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Die DARPA Grand Challenge 2004 war ein Wettbewerb der DARPA für autonome Fahrzeuge. Er wurde am 13. März 2004 in der Mohavewüste durchgeführt. Als Preisgeld setzte DARPA eine Million Dollar für das erste Fahrzeug, das den 241 km-langen Kurs erfolgreich absolvieren kann, fest.
Dem Favorit „Sandstorm“, vom Red Team, der Eliteuniversität Carnegie Mellon in Pittsburgh, gelang es, 7,4 Meilen (rund 12 Kilometer) - etwa 5 % der Strecke - weit zu kommen. Das Fahrzeug kam allerdings von der Strecke ab, rammte ein Hindernis und fing Feuer. Somit gelang es keinem der 15 Teams, das Preisgeld in der Höhe von 1 Million Dollar zu gewinnen. (© Rupert Scamell/wikipedia)

Die Autonomen kommen

Von Prof. Dr. Michael Schreckenberg

Die meisten haben bestimmt schon mal darüber nachgedacht, wie wichtig das Auto für uns doch eigentlich ist, ja ohne Auto kann man letztendlich eigentlich gar nicht (mehr) existieren. Aber wer hat schon mal einen Gedanken daran verschwendet, ob das Auto uns eigentlich braucht? Viele sehen das Auto als treuen Diener, der mit hoher Zuverlässigkeit seine Arbeit verrichtet, nur einen eigenen Willen sollte es nicht haben. Obwohl dies so nicht ganz stimmt. Nicht nur in Tiere projizieren wir, meistens vollkommen überzogen, zutiefst menschliche Eigenschaften - auch in Autos vermuten wir in vielen Fällen eine Seele. Nicht umsonst wird in der Werbung für Autos die gesamte Gefühlswelt der Menschen bemüht, mehr als für jedes andere Produkt auf diesem Planeten.

 

Die Deutschen gehen da noch einen Schritt weiter. Vom „liebsten Kind des Deutschen“ ist da nicht umsonst die Rede. Doch gerade Kinder kommen irgendwann mal in die Pubertät und werden (hoffentlich!) später sogar richtig erwachsen, nabeln sich ab und werden flügge. Ich selbst habe drei Kinder und weiß, wie sich so etwas anfühlt. Nach mehr als 125 Jahren ist also auch das Auto auf dem Weg zur Selbstständigkeit. Wie die Kinder, für die die Eltern zuerst natürlich eine lebenswichtige Hilfe und Entlastung, dann später aber doch häufig eine Last sind, so möchte das Auto uns auch langsam aber sicher loswerden. Aber Autos werden im wahrsten Sinne des Wortes vielleicht mal flügge: allerorten wird am Konzept der „Flugautos“ gearbeitet, dazu später mehr.

So richtig lieb hat der Deutsche sein Auto auch eigentlich gar nicht mehr. Neueren Studien zufolge ist die Jugend mehr und vor allem lieber im Internet via Facebook Twitter oder Instagram unterwegs als auf der Straße am Lenker. Aber auch bei der älteren Generation zeigen sich Verschleißerscheinungen. In dem vor einiger Zeit erschienenen lesenswerten Buch „Deutschland schafft das Auto ab“ von Wolf Wegener wird in eindrucksvoller Weise ein Plädoyer für die fahrbaren Untersätze gehalten. Allerdings stellte sich bisher keine vergleichbare Sprengkraft ein wie bei der Veröffentlichung ähnlichen Titels von Thilo Sarrazin, wo es um noch viel mehr als nur das Auto geht.

Vielleicht sollte man bei der Diskussion mal einen kleinen Blick in die Historie der Mobilität wagen. Als Basis der individuellen Beweglichkeit gilt ganz klar das Fahrrad. Man sollte seine Bedeutung in der Geschichte nicht unterschätzen. Deutlich vor dem Auto ermöglichte es den Menschen, ihre persönliche Reichweite markant zu erhöhen und auf dem Landweg sogar den Nachbarort zu erreichen. Das Ergebnis war in der Tat die räumliche Verbreitung menschlicher Gene und Familiennamen.

Heute erleben wir eine Renaissance des Zweirades. Über zehn Prozent der Radler aber tun dies nur aus fiskalischen Gründen, Autofahren wird eigentlich immer teurer, nur momentan merkt das keiner aufgrund Heute erleben wir eine Renaissance des Fahrrades.der niedrigen Spritpreise, die aber irgendwann wieder steigen werden. Und am Horizont erkennt man schon die Umrisse der Pkw-Maut.

Allerdings hat der Fahrradboom auch seine negativen Begleiterscheinungen, trotz (oder wegen!) seiner immer wieder gelobten Umweltverträglichkeit. Die daraus abgeleiteten Sonderrechte führen nicht selten zu erheblichen Konflikten sowohl nach oben (Auto) wie nach unten (Fußgänger). DER SPIEGEL (37/2011) spricht auf seinem Titel sogar von „Straßenkampf“, Ex-Verkehrsminister Peter Ramsauer beklagte sich sogar über „Kampf-Radler“.

Eigentlich ist dies verständlich, wenn man sich vor Augen hält, dass jeder vierte Fahrradunfall alkoholbedingt daherkommt. Fürs Fahrradfahren gelten allerdings die gleichen Bedingungen wie für den Lenker auf vier Peter RamsauerRädern, z. B. kein Handy, auf Grün warten und auch auf Fußgänger achten. Nur beim Alkohol ist die Grenze zur Radl-Untüchtigkeit noch bei spätestens 1,6 Promille erreicht.

Das Auto hat unseren Radius schließlich um ein Vielfaches erweitert und das war und ist sein Erfolgsrezept. Immense Distanzen können, allerdings auch mit erheblichem Zeitaufwand, überbrückt werden. Wie sehr wir uns das Auto dabei als Partner wünschen, kann man am Erfolg der Fernsehserie „Knight Rider“ („fahrender Ritter“) in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts ablesen. Dort unterstützte den unvergleichlichen Hauptdarsteller David Hasselhoff alias Michael Knight in seinem Kampf gegen das Böse ein intelligentes und sprachbegabtes Fahrzeug namens K.I.T.T. (Knight Industries Two Thousand).

Die Liste der Fähigkeiten dieses Fahrzeugs ist beliebig lang: vom unsichtbaren Sicherheitsgurt über die Manipulation anderer Fahrzeuge (sogar Helikopter!) bis hin zum eingebauten Geldautomaten war alles vorhanden. Besonders interessant ist auch, dass K.I.T.T. nahezu unzerstörbar war (einmal hat es ihn dann allerdings doch erwischt), mit jedwedem flüssigen Brennstoff fahren und dabei kurzfristig mit dem Turbo Boost abheben konnte, um über Hindernisse zu springen. Man konnte ihn auch einfach über die Armbanduhr rufen, und er kam selbstständig vorbei. Bei soviel geballter technischer Intelligenz fragte man sich schon, wozu David Hasselhoff eigentlich benötigt wurde …

David Hasselhoff startet eine Rallye.Von alledem sind wir heute zwar noch weit entfernt, doch mit ultragenauen Sensoren und hyperintelligenter Software bahnt sich das Auto auch jetzt schon seinen eigenen Weg. Der Mensch übernimmt dabei nur noch die Rolle des aufmerksamen Beifahrers oder auch des Fahrlehrers. Automatisches Einparken ist ja mittlerweile ein alter Hut. Immer mehr Funktionen werden an das Fahrzeug abgegeben, der Fahrer wird zunehmend zum Copiloten und nur noch in Notfällen und Ausnahmesituationen gebraucht.

Die Entwicklung in diese Richtung ist ganz wesentlich vom amerikanischen Verteidigungsministerium vorangetrieben worden. Zuständig für innovative Forschungsentwicklungen ist die DARPA: Defense Advanced Research Projects Agency. Im Jahre 2004 fand zum ersten Mal ein großer Wettbewerb („Grand Challenge“) für autonome Fahrzeuge statt. Aus Sicherheitsgründen fand das Ganze in der (Mojave-) Wüste statt. Gewinner von einer Million Dollar sollte derjenige sein, der am schnellsten ohne menschliche Hilfe rund 241 km unfallfrei absolvieren konnte. Von anfänglich 100 Teams durften nach einer Qualifikation schließlich 15 an den Start. Das beste Fahrzeug schaffte immerhin knapp 12 km (!), kam dann von der Fahrbahn ab, kollidierte mit einem Hindernis und brannte am Ende ab.

Das ließ den Veranstaltern keine Ruhe. Anderthalb Jahre später wurde der Wettbewerb wiederholt (auf einer etwas kürzeren Route und mit verdoppeltem Preisgeld). Diesmal schafften es immerhin fünf Teams, Dieser Touareg hört auf den Namen Stanley.innerhalb der vorgegebenen Zeit von zehn Stunden ins Ziel zu kommen. Sieger war übrigens ein modifizierter VW Touareg, der auf den Namen „Stanley“ hörte. Die vorerst letzte Herausforderung fand 2007 in einer stillgelegten Kaserne statt, wo gegenüber der ebenen Wüste nun auf einmal Häuser im Wege standen („Urban Challenge“). Zwei deutsche Teams der Universitäten in Karlsruhe („AnnieWay“) und Braunschweig („CarOLO“) kamen leider nicht ins Ziel. Weitere Wettbewerbe dieser Art wurden wohl nicht durchgeführt.

In Braunschweig wurde mit „Stadtpilot“ im Jahre 2010 zum ersten Mal deutschlandweit eine Tour in richtigem Stadtverkehr durchgeführt. Das Fahrzeug namens „Leonie“ konnte allerdings noch keine Ampeln erkennen, die Farben mussten manuell eigegeben werden. Im August 2011 hat BMW in einem Projekt mit dem nahe liegenden Titel „Autopilot“ einen 5er selbstbestimmt über die Autobahn geschickt.

Trendsetter auf dem Gebiet des autonomen Fahrens war aber ein anderes Unternehmen. Denn vor nicht allzu langer Zeit kam heraus, dass Google nicht nur mit seltsam anmutenden Fahrzeugen mit Kameras auf dem Dach die Straßen abfotografiert („Street View“), sondern im stillen Kämmerlein („Labor X“) in Kalifornien auch an der Entwicklung von autonomen Fahrzeugen arbeitet. In dem „Selfdriving-Car-Project“ kam dann eine rollende Halbkugel heraus, ohne Pedale und Lenkrad. Das war den Behörden selbst in den USA zu viel (oder besser: zu wenig). In Mountain View in Kalifornien werden daher im Test die nicht schneller als 40 km/h fahrenden Knubbel Pedale und Lenker haben. Google beteuert aber immer, keine Konkurrenz zu den klassischen Autobauern aufbauen zu wollen, man möchte sie nur unterstützen. Man wird sehen …

Michael Knight würde glatt neidisch werden, wenn er sehen könnte, was heute so alles an Flugautos (oder Autoflugzeugen?) entwickelt wird. Allerdings hapern die Projekte praktisch alle noch an der finalen Verschmelzung von Fahren und Fliegen: entweder handelt es sich um Flugzeuge, die auch fahren oder Autos, die auch ein wenig fliegen können. In dem für die Zukunft erhofften Markt tummeln sich eine ganze Reihe mehr oder weniger ausgereifter Vorhaben.

Der amerikanische Entwickler Paul Moller arbeitet seit über 50 Jahren an dem „“??, das schließlich bis 2017 Moller_Skycar_M400 die Lizenz zum Abheben bekommen soll, so jedenfalls die Hoffnung. Das „AeroMobil 3.0“ war da schon weiter, stürzte aber im Mai dieses Jahres bei einem Testflug ab (Start ebenfalls 2017). Mehr Helikopter als Auto ist das PAL-V mit drei Rädern. „The Transition“ von Terrafugia, einer Ausgründung der Massachusetts Institute of Technology (MIT), ist dagegen mehr Flugzeug als Auto, irgendwie muss doch immer ein Schwerpunkt gesetzt werden. Allerdings will man 2022 mit dem TF-X ernsthaft mit modernstem Design abheben. Am weitesten scheint tatsächlich „Carplane“, wiederum aus Braunschweig, gediehen zu sein, insbesondere auch, was die Zulassungsverfahren für Straße und Luft angeht.

Eine besondere Herausforderung bei den Entwicklungen stellen die unterschiedlichen Anforderungen dar: beim Straßenbetrieb soll das Gefährt nicht abheben (Problem bei der Formel 1), andererseits in der Luft aber Auftrieb bekommen. Auch ist zuentscheiden, ob ein Start wie beim Hubschrauber auf der Stelle erfolgen können soll (beispielsweise am Stauende) oder eine „Startstrecke“ benötigt wird. Bei Golem.de kann man sich über die jüngsten Entwicklungen informieren. Fliegende Autos haben die Phantasie der Menschen übrigens schon vor über hundert Jahren beflügelt.

Ein nicht zu unterschätzendes Problem ist die Bedienbarkeit des fliegenden Gefährts, auch für Otto Normalverbraucher. Vor allem aber ist auch die Frage der Führer-/Flugscheine zu klären. Da wäre es doch ganz schön, wenn vieles einfach automatisiert ablaufen würde. Hier ist aber eben noch einiges zu tun.

Eine Art Zwischenlösung wurde im Projekt AutoNOMOS (autonomos-labs.de) an der FU Berlin entwickelt: nach Steuerung über iPod, iPad und Augenbewegungen funktioniert das auch rein über Gedanken: Lenken durch Denken („Brain Driver“). Als MadeInGermany fuhr dann tatsächlich 2011 auch schon ein Fahrzeug, allerdings auf abgesperrtem Terrain. Wenn der Fahrer da mal nicht die Gedanken abschweifen lässt beim Anblick von was auch immer …

Vor einigen Jahren hat Alan Weisman ein Buch mit dem deutschen Titel „Die Welt ohne uns“ veröffentlicht. In der interessanten Abhandlung beschäftigt er sich mit der Frage was wäre, wenn von heute auf morgen plötzlich alle Menschen von der Erde verschwunden wären, also nicht tot, sondern nur weg. Das Hauptaugenmerk richtet er auf die Natur, insbesondere die Tiere. Aber wie würden sich die (autonomen) Autos verhalten? Darüber hat er aber leider nicht weiter nachgedacht.

Abwegig ist die Frage keineswegs. Mittlerweile versucht man ja, die Fahrzeuge synchron wie Tierschwärme über Funk zusammenzuschalten, um den Verkehrsfluss zu verbessern. Hinter einem „Leitfahrzeug“ schwärmt dann ein Pulk Autonomer. „Stau“ wäre dann mehr oder weniger ein Fremdwort. Das einzige, was dann noch stören würde, ist der Mensch.

(© Alle Fotos: Wikipedia)

 

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