W.I.S. und die Sicherheit 4.0
Von Helmut Brückmann
Als Günter Calaminus (50) sich im Januar 2016 als neuer Geschäftsführer der W.I.S. Sicherheit + Service GmbH & Co. KG vorstellte, ging ein Raunen durch die Etagen der Sicherheitsdienstleister. Die meisten wussten, dass ein knallharter Kenner der Szene das Ruder in Köln übernommen hat. Immerhin gilt die W.I.S. als Nachfolgeunternehmen des zweitältesten Sicherheitsunternehmens Deutschlands, wenn nicht sogar Europas, gegründet 1901.
War der neue Geschäftsführer anfangs noch mit der Sichtung der übernommenen Geschäftsunterlagen seines Vorgängers Andreas Burmeister beschäftigt, so folgten bald auch Taten. Der defizitäre Bereich Aviation war als erster betroffen und wurde ohne viel Aufhebens an einen Mitbewerber abgegeben. Die Arbeitsplätze waren damit gesichert! Im Oktober verleibte sich die W.I.S. dann den Rest der einst so stolzen Frankfurter Brink’s Sicherheit ein. Im gleichen Monat bat Calaminus Veko-online zu einem Gespräch in die W.I.S.-Niederlassung nach Frankfurt am Main. Dort stellte er Mitgeschäftsführer Matthias Clausmeyer vor, der als CFO (Chief Financial Officer) für die Finanzen zuständig ist. Bekanntlich sind beide Herren für die Geschicke der W.I.S. seit Anfang des Jahres verantwortlich. Doch was war der Grund der Besprechung? Beide wollten die (Neu-) Ausrichtung des Unternehmens darlegen. Viele Neuigkeiten waren nicht zu erwarten. Das Kölner Unternehmen gehört zweifellos zu den top 10 hierzulande, die mehr oder weniger nach dem gleichen Muster arbeiten: Angebot von Dienstleistung und Sicherheitstechnik. Im Prinzip befasst sich die Branche seit den 1920er Jahren damit. Zu Beginn übergeben mir meine Gesprächspartner ein 9-seitiges „Positionspapier W.I.S. Unternehmensgruppe“. Darin findet man auch Altbekanntes, wie: „Die Private Sicherheitswirtschaft ist unverzichtbarer Teil der nationalen Sicherheitsarchitektur.“ Dabei wird auf die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden hingewiesen, denn „erfolgreiche Gefahrenabwehr und Prävention sind gemeinsame Ziele privater Sicherheitsunternehmen und staatlicher Sicherheitsorgane.“ Wer wollte da widersprechen?
Demografischer Wandel
Die Auswirkungen des demografischen Wandels in Deutschland sind hingegen für die gesamte Sicherheitsbranche von Bedeutung. Das Positionspapier sieht die Personalgewinnung und Weiterbildung sogar als existenzielle Herausforderung der Branche:
„Der demografische Wandel bietet Chancen und Aufgaben gleichermaßen. Der Kampf um Nachwuchskräfte sowie die Bindung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an das Unternehmen sind dabei die größten Herausforderungen der Zukunft. Für die W.I.S. als innovatives Unternehmen wird es deshalb in Zukunft nicht mehr nur um die Entwicklung attraktiver Entlohnungsmodelle gehen. …
Denn Grundlage der qualitativ hochwertigen Dienstleistung des Unternehmens ist der Einsatz des richtigen Personals an den richtigen Stellen. Dem stellen wir uns voller Zuversicht.
- Die private Sicherheitsindustrie muss eigenständige Kompetenzmerkmale stets weiterentwickeln.
- Die private Sicherheitswirtschaft muss stetig in die Qualifikation ihrer Mitarbeiter investieren; nur so bieten sich Aufstiegs- und Karrieremöglichkeiten für morgen.
- Nur mit modernsten Arbeitsmitteln schafft die Sicherheitsindustrie die notwendige Flexibilität, um unsere zukünftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf dem Weg zur Selbstverwirklichung zu unterstützen.“
Ministerielle Zuständigkeit für die Sicherheitsbranche.
Seit Jahren kämpft der Branchenverband BDSW dafür, dass nicht mehr das Wirtschafts-, sondern das Innenministerium für die Sicherheitsunternehmen zuständig ist. Bisher ohne Ergebnis. Zu dieser Frage stellt sich W.I.S. klar auf die Seite des Verbandes und fordert in dem Positionspapier:
„Als anerkannter Teil der nationalen Sicherheitsarchitektur sind private Sicherheitsdienstleister nicht mehr nur ein Wirtschaftsfaktor; deshalb wird ihnen durch behördlich legitimierte Kontrollen bereits im Vorfeld qualitative Kriterien sowie sicherheitsrelevante Überprüfungen von Unternehmern und Mitarbeitern abverlangt werden müssen. Die Zuständigkeit über Branchenzugang und -aufsicht obliegt traditionell den kommunalen Gewerbeaufsichtsämtern respektive den Wirtschaftsministerien der Länder. Diese Zuordnung erscheint angesichts der sich verschärfenden Sicherheitslage und des daraus folgenden öffentlichen Sicherheitsbedürfnisses jedoch nicht mehr zeitgemäß. Für die zuverlässige Gewährleistung öffentlicher und privater Sicherheit ist es deshalb erforderlich, die Koordinierung ministeriell dort zu zentrieren, wo eine Verzahnung von Beteiligten und Fachwissen einfach und effizient möglich ist.
Daher trägt die W.I.S.-Unternehmensgruppe den Ansatz des Branchenverbandes BDSW mit, die Zuständigkeit für Zulassung, Aufsicht und Koordinierung in den Bereich der Innenministerien und ihrer Organe zu überführen.
- Eine Überführung der Zuständigkeit für Zulassung, Aufsicht und Koordinierung in den Bereich der Innenministerien und Ihrer Organe ist essenziell.
- Eine Zentrale Koordinierung gemeinsamer Sicherheitsbestrebungen erhöht die Reaktionsfähigkeit der gesamten Sicherheitsarchitektur.
Die Konzentration auf staatliche Fachkompetenz und Zuständigkeit verbessert die Wirksamkeit von Zulassungs- und Qualitätskontrollen.“
Mitarbeiter und Unternehmer
Auch mit der Qualität der Mitarbeiter und des Führungspersonals der Branche befasst sich das Papier. Dabei werden nicht nur höhere Qualitätsstandards gefordert – das
In diesem Zusammenhang ist es selbstverständlich, dass W.I.S. sich für Qualitätsstandards einsetzt, die auch konsequent überwacht werden, denn:
- Es gibt keine messbare Dienstleistungsqualität ohne normierte Standards.
- Wirksame Kontrolle und Sanktion sind erforderlich zum Schutz seriöser Marktteilnehmer.
Sicherheit 4.0
Die sich ständig in Bewegung befindlichen Ereignisse in der digitalen Welt beeinflussen natürlich auch die Sicherheitsunternehmen, und das tagtäglich. Sie schaffen nicht nur für die Kunden neue Probleme, sondern auch für die eingesetzten Dienstleister. Diesen gilt es, durch geeignete Maßnahmen entgegenzutreten. Die W.I.S. Sicherheitstechnik hat bereits zu Beginn des Jahrhunderts diesen Trend für die Sicherheitsdienstleistung antizipiert und die Nutzung des „Internets der Dinge“ für alle Bereiche der W.I.S. eingeleitet. CEO Calaminus sagt es mit berechtigtem Stolz: „Durch nachhaltige Investitionen in die Ausbildung unserer Techniker sind diese bereits jetzt in der Lage, standortübergreifende Sicherheits- und Kommunikationssysteme zu entwickeln. Nicht umsonst wurden innovative Produkte und Dienstleistungen der W.I.S.-Unternehmensgruppe bereits mehrfach ausgezeichnet.“ Calaminus wird noch deutlicher:
„Sicherheit 4.0 umfasst nach unserem Verständnis auch zwangsläufig die Komponente ‚Mensch‘. Denn für ein wirksames Sicherheitskonzept kommt den Nutzern und ihrem verantwortungsvollen Umgang mit den eingesetzten Mitteln eine große Bedeutung zu. Der Einsatz modernster Internettechnologien als Schnittstelle zwischen Mitarbeitern und Technik erfordert eine intensive Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex Informationssicherheit. Der Umgang mit existenziellen Unternehmensdaten und Angriffen auf IT-Infrastrukturen aller Art stehen auf der Tagesordnung staatlicher als auch krimineller Akteure. Die Komplexität der Prozesse bedarf bereits im Innenverhältnis einer Expertenberatung und ist unsere Herausforderung als Sicherheitsexperten. Die private Sicherheitswirtschaft muss sich dieser Aufgabe stellen. Aus diesem Grund entwickelt W.I.S. den Bereich IT-Operations und Informationssicherheit mit hohem Nachdruck weiter.
Die Akteure der privaten Sicherheitswirtschaft werden durch die digitale Revolution gezwungen, die entscheidenden Ressourcen Mensch und Technik in eine effiziente Verbindung zum Wohle der Kunden eingehen.“
Kein Zweifel, zu anderer Gelegenheit wird dieses Thema von Veko-online nochmals hinterfragt und ausgiebiger bearbeitet werden.
Nach Beendigung der Besprechung, quasi bei der Verabschiedung, eröffnet CFO Matthias Clausmeyer nochmals die Diskussion: „Ich bin seit 2013 bei der W.I.S. und habe sehr schnell festgestellt, dass wir unsere Produktivität verbessern müssen, um die steigenden Lohnkosten, Produktionskosten aufzufangen. Wir mussten unseren Kunden mehr bieten als eine einfache Bewachung, um es mal banal auszudrücken.“ CEO Günter Calaminus greift den Ball auf: „Wir haben uns gefragt, warum wir nicht die Unmengen von anfallenden digitalen Daten für den Kunden zusätzlich nutzbar machen. Unter dem Schlagwort Sicherheit 4.0 sind wir nun dabei, für den Kunden einen Mehrwert zu schaffen. Die Kompetenz dazu haben wir bei W.I.S. durch unsere eigene IT-basierte Sicherheitstechnik – und damit einen Kompetenzvorsprung vor allen Mitbewerbern.“
Und wie hat man sich das vorzustellen?
„Man muss für den Kunden die ihm durch unsere Arbeit vermittelte Sicherheit erlebbar machen. Man muss ihm dabei die Möglichkeit geben, die zwangsläufig entstandenen Datenmengen zusammen mit uns weiter zu verwerten. Es gilt also, den zwangsläufig entstandenen Mehrwert zu nutzen.“
Über dieses Thema wird bald zu berichten sein…