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Ein Flitzer bei einer öffentlichen Sportveranstaltung.
Foto: © Von Alex Kehr - originally posted to Flickr as #367, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3953923

Exhibitionismus ist nur für Männer strafbar

Von Dr. jur. Alexander Stevens

Schauspielerin Antje Mönning (u.a. bekannt aus der ARD Erfolgsserie „um Himmels Willen“) hatte  am 18.06.2018  auf einem Parkplatz der B12 vor einer zivilen Polizeistreife geparkt (die als solche für Frau Mönning nicht zu erkennen war).
Sie war mit einer durchsichtigen Bluse bekleidet, außerdem trug sie unter einem kurzen Rock keine Unterwäsche. In unmittelbarer Nähe zu den Polizeibeamten hob sie Ihren Rock mehrfach an, und wackelte mit dem Hintern.
(Das Video ist bei BILD online zu sehen https://www.bild.de/bild-plus/unterhaltung/leute/leute/tv-nonne-antje-moenning-nackt-bei-polizeikontrolle-1200-euro-strafe-57737744.bild.html)
Ohne sich als Polizisten zu erkennen zu geben, filmten diese heimlich das Geschehen mit der Kamera des zivilen Videofahrzeugs und ließen Frau Mönning dann auch unverrichteter Dinge wieder abfahren. Angesprochen wurde sie nicht.
Jetzt behaupten die Beamten, durch die "schamverletzenden und ärgerniserregenden sexuellen Handlungen belästigt und zudem "in ihrer Diensthandlung der Polizeibeamten erheblich gestört" worden zu sein. 

Deshalb wurde gegen sie ein Strafbefehl mit einer Geldstrafe in Höhe von 1200 € erlassen, gegen den ich Einspruch eingelegt habe. Am 23.10. soll hierüber am Amtsgericht Kaufbeuren verhandelt werden.
Frau Mönning wendet sich mit diesem Fall öffentlich an die Medien da die Allgäuer Justiz mangels Strafbarkeit bloße Nacktheit und subjektiv empfundene Sexualmoral bestraft:
Denn wenn sich noch nicht einmal der „Nackt-Flitzer“ in einem Fußballstadion strafbar macht, kann das Tragen einer durchsichtigen Bluse und das flüchtige - auch mehrfache - Anheben eines Rockes (mit Blick auf den unbekleideten Intimbereich) erst recht nicht so erheblich sein, dass dies als Erregung öffentlichen Ärgernisses strafbar ist.
(Gleiches gilt übrigens nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch für Striptease-Vorführungen oder sonstige Entkleidungen - das ist alles nicht strafbar). 
Der Gesetzgeber wollte nur erhebliche Fälle als Erregung öffentlichen Ärgernisses bestrafen bei denen z.B. der Geschlechtsverkehr in der Öffentlichkeit vollzogen wird.

Exhibitionismus ist nur für Männer strafbar - Kein Witz! Der Gesetzgeber ist der Ansicht, dass die Präsentation des unbekleideten weiblichen Körpers nicht strafbar sein soll. Dieses Sonderstrafrecht - nur für Männer - ist einzigartig (und diese diskriminierende Gesetzgebung des Exhibitionismus nur für Männer wurde zuletzt im Jahr 1999 vom Bundesverfassungsgericht auch bestätigt). Das Exhibitionismus nach Wertung des deutschen Gesetzgebers nur für Männer strafbar ist,  ist hinzunehmen und darf nicht durch eine faktisch analoge Anwendung des Amtsgerichts Kaufbeuren für weibliche Tatverdächtige umgangen werden.
Dass die Diensthandlung der Polizeibeamten durch das Verhalten meiner Mandantin "erheblich gestört“ worden sein soll, ist ebensowenig nachvollziehbar: im Gegenteil war es den Polizeibeamten ja augenscheinlich mühelos möglich, eine heimliche Videoaufzeichnung zu starten und das Kennzeichen des PKW zu notieren, (mithin wohl aus Sicht des Beamten Diensthandlungen, welche störungsfrei durchgeführt werden konnten).

Übrigens: die heimliche Fertigung des Videos durch die Polizisten ohne Einverständnis meiner Mandantin begründet den Anfangsverdacht einer Straftat nach § 201a StGB (unerlaubte Bildaufnahmen).
Ich gehe davon aus, dass die Staatsanwaltschaft mangels Strafbarkeit diese Strafanzeige zurücknehmen wird - dies zumindest habe ich gestern förmlich gegenüber dem Gericht beantragt.
Falls es doch am 23. Oktober zur Verhandlung in Kaufbeuren kommen sollte, bin ich mir sicher, dass dies mit einem Freispruch für Frau Mönning endet.“  Schließlich bekäme der Satz diverser Frauenrechtlerinnen „Ich muss nackt über das Oktoberfest gehen können ohne angegrapscht zu werden“ ansonsten eine ganz neue Qualität - denn die Frau macht sich dann gleich mit strafbar, zumindest nach Auffassung der Allgäuer Justiz... 

 

Über den Autor
Dr. Alexander Stevens
Dr. Alexander Stevens
Dr. Alexander Stevens ist Fachanwalt für Strafrecht und als einer von ganz wenigen Anwälten überhaupt (wenn nicht sogar der einzige) ausschließlich auf die Sexualdelikte wie Vergewaltigung, Missbrauch, und Kinderpornographie spezialisiert. Im April 2016 erschien sein Buch „Sex vor Gericht“ (Knaur Verlag) in welchem er anhand sehr tiefgreifenden Geschichten aufzeigt, was alles schief läuft in Deutschland, wenn es um Sex geht. Stevens vertritt sowohl Täter als auch Opfer von Sexualdelikten gleichermaßen.
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