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Deutsche Unternehmen im Visier?

Türkei nennt 681 deutsche Unternehmen

Von Nils Retkowski

In den letzten Wochen wurde bekannt, dass die Türkei dem BKA eine Liste übergeben hat, auf der 681 deutsche Unternehmen genannt sind. Zunächst war der Medienberichterstattung zu entnehmen, dass türkische Behörden die gelisteten Unternehmen der Terrorfinanzierung verdächtigen.

Erst nach und nach wurde richtiggestellt, dass die Liste Unternehmen nennt, die mit türkischen Unternehmen Geschäftsbeziehungen unterhalten, die der Terrorfinanzierung verdächtigt werden – ein nicht zu verachtender Unterschied in den Aussagen. Die türkische Regierung dementierte zunächst die Existenz der Liste, räumte dann aber ein, dass es eine solche Liste gebe. Die Nennung auf der Liste hätte keine Auswirkungen auf die genannten Unternehmen. Auch andere europäische Länder hätten eine solche Liste von der Türkei erhalten.

Nachdem die Existenz der Liste weithin bekannt war und auch das BKA auf seiner Homepage die Existenz der Liste bestätigte, zog die türkische Regierung sie jedoch gänzlich zurück.

Die Übergabe dieser Liste erinnert an eine ähnliche Meldung, wie sie zu Anfang des Jahres kurz nach der Münchener Sicherheitskonferenz publik wurde. Hier hatten türkische Sicherheitsbehörden den Deutschen eine Liste mit Personennamen übergeben, welche Anhänger oder Unterstützer der Gülen Bewegung sein und die diese identifizieren oder zurückmelden sollten.

Die Konsequenz

Bisher waren neben den inländischen Säuberungsaktionen nach dem Putsch aus dem letzten Jahr vor allem ausländische Journalisten und Menschenrechtler, die kritisch über die türkische Politik berichteten, im Fokus der türkischen Behörden. Die Beurteilung des Umgangs in diesen Fällen war zwischen Ankara und Berlin sehr ambivalent. Für die Mehrheit der nicht zu diesen Gruppen gehörenden Personen gibt es derzeit keine validen Gründe grundsätzlich von Geschäften mit und Reisen in die Türkei abzusehen.

Die Kurzanalyse

Das Bekanntwerden von mutmaßlichen Ermittlungen gegen deutsche Unternehmen stellt eine neue Eskalationsstufe in den sich verschlechterten Beziehungen zwischen den beiden Staaten dar. Die Verschärfung der Reisehinweise der deutschen Regierung ist eine politische Reaktion auf das bilaterale Verhältnis zwischen der Türkei und Deutschland. Es ist denkbar, dass bei einer weiteren Eskalation, die Geschäftsbeziehungen zwischen deutschen und türkischen Unternehmen Anlass für Ermittlungen von türkischer Seite bieten. Ein Wendepunkt, der Anlass zu einer neuen Bewertung der Situation genommen werden sollte, wäre die Inhaftierung von Geschäfts- oder Privatreisenden in der Türkei, ohne objektiv erkennbaren Hintergrund. Allein die Existenz solcher Listen, wie den oben genannten, weist darauf hin, dass Personen und auch deutsche Unternehmen gezielt beobachtet werden.

www.result-group.com

Über den Autor
Nils Retkowski
Nils Retkowski
Prokurist/Chief Operating Officer
Ist seit 2011 zunächst als Head of Maritime Services bei der Result Group tätig. Anfang 2014 wurde er zum COO ernannt und führt seit 2017 seine Aufgaben in der Risiko- und Krisenmanagementberatung aus der Niederlassung in Hamburg.
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