gemeinsam getragene Projektziele zu einen. Eine praxisorientierte, projektspezifisch optimale Lösung zu planen und zu realisieren, erfordert neben neuen, eindeutigen Prozessen auch anders fortgebildete Mitarbeiter als bisher. Personal mit höherwertigen Qualifikationen und völlig anderen Aufgaben und Anforderungen unterscheiden sich vom bisher eingesetzten Personal für Sicherheitsaufgaben. Fachliche und soziale Kompetenz, technisches Verständnis, prozess- und teamorientiertes Arbeiten und Handeln, Lösen von komplexen Aufgaben unter enormer psychischer Belastung, Zeitdruck und vorausschauende Reflektion von möglichen Auswirkungen des eigenen Handelns werden Kriterien für den Gesamterfolg. Entsprechende Mitarbeiter zu finden beziehungsweise zu qualifizieren und langfristig erfolgreich zu binden, ist in Anbetracht der derzeitigen Arbeitsmarktlage eine weitere Herausforderung. Dies erfordert optimale Rahmenbedingungen für alle Ebenen innerhalb der Organisation. Eine klare Befehlskette und definierte Aufgabenbereiche innerhalb einer optimal gestalteten Umgebung sind essentiell. Die Akteure brauchen Rechtssicherheit. Das bedeutet, sie müssen Entscheidungen innerhalb der passenden, anforderungsgerechten rechtlichen Rahmenbedingungen treffen können. Und da stellt sich zum Beispiel die Frage: Welche Maßnahmen darf die Sicherheitsorganisation eines Flughafens ergreifen, wenn ein UAS als Privateigentum in den Bereich der KRITIS eindringt? Schließlich darf dieses Privateigentum – rechtlich betrachtet – nicht zerstört werden. Anhand dieses leicht vorstellbaren Szenarios wird deutlich, wie bisher nicht angepasste rechtliche Rahmenbedingung dazu führen können, dass ein UAS unrechtmäßig in den Bereich einer KRITIS eindringt und höheren oder mindestens gleichwertigen Schutz genießen darf, wie der Luftverkehr, die Liegenschaften und nicht zuletzt wie die Menschen am Flughafen und in den Luftfahrzeugen. Und: Wer haftet im Schadensfall? In welcher Höhe?
Die seit 1. Oktober 2017 gültige „Neue Drohnenverordnung“ des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat mit einer neuen Gesetzgebung, den Verpflichtungen der UAS-Piloten für Kennzeichnungspflicht der Systeme, Kenntnisnachweis der Piloten ab einem Gewicht von mehr als 2 Kilogramm, einer Erlaubnispflicht ab 5 kg und einer maximalen Flughöhe von 100 Metern als Voraussetzungen für UAS-Flüge in Gesetzestexten und leicht verständlichen Schaubildern ausgedrückt. Die Vielzahl der UAS-Piloten, die in ihrer Freizeit oder innerhalb ihrer beruflichen Tätigkeit diese Systeme steuern und diese Regeln einhalten, werden keine oder nur eine geringe Gefahr für den Luftverkehr darstellen. Was ist aber mit den anderen UAS-Piloten oder deren Auftraggebern?
Piloten mit kriminellen Absichten dürften sich wohl nicht an die Vorgaben des BMVI halten. Auf diese erhebliche und schnell wachsende Gefahr gilt es, professionell und umfassend zu reagieren – und zwar mit Lösungen für mittel- oder langfristigen Einsatz im Rahmen der maximalen technischen Machbarkeiten, welche die Gesetze und Rahmenbedingungen zum Schutz von KRITIS derzeit definitiv nicht ausreichend aufgreifen. Auch neue technische Entwicklungen der Hersteller von Drohnendetektions- und –abwehrsystemen sind unumgänglich, um den potentiellen Tätern präventiv und natürlich für „den Fall der Fälle“ Paroli bieten zu können. Gerade das „Härten“ der UAS-Steuerungen gegen Einflussnahmen von außen, neue Übertragungstechnologien für UAS-Steuerung und Datenübertragung, zum Beispiel LTE-Schlüssel mit zusätzlicher, herstellerspezifischer Verschlüsselung, wird viele bisher mögliche Detektions- und Abwehrmaßnahmen nicht mehr zulassen. Politik und Finanzen werden sich dem Schutzziel der KRITIS, den Erfordernissen und Spezifikationen der Planer und Anwender aus der Praxis unterordnen müssen. Politische Hilfestellungen und juristische Sicherheit müssen auf einen maximalen Schutz der Menschen und KRITIS ausgerichtet werden. Argumentationen wie, „…es gab ja noch keine Vorfälle…“ gehören als Denkweisen auf den Schutthaufen. Die Verantwortung gegenüber Menschen und deren Sicherheit sollte jetzt und in Zukunft oberste Priorität haben.
Die Rahmenbedingungen bestimmen Qualität der Sicherheit. Verantwortung für die notwendigen Änderungen tragen Politik, Behörden und Auftraggeber genauso wie Dienstleister.
„Don´t tell people how to do things, tell them what to do and let them surprise you with results.“, General George S. Patton´s Zitat ist zeitlos. Daher sollten Experten, die mit Wissen um technische Möglichkeiten, prozessuale Notwendigkeiten und Kenntnissen der Struktur, Organisation und Abläufe ihre Resultate vorbringen dürfen und nicht durch ökonomische und rechtliche Rahmenbedingungen schon in Ansatz eingeschränkt werden.

Videos, die die Bedrohungslage schildern:
ISIS audio tape: Attack the U.S.
https://www.bing.com/videos/search?q=is+uas+attack&&view=detail&mid=2FC759FD871CC9A44BFA2FC759FD871CC9A44BFA&rvsmid=9AFDCCB72C5C7603FC489AFDCCB72C5C7603FC48&FORM=VDQVAP
ISIS using drones as effective tool in arsenal:

https://www.bing.com/videos/search?q=is+uas+attack&&view=detail&mid=59D2558E4688300413C559D2558E4688300413C5&FORM=VRDGAR
Mosul offensive: 'IS drone flew right over our heads' - BBC News

https://www.bing.com/videos/search?q=is+uav+attack&&view=detail&mid=564BFF3AB3774A1DEB45564BFF3AB3774A1DEB45&&FORM=VDRVRV

Über den Autor
Peter Mark
Peter Mark
Peter Mark, ehemaliger Fallschirmjäger (Zeitsoldat), war unter anderem als Construction Project Manager für die Energiesparte eines deutschen, international tätigen Werkzeugmaschinenherstellers in Spanien, Italien, USA und Deutschland, in Turn-Key-, Pilot- und Vorstandsprojekten tätig. Seit Juli 2015 leitet er die Abteilung Business Development und Technical Solutions bei Securitas Aviation in Deutschland. Einer der Schwerpunkte liegt hierbei auf die Beobachtung und Evaluation von Technologietrends und damit auch Drohneneinsatz, Detektion und deren Abwehr.
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