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Vom „Bundesgrenzschutzverband“ zur „Deutschen Polizeigewerkschaft - Bundespolizeigewerkschaft“

Von Dr. Manfred Reuter

Wenn sich in den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren auch die sozialwissenschaftliche Forschung über die Polizei positiv entwickelt hat, so gilt dies im Bezug auf die deutschen Polizeigewerkschaften in keiner Weise. Über sie findet man nur ganz wenige wissenschaftliche Arbeiten. Universitäten, mit einen entsprechenden Lehrstuhl, oder Forschungseinrichtungen sind, im Gegensatz zu den allgemeinen Gewerkschaften, erst recht nicht existent. Es gibt meines Wissens in Deutschland auch keinen anderen sozialwissenschaftliche Forscher, der hier einen persönlichen Forschungsschwerpunkt setzt.[1]

 

 

1 Einleitung

Das Wenige an sozialwissenschaftlicher Literatur befasst sich zumeist mit der größten bundesdeutschen Polizeigewerkschaft, der Gewerkschaft der Polizei (GdP). In diesem Aufsatz möchte ich mich daher einer deutschen Polizeigewerkschaft widmen, die bislang in der sozialwissenschaftlichen Literatur keine Beachtung gefunden hat, die „DPolG Bundespolizeigewerkschaft“.

Sie wird mit ihren Vorläuferorganisationen nur in wenigen Monographien und Aufsätzen am Rande erwähnt (vgl. als Beispiel CILIP 1981 und Reuter 2011b). Daneben gibt es eine Festschrift anl. des 50 jährigen Bestehens (bgv 2001a) des Verbandes, die ich für diesen Aufsatz herangezogen habe.[2]

Dabei soll der Verband aus einer politikwissenschaftlichen Perspektive in den Blick genommen und mittels politologisch relevanter Kategorien analysiert werden. Eine solche Analyse bedingt als Grundlage eine politikwissenschaftliche Definition der Polizeigewerkschaft im Allgemeinen. Nach meinem Verständnis sind Polizeigewerkschaften „(…) auf freiwilligen Zusammenschlüssen basierende soziale Einheiten. Sie verfolgen als Ziel die Befriedigung von individuellen, materiellen oder immateriellen Bedürfnissen ihrer Mitglieder. Sie sind arbeitsteilig strukturierte und mit festen Führungsstrukturen ausgestattete Arbeitnehmer-/Berufsverbände im Handlungssektor Wirtschaft und Arbeit (Ökonomie). Sie agieren als soziale und wirtschaftliche Interessenvertreter der abhängigen Polizeibeschäftigten (Arbeiter, Angestellte, Beamte) gegenüber dem Bund, dem Land oder den Kommunen als Arbeitgeber und gegenüber der Politik und der Gesellschaft. Sie versuchen dabei aus dem korrespondierenden Umfeld im Akteursnetzwerk des Politikfeldes der Polizei heraus, mittels überwiegend nicht-normierten Interaktionsbeziehungen und über bestimmte Durchsetzungsstrategien insbesondere Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen.“ (Reuter 2013: 3). Polizeigewerkschaften unterscheiden sich von Polizeiverbänden dadurch, dass erstere im o.a. Handlungssektor Ökonomie aktiv sind, während die Verbände reine soziale oder kulturelle Aktivitäten wahrnehmen. Als Beispiel für eine Polizeigewerkschaft kann die DPolG Bundespolizeigewerkschaft dienen, während z.B. die International Police Association (IPA) (näheres unter http://www.ipa-deutschland.de) ein typischer Polizeiverband ist.

In diesem Aufsatz werde ich nicht näher auf die verfassungs- und gesetzesrechtlichen Grundlagen von sowie die Rechtsprechung über Polizeigewerkschaften eingehen, die den politischen Rahmen für das Handeln der Polizeigewerkschaften im Allgemeinen und der DPolG Bundespolizeigewerkschaft im Besonderen schaffen. Dies habe ich an anderer Stelle (vgl. Reuter 2009: 25-35, Kapitel 2.3) bereits ausführlich geleistet. Ich möchte mich in diesem Aufsatz vielmehr auf die politikwissenschaftlich relevanten Elemente (vgl. dazu a.a.O.: 19-35, Kap. 2), nämlich die Genese der Gewerkschaft mit ihren Vorläuferorganisationen, sowie die heutigen Strukturen, Funktionen, Strategien, die aktuelle Gewerkschaftsmacht und die bestehenden Konfliktlinien der DPolG Bundespolizeigewerkschaft konzentrieren, und die Ergebnisse zusammenfassen. Im Rahmen eines solchen Aufsatzes kann naturgemäß auch nicht mehr als ein erster grober Aufriss geleistet werden.

 

2 Genese

Auch eine Polizeigewerkschaft ist, wie jede andere Organisation, ohne einen Blick auf ihre Historie nicht oder nur bedingt zu verstehen (vgl. dazu Reuter 2009: 37 f.). Hinzu kommt, dass die Geschichte des bgv eng mit derjenigen des Bundesgrenzschutzes (BGS) bzw. der Bundespolizei (BuPol) verknüpft ist. Daher habe ich hier auch einige wesentliche Etappen in der Entwicklung des BGS bzw. der BuPol in die Analyse mit aufgenommen. Die Beschreibung der Genese basiert im Wesentlichen auf der eingangs bereits erwähnten Festschrift und den darin enthaltenen Aufsätzen anlässlich des fünfzigjährigen Bestehens des bgv (vgl. 2001a) sowie einigen anderen im Weiteren zitierten Arbeiten.

Mit Schreiben vom 14.04.1949 an den Parlamentarischen Rat (sog. Polizeibrief) erlauben die westlichen Militärgouverneure als Antwort auf die aufgestellten kasernierten Polizeitruppen in der DDR, eine Bundespolizeibehörde zum Schutz der Grenzen aufzustellen (vgl. zum Nachfolgenden Reuter 2008: 224-226, 4. Exkurs über BGS). Daraufhin wird in Art. 87 I des Grundgesetzes die Möglichkeit zur Errichtung von Bundesgrenzschutzbehörden als bundeseigene Verwaltung geschaffen. In ihrem Genehmigungsschreiben vom 12.05.1949 erheben die Militärgouverneure jedoch Vorbehalte, insbesondere gegen die Möglichkeit des Bundes aus Art. 91 II GG, sich Polizeikräfte eines Landes unter bestimmten Umständen zu unterstellen bzw. den BGS dort einzusetzen. Diese Art der Polizeihilfe soll unter alliiertem Vorbehalt bleiben, da der BGS gem. o.a. Schreiben grundsätzlich nur für den Grenzschutz gedacht ist. In der Folgezeit kommt es zum diesbezüglichen Austausch zahlreicher Schreiben zwischen der Bundesregierung und den Alliierten. Mit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes am 23.05.49 GG besteht jedenfalls die rechtliche Möglichkeit, einen Grenzschutz zu bilden (bgv 2001c). Am 23.09.1950 erteilt die Alliierte Hohe Kommission der Bundesregierung dann die faktische Erlaubnis, 30.000 Mann kasernierter Polizei aufzustellen (Walter 2011: 31 f.).

Am 16.03.1951 wird mit dem in Kraft treten des 1. BGS-Gesetzes der Bundesgrenzschutz in einer Stärke von 1.800 Mann Rahmenpersonal gegründet. Die endgültige Stärke soll 10.000 Mann betragen. Der Personalstamm besteht überwiegend aus erfahrenen Männern, ehemaligen Offizieren und Unteroffizieren der Wehrmacht sowie Polizeiangehörigen. Sie erhalten ab dem 28.05.1951 ihre Aufgabeneinweisung an der Grenzschutz-Schule in Lübeck. Anfang Juli wird der Dienstbetrieb in ausgewählten Standorten aufgenommen. Die fast ausschließliche Aufgabe dieser Sonderpolizei des Bundes besteht in der Sicherung und dem Schutz der innerdeutschen Grenze (bgv 2001b: 63; Thieser 2001).

Nach ersten Treffen mit Vorbesprechungen in Hannover gelingt bereits kurze Zeit später, mit Unterstützung des Bundesinnenministers, nämlich am 05./06.10.1951 in Goslar, Hotel Achtermann, die Gründung des  „Bundesgrenzschutz-Verbandes e.V.“ als Interessenvertretung für die Bundespolizisten. Zu diesem Zeitpunkt ist der BGS noch eine von Befehl, Gehorsam und Kameradschaft geprägte Truppenpolizei. Entsprechend zielt sein Verband auf die Förderung der Kameradschaft unter den Grenzschützern, die Stärkung ihres Zusammengehörigkeitsgefühls und auf Aktivitäten im sozialen und auch gewerkschaftlichen Bereich. Er fordert für den Grenzschutz u.a. grundlegende rechtliche Rahmenbedingungen, z. B. beim Urlaub oder den Laufbahnrichtlinien. (bgv 2001b: 63; Knut 2001). Andere sehen den Verband sehr kritisch: So verfolgt er nach Auffassung des Instituts für Bürgerrechte & öffentliche Sicherheit e.V. als wesentlichstes Ziel die besondere Pflege des Gedankens einer Polizei-Truppe. Dies würde u.a. an der Person seines ersten Geschäftsführers, Paul Riege, einem ehemaligen General der NS-Ordnungspolizei (Orpo), deutlich (CILIP 1981).[3] Mit der Wandlung des BGS soll sich im Laufe der Jahre aber auch sein Verband ändern.

Am 27.10.1951 wird die erste Geschäftsstelle für kurze Zeit in Lübeck eingerichtet, wechselt am 01.12.1951 nach Bonn und 2006 mit der Verlegung des BMI von Bonn nach Berlin schließlich auch nach Berlin. Nach der Fusion mit der DPolG bleibt die gemeinsame Bundesgeschäftsstelle für die gewerkschaftspolitische Arbeit in Berlin. Die ehemalige Geschäftsstelle der DPolG in Lübeck bleibt für die Mitgliederverwaltung und -betreuung sowie für den DPolG Markt verantwortlich (bgv 2001d).

In den Anfangsjahren ist der bgv als gewerkschaftliche Vertretung für den BGS weitest gehend konkurrenzlos. Bereits seit 1945 lassen die Amerikaner polizeiliche Organisationen unter dem Dach der ÖTV zwar wieder zu. Und ab 1950 sind auch in der englischen Zone Gewerkschaftsgründungen wieder möglich, hier besonders durch die GdP. Beide Gewerkschaften zeigen jedoch keine Anstalten, Bundesgrenzschützer zu organisieren. Weiterhin besteht ein Bund der Polizeibeamten (BDP) im Deutschen Beamtenbund, dem der Landesverband Berlin, drei bayerische Verbände, die Polizeigewerkschaft im DBB (PDB), ein Vorläufer der heutigen DPolG, sowie der Bundesgrenzschutzverband angeschlossen sind. Hier konkurriert man unter dem gemeinsamen Dach des DBB kaum miteinander. Daneben organisieren sich die ehemaligen Polizisten, die nicht wieder eingestellt wurden, im „Allgemeinen Beamtenschutzbund“ und dessen Fachvertretung, den „131er Polizeiberufsbeamten“. Deren Mitglieder wechseln 1957 großteils in den BDP (Riege 1966: 206-208). Dadurch hat der bgv eine faktische Vormachtstellung innerhalb der Organisation von Grenzschützern.

Dem im Aufbau befindliche BGS wird am 19.09.1952 der Bundespasskontrolldienst angegliedert. Der bgv erlässt in diesem Jahr eine erste Rechtsschutzordnung und ermöglicht eine Krankenzusatz-Versicherung für seine Mitglieder (bgv 2001b: 64; bgv 2001e).

Am 19.06.1953 beschließt der Bundestag, die zukünftige Stärke des BGS auf 20.000 Mann, überwiegend als Bundes(truppen-)polizei, zu erhöhen und eine eigenständige BGS-Verwaltung einzurichten. Die Stärke der Länder-Bereitschaftspolizeien wird auf 10.000 Mann begrenzt. Der BGS wird am Bürgerkriegsszenario und dem inneren Staatsnotstand ausgerichtet. Erst ab Mitte der Sechzigerjahre erfolgt ein erster Trend zu „polizeilichen Einzeldienstlagen“. Im August 1953 werden die 390 Beamten des Deutschen Passkontrolldienstes personell eingegliedert und Ende 1953 erstmals BGS-Beamte als HOD (Hausordnungsdienst) in der Moskauer Botschaft eingesetzt (bgv 2001b: 64; bgv 2001e; Grützner 2001; Reuter 2008: 224).

Der bgv bekräftigt als Ziel, das Berufsbeamtentum für alle Polizisten im BGS zu erreichen. Er steht in den Folgejahren insbesondere im Konflikt mit der GdP, für die Grenzschützer keine Polizeibeamten sind und von dieser daher nicht aufgenommen werden (bgv 2001b: 64 f.).

1955 lobt Bundesinnenminister Schröder ausdrücklich die konstruktive Arbeit des Verbandes. Dieser fordert seinerseits eine Klarstellung der Rechtsstellung für die Verwaltungsbeamten im BGS und eine frühere Altersgrenze für die Polizisten. Im gleichen Jahr findet der bgv seinen korporativen Anschluss an den Deutschen Beamtenbund (DBB). Nunmehr erwächst ihm aber auch ein erster wirklicher Konkurrenzverband, da die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), die dem DGB angeschlossen ist, mit der Organisation von BGS-Beamten beginnt (bgv 2001b: 65; CILIP 1981).

1956 leisten Bundesgrenzschützer erstmals humanitäre Hilfe für das Rote Kreuz in Ungarn. Im gleichen Jahr endet jedoch auch abrupt der Aufbau des Grenzschutzes durch die am 30.06.1956 erfolgte personelle Aufstockung der neu gegründeten Bundeswehr durch BGS-Bedienstete. Ca. 60 % Freiwillige werden in die Bundeswehr überführt und 7.042 Mann verbleiben im BGS. Der BGS erhält dafür durch Gesetzesänderung den „Kombattantenstatus“ im Verteidigungsfall zugesprochen. Für die zur Bundeswehr Gewechselten eröffnen sich dadurch verbesserte Karrierebedingungen. Es spricht aber auch einiges dafür, dass die „handwerklichen“ Unterschiede zwischen BGS-Polizisten und Bundeswehr-Soldaten zu dieser Zeit nicht sonderlich groß gewesen sein können. Jedenfalls ist der dadurch notwendig gewordene Wiederaufbau des BGS, der im Herbst des Jahres beginnt, erst 1964 abgeschlossen.

Der bgv reagiert auf diese Ausnahmesituation, indem er vorübergehend eine gemeinsame Organisation mit dem Bundeswehr-Verband eingeht und von Juni bis August gemeinsam die Zeitschrift „Kameraden“ publiziert. Am 1. September erfolgt dann bereits wieder die Trennung vom Deutschen Bundeswehrverband. Arbeitsschwerpunkte sind bis Ende der 50er Jahre der organisatorische und personelle Wiederaufbau des BGS und Verbesserungen beim Besoldungs-, Laufbahn- und Personalvertretungsrecht (bgv 2001b: 65 f.; bgv 2001e; Grützner 2001; Walter 2011: 33; Reuter 2008: 224-226).

Am 01.09.1960 tritt das erste Bundespolizeibeamtengesetz in Kraft und am 01.04.1961 wird der Bundespasskontrolldienst in den Grenzschutzeinzeldienst umorganisiert. Mit dem 2. Gesetz zur Wehrpflicht vom 28.03.1962 können Wehrpflichtige ihren Dienst nunmehr auch im BGS ableisten. 1964 erfolgt die Aufstellung des BGS-See und einer Grenzschutz-Fliegergruppe mit heute fünf Staffeln und am 12.07.1965 erhalten die BGS-Verbände für den bewaffneten Konfliktfall den Kombattantenstatus.

Der bgv setzt sich in dieser Zeit für die Personalentwicklung, ein Personalvertretungsgesetz sowie Verbesserungen im Bundespolizeibeamtengesetz ein. Er erreicht Anfang der sechziger Jahre seinen vorläufigen organisatorischen Höhepunkt, da es ihm gelingt, mehr als 90% aller BGS-Beamten zu organisieren. Die ÖTV hat sich bislang nicht als wirklicher Konkurrent gezeigt. Dieser wirkliche Konkurrent, den die GdP stellen könnte, weigert sich weiterhin beharrlich, Grenzschützer zu organisieren, da der BGS für sie keine Polizei, sondern eine paramilitärische Truppe ist. 1967 wird das Bundespolizeibeamtengesetz neu gefasst (bgv 2001b: 66 f.; CILIP 1981; Reuter 2008: 224).

Ende der sechziger Jahre kämpft der bgv für eine Personalverstärkung des BGS, den Wegfall des einfachen Dienstes und die Umbenennung des BGS in Bundespolizei. 1968 gibt es im Verband erste Überlegungen, eine Jugendvertretung zu etablieren. 1971 wird ein Jugendleiter eingeführt, und in den Achtzigern verstärken sich die Bestrebungen für eine solche Jugendorganisation, die schließlich 1991 mit der Bgv-Jugend Realität wird (bgv 2001b: 68 f.; Dorais 2001).

In den siebziger Jahren folgt für den BGS eine sukzessive Aufgabenerweiterung nebst organisatorischen Änderungen: Februar 1970 Einsatz im Rahmen der Hochwasserkatastrophe; 24.02.1970 Schutz internationaler Flughäfen im Inland; 02.05.1970 Grenzschutzeinzeldienst wechselt von grauer auf grau-grüne Uniform; 28.08.1970 erste Flottille des BGS See.

Der bgv setzt sich 1971 für die Vereinheitlichung des Polizeirechts von Bund und Ländern, eine funktionsgerechte Besoldung und das Lebenszeitprinzip beim BGS ein. Im gleichen Jahr wendet sich der Vorsitzende der GdP, Werner Kuhlmann, vor der Presse gegen den Bundesgrenzschutz. Die GdP hält an ihrer Einschätzung des BGS fest. Sie fordert dessen Auflösung als paramilitärische Truppe und steht daher in hartem Widerstreit zum bgv (bgv 2001b: 69-71; Reuter 2008: 224).

Seit dem 28.07.1972 ist mit der Änderung des Art. 35 GG der Einsatz des BGS außerhalb des inneren Notstandes möglich, und das novellierte BGS-Gesetz vom 18.08.1972 gibt dem BGS endgültig ein Polizeigesicht. Hier wird der BGS erstmals als Polizei des Bundes und nicht mehr als Sonderpolizeibehörde des Bundes bezeichnet. Das Gesetz ist am Musterentwurf der Innenministerkonferenz orientiert und benennt jetzt auch die tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben (Bsp.: Unterstützung der Länderpolizei) als ‚Polizei des Bundes‘, die ursprünglich keine Aufgabe des BGS waren. Ausrüstung und Bewaffnung des BGS werden entsprechend auf polizeiliche Belange umgestellt. Der Grenzschutz wird im Sommer mit den Länderpolizeien im Rahmen der Olympischen Spiele in München eingesetzt. Infolge des Münchener Olympia-Attentates wird am 26.09.1972 der Aufbau einer Spezialeinheit des Bundes beschlossen, die ab April 1973 unter dem Kürzel „GSG 9" mit zuerst zwei Einsatzeinheiten einsatzbereit ist. Seit dem 01.10.1972 erfolgt keine Einberufung mehr von Dienstpflichtigen und seit 1972 werden BGS-Beamte auf ausländischen Flughäfen als Sicherheitskräfte eingesetzt.

Die GdP hält das neue BGS-Gesetz für verfassungswidrig. Im Gegensatz zum bgv ist sie gegen eine Umwandlung des BGS in eine Bundespolizei. Sie sieht hierfür die Länderpolizeien in der Pflicht (bgv 2001b: 70 f.; bgv 2001c; bgv 2001e; Grützner 2001; Reuter 2008: 224-226; Walter 2011: 34).

Am 01.04.1973 tritt das neue BGS-Gesetz in Kraft und bereits am 06.04.1973 erfolgt erstmalig die Anforderung des BGS durch ein Bundesland (Rheinland-Pfalz) im Wege der Organleihe.

Der bgv kämpft weiter für den Ausbau des BGS zu einer modernen Bundespolizei (bgv 2001e; Reuter 2008: 224).

1974 wird der BGS bei der Fußball-WM und dem schweren Elbehochwasser eingesetzt. Mit dem aktualisierten Programm Innere Sicherheit wird er als Polizeireserve für die Bundesländer anerkannt. Am 01.04.1974 tritt das neue Bundespersonalvertretungsgesetz, das jetzt auch den BGS einschließt, in Kraft und am 24.04.1974 erfolgt die Angleichung seiner Personalstruktur an diejenige der Länderpolizeien.

Das neue Personalvertretungsgesetz erweitert für den bgv die Mitbestimmungsmöglichkeiten ganz erheblich. Der Verband macht sich 1975 für eine moderne Organisationsstruktur des BGS stark und kämpft für soziale Aspekte und die Mitbestimmung (bgv 2001b: 72 f.; Reuter 2008: 224-226; Walter 20011: 35).

Am 01.07.1976 tritt das neue Gesetz über die Personalstruktur des BGS in Kraft. Es enthält wegweisende Neuerungen: Polizeivollzugsbeamter als Lebensberuf, Abschaffung des einfachen Dienstes, prüfungsfreie Übernahme in die Länderpolizeien, polizeiliche statt militärischer Dienstgrade sowie Angleichung Ämter, Besoldung, Ausbildungs-/Laufbahnstruktur an die Länderpolizeien. In der Folge kommt es vermehrt zum Einsatz von BGS-Kräften in den Ländern. Art. 12 a I GG enthält zwar immer noch die Möglichkeit zur Dienstverpflichtung im BGS, die jedoch durch das Bundesministerium des Innern (BMI) suspendiert wird. Beim BMI wird zudem ein Führungs- und Lagezentrum zum schnellen Aufbau in Krisenlagen eingerichtet.

Seit 1976 nimmt der bgv neben den Beamten auch Arbeiter und Angestellte auf und tritt jetzt verstärkt in Konkurrenz zur ÖTV. Der Verband fordert eine Zulage für den Dienst in der GSG 9 und eine gesetzliche Unfallversorgung. Von 1976 bis 1994 arbeitet er in einer Tarifgemeinschaft mit der Deutschen Angestellten Gewerkschaft (DAG) und dem Marburger Bund zusammen. Seit dem 08.12.1969 ist er bereits der „Gemeinschaft von Gewerkschaften und Verbänden des öffentlichen Dienstes“ (GGVöD) angeschlossen. Am 08.11.1999 wird die GGVöD in dbb Tarifunion umbenannt (bgv 2001b: 73-77; bgv 2001c; bgv 2001e; bgv 2001f; Reuter 2008: 224).

Das Jahr 1977 ist durch eine Vielzahl an Demonstrationseinsätzen für den BGS und die Geiselbefreiung durch die GSG 9 in Mogadischu geprägt.

Die GdP gibt im gleichen Jahr ihre Verweigerungshaltung gegenüber der Organisation von BGS-Beamten auf und gründet erste Kreisgruppen im BGS. 1978 tritt dann der BGS-Hauptpersonalrat aus Protest gegen die Übertritte der ÖTV-Mitglieder in die GdP zurück. Er sieht darin die Verfälschung des Wählerwillens. Die Aufgabe der Verweigerungshaltung durch die GdP hängt einerseits damit zusammen, dass der BGS sich durch die zahlreichen Modernisierungen von einer paramilitärischen Grenztruppe zu einer Polizei des Bundes entwickelt hat. Es hat aber auch damit zu tun, dass die ÖTV die Organisation von Polizeibeamten, ohne ihre Mitglieder zu befragen, aufgibt und ihre Mitglieder zum Übertritt in die GdP auffordert. Zudem blockiert die ÖTV nicht mehr die Aufnahme der GdP in den Deutschen Gewerkschaftsbund. Mit der Einigung zwischen ÖTV und GdP unter dem Dach des DGB sowie der Öffnung der GdP durch Gründung einer Bezirksgruppe für den BGS entsteht für den bgv erstmalig ein ernst zu nehmender Konkurrent, der dessen bisheriges Vertretungsmonopol schon in kurzer Zeit brechen kann.

Seit dem 31.08.1979 erfolgt die Ausbildung des gehobenen Dienstes für den BGS an der Fachhochschule des Bundes.

Der bgv macht sich für Arbeitszeitregelungen und Dienstausgleich im Grenzschutzeinzeldienst stark (bgv 2001b: 78; bgv 2001e; CILIP 1981; Reuter 2008: 85).

1982 wird das Aufgabenspektrum des BGS erneut erweitert, indem es zum ersten Einsatz in der Nordsee kommt.

Der bgv startet 1983 sein Initiativprogramm zur Gestaltung der Bundespolizei (bgv 2001b: 80).

1987 fordert der Verband den Aufbau einer Flughafenpolizei durch den BGS, erhält aber nur die Aufgaben der Grenzkontrollen und der Luftsicherheit. Im gleichen Jahr werden Besoldungsangleichungen an die Länderpolizeien vorgenommen. Am 01.10.1987 werden erstmalig Frauen für den mittleren Dienst eingestellt, die am 31.03.1990 ihre Ausbildung beenden. Drei davon, die Abiturientinnen sind, erstreiten später mit Rechtsschutz des BGV den Aufstieg in den gehobenen Dienst. 1989 erfolgt der erste Auslandseinsatz im Rahmen der UNO in Namibia. (bgv 2001b: 84; bgv 2001e; bgv 2001g, Reuter 2008: 224-226).

Seit dem 01.07.1990 ist der Direkteinstieg für Frauen in den gehobenen Dienst des Grenzschutzes möglich. Die ersten Absolventen beenden 1993 ihre Ausbildung. Am 01.07.1990 werden die Personenkontrollen an der innerdeutschen Grenze eingestellt. Mit der Wiedervereinigung am 03.10.1990 übernimmt der BGS die Zuständigkeit für die Bahnpolizei und Luftsicherheit in den Neuen Bundesländern und Berlin. Es werden ca. 7.000 Mann der DDR-Grenztruppen übernommen (bgv 2001b: 84-99; bgv 2001g; bgv 2001e; Reuter 2008: 224-226; Walter 2011: 38).

Auf gewerkschaftlicher Ebene wächst mit der Gründung des Fachverbandes Bundespolizei innerhalb der DPolG ein weiterer Konkurrenzverband für den bgv heran. Zwischen Dezember 1989 und Januar 1990 kommt es zu Wahlen von Vertretern im DDR-Grenzschutz. Sie fungieren als Interessenvertreter für die Grenztruppen der DDR und stehen von Anfang an in engem Kontakt mit dem bgv in der Bundesrepublik. Auf dem ersten Verbandstag vom 19.-20.02.1990 in Suhl nehmen mehrere Vertreter des bgv teil, die von den Delegierten mit  frenetischem Beifall empfangen werden. Am 20.02.1990 gründen die 76 Delegierten unter den Augen ihrer Gäste aus dem bgv den unabhängigen „Grenzschutzbund der DDR“ für die rund 7.000 DDR-Grenzschützer. Sie proklamieren zugleich eine Zusammenarbeitserklärung mit dem bgv. Man ist sich darin einig, dass ein persönliches Kennenlernen und Verstehen für die notwendige gegenseitige Akzeptanz erforderlich ist. Der DDR-Verband erklärt seine Hinwendung zur freiheitlich demokratischen Grundordnung und eine zukünftig Annäherung und Verschmelzung beider Verbände wird als vorstellbar bewertet. Die Verschmelzung erfolgt dann viel schneller als ursprünglich angenommen, nämlich auf der Vereinigungstagung am 31.10.-01.11.1990 in Kassel. Der Grenzschutzbund der ehemaligen DDR-Grenztruppen und der bgv des BRD-Grenzschutzes schließen sich zur Gewerkschaft der Bundespolizei zusammen. Diese heißt auch weiterhin Bundesgrenzschutzverband (bgv). Die GdP lehnt anfangs die Aufnahme von Angehörigen der ehemaligen Grenztruppen in Polizeigewerkschaften grundsätzlich ab, da die Grenztruppen Teil der Nationalen Volksarmee und somit Soldaten und keine Polizisten wären, gibt diese Haltung aber in Anbetracht der großen Anzahl potentielle Mitglieder schnell wieder auf (bgv 2001b: 84-99; Frackowiak 2001; Paul 2001; Tempel 2001a).

Im April 1991 verfügt der BGS in der ehemaligen DDR über 7.100 Mann an Personal, davon 31,5 % aus den Grenztruppen, 17,7 % aus der Deutschen Volkspolizei, 31,5 % aus der Transportpolizei, 1,4 % aus der Nationalen Volksarmee und 17,5 % aus dem Passkontroll-/Grenzfahndungsdienst des Ministeriums für Staatssicherheit (Reuter 2008: 225).

Auf dem Bundesdelegiertentag vom 24.-26.10.1991 nennt sich der bgv in Deutsche Polizeiunion (DPU) um. Sein Ziel ist die Bildung einer Dachorganisation mit der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), dem Bund Deutscher Kriminalbeamten (BDK), u.a. innerhalb des DBB.

Am 01.04.1992 folgt die Neuorganisation des BGS durch das Aufgabenübertragungsgesetz. Damit wird die strikte Trennung zwischen Grenzschutzverbänden und Grenzschutzeinzeldienst sowie zwischen Grenzschutzverbänden und Grenzschutzverwaltung aufgehoben. Danach sind dem Bundesministerium des Innern als oberster Dienstbehörde die Bundesmittelbehörden der fünf Grenzschutzpräsidien für den operativen Bereich, die Grenzschutzdirektion Koblenz für zentrale Aufgaben und die Grenzschutzschule Lübeck nachgeordnet. Als untere Behörden sind den Präsidien Grenzschutz- und Bahnpolizeiämter nachgeordnet. Diesen sind dann wiederum Grenzschutzstellen, Grenzübergangsstellen, Bahnpolizeiwachen und Reviere nachgeordnet. Die Zuständigkeit des BGS wird auf die neuen Bundesländer sowie in der Luftsicherheit und der Bahnpolizei auf die alten Bundesländer erweitert. Es erfolgt die Übernahme von 3.000 Mann Bahnpolizei/ Fahndungsdienst der Deutschen Bahn. Der Kombattantenstatus wird aufgegeben und die mögliche Dienstpflicht im BGS gesetzlich suspendiert. § 63 BGSG ermöglicht zwar weiterhin die Bestellung von Hilfspolizeibeamten, die an Kleinflughäfen und kleinen Seehäfen mit gelegentlichem Auslandsverkehr außerhalb der EU, welche die Einrichtung einer Dienststelle des Grenzschutzes nicht rechtfertigen, Dienst versehen. Allerdings dürfen diese keinen unmittelbaren Zwang ausüben (bgv 2001b; bgv 2001c; bgv 2001e; Reuter 2008: 224-226; Walter 2011: 38).

In Folge der räumlichen Neuorganisation des BGS passt der bgv seine Verbandsstruktur an, indem er zum 01.04.1992 den Landesverband Niedersachsen auflöst. Auf dem VIII. Eorofedop-Kongress vom 15.-17.12.1993 wird Manfred Braschwitz vom bgv zum Vorsitzenden gewählt (bgv 2001b: 100-105).

Am 01.11.1994 tritt das Bundesgrenzschutzneuregelungsgesetz in Kraft. Es passt die rechtlichen Bestimmungen an die tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben des BGS, wie Auslandseinsätze, Strafverfolgung Bahnbereich, Unterstützung Bundesamt für Verfassungsschutz, Angleichung MePolG, Datenschutz, an. Am 26.03.1995 fallen mit dem Schengen-Abkommen die Binnengrenzkontrollen an den deutschen Grenzen weg. Ende des Jahres sind an ca. 90 Auslandsorten BGS-Beamte im Einsatz (bgv 2001c; Reuter 2008: 225).

Der BGS wird den Länderpolizeien immer ähnlicher, indem er sich von einer Bürgerkriegstruppe und Grenzpolizei zu einer Schutzpolizei des Bundes für bestimmte schutz-, aber auch kriminalpolizeiliche Aufgaben entwickelt (Lange 1999: 211). So sind beispielsweise 1995 von den 30.662 BGS-Beamten ca. ein Drittel in Einsatzverbänden, als BePo des Bundes, ca. 50 % mit Einzeldienstaufgaben (Grenze, Luft, Bahn) und ca. ein Zehntel mit Sonderaufgaben (Objektschutz, Sonderverbände) befasst (a.a.O.: 210, Übersicht Nr. 11).

Der bgv kehrt im gleichen Jahr wieder zu seinem ursprünglichen Namen zurück. Als „Deutsche Polizei-Union“ hat er nur einige wenige Jahre existiert. Man hatte versucht, innerhalb des DBB eine Gewerkschaft für alle Sicherheitsbehörden zu bilden, was letztlich scheiterte. Nachfolgende Verschmelzungsgespräche mit der DPolG scheitern ebenfalls, da der bgv seine Selbstständigkeit hätte aufgeben müssen. Im Jahr 1995 gründet der Verband seine Senioren-Vertretung, die mit dem „Bund der Ruhestandsbeamten, Rentner und Hinterbliebenen im dbb“ (BRH) zusammen arbeitet (bgv 2001b; bgv 2001e; Grützner 2001; Tempel 2001b).

Am 01.01.1998 erfolgt die zweite große BGS-Reform. Es kommt zur Zusammenfassung der bahnpolizeilichen, grenzpolizeilichen und luftpolizeilichen Aufgaben auf unterster Ebene, der Verstärkung der Einzeldienstkräfte, der Bildung von Inspektionen zur Kriminalitätsbekämpfung und der Entlastung der Einsatzverbände von Ausbildungsaufgaben. Der Schutz von Bundes- und Verfassungsorganen wird von den Grenzschutzverbänden auf den Grenzschutzeinzeldienst übertragen und Bundesgrenzschutzinspektionen werden flächendeckend eingeführt. Beide Reformen führen zur Auflösung von 10 Grenzschutzabteilungen zur Verstärkung des Einzeldienstes. Am 28.01.1998 erkennt das BVerfG die Verfassungsmäßigkeit des Aufgabenübertragungsgesetzes an. Mit der Änderung des BGS-Gesetzes vom 01.09.1998 werden u. a. verdachts- und anlassunabhängige Personenkontrolle bis 30 Kilometer Grenztiefe und auf allen Bahnhöfen/Flughäfen möglich (bgv 2001b: 110-115; bgv 2001c; bgv 2001e; Reuter 2008: 225).

1999 wählt der bgv mit Knut Paul erstmals einen Ostdeutschen zum Vorsitzenden (Paul 2001).

Am 06.10.2001 findet in Berlin die Jubiläumsfeier des bgv aus Anlass seines 50 jährigen Bestehens und seiner 45 jährigen Zusammenarbeit im DBB-Beamtenbund und tarifunion statt. Die Geschäfte des Verbandes werden zu diesem Zeitpunkt von einem alle vier Jahre neu gewählten Bundesvorstand, der aus dem Bundesvorsitzenden, fünf Stellvertretern und dem Bundesschatzmeister besteht, geführt. Die Bundesgeschäftsstelle hat ihren Sitz in Berlin. Für die Organisation des Verbandes ist der Bundeshauptvorstand, der sich aus dem Bundesvorstand, den Bundesbeauftragten, den Fachbereichsvorsitzenden und den Regionalvorsitzenden zusammensetzt, zuständig. Es gibt Fachbereiche für Tarif, Frauen, Jugend, Pensionäre, Verwaltung, Schulen, Einsatzverbände, Grenzpolizei, Bahnpolizei, Luftsicherheit, Kriminalitätsbekämpfung, Spezialverwendungen und Personalvertretung. Der Verband ist in fünf Regionalverbände Süd, Ost, West, Nord und Mitte, entsprechend den Grenzschutzpräsidien, räumlich organisiert. Diese Regionalverbände verfügen wiederum über einen Regionalvorstand, Regionalhauptvorstand und Regionalbeauftragte. Ggf. bestehen ihnen nachgeordnete Ortsverbände, Ortsgruppen und Fachbereiche Schulen. Der Verband fordert allgemein die Anerkennung der gesellschaftlichen Leistung des BGS, Planungssicherheit für die berufliche Zukunft der Beschäftigten, verbesserte Chancen für Fortentwicklung und Aufstieg der Beschäftigten sowie ein Leitbild für den BGS. Er erhebt daneben spezifische Forderungen für den Polizei-Vollzugsbereich und die Verwaltung sowie bezüglich sozialen Rahmenbedingungen, Besoldung, Vergütung, Entlohnung und Versorgung, Aus- und Fortbildung, zur Inneren Sicherheit und zum Zusammenwachsen in Europa (bgv 2001h; bgv 2001i; Paul 2001).

Am 01.07.2005 wird der BGS per Gesetz in „Bundespolizei“ umbenannt. Der BGS hat jetzt ca. 39.000 Bedienstete, davon 30.000 PVB, und gem. BGS-Gesetz folgende Aufgaben: Eigensicherung (§ 1); Grenzschutz (§ 2); Bahnpolizei (§ 3); Luftsicherheit (gem. § 4 BGSG i.V.m. § 29c und d LuftVG auf Flughafengelände) soweit Durchführung in bundeseigener Verwaltung (31 II Nr. 19 LuftVG) und Sicherheit an Bord von Luftfahrzeugen (§ 4a); Objektschutz Grundstücke Verfassungsorgane des Bundes und Bundesministerien (§ 5); Seeschutz nach Völkerrecht außerhalb Küstenmeer (§ 6): Aufgaben der Polizeihilfe im Notstandsfall gem. Art. 91 GG und im Verteidigungsfall gem. Art. 115 f GG (§7); Verwendung im Ausland wie z.B. Schutz Auslandsstationen der Deutschen Lufthansa, internationale Polizeieinsätze, Luftrettung (§ 8); Unterstützung anderer Bundesbehörden wie Schutz Bundestag und deutscher Auslandsvertretungen, Personenschutz mit BKA sowie Unterstützung Hausinspektion Dt. Bundestag gem. Art. 40 II GG  (§ 9); Funkunterstützung gem. § 3 I Verfassungsschutzgesetz (§ 10); Unterstützung der Länderpolizeien z.B. durch Hilfeleistung bei Katastrophen- und Unglücksfällen gem. Art. 35 GG (§ 11); Straftaten-/OWi-Verfolgung im Rahmen seiner Zuständigkeiten (§§ 12, 13); Aufgaben Zollverwaltung bei grenzüberschreitendem Reiseverkehr (§ 67).

Der Bundesgrenzschutzverband benennt sich daher bereits am 01.03.2005 in „Bundespolizeigewerkschaft - Verbund Innere Sicherheit“ (bgv) um. Er besteht aus fünf Regionalverbänden und hat ca. 9.000 Mitglieder (Reuter 2008: 225; Walter 2011: 41; Wikipedia 2012b).

Nach mehreren Anläufen zur Verschmelzung des bgv mit dem Fachverband Bundespolizei der DPolG, beginnen am 20.02.2011 die konkreten Planungen zur Umsetzung. In den folgenden sechs Monaten werden die erforderlichen Vorbereitungen durch drei kleinere Arbeitsgruppen und drei Sitzungen beider Verhandlungsgruppen durchgeführt. Auf getrennten Kongressen Anfang Oktober fassen beide Gewerkschaften entsprechende Beschlüsse zur Verschmelzung der Bundespolizeigewerkschaft mit dem Fachverband Bundespolizei der DPolG unter dem Dach des „dbb Beamtenbund und tarifunion“. Damit soll eine neue Kraft mit neuer gemeinsamer Stärke unter einem neuen Namen für alle Bedienstete der Bundespolizei geschaffen werden. Die neue Gewerkschaft trägt den Namen „DPolG Bundespolizeigewerkschaft“.[4] Im Anschluss an die beiden getrennten Kongresse wird auf dem ersten gemeinsamen Kongress, dem Bundesdelegiertentag, am 06.10.2011 die neue Satzung der DPolG-BPolG beschlossen. Damit treten die Satzungen des bgv und der DPolG, Fachverband BuPol, außer Kraft. Zum ersten Vorsitzenden wird Ernst G. Walter vom ehemaligen bgv gewählt. Zweiter Vorsitzender wird Hans-Joachim Zastrow, der bisherige Vorsitzende im Fachverband BuPol der DPolG. Die Mitgliederzahl des neuen Verbandes wird einmal mit 10.000 und an anderer Stelle mit 12.000 angegeben (vgl. dazu auch 15 f.), was einem Viertel bzw. einem Drittel aller Beschäftigten im BGS[5] entspricht (DPolG 2011; DPolG-BPolG 2011; ProPress Verlagsgesellschaft 2011).

 

3 Strukturen

In der Literatur über Interessenorganisationen, zu denen auch die Gewerkschaften zählen, gibt es zahlreiche Strukturierungsversuche. Ich differenziere Polizeigewerkschaften anhand von sechs Strukturmerkmalen (vgl. Reuter 2009: 109 f.), auf die ich nachfolgend eingehen werde.

 

3.1 Formelle Organisation

Das erste Strukturmerkmal ist die formelle vs. informelle Organisationsform. Polizeigewerkschaften sind langfristig geplante und formelle Organisationen im Gegensatz zu kurzfristig, spontanen und informellen Organisationen. Diese formelle Organisation kann an fünf wesentlichen Elementen ausgemacht werden.

 

3.1.1 Kontinuität

Die zeitliche Kontinuität ist ein wesentliches Strukturierungselement. Die DPolG-BPolG besteht zwar erst seit dem 06.10.2011 durch den Zusammenschluss von DPolG, Fachverband Bundespolizei, und dem Bundesgrenzschutzverband. Allerdings weisen die beiden Vorgängerorganisationen eine solche Kontinuität auf. Der Fachverband Bundespolizei in der DPolG wird 1990 innerhalb der DPolG gegründet. Der Bundesgrenzschutzverband e.V. existiert bereits seit dem 05./06.10.1951. Beim Anschluss des Grenzschutzbundes der DDR am 30.10./01.11.1990 behält er seinen Namen bei. Er benennt sich 1991 in Deutsche Polizeiunion (dpu) um, kehrt aber schon 1995 wieder zu seinem alten Namen als bgv zurück. Mit der Umbenennung des BGS im Jahre 2005 in Bundespolizei wird er in „Bundespolizeigewerkschaft - Verbund Innere Sicherheit“ (bgv) umbenannt.

Zu den Gründen für die Verschmelzung von Fachverband Bundespolizei und bgv wird allgemein angemerkt, man wolle eine neue Kraft mit neuer gemeinsamer Stärke unter einem neuem Namen für alle Bedienstete der Bundespolizei schaffen (vgl. oben 9). Sicherlich sind aber auch günstige Ausgangsbedingungen für eine Verschmelzung gegeben, da beide dem DBB angehören, was für eine gewisse gewerkschaftspolitische Nähe spricht. So treten bei den Personalratswahlen 2009 beide mit einer gemeinsamen Liste an. Wenn man daneben die Ergebnisse der letzten Personalratswahlen (vgl. 21 f.) und die jeweiligen Organisationsgrade (vgl. 15 f.) einbezieht, dürfte klar werden, dass beide Gewerkschaften in Konkurrenz zur GdP damit ihre Position stabilisiert haben. Zusammen vertreten sie etwa ein Drittel der Bundespolizei, während jede für sich nur auf einen deutlich geringeren Anteil gekommen ist. Inwieweit es in der Zukunft gelingt, gegenüber der GdP weiter aufzuholen, bleibt abzuwarten, erscheint aber durchaus realistisch.

 

3.1.2 Formalisierte Struktur

Die formalisierte Struktur einer Polizeigewerkschaft (vgl. dazu Reuter 2009: 115 f.) findet ihren Ausdruck in einer Verbandssatzung oder einem Verbandsstatut. Bei der DPolG-BPolG ist dies die am 06.10.2011 durch den Bundesdelegiertentag beschlossene Satzung, die mit der Eintragung ins Vereinsregister am 09.12.2011 in Kraft getreten ist (vgl. DPolG-BPolG 2011).

Gem. § 1 (a.a.O.) führt die Organisation den Namen „DPolG Bundespolizeigewerkschaft“. Sie ist die gewerkschaftliche Organisation für die Bundespolizei (Beamte, Arbeiter und Angestellte) und andere Sicherheitsorgane des Bundes. So organisiert sie auch Bedienstete der Bundesanstalt für Güterverkehr. Sie ist Mitglied der „Deutschen Polizeigewerkschaft im DBB“ (DPolG) und über diese Mitglied im „dbb beamtenbund und tarifunion“ sowie der „Europäischen Polizeiunion“ (EPU). Sie ist ein eingetragener Verein und hat ihren Sitz in Berlin. Die DPolG-BPolG steht vorbehaltlos zur freiheitlich demokratischen Grundordnung und ist parteipolitisch unabhängig. (a.a.O.: § 2).

Hieraus kann man ihr gewerkschaftliches Selbstverständnis hins. Organisationstyp und Organisationsprinzip erkennen. Beim Organisationstyp kann man grundsätzlich zwischen einer weltanschaulich, politisch oder religiös gebundenen Richtungs- und einer solchermaßen nicht gebundenen Einheitsgewerkschaft differenzieren. Die DPolG erklärt sich für parteipolitisch unabhängig, ist also eine Einheitsgewerkschaft (DPolG-BPolG 2011: § 2). Parteipolitische Unabhängigkeit bedeutet allerdings nicht, dass man nicht trotzdem einer politischen Partei nahe stehen kann (vgl. 24 f.). Beim Organisationsprinzip kann man u.a. zwischen Berufsverbands-, Industrieverbands- und Statusprinzip differenzieren. Unter theoretischen Gesichtspunkten verbindet sie Elemente einer Berufs(sparten) mit einer Statusgewerkschaft. Gem. § 1 ihrer Satzung (a.a.O.) ist sie nämlich eine Organisation für die Bundespolizei und andere Sicherheitsorgane des Bundes und gehört daneben über die DPolG dem Deutschen Beamtenbund an. Inwieweit sie hier nicht nur Bedienstete der Bundespolizei und nur Beamte vertritt, ist eine empirisch noch unzureichend geklärte Frage (vgl. 14 ff.).

Gem. § 6 (DPolG-BPolG 2011) gewährt sie ihren Mitgliedern Rechtsschutz und Rechtsberatung, Sozial- und Versicherungsleistungen, Informationen durch Gewerkschaftsmedien, Streikgeld bei Arbeitskämpfen und die Leistungen der DPolG und des DBB.

Sie kann nur durch Beschluss eines zu diesem Zweck einberufenen Bundesdelegiertentages mit dreiviertel Mehrheit der anwesenden Mitglieder aufgelöst werden. Dieser Bundesdelegiertentag entscheidet dann auch über die Verwendung ihres Vermögens (a.a.O.: § 14).

 

3.1.3 Ziele

Konkrete gewerkschaftliche Zielsetzungen ergeben sich häufig explizit aus Satzungen und/oder (Grundsatz-)Programmen oder implizit aus sonstigen Verlautbarungen wie Infoblätter, Positionspapiere oder Interviews.

Die DPolG-BPolG (a.a.O.: § 2 II und III) vertritt und fördert die beruflichen, rechtlichen und sozialen Belange ihrer Mitglieder, bejaht das Berufsbeamtentum und wirkt an dessen Fortentwicklung auf öffentlich-rechtlicher Grundlage mit. Zur Verwirklichung setzt sie alle zulässigen gewerkschaftlichen Mittel, einschl. des Streiks im tariflichen Bereich, ein.

Neben diesen eher abstrakten Zielen aus der Satzung sind auch konkrete Zielsetzungen von Interesse. Hierzu macht ihr Vorsitzender, Ernst G. Walter, in einem Interview mit der Zeitschrift Behörden Spiegel (ProPress Verlagsgesellschaft 2011), folgende Angaben: Der Verband strebt eine ausreichende personelle Ausstattung der Bundespolizei an, u.a. durch 800 bis 1.000 Neueinstellungen pro Jahr statt der derzeit nur 450 Neueinstellungen. Dieser Forderung wird das BMI 2013 entsprechen. Der Verband will den infolge der bestehenden Planstellenobergrenze vorhandenen Beförderungsstau bei 8.000 Polizisten zum PHM (A 9) aufheben und fordert die Einführung einer eigenen Besoldung für die Polizei, um den speziellen Anforderungen an diese gerecht zu werden. Die Polizeizulage soll wieder in die Berechnung des Ruhegehaltes einbezogen werden. Der Vorschlag des Bundesrechnungshofes, die BuPol um 6.000 Stellen zu reduzieren, wird strikt abgelehnt. Ebenso die Zusammenlegung, auch von Teilen der BuPol mit dem BKA. Der Verband fordert zudem ein schlüssiges Personalentwicklungskonzept, die Umsetzung der Erkenntnisse aus der „Beerlage-Studie“, die Rücknahme der Privatisierung bei den Fluggastkontrollkräften sowie einen Schlussstrich unter die „großen“ Reformen und eine Konzentration auf die eigentlichen polizeilichen Aufgaben der Bundespolizei.

 

3.1.4 Organisatorische Differenzierungen

Moderne Polizeigewerkschaften sind horizontal-arbeitsteilig anhand institutioneller Aufgabenzuweisungen organisiert (vgl. Reuter 2009: 116 ff.). So verfügt die DPolG-BuPolG über zwei Geschäftsstellen.

Die Bundesgeschäftsstelle in Berlin setzt sich personell aus dem ehrenamtlichen 1. und 2. Vorsitzenden, dem ehrenamtlichen Geschäftsführer und den ehrenamtlichen stellvertretenden Vorsitzenden sowie zwei fest angestellten Mitarbeitern zusammen. Sie fungiert wegen ihrer räumlichen Nähe zu den relevanten politischen Entscheidungsgremien auf Bundesebene, zum Bundespolizeipräsidium in Potsdam und zu den Dach-/Spitzenorganisationen dbb und DPolG als politische und gewerkschaftliche Geschäftsstelle. Sie erstellt politische und gewerkschaftliche Forderungen, stellt den Kontakt zur Politik her und hält diesen aufrecht und sie kümmert sich um die Öffentlichkeitsarbeit.

Die Geschäftsstelle in Lübeck setzt sich personell aus vier fest angestellten Mitarbeitern sowie dem ehrenamtlichen Schatzmeister, Administrator, Grafiker, Referent für Schatzmeister, Informatiker und Vorstand zusammen. Sie übernimmt die Verwaltung der Gewerkschaft, also die Mitgliederverwaltung und -betreuung, den DPolGMarkt, die Datenverarbeitung sowie die Buchhaltung und den Service.

Mit den beiden ehrenamtlichen Vorsitzenden und sechs fest angestellten Mitarbeitern verfügt die Gewerkschaft insgesamt über einen relativ kleinen Mitarbeiterstamm. Die GdP in NRW beispielsweise beschäftigt in ihrer Landesgeschäftsstelle ca. 30 Mitarbeiter (vgl. Reuter 2009: 117-119, Abb 5).

 

3.1.5 Rechtsform

Die DPolG-BPolG (2011) ist gem. § 1 (5) ihrer Satzung ein eingetragener Verein. Gewerkschaften sind traditionell zumeist keine eingetragenen Vereine. Dies hängt mit ihrer Entstehung im Kaiserreich zusammen. Der Obrigkeitsstaat versuchte damals, die Gewerkschaften ins Vereinsregister zu zwingen, um sie besser überwachen zu können (vgl. Reuter 2009: 121 ff.). Diese Problematik stellt sich heute nicht mehr. Allerdings besteht rechtlich zwischen einem eingetragenen und einem nicht eingetragenen Verein heute auch nur noch der Unterschied, dass der eingetragene Verein die Rechtsfähigkeit besitzt, wodurch der Verein als solcher haftet. Dies ist beim nicht eingetragenen Verein anders. Hier haftet derjenige, der die Verbindlichkeiten für den Verein eingegangen ist. Ansonsten werden mittlerweile alle Vorschriften, die nach dem BGB nur für eingetragene Vereine gelten, durch die ständige Rechtsprechung auch auf nicht eingetragene Vereine angewandt. Das Vereinsrecht des BGB schreibt für Vereine als Minimalanforderungen die Mitgliederversammlung und den Vorstand sowie als rechtliche Grundordnung eine Satzung vor. Die Mitgliederversammlung ist das zentrale Organ und Ausdruck der demokratischen Willensbildung von unten nach oben. Sie wählt den Vorstand und gibt sich im Rahmen ihrer privatautonomen Selbstgestaltung eine Satzung. Letztere wurde von der DPolG-BPolG (a.a.O.: § 15) auf dem Bundesdelegiertentag am 06.10.2012 beschlossen und zugleich die Satzungen der Vorläuferorganisationen bgv und DPolG, Fachverband Bundespolizei, außer Kraft gesetzt. Hierin sind auch Regelungen im Paragraphen neun zur Mitgliederversammlung, dem Bundesdelegiertentag und in den Paragraphen zehn bis elf zum Vorstand, dem Bundes- und Bundeshauptvorstand, enthalten (vgl. dazu unten 19 f.).

 

3.2 Organisationsebenen

Das zweite Strukturmerkmal sind die Organisationsebenen. Polizeigewerkschaften verfügen zumeist über räumliche Untergliederungen mit lokalen, regionalen, landes-, bundesweiten Unterorganisationen, sind häufig in nationalen Dach- oder Spitzenorganisationen eingebunden und ggf. international vernetzt. Möglich ist auch eine funktionale Gliederung, beispielsweise nach Polizeisparten wie Schutz-, Kriminal-, Verkehrspolizei usw. Die Gliederung der DPolG-BPolG weist Teile von beiden Merkmalen auf. Sie ist eng an die organisatorische Struktur der Bundespolizei angelegt. Sie gliedert sich gem. § 7 der Satzung (DPolG-BPolG 2011) in Bezirks- und Ortsverbände. Auf der örtlichen bzw. lokalen Ebene existieren 104 Ortsverbände (vgl. DPolG-BPolG 2012: Ortsverbände). Die Gewerkschaft hat insgesamt 12 Bezirksverbände (a.a.O.: Bezirksverbände):

  • Baden-Württemberg
  • Bayern
  • Berlin/Brandenburg
  • Bundesbereitschaftspolizei
  • Bundespolizeiakademie
  • Bundespolizeipräsidium
  • Flughafen Frankfurt
  • Hessen/Rheinland-Pfalz-Saarland
  • Niedersachsen/Hamburg/Bremen
  • NRW
  • Sachsen/Sachsen-Anhalt/Thürigen
  • Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern.

Die Bezirksverbände sind zum Teil räumlich gegliedert und dann entweder mit einem Bundesland identisch, z.B. in NRW, oder umfassen mehrere Bundesländer, z.B. Berlin/Brandenburg. Sie sind aber zum Teil auch funktional gegliedert, z.B. die Bundesbereitschaftspolizei für eine bestimmte Polizeisparte. Die Bezirksverbände insgesamt bilden die Bundesorganisation der Gewerkschaft, also den Zentralverband. Die Bezirksverbände haben, anders als beispielsweise die Landesverbände in der GdP, keinen eigenen Organisationsstatus. Insgesamt ist die DPolG-BPolG demnach ein Zentralverband mit räumlichen und funktionalen Untergliederungen, den sog. Bezirks- und den nachgeordneten Ortsverbänden.

Die Gliederung der Ortsverbände wird vom Bezirksvorstand festgelegt. Der Ortsverband ist bei einer Dienststelle (Bundespolizeiinspektion, Bundesbereitschaftsabteilung usw.) angesiedelt. Benachbarte Dienststellen können zu einem Ortsverband zusammen geschlossen werden.

Die DPolG-BPolG ist Mitglied in der Deutschen Polizeigewerkschaft im Deutschen Beamtenbund, der DPolG, die damit die Funktion eines Dachverbandes übernimmt. Über die DPolG ist sie dem Deutschen Beamtenbund (DBB) als Spitzenorganisation angeschlossen.

Auf internationaler Ebene ist sie über die DPolG in die Europäische Polizeiunion (EPU) eingebunden (vgl. DPolG-BPolG 2011: § 1 und EPU 2012). Die EPU “(…) is a non-profit police union dedicated to the promotion of inner security within the European Union. It wishes to advance the social, professional, economic, cultural and sanitary concerns of all employees operating in the field of internal security.“ (EPU 2012). Sie organisiert ca. 500.000 Personen und ist Mitglied in der Euroepan Federation of Public Service Employees (Eurofedop)[6], die wiederum 55 europäische Gewerkschaften organisiert (Eurofedop 2012).

 

3.3 Mitgliederebene

Das dritte Strukturelement einer Polizeigewerkschaft ist ihre Mitgliederebene, bei der vier Elemente unterscheidbar sind.

 

3.3.1 Mitgliedschaft

Mitglieder der DPolG-BPolG können aktive und ehemalige Polizeibedienstete sowie Beschäftigte im Bereich der Inneren Sicherheit des Bundes sowie anderer Bundesbehörden mit Sicherheitsaufgaben werden. Die Mitglieder der Vorläufergewerkschaften DPolG und bgv behalten ihre Mitgliedschaft. Anderen Personen kann eine Förder- oder Gastmitgliedschaft angeboten werden. Alle Mitglieder sind mittelbar Mitglied in der DPolG. Eine Öffnung für die Aufnahme weiterer Beschäftigtengruppen ist auf Beschluss mit Zweidrittel Mehrheit durch den Bundeshauptvorstandes möglich (DPolG-BPolG 2011: § 3). Die Gewerkschaft organisiert somit nicht nur Polizeibeamte bzw. Polizeibeschäftigte, sie hält sich auch die grundsätzliche Option der Erweiterung auf den gesamten Sicherheitsbereich des Bundes offen. Dies erscheint insofern für zeitgemäß, da in Zukunft Privatisierungen von jetzt noch staatlichen Funktionen durchaus realistisch erscheinen.

Die Mitgliedschaft beginnt mit der schriftlichen Beitrittserklärung. Sie kann durch den Bundesvorstand wegen eines wichtigen, in der Person des Antragstellers liegenden Grundes abgelehnt werden. Sie endet durch Austritt des Mitgliedes oder seinen Tod oder durch Ausschluss. Dieser erfolgt durch den Bundesvorstand, wenn ein Verstoß gegen die Satzung oder die Richtlinien des Bundeshauptvorstandes vorliegt und falls durch das Verhalten das Ansehen der Polizei geschädigt wird, oder wenn den erklärten Interessen der DPolG-BPolG zuwider gehandelt wird. Nach vorheriger Anhörung ergeht ein schriftlich begründeter Bescheid, gegen den schriftlicher Widerspruch beim Bundeshauptvorstand eingelegt werden kann (a.a.O.: § 4). Die Aufnahme liegt dadurch mehr oder weniger im freien Ermessen des Verbandes. Eine schriftliche Erklärung der Ablehnung und Rechtsmittel dagegen sind nicht vorgesehen. Dies ist bei solchen Vereinigungen nicht unüblich. Man behält sich das Recht vor, selbst zu entscheiden, wen man aufnimmt und wen nicht. Ein Ausschluss ist dagegen nur in eng gezogenen Grenzen möglich.

Über die individuelle Motivation, einer Polizeigewerkschaft beizutreten oder nicht oder aus ihr auszutreten liegen keine empirischen Kenntnisse vor (dazu Reuter 2009: 129-131, Mitgliedschaft). Hier besteht ein Forschungsdesiderat.

 

3.3.2 Mitgliederbeiträge

Es werden monatliche Mitgliederbeiträge gem. § 5 der Satzung (DPolG-BPolG 2011), nach Besoldungsstufen gestaffelt und an unterschiedliche Beschäftigungsverhältnisse angepasst, erhoben. Die Höhe legt der Bundesdelegiertentag fest. Sie betragen für aktive Beamte 0,6 % der 1. Erfahrungsstufe vom Grundgehalt. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Beitragssatz der deutschen Gewerkschaften liegt bei etwa 1 bis 1,2 % des Brutto-Lohnes. Die GdP liegt bei etwa 0,9 % des Netto-Lohnes (vgl. dazu Reuter 2009: 120). Teilzeitbeschäftigte werden entsprechend ihrem prozentualen Arbeitsanteil, mindestens jedoch mit 6,00 EURO heran gezogen. Rentner/Pensionäre entrichten 60 %  ihres letzten Beitrages als Aktiver und ebenfalls mindestens 6,00 EURO. Bei Altersteilzeit wird in der aktiven Phase der Regelsatz und in der passiven Phase der Rentnerbeitrag entrichtet. Als konkrete Beispiele (vgl. DPolG-BPolG 2012: Mitgliedsbeiträge) sollen die nachfolgend aufgeführten Sätze u.a. für die Eingangsämter bei der A-Besoldung im mittleren, gehobenen und höheren Dienst sowie in der B-Besoldung dienen:

 

Monatsbeiträge in Euro.

 

aktiv

passiv

A6

11,19

6,71

A9

13,52

8,11

A13

20,93

12,55

B1

33,05

19,83

E1 - E 8

7,50

6,00

E9 - E12

12,00

7,20

E13 - E15

16,00

9,60

PMA/PKA

3,00

 

Azubi

1,80

 

 

3.3.3 Mitgliederstruktur / Organisationsgrad

Über Polizeigewerkschaften gibt es kaum genaue Erkenntnisse in Bezug auf ihre Mitgliederzahlen. Wenn überhaupt, bestehen zumeist nur Angaben zu den Mitgliedern insgesamt. Eine Offenlegung nach Mitgliedern, Förder- Gastmitgliedern, Aktive, Inaktive, Männer, Frauen, Beamte, Angestellte und Arbeiter ist die Ausnahme. Die DPoLG-BPolG gibt ihre Mitgliederzahl insgesamt mit ca. 12.000 Personen an. Davon sind nach Abzug der Rentner und Pensionäre rund 10.000 beruflich aktiv, was 83,33 % entspricht. Von diesen wiederum sind rund 2000, also 20 % Tarifbeschäftigte und damit ca. 8000 Beamte, was rund 80 % sind.

Setzt man dies ins Verhältnis zum Personalbestand der Bundespolizei (vgl. Fn 5, 10) zeigt sich folgendes Bild:

 

BuPol

DPolG-BPolG

NOG I

Mitarbeiter

40.230

10.000

24,86 %

Polizeivollzugsbeamte

32.597

 

 

Verwaltungsbeamte

1.438

 

 

Beamte gesamt

34.035

8.000

23,51 %

Tarifbeschäftigte

6.195

2.000

32,28 %

Ein wesentlicher Gradmesser für die politische Stärke einer Polizeigewerkschaft ist das Verhältnis der von ihr organisierten Mitglieder zu den potentiell organisierbaren Mitgliedern in ihrem Berufsfeld. Dieses Verhältnis findet seinen Ausdruck im sog. „Organisationsgrad“ (vgl. dazu Reuter 2009: 138-142). Je mehr Angehörige einer Berufsgruppe durch den Verband organisiert werden, desto größer ist seine Konfliktfähigkeit im jeweiligen Politikfeld. Von den vier möglichen Organisationsgraden ist der Nettoorganisationsgrad I für die Konfliktfähigkeit am Aussagekräftigsten. Er setzt die beruflich noch aktiven Beschäftigten in der DPolG-BuPolG (10.000) ins Verhältnis zu allen aktiven Beschäftigten in der Bundespolizei (40230). Dies ergibt einen NOG I von 24,86 Prozent. Zum Vergleich: In der Landespolizei von NRW organisieren die Gewerkschaften ca. 75,55 % aller Beschäftigten. Die GdP organisiert ca. 57,35 %, die DPolG 8,39 % und der BDK 6,59 % (a.a.O.: 135 f., Abb. 10). Der Netto-Organisationsgrad der DPolG-BPolG von ca. 25 % dürfte demnach ein mittelstarker sein.

 

3.3.4 Funktionsstruktur

Mitglieder einer Polizeigewerkschaft lassen sich auch anhand ihrer personellen Funktion innerhalb der Gewerkschaft oder vertikal-hierarchisch differenzieren (vgl. Reuter 2009: 11-120. und 143-148). Man kann hier vier Funktionen unterscheiden:

  • Wähler,

also diejenigen Personen, die der Polizeigewerkschaft ihre Stimme bei der Personalratswahl geben (vgl. unten 21 f.). Dies waren bei der letzten Personalratswahl 2012 insgesamt 7.438 Stimmen (vgl. 22). Dies entspricht bei 39.740 Mitarbeitern (Fn 5, 10) einem Anteil von 18,72 % aller Beschäftigten in der Bundespolizei und bleibt damit unter der Mitgliederzahl von ca. 25 %.

  • Beitragszahler,

also diejenigen, die Mitglied in der Polizeigewerkschaft sind, ohne aktiv am Organisationsleben teilzunehmen. Sie wählen i.d.R. ihre Gewerkschaft bei Personalratswahlen, zahlen ihren Mitgliedsbeitrag und nutzen die primären/sekundären Angebote. Ihr Anteil dürfte bei ca. 90 % aller Mitglieder liegen. Dies wären bei 10.000 Mitgliedern ca. 9.000 Personen (vgl. oben 15, Zif. 3.3.3).

  • Aktive,

also diejenigen, die sich aktiv am Organisationsleben beteiligen, indem sie z.B. an Versammlungen oder Veranstaltungen teilnehmen. Ihr Anteil dürfte bei ca. 10 % der Mitglieder liegen. Dies wären ca. 1.000 Mitglieder (vgl. a,a,O.).

 

  • Funktionäre,

also diejenigen, die ehren- oder hauptamtlich Ämter in der Organisation übernehmen, wie z.B. Vertrauensleute, Delegierte, Kassenprüfer oder Vorsitzende. Ich zähle hier auch die angestellten Mitarbeiter in den Geschäftstellen dazu. Dies sind bei der DPolG-BPolG:

  • Vorsitzende
  • Delegierte
  • Beauftragte
  • Vorstände
  • Kassenprüfer
  • Angestellte.

Insgesamt dürfte dies nicht mehr als 2 - 3 % der Mitglieder, also 200 bis 300 Personen sein. Davon sind alle nur ehrenamtlich tätig.

Eine besondere Machtstellung innerhalb der Funktionäre haben die Bundes-Vorsitzenden der Polizeigewerkschaft inne. Diese können der nachfolgenden Auflistung (bgv 2001b: 00; DPolG 2011; Wikipedia 2012b) entnommen werden:

Vorsitzende: [7]

  1. 05.-06.10.1951, Hauptwachtmeister Scheitza
  2. 25.04.1952, Hauptmann von Stülpnagel
  3. 04.06.1957, Hauptmann Wilhelm Schulze
  4. 27.-28.11.1975, Helmut Pfeffer
  5. 1993, Hubertus Grützner (kommissarisch)
  6. 05.-07.10.1995, Hubertus Grützner
  7. 04.12.1999-Sommer 2008, Knut Paul; seit 11/2007 erkrankt, Rücktritt im Sommer
  8. 14.12.2008 - 06.10.2011, Pensionär Rüdiger Reedwisch; seit November 2007 kommissarisch
  9. 06.10.2011, Ernst G. Walter.

Die DPolG Fachverband Bundespolizei hatte von 1990 bis zur Verschmelzung am 06.10.2011 lediglich einen Vorsitzenden, nämlich Hans-Joachim Zastrow. Dies sind beim bgv bis zur Verschmelzung lediglich acht Vorsitzende in 62 Jahren. Damit kommt der Vorsitzende auf eine durchschnittliche Amtszeit von rund acht Jahren, eine personelle Kontinuität, die man auch bei der GdP findet.

Der internationale Einfluss der DPolG-BPolG wird deutlich, wenn man daneben berücksichtigt, wie oft sie den Vorsitz in der EPU bzw. im Berufsrat Polizei der Eurofedop inne hatte: Der BGV ist Mitbegründer der Europäischen Polizei Union (epu), stellt hier allerdings bis heute nie den Vorsitzenden. Knut Paul wird Geschäftsführer der epu und 1994 wählt der Berufsrat Polizei in der Eurofedop Manfred von Braschwitz von der bgv zu seinem Vorsitzenden (bgv 2001j).

 

3.4Mitgliederangebote

Das vierte Strukturmerkmal sind die durch die Polizeigewerkschaft ihren Mitgliedern gemachten Angebote. Bei den gewerkschaftlichen Angeboten kann man grundsätzlich zwischen primären und sekundären Angeboten differenzieren (vgl. dazu Reuter 2009: 160 ff.). Primäre sind solche, die in einem engen Zusammenhang mit der beruflichen Interessenvertretung eines Verbandes stehen, so z.B. berufsnahe Versicherungen oder Verbandszeitschriften. Sie sind oft durch die Mitgliedsbeiträge abgedeckt. Sekundäre sind dagegen solche, die eher ein Serviceangebot darstellen oder einen zusätzlichen Anreiz zur Mitgliedschaft schaffen sollen. Sie müssen i.d.R. extra bezahlt werden, wobei zumeist günstigere Konditionen für Mitglieder bestehen. Die Grenze ist in der Praxis oft fließend.

Die DPolG-BPolG (2012: Sozialleistungen und Mitgliedsbeiträge) bietet ihren Mitgliedern folgende primäre Angebote:

  • Berufsrechtschutz
  • Freizeitunfallversicherung
  • Regresshaftpflichtversicherung
  • Geräte- und Geräteregresshaftpflichtversicherung
  • Gruppen-Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden
  • Diensthaftpflichtversicherung
  • Geburtshilfen
  • Kondolenzgeld
  • Fachzeitschrift
  • Tauschbörse
  • Homepage
  • Internetplattform für Dienstanfänger
  • facebook
  • google+.

Die Versicherungen werden über die Rechtschutz Union der Alten Leipziger Versicherungs- AG und der Deutschen Beamtenversicherungs AG (DBV) angeboten.

Bereits auf der Goslarer Gründungsveranstaltung wird der Beschluss gefasst, eine Verbandszeitung unter dem Namen „Der Grenzjäger“ zu gründen. Im Oktober 1951 wählt der bgv daneben einen Presseausschuss. Erster Redakteur der Zeitschrift wird der oben genannte General a.D. Paul Riege. Ihre erste Ausgabe erscheint im Dezember des gleichen Jahres. Die Zeitschrift soll der Information der Verbandsmitglieder und als Sprachrohr gegenüber dem Ministerium und als Verbindung zwischen Ministerium, BGS und bgv dienen. Am 08.02.1952 erscheint erstmals das vom BMI herausgegebene Konkurrenzblatt „Parole“. Der bgv will, dass diese Zeitschrift nur der Unterhaltung und staatspolitischen Schulung dient, während seine Verbandszeitschrift für die fachliche und staatspolitische Weiterbildung verantwortlich sein soll. Im März 1952 wird aufgrund von Finanzierungsproblemen des Grenzjägers, der Beschluss gefasst, Werbung aufzunehmen. Die Zeitschrift erscheint in einer Auflage von 9.500 Exemplaren. Ab Juni 1952 wird sie wegen der hohen Kosten nur noch an Mitglieder ausgegeben. Die Auflage sinkt auf 7.000 Exemplare. Das Ansinnen des BMI die „Parole“ mit dem „Grenzjäger“ redaktionell zu verbinden, lehnt der Verband ab. Als sich im April 1953 die Finanzlage verbessert, steigt die Auflage auf 10.000 Exemplare. Im Oktober 1973 wird der Grenzjäger eingestellt. Die Verbandszeitschrift erscheint bis Mai/Juni 1976 unter dem Titel „Bundesgrenzschutz - Organ der Bundespolizei“ und seit November 1976 als Organ des bgv unter dem Titel „Bundespolizei“. Nach der Verschmelzung mit der DPolG wird ab 06.11.2011 der „Polizeispiegel“ der DPolG als gemeinsame Zeitschrift publiziert. Zwischen 1992 und 1996 wird zusätzlich ein „bgv-Journal“ aufgelegt. Daneben erscheinen mehrere monatliche Infoblätter und die „Depesche“ als Zeitschrift der bgv-Jugend, zweimonatlich die „Tarif-Sachverhalte“ für Tarifbeschäftigte sowie unregelmäßig die Schriftenreihe „bgv-Kolleg“. Seit 1999 ist der Verband zusätzlich im Internet unter „www.BGS-Verband.de“ und nach der Verschmelzung unter „dpolg-bundespolizeigewerkschaft.de“ präsent (bgv 2001k).

Daneben werden folgende sekundäre Angebote gemacht (DPolG-BPolG 2012: Sozialleistungen und Mitgliedsbeiträge):

  • Anwartschaftsversicherung, ggf. Kostenübernahme während Vorausbildung
  • Dienstunfähigkeitsabsicherung
  • Pflegeversicherung
  • Krankenhaustagegeldversicherung
  • Verkehrsrechtsschutz
  • Privat-Rechtsschutz
  • DPolG Markt

Die Versicherungen werden über die Roland Rechtsschutz-Versicherungs-AG und die Deutsche Beamtenversicherung (DBV) angeboten. Mit der DPolG Markt, durch die Fa. Besteck + Kappel GmbH Promotion Service betreut, werden diverse Artikel zum Kauf über einen Internetshop und in einem Katalog angeboten.

Über die DPolG können zudem die Angebote der im DBB zusammen geschlossenen Gewerkschaften genutzt werden: Vorsorge-, Versicherungs-, und Finanzangebote über das DBB Vorsorgewerk sowie u.a. Reise-, Shopping-, Autoangebote über die DBB Vorteilswelt.

Das Angebot des Verbandes ist insgesamt mit denen anderer Polizeigewerkschaften vergleichbar.

 

3.5 Innerverbandliche Demokratie

Das fünfte Strukturmerkmal ist die innerverbandliche Demokratie der Polizeigewerkschaft. Auch Polizeigewerkschaften stehen in einem ständigen Spannungsverhältnis zwischen der notwendigen hierarchischen Geschlossenheit, um ihre Handlungsfähigkeit zu gewährleisten, sowie der rechtlichen Forderung (vgl. oben 12 f.) nach ihrem demokratischen Aufbau, der von unten nach oben zu erfolgen hat (Reuter 2009: 148-153, Kap. 4.4). Diese demokratische Willensbildung von unten nach oben schafft Legitimität für die gewerkschaftlichen Organe und deren in der Satzung (vgl. DPolG-BPolG 2011) kodifizierten Regeln schaffen Legalität.

Die Mitgliederversammlung in den 104 Ortsverbänden wählt einen Ortsverbandsvorstand. Er entspricht dem Bundesvorstand (vgl. unten).

Der Bezirkshauptvorstand setzt sich aus dem Bezirksvorstand und den Vorsitzenden der Ortsverbände zusammen. Er wählt u.a: den Bezirksvorstand.

Gem. § 8 der Satzung (a.a.O.) sind auf Bundesebene drei Organe, nämlich der Bundesdelegiertentag, der Bundeshauptvorstand und der Bundesvorstand, vorgesehen.

Bundesdelegiertentag (a.a.O.: § 9)

  • oberstes Organ
  • besteht aus Bundeshauptvorstand und stimmberechtigten Delegierten der Bezirksverbände; die Delegierten werden nach festgelegtem Delegiertenschlüssel gewählt
  • tritt alle vier Jahre oder bei Bedarf zusammen
  • beschlussfähig bei mehr als Hälfte stimmberechtigte Mitglieder; einfache Mehrheit; für Satzungsänderung Zweidrittelmehrheit der Stimmberechtigten
  • Aufgaben: Änderung Satzung, Beschlüsse von grundsätzlicher Bedeutung, Entgegennahme Geschäftsbericht und Kassenbericht, Festsetzung Beiträge, Behandlung Anträge zum Delegiertentag; Anträge durch Bundeshaupt- und Bundesvorstand, Bezirksverbände, Beauftragte
  • wählt Bundesvorstand, Kassenprüfer und Bundesbeauftragte.

Bundesvorstand (a.a.O.: § 11)

  • besteht aus 1. (aus bgv) und 2. Vorsitzender (aus DPolG), acht Stellvertreter, davon ein Geschäftsführer und ein Schatzmeister; später nur noch drei Stellvertreter und Schatzmeister und Geschäftsführer
  • beschlussfähig bei mehr als Hälfte Mitglieder anwesend
  • Vorsitzender vertritt Gewerkschaft gem. § 26 BGB
  • Bundesvorstand verantwortet Politik im Rahmen Beschlüsse des Bundesdelegiertentages und des Bundeshauptvorstandes; Einstellung und Anstellungsbedingungen für Beschäftigte des Verbandes, setzt Tarifkommission und ggf. weitere Kommissionen oder Arbeitsgruppen ein (a.a.O.: § 8 II).

Bundeshauptvorstand (a.a.O.: § 10)

  • besteht aus Bundesvorstand, Vorsitzende der Bezirksverbände, Bundestarif-, Bundesjugend-, Bundesgleichstellungs-, Bundesseniorenbeauftragte, ggf. weitere Beauftragte
  • tagt mind. einmal pro Jahr; i.d.R. zweimal jährlich
  • beschlussfähig bei mehr als Hälfte Mitglieder anwesend
  • Aufgaben: Beschlussfassung Grundsatzfragen und Haushaltsplan, Erstellen von Richtlinien, Berufung von Kommissionen und Arbeitsgruppen; Festlegung Delegiertenschlüssel für Bezirksverbände
  • handelt für Bundesdelegiertentag soweit nicht bis nächster Delegiertentag aufschiebbar; kann an Bundesvorstand delegieren.

Die Mitglieder wählen den Vorstand in den Ortsverbänden. Deren Vorsitzende wählen die Gremien auf Bezirksebene, die wiederum die Bundesgremien legitimieren. Der Bundesdelegiertentag ist sozusagen das Parlament der Gewerkschaft. Da neben den in den Bezirken gewählten Delegierten, sozusagen den Abgeordneten, auch der Bundeshauptvorstand dazugehört, haben dem Letzteren angehörende Funktionäre eine starke Machtposition inne. Sie wählen den neuen Bundesvorstand mit. Der Bundesvorstand ist sozusagen die Regierung der Gewerkschaft. Er führt die Beschlüsse des Delegiertentages aus und regelt die Alltagsgeschäfte für den Verband. Damit bei grundsätzlichen Fragen nicht jedes Mal der Delegiertentag einberufen werden muss, er tagt ja grundsätzlich nur alle vier Jahre, fungiert der Bundeshauptvorstand mindestens einmal pro Jahr als eine Art „Zwischenparlament“, da er u.a. dann die Aufgaben des Delegiertentages in dieser Zeit übernimmt.

Die innerverbandliche Geschlossenheit, ohne die eine erfolgreiche Gewerkschaftsarbeit nicht möglich wäre, sichern u.a. die sog. Vertrauensleute. Sie können von einem Bezirks- oder Ortsverbandsvorstand in „Kleindienststellen“, unterhalb des Ortsverbandes eingesetzt werden. Sie erfüllen die gleiche Aufgabe wie der Ortsverband auf der größeren Ebene, nämlich die Betreuung und Information der Organisationsmitglieder vor Ort.

 

3.6 Finanzen

Das sechste und letzte Strukturmerkmal sind die Finanzen des Verbandes. Hierüber liegen zu den meisten Gewerkschaften, so auch die Polizeigewerkschaften, keine oder nur marginale Erkenntnisse vor. Dabei gibt es erstens kaum allgemein zugängliche Quellen und zweitens erhält man durch die Verbände selbst i.d.R. keine oder nur nichtssagende Auskünfte.

Was nun die allgemeinen Quellen anbelangt, liefert die Satzung der DPolG-BPolG einige grundlegende Erkenntnisse: Gem. § 12 (DPolG-BPolG 2011) der Satzung ist das Haushaltsjahr das Kalenderjahr und der Bundeshauptvorstand erlässt Richtlinien für die Haushaltsführung. Im § 9 (a.a.O.) ist zudem festgelegt, dass der Bundesdelegiertentag u.a. den Bundesvorstand wählt, zu dem gem. § 11 I  auch der Schatzmeister gehört. Dieser erstellt den Haushaltsplan für das kommende Jahr und legt ihn dem Bundesvorstand vor. Der Bundesvorstand legt den Haushaltsplan wiederum dem Bundeshauptvorstand zur Diskussion und Entscheidung vor. Gem. § 13 wählt der Bundesdelegiertentag drei Kassenprüfer, die nicht Mitglied eines Bundes- oder Bezirksvorstandes sein dürfen. Sie nehmen am Bundesdelegiertentag teil. Ihre Aufgabe besteht in der Prüfung der Ausgaben, die immer durch zwei von drei Prüfern zu erfolgen hat.

Meine Studie (Reuter 2009: 154-159, Kap. 4.5) über den Landesbezirk NRW der GdP hat gezeigt, dass dieser sich in erster Linie über seine Mitgliedsbeiträge finanziert. Dies dürfte bei der DPolG-BPolG nicht anders sein. Daneben spielen gewerkschaftseigene profitorientierte Unternehmen eine zusätzliche Rolle. Hier wäre für die DPolG-BPolG der DPolG Markt (vgl. 19) zu nennen. Was das Vermögen anbelangt, sind insbesondere eigene Erholungsheime oder Fortbildungshäuser relevant. Es hält sich insgesamt jedoch in engen Grenzen. Die Streikkasse spielt bei Polizeigewerkschaften, die überwiegend Beamte vertreten, naturgemäß nur eine marginale Rolle. Sie läuft bei der DPolG-BPolG über den „ddb beamtenbund und Tarifunion“. Was die Zuteilung der Finanzen zu den einzelnen Organisationsebenen anbelangt, lässt sich aufgrund der Struktur der DPolG-BPolG vermuten, dass der Bundesverband und die Bezirksverbände den höchsten Anteil erhalten. Bei der GDP NRW (Reuter 2009: 158 f.) dominieren die Landesbezirke. Dies sagt natürlich auch viel über die Machtpositionen innerhalb eines Verbandes aus. Ob bei der DPolG-BPolG also der Bundesverband oder die Bezirksverbände die führende Rolle spielen, muss hier leider offenbleiben.

 

4 Funktionen

Auch Polizeigewerkschaften üben im Wesentlichen drei Funktionen (Reuter 2009: 169-171, kap. 5) aus: Sie vertreten Interessen, sie bieten organisatorische Teilhabemöglichkeiten und sie dienen der Selbstregulierung jeweils gegenüber der eigenen Klientel und dem politischen System.

 

4.1 Interessenvertretung

Interessen sind die ökonomischen, sozialen oder politischen Absichten/Forderungen an den Arbeitgeber, die Politik und die Gesellschaft (a.a.O.: 171- 175, kap. 5.1). Polizeigewerkschaften aggregieren, selektieren und artikulieren diese Interessen. Als grundlegendes Beispiel kann hier ein sog. Grundsatzprogramm dienen. Ein solches besteht für die DPolG-BPolG noch nicht, was aufgrund ihres relativ kurzen Bestehens verständlich sein dürfte.

 

4.2 Teilhabemöglichkeiten

Polizeigewerkschaften bieten ihren Mitgliedern Gelegenheiten zur Teilhabe am verbandlichen und politischen Willensbildungsprozess. Sie integrieren ihrer Mitglieder ins Verbandsleben und lassen sie daran partizipieren. Dies dient zugleich der Befriedung der Gesellschaft und der Legitimation von politischen Entscheidungen. Ihre Mitglieder haben beispielsweise die Möglichkeit, sich als deren Kandidaten für die Personalräte aufstellen und wählen zu lassen. Nach ihrer Wahl können sie dann bei wesentlichen Entscheidungen für die Bundespolizei mitbestimmen und so die verbandliche Willensbildung in das politische System übertragen und ihm die erforderliche Legitimation innerhalb der Bediensteten verschaffen.

Mit dem Kontrollratsgesetz Nr. 22 v. 10.04.1946 lassen die Alliierten Betriebsräte für die Arbeiter und Angestellten in öffentlichen Betrieben zu. Danach geschlossene Betriebsvereinbarungen schließen die Beamten dabei faktisch mit ein. Am 06.03.1952 ergeht der Gesetzentwurf über Personalvertretungen in öffentlichen Verwaltungen und Betrieben. Am 06.09.1955 tritt das erste Personalvertretungsgesetz in Kraft. Es hat innerhalb des BGS aber nur Gültigkeit für die BGS-Verwaltung, die als eigenständige Behörde organisiert ist. Am 16.03.1965 wird durch Gesetz auch der Vollzugsdienst des BGS eingeschlossen, so dass es am 18.11.1965 zu ersten Personalratswahlen im gesamten BGS und 1968 zur zweiten Wahl und danach alle vier weiteren Jahre kommt. Auch wenn die Mitbestimmungs- sowie Mitwirkungsmöglichkeiten anfänglich eher gering ausgestaltet sind und Mitgliedschaften in mehreren Stufenvertretungen noch nicht möglich waren, stellt die Personalvertretungsmöglichkeit einen Meilenstein in der Entwicklung der Mitbestimmung dar. Am 01.04.1974 tritt die Novellierung des Gesetzes in Kraft (Alke 2001; bgv 2001b: 00).

Nachfolgend habe ich die wenigen Erkenntnisse über die Ergebnisse dieser Wahlen zusammengefasst:

1965: ---

1968: ---

1972: Von 1973 bis 1974 stellt der bgv mit Hans Joachim Meisel den Vorsitzenden im Hauptpersonalrat (Alke 2001).

1976: Die Wahlen führen überwiegend zu Mehrheiten für den bgv (Alke 2001). Nach Auffassung des bgv ändert sich 1978 die positive Arbeit im Hauptpersonalrat durch die Übernahme der ÖTV-Mitglieder und deren Mandate durch die GdP. Sie nutze die Personalratsarbeit als gewerkschaftliche Machtausübung (bgv 2001b: 72; 77).

1980: Die ersten Personalratswahlen nach Eintritt der GdP führen zu einer Mehrheit von 6.644 gegenüber 6.412 Stimmen des bgv (CILIP 1981a).

1984:  Ab Mitte der 80er Jahre kommt es zu zahlreichen gegenseitigen gerichtlichen Klagen zwischen dem bgv und der GdP (Alke 2001).

1988: ---

1992: Nach Zusammenschluss des bgv mit dem DDR-Grenzschutzverband und den ersten gesamtdeutschen Wahlen erringt die DPU, ehemals bgv, im Osten fast überall die Mehrheit. Insgesamt erhält sie 4.418 Stimmen. Die Masse bei der Bahnpolizei wählt allerdings die GdP, der Rest die DPolG und die Freie Alternative (Alke 2001; bgv 2001b: 102).

1996: Der bgv erhält 5.711 Stimmen, was gegenüber 1992 als Trendwende interpretiert wird (bgv 2001b: 113).

2000: ---

2004:  ---

2009: Von den 40.256 Wahlberechtigten nehmen 23.801 (59,12 %) an der Wahl mit 22.781 (56,59 %) gültigen Stimmabgaben teil: Die GdP erhält davon 14.466 Stimmen (63,50 %), die gemeinsame Liste von bgv und DPolG 7382 Stimmen (32,40 %) und der BDK 933 Stimmen (4,10 %). Im Bundespolizeihauptpersonalrat erhält die GdP 20 Mandate (64,52 %), die gemeinsame Liste 10 Mandate (32,26 %) und der BDK ein Mandat (3,23 %) (vgl. BPOLHPR 2009).

2012: Von den 39.740 Wahlberechtigten nehmen 25.026 (62,97 %) an der Wahl mit 23.960 (60,29 %) gültigen Stimmabgaben teil. Die GdP erhält davon 15.096 Stimmen (63,01 %), die DPolG-BPolG 7438 Stimmen (31,04 %) und der BDK 702 Stimmen (2,93 %). 724 Stimmen (3,02 %) entfallen auf zwei weitere Listen. Im Bundespolizeihauptpersonalrat erhält die GdP 21 Mandate (67,74 %), die DPolG-BPolG neun Mandate (29,03 %) und der BDK ein Mandat (3,23 %) (vgl. BPOLHPR 2012). Von 258 Sitzen, die in den Haupt-, Bezirks- und Gesamtpersonalräten zu vergeben sind, entfallen 173 (67,05 %) auf die GdP, 78 (30,23 %) auf die DPolG-BPolG, 4 (1,55 %) auf den BDK und 3 (1,16 %) auf Freie Listen. Die GdP erlangt lediglich in einem Gesamtpersonalrat keine Mehrheit (8 x GdP, 8 x DPolG-BPolG, 1 x BDK). Ihr Vorsprung ist bei den Arbeitnehmern noch etwas deutlicher als bei den Beamten (DPolG-BPolG 2012: Personalratswahlen[8]).

Insgesamt spiegeln die Ergebnisse des bgv die in seiner Genese bereits erwähnte Stellung wider: Seine Vormachtstellung wird ab 1978 mit dem Einstieg der GdP gebrochen und geht auf diese über. Mit dem Zusammenschluss der DPolG kann die Position wieder gestärkt werden, da man zusammen über ca. ein Drittel der Mandate gegenüber ca. zwei Drittel der GdP verfügt. BDK und Freie Listen spielen dagegen vom Haupt- bis in die Gesamtpersonalräte so gut wie keine Rolle.

 

4.3   Selbstregulierung

Einerseits delegiert der Staat Aufgaben an die Polizeigewerkschaften, andererseits üben diese aber auch eine Selbsthilfe-Funktion aus. Als Beispiele können hier für Erstere die Tarifautonomie und für Letztere die Fortbildung dienen.

Die Wahrnehmung der Tarifautonomie erfolgt über den Anschluss an den „ddb beamtenbund und Tarifunion“. Im November 2012 haben sich der ehemals organisatorisch getrennte Deutsche Beamtenbund und die DBB Tarifunion zu einer einzigen Organisation von insgesamt 39 Gewerkschaften und Berufsverbänden verschmolzen. Hierdurch soll die Durchsetzung der gewerkschaftlichen Interessen effizienter gestaltet werden.  Damit ist zudem der DBB selbst zum Tarifpartner geworden und kann die Tarifverhandlungen direkt führen (Wikipedia 2013).

Die Fortbildungsangebote erfolgen einerseits über das Bildungsangebot der DBB Akademie für Beamte. Hier werden beispielsweise Seminare zur politischen Bildung, wie Rechtsextremismus oder Soziale Netzwerke, zur beruflichen und persönliche Fortbildung, wie Dienstrecht oder Datenschutz, und Veranstaltungen für spezielle Zielgruppen, wie Personalvertreter oder Gewerkschaftsfunktionäre, angeboten. Andererseits organisiert aber auch die DPolG bei Bedarf eigene Fortbildungen speziell für Polizeibeamte, z.B. für Funktionäre, Kommunikationslehrgänge oder über Themen wie Jugend oder Gleichstellung.

 

5 Strategien

Unter Strategien verstehe ich ganz allgemein die Interaktionsformen der Gewerkschaften mit ihrem Umfeld, insbesondere mittels Pressure, Lobbying und Patronage bis Korruption (Reuter 2009: 185).

 

5.1 Pressure

Pressure oder öffentlicher Druck (a.a.O.: 185-198, Kap. 6.1) wird in vielfältiger Weise, so z. B. durch Imagekampagnen, Stellungnahmen oder Mobilisierung der Medien ausgeübt. Hier möchte ich beispielhaft auf die Statements der Polizeigewerkschaft in der Presse eingehen. Anerkannte Polizeigewerkschaften erhalten so die Möglichkeit, ihre Meinungen zu den von den Medien aufgegriffenen Themen in deren Berichterstattung einzubringen. Ich habe dazu das Archiv einer der großen regionalen Tageszeitungen, nämlich des Kölner Stadt-Anzeigers (vgl. ksta 2012), in Bezug auf das Vorkommen von Statements der Polizeigewerkschaften ausgewertet. Mit den Abfrageparametern „Site“, „alle Bereiche“, „alle Typen“ und „2011“ sowie der Eingabe des ausgeschriebenen Namens der jeweiligen Polizeigewerkschaft erhält man insgesamt 73 Treffer, die wie folgt zuzuordnen sind:

GdP:

48 Treffer

65,75 %

DPolG:

20 Treffer

27,40 %

BDK:

05 Treffer

06,85 %

bgv/BPolG:

00 Treffer

00,00 %

gesamt:

73 Treffer

100,00 %

Für die abgefragte Zeitung ist also die Meinung der GdP von besonderem und die der DPolG von bedingtem Interesse. Daneben spielt der BDK kaum eine und der bgv bzw. die BPolG keine  Rolle. Interessant ist in diesem Zusammenhang aber auch, dass nach der Verschmelzung zur DPolG-BPolG die neue Gewerkschaft für 2012 in der kurzen Zeit ihres Bestehens dann schon zweimal zitiert wird. Insofern scheint die Meinung der neuen Gewerkschaft der Bundespolizei nunmehr in den Medien eher gefragt zu sein.

 

5.2 Lobbying

Auch das Lobbying, i.S. von Beziehungspflege (Reuter 2009: 189-194, Kap. 6.2), mittels Einflussnahme auf die politischen Entscheidungsträger oder die direkte Beteiligung an diesen Entscheidungen, weist zahlreiche Facetten auf. Hier soll beispielhaft die personelle Verflechtung der Polizeigewerkschaften mit dem für die Polizeipolitik maßgebenden Bundestagsausschuss, dem Innenausschuss (vgl. Bundestag 2012) untersucht werden.[9]Dieser Ausschuss hat 37 Mitglieder und 37 stellvertretende Mitglieder. 14 Mitglieder werden von CDU/CSU, neun von der SPD, sechs von der FDP, vier von den Linken und vier von Bündnis 90/Die Grünen gestellt. Von den 37 Mitgliedern sind immerhin sechs, also 16,22 % oder etwa jeder sechste, „gelernte Polizeibeamte“ und ebenfalls sechs sind Mitglieder in einer Polizeigewerkschaft:

Wolfgang Wieland

Bündnis 90/

Die Grünen

Rechtsanwalt

BDK

Frank Tempel

Die Linke

Polizeibeamter

GdP

Kirsten Lühmann

SPD

Polizeibeamtin

DPolG

Frank Hofmann

SPD

Polizeibeamter

GdP (stellvtr. Vorsitzender)

Wolfgang Gunkel

SPD

Polizeibeamter und Polizeipräsident a.D.

GdP

Armin Schuster

CDU

Bundespolizeibeamter

BPolG

Clemens Binninger

CDU

Polizeibeamter

---

Wenig überraschend erscheint es, dass drei SPD-Abgeordnete auch Mitglied in einer Polizeigewerkschaft sind und daneben zwei der anderen großen Volkspartei CDU. Dies entspricht durchaus dem Trend bei den allgemeinen Gewerkschaften. Die GdP verfügt über drei Mitglieder im Ausschuss, wobei einer sogar stellvertretender Vorsitzender ist. BDK, DPolG und BPolG haben jeweils ein Mitglied in diesem Ausschuss, also nach der Verschmelzung von DPolG und BPolG hat die neue Gewerkschaft faktisch zwei Mitglieder im Ausschuss. Diese personelle Verflechtung zwischen Polizeigewerkschaft und Innenausschuss dürfte ein hohes Einflusspotential auf die Polizeipolitik des Bundes sichern. Von den stellvertretenden Mitgliedern des Ausschusses sind noch zwei CDU-Angehörige u.a. als Professor/Dozent an Fachhochschulen der Polizei tätig. Auch sie haben dadurch einen engen persönlichen Bezug zur Polizei.

 

5.3 Patronage bis Korruption

Diese beiden Begriffe bilden die Endpunkte eines Kontinuums, das zahlreiche weitere Formen aufweist (Reuter 2009: 194-195, Kap. 6.3) Patronage ist eine Vorteilsgewährung, die nicht ausschließlich auf Leistung beruht. Korruption der Amtsmissbrauch zu eigenen Gunsten oder zugunsten Dritter. Eine weitere Form auf diesem Kontinuum ist die Versorgung „verdienter Gewerkschafter“ mit öffentlichen Posten. So wurden beispielsweise einige GdP-Funktionäre im Laufe der Jahrzehnte als Polizeipräsident, Oberbürgermeister oder Landrat inthronisiert.

Hier liegen über Funktionäre oder Mitglieder der DPolG-BPolG leider keine gesicherten Erkenntnisse vor.

 

6 Gewerkschaftsmacht

Polizeigewerkschaften erfüllen keinen Selbstzweck. Letztlich werden sie insbesondere daran gemessen, inwieweit es ihnen gelingt, ihre Interessen im politischen System zu verwirklichen und in diesem Sinne Macht auszuüben (Reuter 2009: 199-206, Kap. 7). Idealtypisch kann man diese Machtposition in drei Teilbereichen analysieren.

 

6.1 Polity

Die Polity-Macht umfasst die strukturell-institutionelle Macht der Polizeigewerkschaft. Diese ergibt sich aus dem rechtlichen Rahmen in dem sie agieren. Hier ist insbesondere ihre verfassungsrechtliche Einbindung sowie die Möglichkeit über Dach-/Spitzenverbände und über die Personalräte Einfluss zu nehmen zu nennen. Die Koalitionsfreiheit sowie die rechtlichen Regelungen des BGB sichern der DPolG-BPolG, wie allen Polizeigewerkschaften, eine sicher Basis, von der aus sie agieren kann. Diese wird über die Mitgliedschaft in der DPolG als bundesweiter Polizeigewerkschaft und des DBB als gemeinsame Interessenorganisation aller Beamten deutlich gestärkt. In den Personalräten der Bundespolizei ist sie zudem zweitstärkste und neben der GdP die einzige systemrelevante Kraft. Daneben ist aber auch ihr Organisationspotential, ihre Organisationsstärke und ihr Organisationsgrad zu nennen. Bei Ersterem hat sie als Berufs(sparten)gewerkschaft für die Bundespolizei und nicht für alle Polizeien des Bundes und der Länder, wie z.B. die GdP, nur eingeschränktes Potential. Mit ihren 12.000 Mitgliedern zählt sie insgesamt zu den kleinen Gewerkschaften in Deutschland, allerdings im Bereich der Polizeien zu einer der stärkeren Organisationen. Bei ca. 10.000 aktiven Bediensteten mit rund 25 % Organisationsgrad nimmt sie eine mittelstarke Stellung ein. Insgesamt zählt sie damit neben der GdP, der DPolG und dem BDK zu den vier systemrelevanten Polizeigewerkschaften in Deutschland.

 

6.2 Politics

Auch wichtig für die Machtposition ist die reale Möglichkeit die strukturell-institutionelle Macht in den politischen Entscheidungsprozess einzubringen. Wir hatten bereits festgestellt, dass sie zwei Mitglieder ihrer Gewerkschaft im Innenausschuss des Bundestages hat, die einen ständigen Zugang zu den systemrelevanten Entscheidungen ermöglichen. Die DPolG-BPolG ist parteipolitisch zwar neutral, hat aber als Teil der DPolG, die nach Lange eher der CDU nahe steht (vgl. dazu Reuter 2009: 202), sicherlich eine besondere Nähe zu CDU-Regierungen.

 

6.3 Policy

Schließlich muss diese strukturell-institutionelle und prozessuale Macht aber auch in inhaltliche Politik umgesetzt werden. Dies kann durch die Unterstützung aber auch die Verhinderung von politischen Entscheidungen geschehen. Hier besteht ein Forschungsdesiderat. Insgesamt spricht aber einiges dafür, dass die DPolG-BPolG mit ihrer Vorläuferorganisation bgv weniger als Entscheidungs-Verhinderer und eher als Entscheidungs-Beeinflusser aktiv war und ist. So betonen in der Festschrift zum 50 jährigen Bestehen des bgv (2001a) alle Verfasser in ihren Vorworten, nämlich Rudolf Thieser und Knut Paul als Funktionäre der Gewerkschaft sowie Gerhard Schröder, Otto Schily, Friedrich Merz, Peter Struck, Wolfgang Gerhardt und Johannes Rau als politisch Verantwortliche, die konstruktive Zusammenarbeit des Verbandes mit der Politik, also seine Kooperation.

 

7 Fazit

Abschließen möchte ich die wesentlichen Erkenntnisse dieses Aufsatzes über die DPolG-BPolG in einer synoptischen Darstellung ihrer relevanten Konfliktlinien zusammenfassen. Diese neun grundlegenden Konfliktlinien spiegeln das System der Polizei-Gewerkschaften u.a. durch die historisch gewachsenen Interessengegensätze der Polizeibeschäftigten wider (vgl. dazu ausführlich Reuter 2010). Sie ermöglichen die Identifizierung von gleichen und ungleichen Interessenvertretungen durch einzelne Gewerkschaften während einer bestimmten Epoche. Dabei sind nicht immer alle dieser Konfliktlinien zu allen Zeiten virulent. Sie können auch überwunden bzw. neu entfacht werden. Die Konfliktlinien ermöglichen zudem einen Epochen übergreifenden Vergleich einzelner Polizei-Gewerkschaften. Die jeweilige Zuordnung der DPolG-BPolG ist durch rote Schrift gekennzeichnet:

1. Konfliktlinie

Polizeige-
werkschaft

 

Polizei-

verband

 

 

2. Konfliktlinie

Richtungs-

gewerkschaft

Einheits-

gewerkschaft

 

 

 

3. Konfliktlinie

Berufsver-

bandsprinzip

 

Industriever-

bandsprinzip

Statusge-

werkschaft

 

 

4. Konfliktlinie

Staatlich-

Nationale

Staatlich-

förderale

Kommunale

Organisationen

 

 

5. Konfliktlinie

Einzelne

Mehrere

Alle Dienst-

Grade

 

 

6. Konfliktlinie

Polizei-

soldaten

Polizeibe-

amte

Polizeibe-

schäftigte

 

 

7. Konfliktlinie

Verwaltungs-

Schutz-

 

Kriminal-

Einheits-

polizei

8. Konfliktlinie

Nur nationale

Auch intern.

Org.

 

 

 

9. Konfliktlinie

Kooperation

 

Distanz

Konflikt

 

Die DPolG-BPolG versteht sich als Polizeigewerkschaft für die Bundespolizei. Sie vertritt den Gedanken einer Einheitsgewerkschaft und ist am Berufsverbands- und Statusprinzip orientiert. Sie tritt für die Beibehaltung der staatlich-nationalen Bundespolizeien BKA und BuPol und der staatlich-föderalen Landespolizeien ein. Sie organisiert alle Dienstgrade sowie alle Polizeibeschäftigten der Bundespolizei, die sie als Schutzpolizei des Bundes versteht. Sie ist national als Zentralverband organisiert und gehört der DPolG als Dachorganisation und dem DBB als Spitzenorganisation an. Daneben ist sie auch international in die EPU und die Eurofedop eingebunden. Sie pflegt grundsätzlich ein kooperatives Verhältnis zu den politischen Entscheidungsträgern.

 

 

Literatur

Alke, Richard 2001: Personalratsarbeit des bgv seit 1955. In: bgv 2001a: 49

bgv (Hrsg.) 2001a: Chronik. 50 Jahre Bundesgrenzschutzverband. 1951-2001, der gemeinsame Weg    in die Sicherheit. Berlin

bgv 2001b: Chronik 1951-2001. In: Ders. 2001a: 63-135

bgv 2001c: Feierstunde 50 Jahre Bundesgrenzschutz. „Freiheit in Sicherheit - Sicherheit in Freiheit“.   In: Ders. 2001a: 156-157

bgv 2001d: Der Bundesgrenzschutzverband etabliert sich - der Sitz der bgv-Geschäftsstelle. In Ders. 2001a: 33-34

bgv 2001e: Die Geschichte des Bundesgrenzschutzes im Überblick. In: bgv 2001a: 160

bgv 2001f: Der Tarifbereich im Wandel der Zeiten. In: bgv 2001a: 43

bgv 2001g: Gleichbehandlung von Mann und Frau oder Die „Versuchskaninchen“ beim BGS. In: Ders. 2001a: 40

bgv 2001h: Leitsätze für die berufspolitische Arbeit. In Ders. 2001a: 36

bgv 2001i: Der bgv stellt sich vor. In Ders. 2001a: 31

bgv 2001j: bgv und BGS im Europa der Zukunft. In bgv 2001a: 149

bgv 2001k: Vom „Grenzjäger“ zur „Bundespolizei“. In: Ders. 2001a: 56-61

BPOLHPR 2009: Bekanntmachung über das Ergebnis der Wahl zum Bundespolizeihauptpersonalrat, om 18.05.2009. Berlin

BPOLHPR 2012: Ergebnis der Wahl zum Bundespolizeihauptpersonalrat, vom 14.05.2012. Berlin

Bundestag 2012: Innenausschuss, www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a04/mitglieder.htm, Zugriff: 29.10.2012

BuPol 2012: Bundespolizei in Zahlen-Daten-Fakten, www.bundespolizei.de/DE/05Presse/Daten- Fakten/daten-fakten_node.html, Zugriff: 30.10.2012

CILIP 1981: Die berufsständische und gewerkschaftliche Organisierung von Polizeibeamten in der Bundesrepublik - ein erster Überblick. In: CILIP/Bürgerrechte & Polizei, 4. Jhrg., Heft Nr. 8/1981. Berlin, 36-40

Dorais, Sven 2001: Sicherheit für die Zukunft. Die bgv-Jugend gestaltet ihren BGS. In: bgv 2001a: 38

DPolG 2011: Stärke hat einen neuen Namen: DPolG Bundespolizeigewerkschaft. In: Dies. (Hrsg.):Polizeispiegel, 45. Jhrg., Heft 11/2011. Berlin, 6-7

DPolG-BPolG 2011: Satzung, i.d.F.v. 04.10.2011. Berlin

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[1]Ich selbst befasse mich seit etwa 2006, anfangs eher am Rande, und seit etwa 2009 intensiver mit dieser Thematik. Mittlerweile zählen die Polizeigewerkschaften zu einem meiner Forschungsschwerpunkte. Die dazu von mir verfassten Arbeiten können dem Literaturverzeichnis entnommen werden.

[2]Hier gilt mein Dank der Bundesleitung der Gewerkschaft, die mich durch die Zurverfügungstellung angefragter Unterlagen unterstütz hat. Mein besonderer Dank gilt dabei dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden, Host Pawlik, sowie dem ehemaligen Vorsitzenden der BGV-Senioren, Richard Alke, sowie dem Ehrenvorsitzenden Hubertus Grützner, die das Manuskript gegengelesen, mich auf Fehler hingewiesen und mir einige wichtige Anregungen gegeben haben.

[3]Paul Riege, 27.04.1888-1980, ist Soldat im 1. Weltkrieg und danach als Polizeimajor in der preußischen Polizei tätig. Er tritt nach der Machtergreifung in die NSDAP und die SS ein. Als Polizeigeneral und SS-Gruppenführer nimmt er am 2. Weltkrieg teil. Riege ist Befehlshaber der Orpo in Norwegen, Polen und Tschechien. Er wird nach dem Krieg Vorsitzender im Fachausschuss Polizeigeschichte in der Fachgruppe Polizei des 1948 gegründeten „Verband der Heimatvertriebenen Beamten, Angestellten und Arbeiter“ (Verbaost) im Deutschen Beamtenbund. Riege verfasst Ratgeber für Polizisten sowie Abhandlungen zur Polizeigeschichte, die im 3. Reich und der Bundesrepublik hohe Auflagen erzielen. Die zahlreichen Verbrechen der deutschen Polizei im 3. Reich und seine persönliche Verstrickung erwähnt er in seiner Kleinen Polizei-Geschichte nicht oder nur bagatellisierend (Wikipedia 2012a).

[4] Eine offizielle Abkürzung des Verbandsnamens gibt es nicht. Ich verwende für die doch etwas sperrige Bezeichnung daher als eigene Abkürzung „DPolG-BPolG“.

[5] Die Bundespolizei (vgl. BuPol 2012) gibt ihren Personalstand im August 2011 mit 40.230 Mitarbeitern, davon 32.597 Polizeivollzugsbeamte, 1.438 Verwaltungsbeamte und 6.195 Tarifbeschäftigte an.

[6]Die „Europäischen Föderation der Bediensteten im öffentlichen Dienst“ (Eurofedop) wird 1966 in Wien gegründet. Sie organisiert in Berufsräten die einzelnen Zweige des öffentlichen Dienstes. Ein Vorsitzender des bgv, Helmut Pfeffer, ist ein besonderer Förderer dieser internationalen Zusammenarbeit. Der Berufsrat der Polizei begrüßt auf seiner Tagung am 25.01.1990 in Luxemburg zwar die Osterweiterung, gibt aber auch die Sicherheit zu bedenken. Am 14.12.1990 wird unter dem Dach der Eurofedop auf Betreiben des bgv die o.a. EPU gegründet. Sie umfasst neben dem bgv Polizeigewerkschaften aus Großbritannien, Irland, Frankreich, Spanien, Österreich, Belgien, Luxemburg, Niederlande, Ungarn und Kroatien. 1994 wählt der Berufsrat Polizei der Eurofedop Manfred Braschwitz von der bgv zu seinem Vorsitzenden. Mit einer Satzungsänderung 1997 wird der Vorstand von zwei auf fünf Repräsentanten erweitert, um für die osteuropäischen Verbände bessere Repräsentanz zu erreichen. Wesentliche Ziele der Organisation sind die Abschaffung der Binnengrenzen, die Integration der Osteuropäer, die rechtliche und organisatorische Vereinheitlichung der Polizeien Man macht sich für mehr Frauen im Polizeidienst, bessere Arbeitsbedingungen in der Polizei sowie den Einsatz moderner Medien und Technik in der Polizei stark (bgv 2001j).

[7]Leider lassen sich aus den angegebenen Quellen und nach Rücksprache mit der Gewerkschaft nur unvollständige Daten ermitteln.

[8] In der Quelle weist die Gesamt-Berechnung bei der BPOLD H einen Rechenfehler auf, der von mir anhand der angegebenen Sitzverteilung hier korrigiert wurde.

[9] In seinem Klassiker der Verfassungslehre bezeichnet Karl Loewenstein (1959) dieses Verhalten als „Infiltration in die Machtträger“ mittels Erlangung eines Parlamentssitzes für eine bzw. Regierungsbeteiligung über eine Partei.