Robert Heller, Holger Soschinka, Stephan Rabe
Waffenrecht
Handbuch für die Praxis
Für die zweite Auflage des hier zu besprechenden Buches, die im Jahr 2008 erschien, reichten den drei Autoren 498 Seiten, um das facettenreiche Thema darzustellen. Der zwischenzeitliche Zuwachs um 150 Seiten rührt von den mannigfaltigen Veränderungen des Waffenrechts, die der Gesetzgeber bis zu dem jetzt gültigen 3. WaffRÄndG vom 17. 2. 2020 vorgenommen hat.
Die Autoren umreißen in einem einleitenden Kapitel eindrucksvoll die Probleme, vor denen jeder steht, der sich mit dem Waffenrecht befassen muss: „Inhalt und Vielzahl der Änderungen zeigen einmal mehr die Komplexität des Waffenrechts. Diese Komplexität scheint im Einzelfall der Anwendung nicht nur Waffenbesitzer und Fachbehörden zu überfordern, sondern offensichtlich auch den Gesetzgeber.“ Und sie ergänzen: „Wenn schon die Fachjuristen und Spezialisten der Exekutive das Waffenrecht nicht mehr rechtssicher formulieren können, kann an Bürger und Behörden nicht der Anspruch gestellt werden, jederzeit gesetzeskonform mit Waffen umzugehen und den Umgang zu überwachen. Darin liegt aber der Schlüssel für den Umgang mit Schusswaffen unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.“ Und sie zeigen bereits an dieser Stelle die Möglichkeiten und ebenso die Grenzen der rechtlichen Regelungen auf: „Das deutsche Waffenrecht gilt als eines der strengsten der Welt. Wird das Waffenrecht konsequent im Sinne des Gesetzgebers von Waffenbesitzern und Behörden angewendet bzw. vollzogen, kann der zu fordernde hohe Sicherheitsstandard im Umgang mit legalen Waffen erhalten werden. Jeder denkbare Missbrauch von Waffen, z. B. Tötungsdelikte oder Amokläufe, wird zwar auch künftig Diskussionen über noch schärfere Regeln entfachen; aber letztlich wird auch das strengste Waffenrecht das tatsächlich größte Problem, den illegalen Waffenbesitz und die missbräuchliche Verwendung illegaler Waffen, nicht abmildern, sondern eher noch verschärfen.“
Die Verfasser gelten durch ihre berufliche Tätigkeit als Anwälte und Dozenten, aber auch durch ihre Freizeitaktivitäten als Jäger und Sportschützen als ausgewiesene Kenner des Waffenrechts. Dank ihrer langjährigen Erfahrung gliedern sie das Buch mit sicherem Blick für die Erfordernisse, die aus dem Gesetz erwachsen, in 27 Kapitel. Darin beschreiben sie zunächst die Grundlagen des Waffenrechts, um sodann auf die Personen einzugehen, die Umgang mit Waffen haben (dürfen). Diese Herangehensweise hat die Zielgruppe des Buches fest im Blick: Praktiker, die in welcher Funktion auch immer das Waffenrecht anwenden bzw. als legale Waffenbesitzer die gesetzlichen Regelungen kennen müssen. In zahlreichen Kästen werden die wichtigsten Inhalte zusammengefasst, Rechtsfälle beschrieben und Sachverhalte durch Illustrationen oder Beispieltexte näher erläutert. Jedoch geht das Buch weit über das Schema Problem-Lösung hinaus, was sich zum Beispiel in der fünfseitigen Darstellung über Schalldämpfer zeigt. Die Autoren zeichnen den langen und immer noch nicht beendeten Weg nach, der dazu führte, dass im Gesetz von 2020 Schalldämpfer für Jagdwaffen erlaubt sind. Ausschlaggebend für den von Bayern ausgehenden Wandel waren die vom Bundeskriminalamt zusammengestellten Fakten, wonach „mit Schalldämpfer ausgestattete Jagdlangwaffen keine auffällige Deliktsrelevanz“ aufweisen. Jedoch besteht auch an dieser Stelle nach wie vor großer Handlungsbedarf; denn die Erlaubnis schließt nicht kleinkalibrige Gewehre ein, die zum Beispiel bei der Raubwild- und Fallenjagd verwendet werden. Zudem – und das wiegt in der Praxis deutlich schwerer – haben die Bundesländer nach wie vor die Möglichkeit, die Verwendung eines Schalldämpfers durch eine Regelung im Landesjagdgesetz zu verbieten. Demnach ist zurzeit die Jagd mit einem Schalldämpfer in den Hansestädten Hamburg und Bremen, in Berlin, Sachsen-Anhalt und Thüringen verboten.
Heller, Soschinka und Rabe haben mit der vorliegenden vierten Auflage ihres Waffenrechts ein Werkzeug für die Praxis geschaffen, das unverzichtbar ist. Man muss kein Prophet sein, um zu sagen, dass angesichts weitergehenden Regelbedarfs die fünfte Auflage dieses Buches nur eine Frage der Zeit ist.
Dr. Reinhard Scholzen