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VW Transporter als Hybridfahrzeug für den Geldtransport: Panzerung und IBNS

Wertelogistik im Wandel!

Innovative Unternehmer zeigen, wie erfolgreich ein Werttransportunternehmen heute betrieben werden kann.

Von Robert Frischbier

Ein hoher Sicherheitsanspruch gepaart mit starkem Kostendruck bilden heute das Spannungsfeld, dem sich die Wertelogistiker in Deutschland stellen müssen. Viele Unternehmer weichen deshalb inzwischen von den herkömmlichen Technologien und Prozessen ab, um ihre Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen.
Ein Blick nach Niedersachsen zeigt, wie erfolgreich moderne Werttransportunternehmen ihr Geschäft mit sogenannten IBNS Systemen betreiben können.

Die Volksbank BraWo Service GmbH ist ein Tochterunternehmen der Volksbank BraWo in Braunschweig, die schon davor über sechs Jahre ihre internen Transporte in ungepanzerten Fahrzeugen mit IBNS-Systemen durchgeführt hat.

Die Niedersachsen fahren jetzt die eigenen Gelder als Wertdienstleister, versorgen Geldautomaten und inzwischen auch externe Kunden durch unbewaffnete Mitarbeiter. Fast alle der eingesetzten Fahrzeuge sind dabei zudem ungepanzert.

Die Idee ist gar nicht so neu und kam zunächst aus Skandinavien. Dort sind bereits seit langer Zeit sogenannte Softcar™ im Einsatz. Diese Fahrzeuge verfügen über keine physische Panzerung im herkömmlichen Sinne, sondern ausschließlich über einen elektronischen Schutz. Hinzu kommt, dass das Personal überwiegend unbewaffnet ist. Dort sichert also vor allem das IBNS-System die Werte. Einfärbungssysteme – „IBNS“ – machen das Geld im Falle eines Überfalls unbrauchbar. Elektronische Systeme sichern die Zugänge zu den diversen Werteräumen in den Fahrzeugen anstelle von dicken Stahlwänden. Die Sicherungssysteme sind nicht nur in der Lage zu erfassen, wie viele IBNS-Koffer sich an Bord des Fahrzeuges befinden, sie bestimmen auch, dank der Elektronik, wer Zugang zum Fahrzeug bekommen und wer es fahren darf. Alle Daten können dabei in Echtzeit erfasst und abgerufen werden. Das Fahrzeug ist hier Teil des gesamten Bargeldkreislaufes und nicht nur Transportmittel von A nach B.

Europaweit macht der ungepanzerte Geldtransport heute bereits fast fünfzig Prozent aller Transporte aus. Gern wird immer wieder Schweden als Beispiel für den Erfolg angebracht. Dort wurden um die Jahrtausendwende immer schwerere Überfälle mit immer brutalerem Vorgehen verzeichnet. Als Gegenmaßnahme wurden immer dickere Panzerungen an den Fahrzeugen eingesetzt, was letztlich wiederum zu noch aggressiveren Angriffen, wie erfolgreichen Explosionsangriffen, auf die Fahrzeuge führte. Diese Gewaltspirale wurde erst durch den Einsatz von Softcar™ und IBNS-Systemen durchbrochen. Im Falle eines Angriffversuches wurde das Geld sofort eingefärbt, der Anreiz für die Täter war weg.

Ein Dieb sollte niemals belohnt werden – Die Philosophie der IBNS-Systeme

Den Kern der Softcar™ bilden die IBNS Systeme. Die Abkürzung steht für „Intelligent Banknote Neutralisation System“ (Intelligentes Banknotenneutralisationssystem). Das blitzartig eingefärbte Geld ist für den Täter unbrauchbar.Das grundlegende Konzept der Technik basiert darauf, den Anreiz oder den Versuch für Raubüberfälle und Verbrechen mit Hilfe von innovativer Technologie präventiv zu verhindern.

Bei jedem unautorisierten Versuch, die IBNS-Koffer zu öffnen, aktiviert das System und färbt die Banknoten mit zertifizierter Spezialtinte ein. Bei einem „Einbruchsversuch” wird das Einfärbesystem innerhalb von 40 Millisekunden aktiviert. Auch verpackte Banknoten in Safebags / Vakuum oder beides werden eingefärbt.

Es ist dabei völlig egal, ob der Zugriffsversuch auf das Geld mit Sprengstoffen, Flüssigkeiten, Tasern, Kälte oder was auch immer erfolgt. Das IBNS-Systeme löst unmittelbar aus und macht das Geld unbrauchbar für den Täter.

Der Geldbote selbst wird für den Täter dabei vollkommen uninteressant. Er hat keinen Zugriff auf den Inhalt des IBNS-Koffers und darüber hinaus weisen leicht verständliche Piktogramme auf den Koffern und den Fahrzeugen auf die vorhandene IBNS-Technologie hin.

Erfolgreich in der Praxis

Bei der Volksbank BraWo Service GmbH hat man diese Philosophie gern angenommen. Viele der Geldboten waren früher selbst für den internen Geldtransport in den Bankfilialen tätig und konnten nun im unbewaffneten Geldtransport eingesetzt werden.

VW Caddy 02Zunächst wurde gründlich analysiert, wie die Fahrzeuge konfiguriert sein müssen, um das Geschäft wirtschaftlich erfolgreich betreiben zu können und eine schnelle Amortisation der Investitionskosten zu erlangen. Einige Fragen wurden zunächst besprochen. Wie viele IBNS-Koffer werden für die Banknotentransporte benötigt, wie viele Münzen müssen im Fahrzeug Platz finden und welches Fahrzeug eignet sich dafür am besten? Das erste Fahrzeug war ein Volkswagen Caddy – klein aber geräumig. Die Mitarbeiter waren von Anfang an äußerst zufrieden mit der neuen Technik und den Abläufen. Schnell kam die Idee für weitere Fahrzeuge auf. Erneut wurde geplant und neue Touren wurden erdacht. Die Wahl fiel diesmal auf den Volkswagen T6 Transporter. Mehr Raum und mehr Nutzlast waren die ausschlaggebenden Kriterien.

Was ist mit P-Behältern und Bundesbanktouren?

VW Caddy im EinsatzWertransporteure haben nicht nur Safebags zu transportieren und Automaten zu befüllen oder zu entleeren. Die sogenannten P-Behälter sind, zumindest in Deutschland, nach wie vor ein wichtiges Transportbehältnis und müssen Platz in gepanzerten Fahrzeugen finden. Zumindest dann, wenn es zur Bundesbank geht um Banknoten einzuzahlen. Bis dato hatte man bei der VB BraWo Service GmbH die Transporte zur Bundesbank bei anderen Werttransporteuren eingekauft. Zufrieden war man damit aber nicht, da das eigene Geschäftskonzept mit dieser Variante nicht ganz vollständig erschien und man doch wieder von Dritten abhängig war.

Auch hierfür lag schnell eine Lösung auf dem Tisch. Diese war so simpel wie genial: Warum nicht einen Hybriden aus der bewährten Technik des gepanzerten Geldtransporters und der neuen IBNS-Technologie kreieren? Als Grundlage diente ein ganz herkömmlicher gepanzerter Geldtransporter mit Schleuse. Die Fahrzeugkonstrukteure planten das Konzept so um, dass in der Schleuse zusätzlich IBNS-Koffer in einem Regal gesichert werden können. Der Laderaum dient dem Transport von P-Behältern und Münzcontainern. Das Fahrzeug kann somit den geschlossenen „Schleuse-Schleuse-Transport“ zur Bundesbank durchführen, wird aber auch für das normale Alltagsgeschäft mit den IBNS-Koffern eingesetzt. Dafür wird einfach per elektronischem Schlüssel der Sicherheitsmodus von gepanzertem Geldtransporter auf Softcar™ gewechselt.

Der wirtschaftliche Vorteil liegt auf der Hand

Anders als bei herkömmlichen, gepanzerten Fahrzeugen können die IBNS-Systeme und wesentliche Teile der VW T6: Panzer + IBNS
Fotos(5): © CST Cash-Security-Tec GmbH
Ausstattung nach Ablauf der Fahrzeuglebenszeit in ein neues Fahrzeug umgesetzt werden. Eine Mehrfachnutzung ist möglich. Darüber hinaus kann dank eines Complete Service Agreements (CSA) schon im Voraus ganz genau gesagt werden, wie die Kosten über die gesamte Produktlebensdauer sein werden. Die sogenannten TCO „Total cost of ownership“ machen die IBNS-Technologie zu einem planbaren Faktor für jeden Unternehmer. Amortisation und Kostenvorteile lassen sich schon in der Planungsphase zur Umstellung auf die IBNS-Technologie genau berechnen.

Was in Niedersachsen zunächst vor mehr als zwei Jahren als Pilotmodell getestet wurde, fand schnell auch andere Interessenten in Deutschland. Inzwischen gibt es in verschiedenen Ballungsgebieten und auch in ländlichen Gegenden vergleichbare Projekte für Softcar™: Banken und Sparkassen, die den Transport zu den Filialen sowie die Versorgung ihrer GAA’s insourcen wollen, für ihre Kunden und andere Kreditinstitute Dienstleistungen erbringen wollen und ihre Mitarbeiter nicht bewaffnen wollen.

Genau wie Werttransporteure, die neue Wege einschlagen wollen und müssen, bei immer weniger Stopps auf den Touren und bei einem extremen Personalmangel in der Branche.

 

Über den Autor
Robert Frischbier
Robert Frischbier
Robert Frischbier begleitet die Entwicklung der Geld- und Werttransportindustrie auf nationaler und internationaler Ebene seit über elf Jahren und verantwortet heute das Business Development der CST Cash-Security-Tec GmbH in Berlin.
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