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Sicher. Aber richtig!

Von Daniel Schlatter

Dass die „Security“ ein elementarer Bestandteil der Sicherheitsorganisation bei Veranstaltungen sein sollte, ist inzwischen fast unbestritten. Nur noch wenige Veranstaltungen werden ohne Engagement von privaten Ordnungsdiensten durchgeführt.

Doch mit dem Einsatz einer solchen „Truppe“ gehen eine ganze Reihe von Fragen einher, die in den meisten Einsätzen von den Beteiligten gar nicht beantwortet werden können:

  • Was ist und macht eigentlich die „Security“?
  • Was muss die „Security“ können?
  • Warum brauchen wir „Security“?
  • Wie viel „Security“ braucht man denn?

Genauso unbestimmt, wie die Fragen sind, so undifferenziert sind die Antworten. Doch was sind die Antworten? Und was sind die „richtigen“ Antworten auf diese Fragen? Ein paar Beispiele aus dem Alltag seien gestattet…

Was macht also die Security?
„Ist doch klar. Die schauen, dass die Leute sich benehmen. Und wer sich nicht benimmt, den bringen die raus“. - „Die bewachen halt die Veranstaltung“. – „Die sind da und kosten einen Haufen Geld“ – „Streife? Das macht doch der Einsatzleiter mit.“

Was muss die Security können?
„Die brauchen den 34a – die schickst Du zur IHK – aber können tun die halt danach auch nichts“ – „Einen Schein – wieso denn das? Die bewachen doch nichts?“ „Die stehen eh bloß rum – wenn es ernst wird, dürfen die eh nix“.

Warum brauchen wir denn Security?
„Das steht im Bescheid!“ – „Das Ordnungsamt und die Polizei haben uns das vorgeschrieben“ – „Steht in der Versammlungsstättenverordnung“

Wie viel „Security“ braucht man denn?
„1 Mann auf 100 Besucher!“ – „Ausreichend“

Schon die verschiedenen Bezeichnungen machen deutlich, wie viel Klärungsbedarf besteht. Ist der Veranstalter nun angehalten, Ordner oder Securities einzusetzen, handelt es sich um einen Ordnungsdienst oder einen Sicherheitsdienst oder ist es vielleicht eine Bewachung? Für die Veranstaltungsbranche bietet es sich an, die Begrifflichkeiten der Versammlungsstättenverordnung aufzunehmen. § 43 MVStättV spricht vom Ordnungsdienst, weshalb auch der Begriff Veranstaltungsordnungsdienst verwendet werden sollte. So werden nicht von vornherein formalbestimmte Erwartungen geschürt. Ob es sich um eine Bewachung handelt oder nicht und welche Qualifikationen verlangt werden (müssen), kann damit noch ganz offen und damit auch nicht ausgeschlossen bleiben.

Sowohl auf privater Seite als auch bei den Behörden herrscht über die Bezeichnung, die Definition, die Aufgaben und Qualifikation, die Quantität und Struktur der privaten Sicherheitskräfte für Veranstaltungen Unklarheit. Viele Beteiligte begründen dies mit fehlenden gesetzlichen Regelungen, fehlenden Normen oder undifferenzierten Standards.

Und in der Tat ist die Vorschriftenlage für die private Absicherung von Veranstaltungen recht dürftig: Rein privatrechtlich fordert die Einhaltung der bei einem Vertragsschluss geltenden Nebenpflichten nach § 241 BGB bzw. der Organisations- und Verkehrssicherungspflichten die Einrichtung einer der Veranstaltung und in ihr liegenden Gefährdung angemessenen Sicherheitsorganisation. Schaut man in das öffentliche Recht, muss der Anwendungsbereich der Versammlungsstättenverordnungen eröffnet sein, damit man zur Einrichtungspflicht und Aufgabenbeschreibung des § 43 Versammlungsstättenverordnung (VStättVO) gelangt. Doch blickt man in das Ordnungsrecht, sucht man vergeblich nach einer klaren Regelung. Und nur gerade wenn der Anwendungsbereich des § 34a Gewerbeordnung (GewO) durch die Ausübung einer gewerblichen Bewachung eröffnet ist, werden Anforderungen an Zulassung, Ausübung und zu genaueren Verfahrensweise z.B. in der Bewachungsverordnung (BewVO) tragend. Doch was, wenn nicht?

Und wie sonst auch in der Veranstaltungswelt bereits seit langen Jahren mit fehlenden technischen Normen für die Gewährleistung der technischen und baulichen Veranstaltungssicherheit praktiziert, bleiben die Umstände des Auftrags wenig konkret, die Auflagen reichlich unbestimmt und die Praxis behilft sich bestenfalls in der Adaption bestehender Regelungen – allerdings teilweise mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen und damit verbunden teilweise sehr hohen Risiken: denn wer weiß schon, was nun „richtig“ ist.

Bei vielen Veranstaltungen und damit verbundenen Sicherheitsaufgaben ist entweder der Anwendungsbereich nicht eröffnet oder die Vorschriften passen nicht zu den Anforderungen einer zeitgemäßen Sicherheitsarchitektur. Doch was ist der Weg aus dem Dilemma?

Die Sicherheitsplanung in der Veranstaltungswelt macht sich bereits weit verbreitet die Methodik der schutzzielbezogenen, risikoorientierten Maßnahmenplanung zu nutzen. Wer also die übergeordneten Schutzziele, die Planungsgrundlagen mit Abläufen und Mengengerüsten sowie der Veranstaltungsplanung und die mit der Veranstaltungsdurchführung verbundenen Risiken kennt, findet nach den Grundsätzen der Notwendigkeit und Zumutbarkeit als zivilrechtlicher Maßstab und nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit als öffentlich-rechtlicher Maßstab die „richtigen“ Antworten.

Im Sinne einer einfachen Handhabung und einer notwendigen Planungssicherheit auch verbunden mit einer gewissen Wettbewerbsgleichheit würden sich sowohl die Wirtschaft als auch die Verwaltung die Erarbeitung von Standards und Normen, vielleicht sogar von passenden Vorschriften zur Veranstaltungssicherheit, Erleichterungen erhoffen. Doch in naher Zukunft scheint dies nicht wirklich realisierbar: Das Forschungsprojekt Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen (BaSiGo) hat erste Versuche zur Standardisierung unternommen und seit letztem Jahr wird im Forschungsprojekt „Professionalisierung des Veranstaltungsordnungsdienstes“ (ProVOD – Etablierung und Professionalisierung des Veranstaltungsordnungsdienstes geforscht. Zeitgleich haben sich verschiedene Verbände intensiv mit dem Thema befasst. Konkrete Ergebnisse sind noch nicht greif-, Lösungen werden aber erkennbar.

Doch wie kommt man aktuell zum Ziel?

Zwei Lösungsstrategien lassen sich verfolgen. Zum einen muss ein Sicherheitskonzept einer Veranstaltung die aufgeworfenen Fragen erschöpfend beantworten können und andererseits müssen die Festlegungen in vertragliche Regelungen gegossen werden.
47klueh security 2014 Kopie
Über den Schutzzielbezug, die Risikoanalyse und die Festlegung der notwendigen Schutzmaßnahmen sind die Vorgaben für die Ausgestaltung der privaten Gefahrenabwehr in der Regel klar formuliert. Entweder im Konzept selbst oder als Ergänzungskonzept kann ein sog. Ordnungsdienstkonzept über die Sicherheitsorganisation allgemein und die Schnittstellen, die Aufgaben eines Ordnungsdienstes (Begrifflich angelehnt an die VStättVO), die Struktur, die Qualifikation und die Personal- und Sach- und Kommunikationsmittelausstattung sowie die übertragenen Kompetenzen erschöpfend Auskunft geben. Dabei ist die Aufgabe kombiniert mit den übertragenen Kompetenzen sowie den Abläufen die ausschlaggebenden Kriterien. Diese Erarbeitung schafft für die Beteiligten Transparenz, lässt eine Plausibilitätsprüfung zu und führt direkt zu verhältnismäßigen Verfügungen im Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung oder Verfügung zur Veranstaltung.

Doch mit dem Ordnungsdienstkonzept allein ist das Ziel noch nicht erreicht. Denn weder Sicherheitskonzept noch das Ergänzungskonzept haben ohne Weiteres Bindungswirkung für die Beteiligten. Es bedarf hier weiterer konkretisierender Maßnahmen. Neben der Aufnahme der Inhalte in eine ordnungsrechtliche Verfügung steht dabei vor allem die Regelung der Rechte und Pflichten zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer im Vordergrund.

Im Idealfall spiegelt die Beauftragung als Veranstaltungsordnungsdienst nicht nur die im Sicherheitskonzept getroffenen Inhalte wieder, sondern dient insbesondere auch zur weiteren Konkretisierung der Auftraggeber- und Auftragnehmerpflichten. Dabei sollte auch Berücksichtigung finden, dass eine Dienstleistung im Bereich der Veranstaltungssicherheit nur auf Augenhöhe erfolgen sollte und der Einhaltung der Informations- und Unterrichtungsprozesse besondere Beachtung geschenkt werden muss.

Natürlich muss eine Beauftragung die zivilrechtlichen Standardregelungen umfassen, sie ist aber zugleich auch die Chance, im angestrebten Rechtsverhältnis den Standard zum Austausch der Leistungen zu definieren. Denn dieser darf sich nicht im Austausch „Mensch“ gegen „Geld“ erschöpfen. Die Wahrnehmung des Ordnungsdienstes bringt noch viele Facetten mehr mit sich:

Schon bei der Auswahl des beauftragten Unternehmens sollte auf Zulassung, Zuverlässigkeitsnachweis und ordnungsgemäße Haft- und Vermögensschadenshaftpflicht geachtet werden und diese Kriterien sollten auch in einer Beauftragung Niederschlag finden.

Zur Planung und Vorbereitung der Veranstaltungsdurchführung sollte der Ordnungsdienst frühzeitig einbezogen werden. Und im Rahmen des weiteren Verlaufs erstellt der Ordnungsdienst dann unter Berücksichtigung konzeptkonformer aber ordnungsdienstspezifischer Schutzziele eine eigene Gefährdungsanalyse und leitet daraus das Einsatzkonzept mit Überblick über die Organisationsstruktur, den Personaleinsatz mit Bestimmung von Aufgabe und Qualifikation und zugehöriger Dienstanweisung, Dienstplan sowie veranstaltungsspezifischer Unterweisung zum Arbeitsschutz ab.

Während der Auftraggeber neben einer Vergütung eine umfassende Instruktion und Information über die geplante Veranstaltung, die ordentliche Erstellung eines Sicherheitskonzepts inkl. eines Notfallplans und Hinweise auf spezifische Gefahren im Zusammenhang mit dem zu bewachenden Objekt bzw. der zu betreuenden Veranstaltung schulden sollte, könnten als zentrale Aufgaben des Veranstaltungsordnungsdienstes folgende Punkte geregelt sein:

  • Teilnahme an den Sicherheitsbesprechungen und Integration in die Sicherheitsorganisation
  • Bildung einer resilienten Führungsorganisation im Veranstaltungsordnungsdienst
  • Besucherlenkung nach Notwendigkeit
  • Kontrolle an den Ein- und Ausgängen sowie den Zugängen zu den einzelnen Besucherbereichen
  • Überwachung der Beachtung der maximal zulässigen Besucherzahl
  • Überwachung der Freihaltung von Flucht- und Rettungswegen sowie der Verkehrssicherheit auf dem Gelände
  • Schutz und Bewachung des Veranstaltungsumfelds und des Veranstaltungsgeländes und der zugehörigen technischen Anlagen und Einrichtungen, insbesondere der Bühnen-, Gastro- und Publikumsbereiche
  • Schutz und Überwachung des Publikums
  • Unterstützung im vorbeugenden Brandschutz sowie Überwachung und
  • Gewährleistung der Beachtung des Verbots der Verwendung von offenem Feuer, brennbaren Flüssigkeiten, Gasen und sonstigen feuergefährlichen Stoffen
  • Einleitung von Hilfs- und Lenkungsmaßnahmen in Not- und Gefahrenfällen
  • Einleitung und Durchführung einer Räumung oder Evakuierung nach Anordnung durch die Veranstaltungsleitung.

Bei der Auftragsausführung sollte neben der Beachtung des Ansehens und der Reputation, Bestimmungen zum Auftreten und zur Einsatzphilosphie unbedingt auch die Rechtskonformität als Selbstverständlichkeit vereinbart sein. Hierzu zählen insbesondere die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften, die Vorgaben der Bewachungsverordnung, die Vorgaben des Sonderbaurechtes und die ordnungsrechtlichen Vorgaben – aber eben auch die Vorgaben zur Arbeitszeit, zum Einsatz und zur Überlassung von Arbeitnehmern von Dritten, die Einhaltung der Vorschriften zum Mindestlohn und zur Sozialversicherung sowie sämtliche Vorgaben zum Arbeitsschutz.

Grundsätzlich bietet sich die Erarbeitung einer individuellen Rahmenvereinbarung an, welche dann über Einzelaufträge für die jeweilige Veranstaltung konkretisiert wird. Dies hat den Vorteil, dass die Rahmenvereinbarung einzelfallbezogene Lösungen erlaubt, während bei der regelmäßigen formularmäßigen Beauftragung auch die Restriktionen des AGB – Rechts berücksichtigt werden müssen.

Pacta sunt servanda – Die Verträge sind zu erfüllen. Solange es keine einheitlichen gesetzlichen Regelungen und Standards gibt, sind also die Vertragspartner gefordert, die Standards zu setzen und zu bedienen, auch um damit ihrer Verantwortung nachzukommen. Dazu zählen eine „vernünftige“ Beauftragung aber eben auch einmal das Recht, NEIN zu sagen.

Über den Autor
Daniel Schlatter
Daniel Schlatter
Rechtsanwalt und Verantwortlicher für Veranstaltungstechnik, Event-Security- und Safety Manager (bucks/ibit) und Fachperson für Blitzschutz bei Veranstaltungen. Produktions- und Veranstaltungsleitung, Sicherheits- und Verkehrsmanagement bei Großveranstaltungen mit über 100 000 Teilnehmern. Dozent für Veranstaltungsrecht und Verkehrsmanagement u.a. ibit GmbH, TÜV Süd Akademie, TÜV Saarland, Donau-Universität Krems.
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