Von oben nach unten: Das brennende World Trade Center; ein Teil des Pentagons bricht zusammen; Flug 175 prallt in das 2. WTC; ein Feuerwehrmann fordert beim Ground Zero Hilfe an; ein Triebwerk von Flug 93 wird geborgen;
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Genug getan?

Maßnahmen gegen den Terrorismus im Ländervergleich

Von Dr. Reinhard Scholzen

Seit Jahrzehnten wiederholt sich mit steter Regelmäßigkeit das gleiche Ritual: Nach einem spektakulären Kriminalfall oder einem terroristischen Anschlag kommen die Polizeien auf den Prüfstand. Häufig werden Arbeitsgruppen eingerichtet, die vermeintlich neue Einsatzkonzepte erarbeiten und Verbesserungen der Ausrüstung und Ausbildung vorschlagen. Die Ergebnisse fallen bei einem Vergleich zwischen Bayern und Rheinland-Pfalz sehr unterschiedlich aus.

Die terroristischen Anschläge vom 11. September 2001 setzten nahezu weltweit in den für die Sicherheit zuständigen Institutionen ein intensives Nachdenken in Gang. In Deutschland schlug der damalige Bundesinnenminister Otto Schily ein ganzes Bündel von Maßnahmen vor, die bald als „Otto-Katalog“ bezeichnet wurden. Daraus entstanden Gesetze und Institutionen, wie das im Jahr 2004 gegründete „Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum“ in Berlin. Dort sollten die Erkenntnisse aus den unterschiedlichen Ebenen, die für die innere und die äußere Sicherheit zuständig sind, gebündelt werden.

Otto Schily 2015
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Im Jahr 2012 wurde mit dem „Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum“ (GETZ) eine weitere Informations- und Kommunikationsplattform geschaffen. Der Kern besteht aus sieben, in unregelmäßigen Abständen tagenden Arbeitsgruppen mit den Themen: Personenpotenziale, Fallanalyse, Organisationsverbote, phänomenbezogene Lage, Gefährdungsbewertung, Operativer Informationsaustausch und Analyse. Von Beginn an entzündete sich Kritik, die von Nebensächlichkeiten wie dem anfänglichen Mangel an geeigneten Sitzgelegenheiten über die Standardklage der fehlenden Beamten bis hin zu der Feststellung, die thematischen Zuschnitte der AGs seien mit heißer Nadel gestrickt worden, reichte. Manches sei redundant, während Wesentliches außen vor geblieben sei.

Ulrich K. Wegener, erster Kommandeur der GSG 9,
Foto:© H. Brückmann
In Deutschland ist es Usus, dass sich Fachleute aus dem Staatsdienst, die für die Sicherheit zuständig sind, allenfalls nach ihrer Pensionierung kritisch über die Sicherheitsarchitektur äußern. Meist bestehen sie auch dann darauf, dass ihr Name nicht genannt wird. Der ehemalige Kommandeur der GSG 9, Ulrich K. Wegener, sah das anders. Immer wieder äußerte er sich kritisch über die Bemühungen im Kampf gegen den Terrorismus. Bereits im Jahr 2007 forderte er in einem Interview: „Die Zusammenarbeit zwischen den Nachrichtendiensten und der Polizei muss verbessert werden. Das sogenannte Trennungsgebot, das aus dem Polizeibrief der Alliierten aus dem Jahr 1949 abgeleitet wird, muss in Teilen aufgelöst werden. Eine gute Aufklärung ist eine wesentliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Einsatz. Keine Frage. Wenn wir das nicht erreichen, dann werden wir wieder Schiffbruch erleiden.“[1]

Bayern als Vorbild

Ungeachtet solcher kritischen Stimmen, bleiben die Bemühungen im Bereich der Inneren Sicherheit, insbesondere die Vorbereitungen auf einen möglichen terroristischen Anschlag, in den Augen vieler Beobachter mangelhaft. Jedoch gab es Ausnahmen. Hessen kündigte unlängst an, innerhalb von vier Jahren 1000 zusätzliche Polizeivollzugsbeamte einzustellen, Thüringen wirbt aktuell wuchtig für mehr Bewerber im Spezialeinsatzkommando.

Polizeipräsident Reinhard Kunkel
Foto:©Polizei Bayern, Polizeipräsidium Oberfranken
Bayern hat den Kampf gegen den Terrorismus besonders fest im Blick, weil es zum Markenkern der dort regierenden CSU zählt, den Bürgern des Freistaates ein Leben in Sicherheit zu bieten. Im Jahr 2015 wurde beim Polizeipräsidium Oberfranken unter Leitung des Polizeipräsidenten Reinhard Kunkel die „Arbeitsgruppe zur Optimierung von Handlungskompetenzen der Bayerischen Polizei bei der Bewältigung von Terrorlagen“ (AG TE) geschaffen. Bereits vor den Anschlägen in Paris im November 2015 und in Brüssel im März 2016 ging man im Freistaat ganzheitlich an das Thema heran. Fünf wesentliche Handlungsfelder standen dabei im Vordergrund:

  • Die konzeptionelle Ausrichtung,
  • Die Aus- und Fortbildung, sowie die Optimierung der Informationslage und der Kommunikation,
  • Die Zusammenarbeit mit anderen Polizeiverbänden und Organisationen,
  • Die Prüfung von Optimierungsmöglichkeiten beim Einsatz von Spezialeinheiten und
  • Innovationen im Bereich der Führungs- und Einsatzmittel.

Übung SEK Bayern
Foto:© Autor
Einen übergeordneten Schwerpunkt bildet im Freistaat eine Unterarbeitsgruppe „Taktik“. Dort erarbeiten alle für solche Fälle relevanten Stellen Handlungskonzepte für „lebensbedrohliche Einsatzlagen“. Dabei wurde in Bayern das Rad nicht neu erfunden, sondern auf bestehenden Handlungsschemata aufgebaut. Von besonderer Bedeutung war daher das taktische Konzept „Amok“. Dessen Grundzüge hatte im Jahr 2009 der Leitende Polizeidirektor Herbert Witzgall, der die Bereitschaftspolizei-Abteilung in München leitet, in einem Interview angedeutet: „Als Reaktion auf Erfurt nahm man den Amoklauf als eigenständige Bedrohungslage in den Leitfaden für das Vorgehen der Polizei auf und suchte nach neuen Lösungen für derartige Lagen. Es wurden bundesweit einheitliche Einsatzgrundsätze, taktische Ziele und taktische Maßnahmen festgeschrieben. In Bayern schuf man bei den beiden in Nürnberg und München stationierten Spezialeinsatzkommandos kleine höchst mobile Einsatzgruppen, die schnellstmöglich zum Tatort gebracht und dort dann effektiv eingreifen sollen. Dem ständigen Training einschlägiger Szenarien wird dabei ein hoher Stellenwert eingeräumt. Bei allen professionellen Einsatzplanungen und trotz der hohen Motivation der Spezialeinsatzkommandos kann aber nicht immer garantiert werden, dass diese Profis von ihren Standorten in München und Nürnberg den jeweiligen Einsatzort zur Bekämpfung des Amokläufers zeitgerecht erreichen. So war es nur konsequent, alle bayerischen Polizeivollzugsbeamten Leitender Polizeidirektor Herbert Witzgall
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regelmäßig im Rahmen von speziellen Lehrgängen und Übungen auf solche Einsatzlagen vorzubereiten und ihnen ein Stück Handlungssicherheit zu geben.“
Witzgall verschwieg allerdings nicht die damit einhergehenden besonderen Probleme: „In der wissenschaftlichen Literatur besteht weitgehende Einigkeit darüber, dass Risiken mit dem Beruf des Polizeibeamten untrennbar verbunden sind. Insoweit erscheint es gerechtfertigt, auch Streifenpolizisten nach einer eingehenden Ausbildung gegen einen Amokläufer einzusetzen. In Emsdetten war dieses Konzept erfolgreich, in Winnenden/Wendlingen war es nicht möglich, den Amoklauf zu einem früheren Zeitpunkt zu stoppen. Es ist keinesfalls banal, hervorzuheben, dass sich solche Taten in wesentlichen Elementen deutlich voneinander unterscheiden und es daher nicht die Standardlösung geben kann. Zudem wird in der Berichterstattung in den Medien nicht selten die besondere Problematik der Amok-Einsätze übersehen. Dabei treffen die Beamten auf einen hellwachen Täter, der im Verlauf seines Amoklaufes bereits einen oder mehrere Menschen tötete und der fast immer beabsichtigt, seine Raserei mit einer Selbsttötung zu beenden.“ Darüber hinaus betonte Witzgall, der über lange Jahre das SEK Südbayern geführt hatte: „Die Problematik des Polizeieinsatzes wächst mit der Qualität und Quantität der Waffen, über die der Täter verfügt. Dementsprechend müssen die Beamten ausgerüstet sein. Dies erfordert einen großen Fundus, über den normale Schutzpolizisten und auch für die Bewältigung eines Amoklaufs ausgebildete Beamte in der Regel nicht verfügen.“[2]

In Bayern nahm man in der Folgezeit auch besondere terroristische Lagen in den Blick, so etwa die „Body-Bomber“, bei denen die Täter die Bombe am Körper zünden, oder Anschläge mit Handgranaten und vollautomatische Schusswaffen in einer größeren Menschenmenge verüben. Ausgehend von der Erkenntnis, dass gegen solche Täter normale Streifenbeamte machtlos sind, erhöhte man die Zahl der Soll-Stellen bei den beiden bayerischen SEK um 50.

Gleichwohl vergaß man auch die Beamten im Streifendienst nicht. Man entwickelte für die bayerische Polizei das Leitthema „lebensbedrohliche Einsatzlagen“, das bei den Einsatzkräften die Handlungssicherheit weiter erhöhen soll. Dazu werden seine Inhalte den Beamten in einer zwölfstündigen Trainingszeit vermittelt. Mittelfristig soll das neue Konzept in die Aus- und Fortbildung der bayerischen Polizei einfließen.

Nach den Anschlägen von Paris beschloss der bayerische Ministerrat ein 59 Millionen Euro umfassendes Sofortpaket. Als eine Lehre aus dem Terroranschlag auf die Redaktion von „Charlie Hebdo“ in Paris, bei der die Täter eine militärische Bewaffnung einsetzten, wurden in Bayern die Schutzausrüstung für die Polizisten deutlich verbessert. Es wurde begonnen, auch für die Streifenbeamten Westen und Helme der Schutzklasse IV zu beschaffen. Diese halten auch dem Beschuss aus einem Schnellfeuergewehr stand. Zehn Millionen Euro wird Bayern in die deutliche Verbesserung der Raumschießanlagen der Polizei investieren. Um den Beamten rasch eine auch gegen militärisch ausgerüstete Täter wirksame Bewaffnung an die Hand geben zu können, beschloss man in Bayern, das bisher nur zum Töten von gefährlichen Tieren gebrauchte Gewehr G 3 auch bei Terror-Einsatzlagen zu verwenden. Davon unabhängig wird die Beschaffung neuer Dienstwaffen bei der bayerischen Polizei vorbereitet.[3]

Rheinland-Pfalz als Schlusslicht

Matthias Lammert
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Während Bayern mit Hochdruck und mit großem finanziellen Aufwand die Verbesserung der Ausrüstung und Ausbildung seiner Polizisten vorantreibt, lassen es andere Bundesländer deutlich ruhiger angehen. In Rheinland-Pfalz wurde in den letzten Jahren die Sollstärke der Polizei verringert, so dass das Land der Reben und Burgen seit mehr als zehn Jahren die geringste Polizeidichte aller deutschen Flächenländer aufweist. Nachdem die beschriebenen Maßnahmen aus Bayern in der dortigen Polizeizeitschrift publiziert worden waren, fragten die rheinland-pfälzischen CDU-Landtagsabgeordneten Matthias Lammert und Gordon Schnieder die Landesregierung in Mainz nach den Maßnahmen, die für die Polizisten im Land ergriffen worden waren. In einer „Kleinen Anfrage“ wollten die Abgeordneten von der aus SPD, FDP und Grünen gebildeten Landesregierung im Sommer 2016 wissen:Gordon Schnieder
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  1. Wurden von der rheinland-pfälzischen Polizei die Erkenntnisse über die Taten in Frankreich und Belgien – insbesondere die modi operandi und die Ausrüstung der Täter – systematisch ausgewertet?
  2. In Bayern wurde nach den Terroranschlägen von Frankreich und Belgien die AG TE (Arbeitsgruppe zur Optimierung von Handlungskompetenzen der Bayerischen Polizei bei der Bewältigung von Terrorlagen) geschaffen. Wurde in der rheinland-pfälzischen Polizei bzw. dem Innenministerium eine mit vergleichbaren Aufgaben betraute Institution geschaffen?
  3. Die bayerische Polizei entwickelte das Handlungskonzept „lebensbedrohliche Einsatzlagen“, das auf bereits bestehenden Konzepten – unter anderem der Bewältigung sogenannter Amok-Lagen – aufbaut. Wurde ein vergleichbares Konzept auch in Rheinland-Pfalz entwickelt?
  4. Als ein mögliches Szenario eines terroristischen Anschlages gelten sogenannte „Body-Bomber“, die bei ihrem Anschlag Schusswaffen und Handgranaten gegen eine größere Menschenmenge einsetzen. Wurde aufgrund solcher Tatbegehungsszenarien die Aus- und Fortbildung der rheinland-pfälzischen Polizisten verändert?
  5. Wie entwickelte sich die Zahl der Dienstposten beim rheinland-pfälzischen Spezialeinsatzkommando seit dem Jahr 2014?
  6. Verfügen die rheinland-pfälzischen Streifenbeamten über eine Schutzausrüstung (Schutzklasse 4 der Weste und des Helmes), die auch gegen militärische Munition (Kaliber 7,62 x 39 „Kalaschnikow“) schützt, wie sie unter anderem von den Attentätern in Paris verwendet wurde? Wenn ja, für wie viele Beamte steht diese Schutzausrüstung zur Verfügung?
  7. Ist die Anschaffung neuer Dienstwaffen bei der rheinland-pfälzischen Polizei geplant? Ist dabei vorgesehen, das Gewehr G 3 von Heckler & Koch für die rheinland-pfälzische Polizei zu beschaffen?

Ende August 2016 antwortete der in Mainz für die Polizei zuständige Staatssekretär Günter Kern auf die Fragen der beiden Parlamentarier. Er legte dar, die rheinland-pfälzische Polizei analysiere fortlaufend alle in den Phänomenbereichen der Politisch Motivierten Kriminalität gewonnenen Informationen und bewerte diese insbesondere im Hinblick auf mögliche Konsequenzen für die Gewährleistung der inneren Sicherheit in Deutschland und Rheinland-Pfalz. Insbesondere schließe dies die systematische Auswertung der Erkenntnislage im Bereich des islamistischen Terrorismus ein. Kern räumte ein, „die terroristischen Anschläge – insbesondere in Paris und Brüssel – stellen die deutschen Sicherheitsbehörden vor neue Herausforderungen.“ Er verwies darauf, mehrere Bund-Länder-Arbeitsgruppen befassten sich bereits mit der Thematik und den daraus resultierenden Konsequenzen. Aufbauend auf den Ergebnissen einer für Führung, Einsatz und Kriminalitätsbekämpfung zuständigen Arbeitsgruppe der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder seien die Konsequenzen der terroristischen Ereignisse für den Einsatz-, Streifen- und Wachdienst sowie die Bereitschaftspolizeien der Länder und des Bundes in den Blick genommen worden. Als eine Folge habe man in Rheinland-Pfalz „die landesinterne Arbeitsgruppe‚ Staatssekretär Günter Kern
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Herausragende Kriminalitäts- und Einsatzlagen‘ (AG KEL) frühzeitig mit der Erarbeitung möglicher Konsequenzen für die rheinland-pfälzische Polizei beauftragt.“ Dabei sei als ein erstes Ergebnis „ein Bedarf an verbesserter Schutzausstattung sowie taktische Anpassungen zur ‚Intervention bei lebensbedrohlichen Einsatzlagen‘ insbesondere für potenzielle Erstinterventionskräfte des Wechselschichtdienstes“ festgestellt worden. Daraufhin sei im April 2016 eine landesweite Arbeitsgruppe mit der Erarbeitung einer Einsatzkonzeption „Intervention bei lebensbedrohlichen Einsatzlagen“ beauftragt worden. Und der Staatssekretär betonte: „Ein entsprechender Entwurf liegt bereits vor“.

lm Zusammenhang mit der Bewältigung sogenannter lebensbedrohlicher Einsatzlagen stellte Günter Kern heraus, die Hochschule der Polizei sei beauftragt worden, auf der „Grundlage der Einsatzkonzeption ‚lntervention bei lebensbedrohlichen Einsatzlagen‘ ein diesbezügliches Aus- und Fortbildungskonzept zu erarbeiten.“

Keine Reaktion gab es bisher in Rheinland-Pfalz bei der personellen Ausstattung des Spezialeinsatzkommandos. Seit Jahren verfüge dieses unverändert über eine Sollstärke von 175 Dienstposten, schrieb der Staatssekretär. Jedoch sei ohnehin eine Zusammenlegung der Spezialeinheiten, also des SEK, des Mobilen Einsatzkommandos (MEK) sowie der für Observation/Fahndung zuständigen „K 16“ der Polizeipräsidien geplant. Die neue Organisationseinheit werde 263 Einsatzkräfte umfassen und er ergänzte: „Hinzu kommen fünf Tarifbeschäftigte“.

Um die Sicherheit der Beamten bei besonders gefährlichen Einsätzen zu erhöhen, habe man in Rheinland-Pfalz damit begonnen, 430 Funkstreifenwagen mit jeweils zwei Schutzwesten mit erhöhter Schutzwirkung und zwei ballistischen Helmen auszustatten. Zu guter Letzt führte der Staatssekretär aus, für die im Funkstreifenwagen mitgeführte Maschinenpistole MP 5 werde eine verbesserte Visiereinrichtung beschafft. Ohnehin sei „mittel- bis langfristig eine Modernisierung der Maschinenpistolen bei der rheinland-pfälzischen Polizei vorgesehen. Eine Beschaffung des Gewehrs G3 des Herstellers Heckler & Koch für den allgemeinen Polizeidienst ist nicht vorgesehen.“
Zusammengefasst bedeutet dies, dass in Rheinland-Pfalz Verbesserungen oft in Anlehnung an andere Bundesländer erfolgen, was kein Mangel ist. Bedenklich ist die Muße, die dabei an den Tag gelegt wird und die mitunter lediglich halbherzige Umsetzung. So klingt es wie ein schlechter Scherz, wenn den Ordnungshütern eine Verbesserung der Visiereinrichtung der Maschinenpistole MP 5 in Aussicht gestellt wird. Angesichts der sehr geringen scharfer Schüsse, die rheinland-pfälzische Polizisten bei Übungen abgeben, könnte zum Beispiel ein Leuchtpunktvisier die Zahl der Treffer erhöhen. Damit wäre jedoch das Grundproblem bei Einsätzen gegen Terroristen der neuesten Generation nicht gelöst: Die Durchschlagkraft der aus der MP 5 verschossenen Polizei-Munition im Kaliber 9 x 19 mm ist gegen Terroristen, die militärische Schutzwesten tragen, nicht ausreichend. Wieso auf ein bewährtes und eine durchschlagstarke Munition verschießendes Gewehr wie das G 3 verzichtet wird, bleibt im Ungewissen. Es wäre möglich, dass bei den Verantwortlichen die Bedenken, eine klassische militärische Waffe bei der Polizei einzuführen, sehr groß sind. Auch die angedachten Organisationsveränderungen im Bereich der Spezialeinheiten lösen nicht die bestehenden Probleme. Dadurch wird weder der eklatante Personalmangel des rheinland-pfälzischen SEK gemildert, noch verringert sich damit die Reaktionszeit bei einem Terroranschlag. Allenfalls wird formell die Zahl der polizeilichen Spezialisten erhöht. Ob damit genug getan ist, wird die Zukunft zeigen.

Quellen:

[1] Im Visier von Terroristen. Ein Mut-Interview mit Ulrich K. Wegener, dem Gründer und langjährigen Kommandeur der GSG 9. In: Mut. Forum für Kultur Politik und Geschichte Nr. 479, Juli 2007, S. 56-64. Hier S. 62-63.
[2] Siehe dazu: Herbert Witzgall: Generalisten oder Spezialisten? In: Reinhard Scholzen: SEK. Spezialeinsatzkommandos der deutschen Polizei. 5. Aufl. Stuttgart, 2009, S. 172-175.
[3] Vgl.: Aktuelles von der AG TE. Bayerische Polizei wappnet sich umfassend für Terrorlagen. In: Bayerns Polizei 2, 2016, S. 14-16.

Über den Autor
Dr. Reinhard Scholzen
Dr. Reinhard Scholzen
Dr. Reinhard Scholzen, M. A. wurde 1959 in Essen geboren. Nach Abitur und Wehrdienst studierte er Geschichte und Politikwissenschaft an der Universität Trier. Nach dem Magister Artium arbeitete er dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter und promovierte 1992. Anschließend absolvierte der Autor eine Ausbildung zum Public Relations (PR) Berater. Als Abschlussarbeit verfasste er eine Konzeption für die Öffentlichkeitsarbeit der GSG 9. Danach veröffentlichte er Aufsätze und Bücher über die innere und äußere Sicherheit sowie über Spezialeinheiten der Polizei und des Militärs: Unter anderem über die GSG 9, die Spezialeinsatzkommandos der Bundesländer und das Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr.
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