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Den Objektschutz für das Hamburger Polizeipräsidium übernahm der private Sicherheitsdienst POWER..
Foto: © Polizei Hamburg/Pauli-Pirat

Der Einsatz der „Privaten“

Von Klaus Henning Glitza

An den umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen für den G20-Gipfel in Hamburg waren nicht zuletzt private Sicherheitsdienste beteiligt. Sie unterstützten die Polizei vor allem beim Objektschutz, damit die eingesetzten Beamten ihre originären Aufgaben wahrnehmen konnten.

Eine mehr als unbefriedigende Sicherheitslage hatte den Entschluss der Behörden beflügelt,privateSicherheitsdienste hinzuzuziehen. Der Hintergrund: Nachdem im Vorfeld des Gipfels mehrere Dienstfahrzeuge in Flammen aufgegangen waren, hatte die Hamburger Polizei allen Grund, ihre Liegenschaften intensiviert zu schützen. Das Foto zeigt Objektschutz nahe eines Kontrollpunktes zur Elbphilharmonie.
Foto: © POWER
Zusätzliche Brisanz ergab sich aus den Lageeinschätzungen von Verfassungsschutz, BKA, LKA und Staatsschutz. Es war nun mit einem weitaus massiveren gewaltbereiten Spektrum und diversen Störaktionen im ganzen Stadtgebiet zu rechnen. Die Sicherheitsmaßnahmen mussten erhöht und erweitert werden. Doch die anderen Bundesländer konnten vor dem Gipfel keine zusätzlichen Kräfte erübrigen.

Hamburg stand in der Woche vor G20 quasi allein da. Schon deshalb kamen die hanseatischen Beamten bei der Absicherung der Liegenschaften schnell an ihre personellen Grenzen. Sogar Bereitschaftspolizisten und die hochspezialisierten Angehörigen der BFE + mussten zum Objektschutz abkommandiert werden. Dass sie dadurch ihre originären Aufgaben nicht wahrnehmen konnten, versteht sich von selbst. „Das Lückenstopfen auf der einen Seite wurde mit andernorts auftretenden Lücken erkauft“, so ein Insider.

Führungsstab rund um die Uhr mit 2 bis 4 Einsatzleitern besetzt: Hier laufen alle relevanten Informationen zur Auswertung und Maßnahmeneinleitung zusammen.
Foto: © POWER
So kam es schließlich, dass der zunächst kleinteiliger angedachte Einsatz der privaten Sicherheitsdienste ausgeweitet wurde. Eine sinnvolle Entscheidung, denn Objektschutz gehört zu den wesentlichsten Aufgabenfeldern der Privaten. Es gab . auch keine Konkurrenzsituation oder einen Kompetenzenstreit – die Polizei war froh, so schnell wie möglich kompetente Unterstützung zu erhalten. Die Sicherheitsdienste waren auf einem Gebiet tätig, dass sie anerkanntermaßen professionell beherrschen, um die Polizeibeamten von dieser ressourcenraubenden Aufgabe zu entlasten. Bereitschaftspolizisten und BFE-Leute hatten schließlich Wichtigeres zu tun. Im Ergebnis kam die Tätigkeit der Privaten der polizeilichen Aufgabenbewältigung in den Kernaufgaben zugute.

Die POWER PERSONEN-OBJEKT-WERKSCHUTZ GMBH erhielt den Auftrag, beim Objektschutz von Polizeiliegenschaften unterstützend tätig zu werden. Es ging dabei vor allem um das Polizeipräsidium. Die POWER-Sicherheitskräfte wurden nach einem Bericht der „Welt“ im Rahmen eines „Mischkonzeptes“ auf Polizeiliegenschaften gemeinsam mit Beamten – später ohne Begleitung durch Beamte – auf Streife geschickt. Eine „temporäre Lösung bis nach dem G20-Gipfel“, so ein Polizeisprecher.

„Wir waren insgesamt mit 200 zusätzlichen Kräften im Gipfeleinsatz“ berichtet Carsten Klauer, Geschäftsführer der POWER PERSONEN-OBJEKT-WERKSCHUTZ GMBH. Die Aufgaben waren vielfältig. Es wurden – neben dem Polizeipräsidium – zahlreiche Firmengebäude und Büros objektschutzmäßig abgesichert. Aber auch an Carsten Klauer, Geschäftsführer der POWER PERSONEN-OBJEKT-WERKSCHUTZ GMBH
Foto: © privat
der Absicherung eines hochsensiblen Bereichs, nämlich jener Halle des Messegeländes, die während des Gipfels als Plenarsaal diente, war POWER wesentlich beteiligt. Außerdem bewachten die POWER-Sicherheitskräfte in einer Kaserne der Bundespolizei und für die Feuerwehr wichtiges eingelagertes Material und Spezialfahrzeuge. Sicherheitsrelevante Vorfälle zeigten die Notwendigkeit der Maßnahmen.

Der gesamte Einsatz habe eine Herausforderung dargestellt, die es in dieser Form für unsere Unternehmensgruppe noch nie gegeben habe, macht Geschäftsführer Carsten Klauer deutlich. Mit der Fußball-WM 2006, die schon komplex genug mit über 1000 Sicherheitskräften bewältigt wurde, sei G20 noch nicht einmal im Ansatz vergleichbar.

Für POWER galt es, die Logistik und die Einsatzfähigkeit unter allen Lagebedingungen sicherzustellen. Ein Beispiel: Da vorab die Absichten der Gipfelgegner bekannt geworden waren, die Verkehrsinfrastruktur in Hamburg lahmzulegen, wurden extra für diesen Einsatz Fahrräder beschafft. So konnte sichergestellt werden, dass die Sicherheitskräfte nicht irgendwo im Verkehrschaos steckenblieben.

POWER zog aber auch Lehren aus dem Demonstrationsgeschehen: Erfahrene POWER-Kräfte begleiteten auch einzelne Demonstrationen und Aktionen der Gipfelgegner, um daraus Erkenntnisse über den Verlauf zu erhalten, Bewegungsrichtungen von Störergruppen frühzeitig zu Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer und seine Mitarbeiter waren zufrieden mit den privaten Dienstleistern.
Foto: © Polizei Hamburg
erkennen und ggf. die Sicherheitskräfte an den Schutzobjekten entsprechend vorwarnen zu können.

Mit 450 Kräften war Securitas Sicherheitsdienste GmbH Hamburg beim Gipfel im Einsatz, wie Geschäftsführer Kanut Seddig mitteilte. Schwerpunkte waren dabei das Messegelände, die Hafencity, die Elbphilharmonie und unterschiedliche TV-Einrichtungen in Hamburg-Wilhelmsburg (so genannte Aufsager). „Alles lief nach Plan“, betonte eine Sprecherin. Auch Stolzenburg Sicherheit & Service GmbH Hamburg beteiligte sich ebenso wie viele andere Sicherheitsunternehmen am Gipfelschutz beziehungsweise an der Sicherung privater Liegenschaften.

Unerwähnt bleiben soll auch nicht ein denkwürdiges Ereignis, das POWER-Geschäftsführer Carsten Klauer während einer dienstlichen Radfahrt hatte. Vor ihm fuhren während der Gipfeltage augenscheinlich im Rahmen einer Spontandemonstration Radfahrer, die ganz normal gekleidet waren. Als ihnen eine Polizeikolonne mit Blaulicht entgegenkam, stellten sich die Radler plötzlich quer und versperrten den Einsatzfahrzeugen dadurch den Weg. Aufforderungen, die Straße freizumachen, wurden von einem der Radfahrer hartnäckig ignoriert. Ein Polizeibeamter verlieh der Aufforderung daraufhin Nachdruck, indem er mit vorgehaltenem Reizstoffsprühgerät auf den Blockierer zustürmte. POWER-Chef Klauer ging angesichts dieser Szene der Gedanke durch den Kopf, dass ein in dieser Situation geschossenes und aus dem Zusammenhang gerissenes Foto als „Musterbeispiel“ für Polizeigewalt hätte herhalten können.

Ein Beispiel für Fotos, die nicht die komplette Geschichte in allen ihren Nuancen erzählen und zu falschen Schlüssen führen können.

Klaus Henning Glitza