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 Ziemann Betriebsstätte in Mannheim

Sprung über den Main

ZIEMANN auf dem Weg von Freiburg bis Lübeck

Von Thomas Lay

Die ZIEMANN GRUPPE ist ein leistungsstarkes Dienstleistungsunternehmen mit insgesamt 2.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, 25 Betriebsstätten und rund 800 Spezialfahrzeugen. Die Kernkompetenzen der ZIEMANN SICHERHEIT GmbH bestehen aus Geld- und Werttransport, dem Betreiben von CashCentern, Selbstbedienungs-Geräteservice im Bereich Cash und Non-Cash, die Kuriertransporte sowie dem klassischen Sicherheitsdienst. Die Schwestergesellschaft ZIEMANN VALOR GmbH ist Großhändler von Edelmetallen und Sorten.

Gegründet wurde das Unternehmen ZIEMANN 1956 von Curt Ziemann als Bewachungsunternehmen. „Das war der Beginn, 20 Jahre reine Bewachungsdienstleistungen. Dann kam das Segment der Sicherungsposten für die Deutsche Bundesbahn hinzu. Ich weiß nicht, ob Sie diese Dienstleistung auch kennen – es ging um Gleisabsicherung bei Arbeiten an der Strecke.“ so Hans-Jörg Hisam, Vorsitzender der ZIEMANN SICHERHEIT Holding GmbH. Als weiterer Gesprächspartner war Heinz Spiegelmacher, ebenfalls Geschäftsführer bei ZIEMANN, anwesend.

VEKO: Herr Spiegelmacher, wie lange sind Sie schon in der Branche tätig?
Heinz_SpiegelmacherHeinz SpiegelmacherHeinz Spiegelmacher: Ich glaube, es sind inzwischen 16 Jahre, also seit der Jahrtausendwende, nachdem ich meinen damaligen Arbeitgeber, die Commerzbank verlassen hatte. Damals wechselte ich zu Securitas, um den Bereich Geld & Wert zu übernehmen, der von dem Bereich Sicherheit im Rahmen einer Divisionalisierung getrennt wurde. Zwei Jahre war ich dort als Holding-Geschäftsführer tätig. 

Was für eine Situation war das damals für Sie?
Heinz Spiegelmacher: Seinerzeit hatte Securitas-Chef Reinhard W. Ottens insgesamt acht Firmen innerhalb von sehr kurzer Zeit gekauft. Nur wurden diese Firmen nie in einer Struktur organisatorisch und prozessual zusammengeführt. Das hat sich natürlich bald als Problem dargestellt.

Sie blieben aber nur zwei Jahre lang? Was war der Grund für das Gastspiel?
Heinz Spiegelmacher: Der Markt, die Branche war damals extrem unruhig. Besonders der damalige Marktführer Heros zeigte durchaus eine große Dominanz. Dies wirkte sich, wie wir ja alle wissen, vor allen Dingen nachhaltig negativ auf die Ökonomie der Mitwerber aus. Geld konnte man zu dieser Zeit nicht wirklich mit Geld und Wertdienstleistungen verdienen. Deshalb entschied man bei Securitas, dass das Geschäft im Kern saniert und eine massive Konsolidierung stattfinden sollte. Das war aber nicht mein Ding. Ich habe das Unternehmen deshalb im gegenseitigen Einvernehmen verlassen. Danach habe ich dann erst mal mit einer Unternehmensberatung ein Konzept ausgearbeitet, aus dem später ein Tochterunternehmen der Commerzbank entstehen sollte, die Soltrx Transaction Services GmbH. Wir haben die Blaupause dazu geliefert und die Commerzbank hat die Entscheidung getroffen, dass sie diese Tochter aufbauen will. Man hat mir dann im Rahmen der notwendigen Projektphasen die Geschäftsleitung angeboten.

Können Sie mir aus dieser Zeit einmal ein paar Firmen aufzählen. Heros haben wir gehabt. Ist ja bekannt, wie das Unternehmen geendet ist. Wer spielte damals noch eine Rolle?
Heinz Spiegelmacher: Wir gehen jetzt 15 Jahre oder 16 Jahre in der Zeitrechnung zurück. Es gab Arnolds noch zu dem Zeitpunkt mit den beiden Gesellschaftern Musebrink, Vater und Sohn. Es gab die Unternehmung Geld & Wert in Hannover, eine höchst seriöse Traditionsfirma. Weiterhin wirkten die heute auch noch am Markt tätigen Unternehmen Götz und Kötter, alles etablierte Familienunternehmen.
So war Kötter auch damals schon eine eindrucksvolle Unternehmensgruppe. Aber eben auch – wie heute – nur mit einem vergleichsweise kleinen Geld & Wert Bereich. Und es gab eben auch im Badischen die Unternehmung ZIEMANN. Ja und nicht zu vergessen die großen Player: Brinks, Securitas und G4S bzw. Securicor.
Auf dem Markt waren also drei, respektive vier große Dienstleister tätig. Davon drei international agierende: Brinks, Securitas, G4S/Securicor. Und es gab Heros als Unternehmen, das ja in privater Hand war. Und dann gab es eine Vielzahl an kleineren lokalen und regionalen Unternehmen. Ich glaube, wenn ich mich nicht täusche, gab es damals in den Jahren 2000/2001 um die 150 Wertdienstleister in Deutschland, die dem Verband angeschlossen oder auch außerhalb des Verbandes geschäftlich tätig waren. Heute, 16 Jahre später, haben wir nach meiner Wahrnehmung noch knapp über vierzig Geld- und Werttransportunternehmen (GUW)...

…die im Verband sind. Die Namen sind bekannt. Viele gibt es nicht mehr. Sie, Herr Hisam, kommen aus dem Schwäbischen, aus dem Schwarzwald.
Hans-Jörg HisamHans-Jörg Hisam: Also ich korrigiere Sie sehr ungern, Herr Lay, aber wir kommen natürlich nicht aus dem Schwäbischen, sondern aus dem Badischen, denn Freiburg ist ja eindeutig Badisch. Aber natürlich mit einem Lächeln auf den Lippen, denn die Badener und die Schwaben sind mittlerweile natürlich eng verbunden. Aber der Badener legt auf die Differenzierung zwischen Baden und Schwaben schon großen Wert; der Schwabe noch mehr. Wir sind also ein rein badisches Unternehmen, in der Region verwurzelt. Keine Frage.

GUW war aber nicht das Hauptgeschäft in den Anfängen bei ZIEMANN?
Hans-Jörg Hisam: Nein, Hauptgeschäft war ganz klar die Bewachung. Das hat sich dann nach der Mitarbeiter des SicherheitsdienstesMitarbeiter des Sicherheitsdienstes überwacht FußballspielÜbernahme von ZIEMANN durch meine Eltern 1989 gewandelt. Zunächst war auch mein Bruder Manuel in der Unternehmung mit dabei; ich folgte etwas später. Lange Zeit war der Umsatz zwischen den Bereichen Bewachung und Geld & Wert gleich verteilt. Heute machen wir 90 Prozent Umsatz im Bereich Geld und Wert, aber zehn Prozent nach wie vor in der Bewachung, Tendenz deutlich steigend.

Viele Jahre war das Unternehmen nur südlich des Mains tätig. Wann erfolgte der Sprung über den Main? Darüber sollten wir jetzt reden.
Hans-Jörg Hisam: Wichtig war für uns damals die Erfahrung, dass die Kundenverträge aus der regionalen Beauftragung kamen. Das hat sich dann im Rahmen von Zentralisierungen bei unseren Kunden geändert. Das heißt, wenn Sie früher den Vertrag mit der Deutschen Bank in Freiburg schließen durften, so ganz früher noch, kamen die Verträge dann irgendwann zentralisiert nach bzw. aus Frankfurt. In dieser Zeit wurden dann Verträge an große „Player“, wie z.B. Securitas vergeben und da diese die Dienstleistungen nicht in allen Regionen selber darstellen konnten, wurden Teile des Auftrags an lokale Dienstleister gegeben. Da haben wir relativ schnell verstanden, dass das immer schlechter ist, als die direkte Vertragsbeziehung zum Kunden. Am Ende der Nahrungskette zu stehen hat viele Nachteile. Nicht nur monetär, sondern auch in den übrigen Rahmenbedingungen. Und deswegen haben wir gesagt, wir müssen expandieren, um weiter aktiv und gestalterisch auf dem Markt bleiben zu können. Also war die Marschrichtung klar, wir müssen aus Freiburg über die Landesgrenzen hinaus geschäftlich aktiv werden. Und so haben wir dann 2005 die Unternehmung Urban Sicherheitsservice in Mannheim gekauft und hatten damit dann neben den eigenen organischen Expansionen in Villingen-Schwenningen und Stuttgart das erste Bundesland – Baden-Württemberg, wo wir flächendeckend tätig waren. Und das war dann die Phase, in der wir auch wieder angefragt worden sind von Kunden für Eigenverträge, weil die regionale Größe für den Kunden wieder passend war.

Was waren das vorher für Verträge?
Hans-Jörg Hisam: Ursprünglich hatten wir immer Eigenverträge direkt mit dem Kunden. Und dann kamen einfach aufgrund der zentralen Vergabe größere Lose, die der Kunde in den Markt gegeben hat. Da konnten wir anfangs nicht liefern. D.h. wir waren dann Sub-Partner der großen, internationalen Unternehmen, weil wir nur eine kleine Fläche operativ darstellen konnten. Und aus dieser Abhängigkeit wollten wir uns eben komplett befreien.

Für welche internationalen Unternehmen waren sie unterwegs?
Hans-Jörg Hisam: Das waren damals überwiegend die Securitas und G4S, die beide selbst in Deutschland aktiv waren. Für Brinks arbeiteten wir auch. Brinks war zu dieser Zeit im Südwesten Deutschlands nicht aktiv. Und somit waren wir mit allen großen internationalen Playern im Geschäft. Wir hatten praktisch mit allen Dienstleistungsverträgen abgeschlossen. Das war auch okay. Wir hatten dann von jedem ein bisschen, aber von allen zu wenig an Geschäft. Das hilft aber nicht am Ende des Tages im Sinne der Rendite oder schlanker und effizienter Prozesse. Insofern musste man aus solchen Verträgen raus. Das war eine Zeitlang machbar. Aber es war kein Geschäftsmodell für die Zukunft. Und deswegen haben wir gesagt, wenn wir weiter das Modell Geld & Wert betreiben wollen, müssen wir einfach selbst in die Fläche gehen. Und so expandierten wir erst flächendeckend in Baden-Württemberg und dann nach Bayern. Dort haben wir nicht zugekauft, sondern uns selbst entwickelt. Wir sind faktisch bis auf den Zukauf von Urban organisch gewachsen.

Aber das Operationsgebiet war immer südlich des Mains?
Hans-Jörg Hisam: Immer südlich des Mains. Das ist so. Bayern lag uns näher wie der Norden. Sie wissen ja, für den Freiburger befand sich damals oberhalb Frankfurts schon Norddeutschland. Wir blieben erst mal im Süden. Aber die Dinge verändern sich immer schneller und nachdem früher Freiburg für uns zu klein war, war irgendwann auch der Süden zu klein, da wir in der GRUPPE insgesamt und im Management in der Entwicklung nicht haltmachen wollten. Die Dinge gingen und entwickelten sich weiter. Wir richteten den Blick nicht nur auf die Fläche, sondern auch auf den Inhalt unserer Tätigkeit. Es sind ja breite operative Geschäftsfelder, die wir zwischenzeitlich bedienen. Fokus war eben nicht nur die Entwicklung in der Fläche, auch die Veränderung und Erweiterung der vertikalen Fertigungstiefen war immer ein wichtiger Bestandteil der Entwicklung bei ZIEMANN.

Irgendwann dachten wir, was wir im Süden können, das geht im Norden genauso. Also wagten wir den Schritt auf die andere Seite der Republik in Richtung Norden. Der Sprung war auch auf der Landkarte groß, denn wir engagierten uns gleich im äußersten Norden der Republik, indem wir die Lübecker Geldzentrale (LGZ) in Schleswig-Holstein übernahmen.

Wann war das? Wo?
Hans-Jörg Hisam: Das war 2012, ein Jahr vor dem Zukauf von unicorn. Aber es gab 2008 auch eine weitere strategisch wichtige Veränderung in unserem Haus. Es kam die HANNOVER Finanz hinzu. Es gab eine familiäre Änderung, mein Bruder Manuel ist aus der Firma ausgestiegen. Er wollte sich beruflich verändern, so dass ich 2008 vor der Entscheidung stand: Was mache ich? Mache ich alleine weiter oder suche ich mir einen Partner, einen strategischen und finanzstarken Partner? Da habe ich mich dann für einen Finanzinvestor, die HANNOVER Finanz entschieden. Sie sind stark auf den Mittelstand spezialisiert und in ihrer Beteiligung stets darauf bedacht, die Strukturen des Mittelständlers zu erhalten und zu fördern. Es sollte aus meiner Intention ein langfristiges Investment mit einem Partner auf Augenhöhe und einem Verständnis für ein mittelständiges Familienunternehmen sein. So hatten die HANNOVER Finanz auch mit Fielmann oder Rossmann langfristige und sehr wertschonende an der Entwicklung des jeweiligen Unternehmens orientierte Beteiligungsverhältnisse.

Verraten Sie unseren Lesern den aktuellen Beteiligungsanteil?
Hans-Jörg Hisam: Hannover Finanz hält 80 %, die übrigen 20 % halte ich. Das war damals, 2008, der Einstieg und das hat sich bis heute nicht verändert.

Wie kam es zu dieser Aufteilung?
Hans-Jörg Hisam: Es war meine persönliche Entscheidung. Das weitere Wachstum und die Entwicklung von ZIEMANN musste finanziert werden. Da muss man sehen, was man an Anteilen behält und wo man insgesamt hin möchte. Welchen weiteren Kapitalbedarf habe ich noch in der Zukunft? Ich habe für mich persönlich die Entscheidung getroffen, dass ich diese Quote als sinnvoll für ZIEMANN, HANNOVER Finanz und meine Person erachte.

Beim Sprung über den Main sind Sie an der Nordsee gelandet. Was ist zur LGZ zu sagen?
Hans-Jörg Hisam: Die Lübecker Geld Zentrale, ein starker, regionaler Dienstleister. Die Unternehmung hat gute Verbindungen in die regionale Wirtschaft, betreut auch die regionalen Kreditinstitute. Eine strategisch und ökonomisch sinnvolle Ergänzung für ZIEMANN. Aber nach der Übernahme hatten wir zwischen Mannheim und Lübeck eine weiße Fläche. Was war zu tun?

Auf halber Strecke liegt Hannover.
Hans-Jörg Hisam: Genau. Es war für uns immer herausfordernd, auf der Fahrt von Freiburg nach Lübeck durch Niemandsland zu fahren. Frustrierend zwar nicht, aber die Gedanken wurden schon angeregt. Und so kam dann 2013 der Deal, die Transaktion mit Unicorn zustande. Und dann war die Fläche, die vorher Niemandsland war, geschlossen. In Berlin übernahmen wir dann nur weniger Monate später noch die BT&S, eine Tochter der Brinks Deutschland GmbH. Dann hatten wir erstmal zu tun.

Der Neuerwerb Unicorn war aber nicht besonders lukrativ, um es vorsichtig auszudrücken. Wie sehen Sie im Nachhinein den Erwerb von Unicorn, Herr Spiegelmacher?

Heinz Spiegelmacher: Man lernt ein Unternehmen erst wirklich kennen, wenn man es im Rahmen einer DD prüft und dann nach Kauf in der Migration ins Detail setzt. Sie lernen die Menschen kennen. Sie bekommen einen Eindruck vom Gesamtunternehmen. Das ist schon so. Sie erkennen die Masse an Problemen und ebenso auch die positiven Dingen. Die erfassen sie zwar, aber das Leben liegt im Detail. Und im Detail sind Sie dann tatsächlich, wenn Sie am Ende des Tages auf dem Driverseat sitzen und das Unternehmen selber steuern. Und dann sehen Sie alles. Das sind sehr viele positive Dinge, die da kommen. Aber es gibt halt auch den einen oder anderen Punkt, der dann auch nochmal eine Herausforderung darstellt.

Ist denn Ihr Hunger jetzt erschöpft, nachdem Sie zwischenzeitlich so annähernd die Sache konsolidiert haben?
Heinz Spiegelmacher: (lacht) Also ich habe jeden Tag neuen Hunger! In Bezug auf Unternehmenstransaktionen wählt man die Speise nur ein bisschen sorgfältiger aus. Man ist ein bisschen wählerischer und wägt ein bisschen mehr ab. In jungen Jahren stillt man eher den Hunger, hinterher schaut man eher so ein bisschen, dass die Speise auch angenehm ist. Aber welcher Unternehmer und welche Unternehmung hören irgendwann auf, sich weiterzuentwickeln – also Hunger zu haben? Das wäre das Ende bzw. der Stillstand der Unternehmung. Dafür sind wir bei ZIEMANN nicht angetreten, dass wir die Unternehmung irgendwann mal auf einem Punkt stehenlassen. Das können wir uns nicht erlauben. Die Erde dreht sich weiter, unsere Kunden entwickeln sich weiter. Wir müssen weitere attraktive und leistungsfähige Dienstleistungen anbieten. Insofern sind wir immer gefordert.

Wie steht das Unternehmen heute da?
Heinz Spiegelmacher: Wir haben jetzt im dritten Jahr nach der Unicorn-Übernahme für uns definiert, dass wir eben spätestens im dritten Jahr diesen Erwerb abschließen. Und das werden wir auch tun. Die ganzen Organisationsmaßnahmen, Prozessharmonisierungen, IT-Strukturen, Investitionen in Menschen und Sachmittel alles ist soweit abgebildet und im fortgeschrittenen Status. Es ist alles weitestgehend umgesetzt. Wir sind zusammen gerückt, die Integration ist bis auf das weitere kulturelle Zusammenwachsen der beiden Unternehmen komplett vollzogen.

Und Sie sind auf der Gewinnseite?
Heinz Spiegelmacher: Eindeutig ja.
Wir haben viel investieren müssen, da bei unicorn in den Jahren vor dem Verkauf die Investitionsneigung der Altgesellschafter etwas schwach ausgeprägt war. Aus der Altgesellschaft ZIEMANN hatten wir mit Übernahme von unicorn gute Startbedingungen. Organisatorisch und wirtschaftlich. Insofern haben wir das natürlich genutzt für unsere Zukunft im Sinne der dringend notwendigen Investition, im Sinne einer fundierten und seriösen Übernahme von Unicorn. Wenn Sie viel investieren, viel prozessual aufsetzen müssen, viele Mitarbeiter mitnehmen müssen und damit auch viel nachholen müssen, dann gibt es auch mal schwierige Jahre. Das sind dann Jahre, in denen Sie einfach nicht so hohe Gewinne ausweisen können, da man in die Zukunft der neuen Unternehmung investieren muss. Dann muss man das Geld einfach nehmen und in die Zukunft investieren. Das haben wir die letzten drei Jahre gemacht, damit wir für die Zukunft sauber und nachhaltig aufgestellt sind. Dazu gehört dann natürlich auch ein Investor, der das mit trägt. Die beiden Gesellschafter bei ZIEMANN haben hier eindeutig das gleiche Bild von der Zukunft gehabt.

Was war denn der Auslöser, dass Herr Spiegelmacher ins Unternehmen kam und wie sehen Sie die Marktentwicklung der letzten Jahre?
Hans-Jörg Hisam: Auslöser waren wir alle. Das liegt sicherlich darin begründet, weil wir uns über viele Jahrzehnte schon kennen. Persönlich kennen, seit ca. 16 Jahren.
Dann war er auch in unserem Beirat bei ZIEMANN. Insofern war die Nähe immer da und mit Kauf von unicorn konnten wir seine kompetente und fachliche Expertise gut bei ZIEMANN gebrauchen. Immerhin hatte sich ZIEMANN über Nacht umsatztechnisch wie personell verdoppelt.
Ich gehe jetzt einmal ein paar Jahre zurück – ich kann mich noch gut erinnern, als die internationalen Player noch zahlreich in Deutschland vertreten waren, da hat man immer gesagt: Geld & Wert in Deutschland, das ist ja fürchterlich. Da gibt es ja so viele Firmen. Das wird sich irgendwann mal alles konzentrieren - auf drei bis max. fünf Unternehmen bundesweit. Aber dann ist Feierabend. Die teilen sich das Geschäft dann auf. Ich muss heute feststellen, das ist nicht so. Absolut nicht.
Das sind aber die Geschichten, die jeder Markt und jede Branche mit sich bringt. Wobei man sich dann nicht an den drei oder fünf orientieren sollte, sondern einfach an der Realität, und da geht man einfach mal 15 bis 16 Jahre zurück. 150 Dienstleistungsunternehmen, heute knapp über 35. Also Konsolidierung findet statt. Ob es dann aber jemals drei oder vier oder fünf werden, daran glaube ich nicht. Ich denke, das ist auch gar nicht so wichtig. Wir werden uns mehr dahin orientieren, wie wir es in anderen europäischen Ländern heute schon haben, dass größere Einheiten den Markt ein Stück weit bewegen und diesen Markt auch positiv beeinflussen. Und dann gibt es auch weiterhin kleinere, regionale Anbieter, die auch in jedem Fall eine Existenzberechtigung haben.

Wenn ich richtig informiert bin, bauen Sie auch Geldtransporter?
Ziemann GeldtransportfahrzeugHans-Jörg Hisam: Wir bauen keine gepanzerten Fahrzeuge, nein. Das ist nicht unser Geschäft. Wir haben sie aber selber konzipiert bzw. komplettiert. Dabei haben wir uns angesehen, was wir bisher an Technik und Ausstattung im Einsatz haben und versucht, diese Fahrzeuge im Sinne einer hohen Arbeitssicherheit und eines effektiven Prozessablaufes zu optimieren. Da haben unsere Fuhrparkverantwortlichen gemeinsam mit Karosseriebauern Fahrzeuge weiterentwickelt und für unsere Bedürfnisse optimiert. Wir bauen aber selbstverständlich nicht selber, das können und möchten wir nicht.

Und das Modell wird immer noch gebaut?
Hans-Jörg Hisam: Das Modell gibt es noch. Wir haben im letzten Jahr ca. 120 Fahrzeuge dieser Serie umbauen lassen. Diese sind was Effizienz, Übersichtlichkeit und Sicherheitsfeatures angeht genau das, was brauchen.

Die ZIEMANN GRUPPE ist ja ein bisschen mehr als nur Geld & Wert. Was machen Sie sonst noch?
Hans-Jörg Hisam: Das ist exakt das, was wir eben schon mal im Vorfeld erwähnt hatten. So sind wir z.B. mit einer eigenen Gesellschaft, der ZIEMANN VALOR im Bereich Edelmetall- und Sortenhandel unterwegs. Das wirkt dann auf das klassische Geld & Wert Geschäftsmodell ebenso. Wenn wir beispielsweise bei einem Kunden Euros abholen, dann können wir genauso auch Fremdwährung wie Schweizer Franken, dänische Kronen usw. mitnehmen. Da sind wir im letzten Jahr kunden- und umsatzmässig extrem stark gewachsen. Es ist ein und dieselbe Kundenstruktur, die uns für das Thema Euro und gleichzeitig für das Thema Sorten beauftragt. Und da sind wir dann als klassischer Händler für Sorten und Edelmetalle anders als im klassischen Geld & Wert-Bereich in der Lage, aus Bargeld (Sorten) Buchgeld machen zu können. D.h. der Kunde bekommt das uns übergebene Geld, die Sorten von uns abgekauft und wir schreiben ihm den Gegenwert auf seinem von ihm definierten Geschäftskonto gut. Also das, was die gesamte Branche in Geld & Wert gerne im Eurobereich auch machen möchte, Bargeld zu Buchgeld machen, ohne eine Bank, ohne eine Bundesbank zu involvieren – das leisten wir im Sortengeschäft schon heute.
Den Bereich der Sicherheitsdienste erwähnte ich bereits. Wir erbringen alle Leistungen zum Schutz von Menschen und Werte. Unterstützt werden wir dabei durch unsere moderne VdS Notruf- und Serviceleitstelle in Mannheim.

Benötigen Sie für die Sortengeschäfte gewisse Genehmigungen, Herr Spiegelmacher?
Heinz Spiegelmacher: Wir haben die Genehmigung für dieses Geschäftsmodell vor 6 Jahren zur Prüfung an die BaFin gegeben und dann die Genehmigung in 2013 erhalten. Im Geschäftsmodell arbeiten wir mit den Bayerischen Landesbanken eng im Rahmen einer Kooperation zusammen. Das ist unser Partner, welcher den Zahlungsverkehr abwickelt. Denn wir sind ja kein Kreditinstitut. Inzwischen ist dieses Geschäftsmodell ein wichtiger und additiver Teil unserer Dienstleistungsstruktur bei ZIEMANN. Wir sind nicht nur der klassische Geld & Wert Transporteur und Bearbeiter, sondern wir bieten Systemlösungen an. In dem Fall auf dem Sektor Sorten und Edelmetalle. Und da bedienen wir mittlerweile fast alle großen Handelsunternehmen in Deutschland.

Wie muss man sich das alles vorstellen?           
Ziemann VALORHeinz Spiegelmacher: Im Handelsbereich haben wir ja Sorten, also z. B. Schweizer Franken z.B.in den Anrainer-Regionen wie hier am Bodensee. Da kommen viele Schweizer über die Grenze und kaufen hier in Deutschland ein. Dies primär, da das Preisniveau ein geringeres ist und man als Schweizer die Mehrwertsteuer zurückvergütet bekommt. Das macht schon zwischen 20 und 35 Prozent Preisunterschied. Dazu kommt noch, dass die Waren teilweise in der Schweiz viel, viel teurer sind als in Deutschland. Man gehört eben nicht zur EU. Also ist das Sortenaufkommen, das Schweizer Franken Aufkommen in so einem Handelsunternehmen in diesen Regionen extrem hoch. Hier macht man teilweise mehr Umsatz in Schweizer Franken als in Euro. Und das Gleiche findet im Norden, in Schleswig-Holstein mit den Dänischen Kronen statt. Und diese Sorten müssen im Normalfall dann, wie es in der Vergangenheit praktiziert wurde, über eine Bank angekauft werden und auf dem Konto des Kunden gutgeschrieben werden. Wir bieten diese gesamte Prozesskette aus einer Hand an. Wir holen das Geld ab, transportieren und zählen es. Wir kaufen es an und wir vergüten den Gegenwert auf dem Konto des Kunden. Also alles aus einer Hand. Da sind keine unterschiedlichen oder eine Vielzahl von Beteiligten mehr dabei. Und hierfür gibt es keine Limitierung, was die Summe betrifft.
Alle diese Funktionen obliegen unserer Verantwortung als Prozesspartner.

Herr Hisam und Herr Spiegelmacher, wir danken für das Gespräch.

(© Foto: Ziemann)