Skip to main content

Straßenverkehr in Dubai, der seine Tücken hat. © pixabay

Über das Autofahren in den Emirates

Ein Erfahrungsbericht von Roswitha Kern

Ach, ich finde, eigentlich macht das Auto fahren in Dubai doch Spaß. Geht ja immer nur geradeaus, und wenn man sich einmal verfährt, geht’s meistens 30 Minuten in die falsche Richtung, um dann irgendwann den U-Turn zu finden.

 

Ansonsten sind die Regeln hier sehr einfach: Immer schön dicht auffahren, denn ansonsten kommt ein Fahrer von woanders reingefahren; und an der Ampel sofort hupen, wenn das Auto vor Ihnen nicht nach einer Sekunde bei grün gestartet ist. Oh, und wenn man auf der linken Spur fährt, kommen immer von hinten Autos an, die das Fernlicht an und aus machen und einen Abstand von ungefähr 10 cm einhalten. Ach, habe ich denn schon erwähnt, wie man sich dann am besten verhält? Ganz einfach: Den Rückspiegel so einstellen, dass man die Fernlichter von hinten nicht sieht und einfach mal langsamer werden. Doch Vorsicht, nicht abrupt, denn sonst verursacht man einen Unfall, denn diese Gegenreaktion macht die Autofahrer rasend und das Aufblenden von hinten wird verstärkt. Schauen Sie am besten nicht in den Rückspiegel; irgendwann werden Sie wütend überholt. Für den deutschen Autofahrer gilt ja eigentlich außen links als Überholspur, aber in den Vereinigten Arabischen Emiraten scheint das zumindest in der Praxis anders zu laufen”, berichtet eine deutsche Autofahrerin etwas belustigt und dennoch sehr ernst in einem Gespräch zum Thema Verkehrssicherheit in Dubai.

 

Die ‚Road to Safety’ Kampagne – ein Erfolg?

Der Tod von drei jungen emiratischen Mädchen im Alter von drei bis sieben und ihren Kindermädchen, als sie beim Überqueren einer Einkaufsstraße im Juni 2011 von einem rasenden emiratischen Autofahrer erfasst wurden, versetzte das Land damals in einen Schockzustand. Aber auch der Tod eines Verkehrspolizisten nur vier Jahre später im Juni diesen Jahres, als er bei der Arbeit versuchte, in der Emirates Road in Dubai den Verkehr zu lenken und dabei von einem LKW tödlich erfasst wurde, verdeutlicht einmal mehr das Gefahrenpotenzial, welches das emiratische Verkehrsaufkommen mit sich bringt.

‘The National’, eine emiratische Tageszeitung, rief unmittelbar nach dem Tod der drei emiratischen Mädchen die “Road to Safety” Kampagne ins Leben. Mit dieser Kampagne und anderen Berichten zur Verkehrssicherheit in den VAE zielte The National darauf ab, unter seinen Lesern ein besseres Bewusstsein für das Thema Verkehrssicherheit zu schaffen. Und auch auf der Behördenebene bemüht man sich seither erfolgreich darum, die Unfallraten durch Radarkontrollen, Gesetzesänderungen, die Überarbeitung von Verkehrsausbildungsprogrammen und Aufklärung zu reduzieren. Doch wie ist es fünf Jahre nach dem tragischen Unfall um die Verkehrssicherheit in den VAE tatsächlich bestellt? Und was sind weiterhin die Hauptursachen für das vergleichsweise hohe Unfallaufkommen in den VAE?

 

Mulitnationalität, Klima und Ramadan - besondere Einflüsse auf den Verkehr in den VAE

Zwischen 2011 und 2013 beispielsweise konnten die Verkehrsunfälle tatsächlich um 23,5% reduziert werden. Wenngleich auch statistisch gesehen die Unfallzahlen in den VAE in den letzten Jahren rückläufig waren, so verzeichnet das Land aber nach wie vor im weltweiten Vergleich eine der höchsten Todeszahlen in Bezug auf Verkehrsunfälle. 90% aller Verkehrssünder sind dabei Männer im Alter zwischen 26 und 38 Jahre. Die Gründe für die hohen Unfallraten sind vielfältig und haben unter anderem mit der Multinationalität des Landes zu tun. Etwa 80% der Bevölkerung in Städten wie Dubai sind Ausländer, die sich aus ungefähr 200 Ländern zusammensetzen. Fahrer aus all diesen Ländern haben sehr unterschiedliche ‘Verkehrserziehungen und Ausbildungen’ durchlaufen und sind oftmals in Bezug auf ihre Fahrerfahrung schwer einstufbar. In diesem Zusammenhang haben Statistiken der Verkehrspolizei in Dubai ergeben, dass 72% aller Verkehrsunfälle an erster Stelle von pakistanischen Autofahrern, von Fahrern aus Indien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bangladesh und Ägypten verursacht werden. Hierbei sei vermerkt, dass die Taxifahrer in Dubai vor allem Inder und Pakistanis sind. In den VAE lebende Deutsche berichten immer wieder, dass vor allem pakistanische Taxifahrer sich durch rücksichtsloses und rasendes Fahrverhalten auszeichnen.

Bei der Beobachtung der Entwicklung des Unfallaufkommens im Verlauf eines Jahres fällt auf, dass die Zahl der Verkehrsunfälle vor allem während des Fastenmonats Ramadan deutlich ansteigt. Nach den Worten von Colonel Saif Muhair Al Mazroui, dem Direktor der Verkehrspolizei in Dubai, finden die Unfälle im Ramadan vor allem in den drei Stunden vor Iftar (Fastenbrechen) statt. Nach der Statistik von 2013 beispielsweise verzeichnete der Ramadan allein in Dubai 166 Verkehrsunfälle mit 15 Toten und 156 Verletzten. Die meisten Unfälle fanden zwischen 16 und 19 Uhr statt, also direkt vor dem Fastenbrechen. Deshalb ist vor allem in dieser Zeit höchste Vorsicht im Straßenverkehr geboten.

Aber auch ungewöhnliche Klima- und Wetterbedingungen, wie z.B. Sandstürme stellen besondere Herausforderungen dar. Verkehrsexperte Thomas Edelman erklärt diesbezüglich, dass sich aufgrund der teils rauen Wetterbedingungen Fahrzeuge oft mit platten Reifen auf dem Pannenstreifen befinden. Dies wird vor allem dann problematisch, wenn man bedenkt dass die Fahrstreifen gerne unerlaubterweise als Überholspur verwendet werden.

 

Hauptgründe für die hohen Unfallzahlen

Das plötzliche Ausscheren ist bisweilen der Hauptgrund für Verkehrsunfälle, gefolgt von Fehleinschätzungen der Verkehrsteilnehmer, das Nichteinhalten eines Sicherheitsabstandes zwischen zwei Fahrzeugen, das Einscheren auf Straßen ohne sicher zu stellen, dass die Fahrbahn frei ist, Rasen, ein Mangel an Aufmerksamkeit, das Überfahren roter Ampeln sowie das Ignorieren von Fahrbahnregeln. Ausländische Verkehrsexperten in den VAE machen vor allem den Mangel an Aufmerksamkeit im Verkehr verbunden mit einer fahrlässigen und unachtsamen Mentalität der Autofahrer als Hauptgrund für die hohen Unfallraten aus. Der in Dubai ansässige Verkehrsexperte Thomas Edelman bemerkte hierzu: “Die Fahrer sollten sich um sich selbst, ihre Mitfahrer und andere Verkehrsteilnehmer mehr sorgen. Es ist vor allem die Unbekümmertheit vieler Verkehrsteilnehmer, welche die tödlichen Unfallstatistiken in die Höhe treibt.”

 

Was sind die gefährlichsten Straßen?

Verkehrsunfälle in den VAE konzentrieren sich hauptsächlich auf fünf Straßen und Gegenden. Die Gegenden um Al Warqa und Al Khawaneej in den VAE sind zum Beispiel als Gefahrenpunkt bekannt, da sich hier vor allem junge Fahrer zum Rasen treffen. Als gefährlichste Straße gilt jedoch nach wie vor die mehrspurige Sheikh Mohammad Bin Zayed Road, dicht gefolgt von der Emirates Road, der Sheikh Zayed Road, das Industriegebiet um Al-Qodz und der Al Khail Road. Die kilometerlangen, weiten Straßen veranlassen dabei viele Fahrer, Geschwindigkeitsbegrenzungen zu missachten und selbst innerhalb der Stadt in einem Tempo zu fahren, das anderswo bestenfalls für Autobahnen angemessen wäre. Aus diesen Gründen hat die Verkehrspolizei der VAE vor allem auf dieses Verkehrsverhalten ihren Fokus gelegt. Dabei sollen vor allem vermehrte Radarkontrollen, Verkehrskameras und ein Punktesystem helfen, Verkehrsteilnehmer zum Einhalten der Verkehrsregeln anzuhalten. Die Technologien hierzu werden vor allem aus Deutschland beschafft.

 

Strafen für Verkehrsvergehen

Die Strafen für den Verstoß von Verkehrsregeln kann Geldstrafen, das Konfiszieren von Fahrzeugen, schwarze Punkte und den Entzug des Führerscheins zur Folge haben. Doch die Wirkung von Radarkontrollen relativiert sich oft sehr schnell, wenn man bedenkt, dass erst bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 20km/h geblitzt wird und sich vor allem wohlhabende emiratische Autofahrer kaum von den Geldbußen beeindrucken lassen. Geschwindigkeitsüberschreitungen von mehr als 20km/h werden in den VAE derzeit mit zwischen AED 600 und 1000 (je nach Höhe der Überschreitung)- umgerechnet ca. 145 bis 240 Euro- geahndet. Dabei sei jedoch erwähnt, dass die Strafe bei rechtzeitiger Bezahlung mit einem Rabatt von 50% versehen wird, laut Informationen erfahrener, europäischer Autofahrer in den VAE. Schwarze Punkte erhält man ohnehin nur, wenn die Höchstgeschwindigkeit mit mehr als 50km/h überzogen wurde.

 

Künftige Pläne der Behörden

Die Verkehrsbehörden in den VAE haben sich mit dem Plan, die Zahl tödlicher Verkehrsunfälle bis 2020 jährlich auf Null je 100.000 Einwohner zu reduzieren, ein sportliches Ziel gesetzt. Um dieses Ziel zu verwirklichen wird derzeit Verkehrsüberwachung auf den Hauptstraßen und auf den Highways verstärkt; es sind weitere Aufklärungskampagnen geplant. Auch spezielle Trainings für ausländische Fahrer oder das Heraufsetzen des Alters für eine Fahrerlaubnis sind im Gespräch. Für die Aufklärungskampagnen werden vor allem Broschüren in mehreren Sprachen, wie zum Beispiel in Urdu, Arabisch und Englisch produziert und verteilt.

 

Ratschläge deutscher Autofahrer in den VAE

Die Empfehlungen deutscher Autofahrer in den VAE, basierend auf ihren eigenen Erfahrungen, beinhalten unter anderem:

  • Defensiv zu fahren
  • Vor allem bei der Ausfahrt aus einem Kreisverkehr besondere Vorsicht walten lassen
  • Auf den Autobahnen außerhalb von Dubai und Abu Dhabi besonders achtsam zu fahren, da sich hier oft Reifenteile auf den Fahrbahnen befinden
  • Bei Autobahnausfahrten mit vier bis sechs Spuren frühzeitig nach rechts einscheren
  • Nicht auf das eigene Vorfahrtsrecht bestehen, sondern falls notwendig andere Verkehrsteilnehmer den Vorrang lassen
  • Bei Unfällen immer die Polizei anzurufen, um einen Verkehrsunfallbericht zu erhalten, da ansonsten von Autowerkstätten größere Reparaturen verweigert werden können
  • Fahrsicherheitstrainings zu absolvieren; Audi Driving Experience in Dubai bietet solche speziellen Fahrsicherheitstrainings an, welche von vielen Autofahrern als sehr nützlich bewertet werden.

Die Behörden in den VAE empfehlen deshalb ausländischen Autofahrern vor allem, sich mit dem Verkehrsregeln und Gesetzen in den VAE vertraut zu machen, sowie das Autofahren zu den Hauptverkehrszeiten zu meiden und dafür lieber die sehr gut ausgebauten öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen.

 

nach oben