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Dieser mit einem Bausatz für wenig Geld zusammengefügte Quadrocopter hat eine Reichweite von 2,5 km. Er wird durch Funk gesteuert, während seine Videokamera die Bilder in die häusliche Wohnstube bringt. (Foto: HB-VeKo)

Videoüberwachung durch Drohnen - eine rechtliche Betrachtung

von Dr. Ulrich Dieckert

Der vielseitige Einsatz unbemannter Fluggeräte – im allgemeinen Sprachgebrauch als Drohnen bezeichnet – rückt immer mehr ins öffentliche Bewusstsein. Wurden mit diesem Begriff bisher ferngesteuerte Waffensysteme assoziiert, so ist der breiten Öffentlichkeit spätestens nach dem Zwischenfall während des Fußballspiels zwischen Albanien und Serbien bekannt, dass mit solchen Geräten auch andere Zwecke verfolgt werden können.[1] Kurz nach diesem Vorfall war der Presse zu entnehmen, dass Kernkraftwerke in unserem Nachbarland Frankreich mehrfach von Aktivisten mit Drohnen über- bzw. angeflogen worden sind, wobei die Motive bisher im Dunklen blieben.[2] Schließlich dürfte die Begebenheit aus dem Bundestagswahlkampf 2013 noch in Erinnerung sein, als bei einer Kundgebung der CDU eine von den Piraten gesteuerte Drohne nur wenige Meter vor dem Podium niederging, das u. a. mit der Bundeskanzlerin Merkel und dem Innenminister Thomas de Maizière besetzt war.[3]

 

Von diesen Nachrichten beinahe verdrängt wird die Tatsache, dass diese Flugsysteme bereits seit Jahren weltweit in durchaus nützlichen Missionen eingesetzt werden. So gehört es mittlerweile fast zum Standard, dass sogenannte UAS (Unmanned Arial Systems) oder RPAS (Remotely Piloted Arial Systems) im gewerblichen Einsatz Schornsteine, Pipelines, Hochspannungsleitungen oder Photovoltaikanlagen zum Zwecke der Schadensaufklärung überfliegen, dass sie in der Landwirtschaft zur Bestimmung des richtigen Erntezeitpunktes, aber auch zum Auffinden von Tieren in abzumähenden Feldern eingesetzt werden, dass sich die Wissenschaft dieser Geräte zur näheren Erforschung von Fauna und Flora bzw. des Klimawandels bedient und dass – last but not least - auch die Filmbranche die ungewöhnlichen Perspektiven dieser fliegenden Kameras für sich nutzt. Auch die Ordnungsbehörden setzen ihre Aufklärungsdrohnen (sog. Quadrocopter oder Fancopter) bereits seit einigen Jahren zur Aufklärung und Dokumentation von Tatorten, zur Überwachung sensibler Objekte (Gefängnisse, militärische Einrichtungen, Bahnanlagen etc.) sowie zur Beobachtung von Ansammlungen (z.B. von Hooligans bei Fußballspielen) oder Versammlungen ein, wobei sich in Bezug auf letzteres aufgrund der damit verbundenen Einschüchterung immer mehr Protest regt.

Schließlich machen auch Privatleute vermehrt von diesem faszinierenden „Spielzeug“ Gebrauch, in der Regel zur eigenen Freizeitgestaltung, immer häufiger aber auch zum neugierigen Blick in „Nachbars Garten“.

Das alles wirft natürlich Fragen nach den rechtlichen Rahmenbedingungen auf. Denn das unbeschränkte Überfliegen von Grundstücken kann für deren Bewohner zu Beeinträchtigungen der persönlichen Lebenssphäre führen. Werden dabei Bild- und/oder Videodaten erhoben, stellt sich die Frage des Datenschutzes bzw. des Rechtes am eigenen Bild. Bei der Beobachtung von Mitarbeitern auf Betriebsgeländen können arbeitsrechtliche Mitbestimmungsrechte berührt sein. Der offensive Einsatz durch die Polizei kann schließlich Grundrechte der Betroffenen einschränken, wie z. B. die Versammlungsfreiheit (Art. 8 Grundgesetz), die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) und natürlich die Freiheits- und Persönlichkeitsrechte (Art. 1 und 2 GG).

Diesen Fragen soll im folgenden Beitrag nachgegangen werden, wobei der Schwerpunkt auf die Zulässigkeit personenbezogener Beobachtungen durch mit Kameras bestückten Drohnen gelegt wird (analog der Videoüberwachung durch stationäre Systeme). Insofern ist nachfolgend von „Video-Drohnen“ die Rede, wobei zwischen deren Einsatz im gewerblichen Bereich (II.), durch Privatleute (III.) und durch Ordnungsbehörden (IV.) differenziert wird. Zuvor sollen jedoch die luftfahrtrechtlichen Voraussetzungen und Beschränkungen derartiger Einsätze erörtert werden (I.).

 

  1. Luftfahrtrechtliche Voraussetzungen und Beschränkungen

Soweit eine Drohne im gewerblichen Bereich eingesetzt wird, ist deren Flugbetrieb in Deutschland grundsätzlich erlaubnispflichtig. Dies ergibt sich aus dem im Jahre 2012 novellierten § 16 Abs. 1 Nr. 7 Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO), wonach der Aufstieg von „unbemannten Luftfahrtsystemen“ der Erlaubnis der zuständigen Luftfahrtbehörden bedarf. Das Luftverkehrsgesetz versteht darunter „unbemannte Fluggeräte einschließlich ihrer Kontrollstation, die nicht zu Zwecken des Sports oder der Freizeitgestaltung betrieben werden“ (vgl. die Definition in § 1 Abs. 2 Nr. 11 LuftVG). Die Abgrenzung zu erlaubnisfreien Flugmodellen erfolgt also nach der Art der Nutzung. Nur wenn privat eingesetzte Drohnen mehr als fünf Kilogramm wiegen, bedarf deren Aufstieg ebenfalls einer gesonderten Erlaubnis (vgl. § 16 Abs. 1 Nr. 1 LuftVO).

Zuständig für die Erteilung der Erlaubnisse sind die Luftfahrtbehörden der Bundesländer, welche dies in Auftragsverwaltung für den Bund durchführen (vgl. § 31 Abs. 2 Nr. 16 f LuftVG). Die Erlaubnis wird nach § 16 Abs. 4 LuftVO erteilt, „wenn die beabsichtigten Nutzungen nicht zu einer Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs oder die öffentliche Sicherheit und Ordnung führen können“. Welche Unterlagen der Antrag auf Erlaubnis enthalten muss, bestimmen die Behörden nach pflichtgemäßem Ermessen; die Erlaubnis kann mit Nebenbestimmungen versehen und für den Einzelfall oder allgemein erteilt werden. Es handelt sich um einen Verwaltungsakt, der in Form eines Bescheides ergeht.

Um die Handhabung dieser Vorgaben zu vereinheitlichen, haben Bund und Länder Ende 2013 „Gemeinsame Grundsätze für die Erteilung der Erlaubnis zum Aufstieg von unbemannten Luftfahrtsystemen gemäß § 16 Absatz 1 Nummer 7 Luftverkehrs-Ordnung“ verabschiedet.[4] In diesen Grundsätzen wird zunächst klargestellt, dass der Betrieb derartiger Systeme außerhalb der Sichtweite des Steuerers nicht erlaubnisfähig ist. Dies ergibt sich aus einem grundsätzlichen Verbot in § 15 a Abs. 3 Nr. 1 LuftVO. Nach dieser Vorschrift erfolgt der verbotene Betrieb außerhalb der Sichtweise des Steuerers, wenn das Luftfahrtgerät ohne optische Hilfsmittel nicht mehr zu sehen oder eindeutig zu erkennen ist. Nicht erlaubnisfähig ist des Weiteren der Einsatz von Geräten, deren Gesamtmasse mehr als 25 Kilogramm beträgt (vgl. § 15 a Abs. 3 Nr. 2 LuftVO). Nach jetziger Rechtslage wäre also die vieldiskutierte Absicht von Amazon, Kundenauslieferungen künftig per Drohne zuzustellen, in Deutschland verboten.[5] Es läuft allerdings derzeit ein Forschungsprojekt der Deutschen Post, in dessen Rahmen die Inselapotheke auf der Nordseeinsel Juist mit Paketdrohnen von DHL mit Medikamenten vom Festland aus versorgt wird. Dabei muss allerdings jeder Einsatz bei der örtlichen Flugsicherung angezeigt werden.[6]

Allgemeinerlaubnisse werden nach den o.a. Grundsätzen nur für Drohnen bis zu fünf Kilogramm Gesamtmasse erteilt und können bis zu zwei Jahre Gültigkeit haben. Einer Einzelerlaubnisse bedürfen hingegen Einsätze mit Drohnen zwischen fünf und fünfundzwanzig Kilogramm Gesamtmasse bzw. für Aufstiege mit einem erhöhten Gefährdungspotential. Nicht gestattet wird sowohl bei der Allgemein- als auch bei der Einzelerlaubnis der Flug über Menschen und Menschenansammlungen, Unglücksorten, Katastrophengebieten und anderen Einsatzorten von Polizei und Sicherheitsbehörden sowie über Justizvollzugsanstalten, militärischen Anlagen, Industrieanlagen, Kraftwerken und Anlagen der Energieerzeugung und -verteilung, soweit diese Stellen den Überflug nicht ausdrücklich gestattet haben. Damit wird den Vorgaben aus § 6 LuftVO Rechnung getragen, der für den Überflug über derartige Gebiete und Anlagen eine Mindesthöhe von 300 Metern verlangt, sofern keine Sondererlaubnis erteilt wird. Schließlich ist auch der Aufstieg in Luftsperrgebieten und Gebieten mit Flugbeschränkungen (siehe § 11 LuftVO) grundsätzlich nicht erlaubt.

In Stadtstaaten wie Berlin mit besonders kontrolliertem Luftraum (z.B. über dem Regierungsviertel) werden Allgemeinerlaubnisse weder erteilt noch anerkannt. Außerdem ist für jeden Aufstieg bei der zuständigen Flugverkehrskontrollstelle eine zusätzliche Flugverkehrskontrollfreigabe einzuholen (vgl. § 16 a Abs. 1 Nr. 5 LuftVO). Dies gilt auch für Drohnenflüge der Berliner Polizei, welche ansonsten – wie alle Landespolizeibehörden sowie die Bundeswehr – keiner Aufstiegserlaubnis nach § 16 LuftVO bedarf. Letzteres ergibt sich aus § 30 Abs. 1 und 1 a des LuftVG, wonach diese Sicherheitskräfte von bestimmten Vorgaben des Luftverkehrsrechtes befreit sind, „soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist“. Andere Einrichtungen hingegen wie die Feuerwehr, das Technische Hilfswerk oder Verkehrsbehörden genießen dieses Privileg nicht und müssen entweder bei der Polizei Amtshilfe einfordern oder für eigene Fluggeräte Allgemein- bzw. Einzelerlaubnisse einholen.

Bei Antragstellung verlangt die Luftfahrtbehörde neben den persönlichen Daten des Antragstellers (natürliche oder juristische Person) detaillierte Angaben über Zweck, Dauer und Örtlichkeit des Einsatzes, über technische Einzelheiten des Fluggerätes sowie über die Kenntnisse und Erfahrungen des Steuerers. Des Weiteren sind vorzulegen die Einverständniserklärung des Grundstückseigentümers oder sonstigen Berechtigten der Aufstiegsstelle (§ 25 LuftVG, § 16 Abs. 5 LuftVO), eine Unbedenklichkeitserklärung der zuständigen Ordnungsbehörde/Polizeidienststelle sowie der Nachweis einer ausreichenden Haftpflichtversicherung für Personen- und Sachschäden nach §§ 37 Abs. 1 a, 43 LuftVG. Schließlich verlangt die Behörde eine Erklärung des Antragsstellers, dass mit Hilfe des unbemannten Luftfahrtsystems nicht in den räumlich-gegenständlichen Bereich der privaten Lebensgestaltung Dritter eingegriffen wird. Mit dieser Auflage wird den Vorgaben in § 16 Abs. 4 Satz 1 LuftVO Rechnung getragen, wonach die Erlaubnis nur erteilt wird, wenn die beabsichtigten Nutzungen nicht die Vorschriften über den Datenschutz verletzen. Auf diesen Punkt wird im Rahmen dieses Aufsatzes zurückzukommen sein.

Auch wenn die Erlangung einer Erlaubnis nach den vorgenannten Vorschriften schwierig erscheint, lassen sich Dienstleister aus dem gewerblichen Bereich hiervon nicht abschrecken. Jedenfalls steigt die Zahl der Fluganträge seit einiger Zeit stetig an. Während es im Bundesland Baden-Württemberg im Jahr 2012 lediglich 135 Genehmigungen gab, stieg die Zahl in 2013 auf 297 und im ersten Halbjahr 2014 bereits auf 278 Genehmigungen.[7] In Deutschland gibt es derzeit ca. 20 kleinere und mittlere Unternehmen, die Drohnen herstellen und Flugdienstleistungen anbieten. Viele davon sind im UAV DACH, Deutschland, Österreich, Schweiz e.V. organisiert, dem auch wissenschaftliche Einrichtungen und immer mehr Anwender von RPAS angehören. Ziel dieses Vereins ist es, auf die rechtliche Gleichstellung von unbemannten Luftfahrtsysteme mit bemannten Fluggeräten hinzuwirken, sobald ein gleicher Sicherheitsstandard erreicht ist (equal level of safety).[8i]

Anmerkung der Redaktion:

In den nächsten Ausgaben wird der Beitrag mit folgenden Themen fortgesetzt:

  1. Einsatz im gewerblichen Bereich
  2. Einsatz durch Privatleute
  3. Einsatz durch Ordnungsbehörden
  4. Zusammenfassung
 
 
 


Quellen:

[1] vgl. Artikel in SPIEGEL-ONLINE vom 15.10.2014, „Serbien gegen Albanien: EM-Quali nach Schlägerei wegen Flaggendrohne abgebrochen“

[2] vgl. Artikel in SPIEGEL-ONLINE vom 30.10.2014 „Unbekannte Drohnen überfliegen sieben AKW“

[3] vgl. Artikel in SPIEGEL-ONLINE vom 15.09.2013 „Auftritt in Dresden: Foto-Drohne stört Merkels Wahlkampf“

[4] veröffentlicht in den „Nachrichten für Luftfahrer, 26.12.2013, NfL 281/13

[5] Amazon hat diesbezüglich in den USA eine Testlizenz beantragt, vgl. Artikel in der FAZ Wirtschaft – FAZ.NET – vom 02.09.2014

[6 vgl. Artikel in FOCUS-Online vom 18.11.2014, „DHL zufrieden mit Paketdrohnen-Flügen nach Juist“

[7) vgl. Artikel in den Stuttgarter Nachrichten, „Drohnen erobern den Luftraum“, vom 08.09.2014

[8] näheres zur Arbeit des Vereins siehe auf www.uavdach.org