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Ein Fahrzeug von Prosegur vor der Börse in Frankfurt a. M. – ein symbolträchtiges Bild.
Foto: © Prosegur

Deutschlands Marktführer kommt aus Spanien

Ein Gespräch mit Heath White (48), Geschäftsführer der Prosegur Cash Services Germany GmbH

Prosegur mit Hauptsitz in Ratingen bei Düsseldorf ist mit Abstand Deutschlands Marktführer im Bereich Geld- und Werttransport. Darüber hinaus ist Prosegur zertifizierter Errichter für Sicherheitstechnik. Mit seinen integrierten Sicherheitslösungen erstellt das Unternehmen ganzheitliche Konzepte zum Schutz von Personen und Sachwerten. Geschäftsführer des Unternehmens in Deutschland ist Heath White, ein gebürtiger Engländer, der ausgezeichnet Deutsch spricht.
Rund 4.000 Mitarbeiter sind hierzulande für das Unternehmen tätig. Als einziger Anbieter der Branche verfügt Prosegur mit 31 Niederlassungen über ein bundesweites Netzwerk.  

Veko-online: Herr White, zur Überraschung der Branche verkaufte KÖTTER sein GWT-Unternehmen Anfang des Jahres an Loomis in Schweden. Warum kam er damit nicht zu Ihnen, dem Marktführer in Deutschland?

White: Eine gute Frage. Ich gebe zu, wir haben mit dem Verkauf nicht gerechnet. KÖTTER war sehr stark in Nordrhein-Westfalen und im Norden, um Bremen herum. Herr Kötter und ich hatten eine sehr gute professionelle Beziehung miteinander, aber ich hatte keine Hinweise, dass er verkaufen wollte.

Veko-online: Es hat Sie also überrascht?

White: Wir hatten es nicht erwartet – tatsächlich überrascht waren wir nicht. Wir befinden uns in Deutschland in Sachen Sicherheitsunternehmen in einem Umbruch.

Es ist nicht nur eine andere Zeit. Es ist eine sich tief verändernde Zeit. Worum geht’s? Es geht erstens klar um eine Konsolidierung auf dem deutschen Markt in jeder Hinsicht. Das gilt für unsere Kunden, aber auch für die Branche selbst. Und zweitens befinden wir uns in einer Zeit der Investitionen. Das gilt nicht nur für neue Cash-Center und Fahrzeuge, sondern auch für das große Feld der Digitalisierung im Betrieb. Dazu muss man absolut fokussiert sein. Und benötigt eine Strategie. Auch die Kunden vereinfachen viele Dinge in der gemeinsamen Arbeit und denken teilweise global. War früher die Branche regional ausgerichtet, so hat sich das mittlerweile geändert. Und das hat KÖTTER erkannt, denke ich. Sie haben nicht gewartet. Diese Sicht der Dinge respektieren und verstehen wir.

Veko-online: Loomis hat vor vielen Jahren schon einmal den Versuch gemacht, in Deutschland ansässig zu werden. Das hat wohl nicht richtig geklappt. Bis zum Kauf der GWT-Sparte von KÖTTER war Loomis nicht mehr in Deutschland beachtenswert tätig. Durch die Übernahme wurde das Unternehmen in Deutschland zur Nr. 4 der Branche, da auch das gesamte Personal zu Loomis wechselte. Nur der mit abgegebene Geschäftsführer von KÖTTER, Peter R. Lange, hat mittlerweile wieder den Rückzug nach Essen angetreten.
Sie sind mit Abstand Marktführer im GWT-Bereich, weshalb uns die Beantwortung der Frage interessiert, warum es in Deutschland 40 GWT-Unternehmen gibt, so viele, wie in keinem anderen Land der Erde?

White: Es liegt in der Natur dieses Landes, dass es so viele Mitbewerber gibt. Das ist nicht nur im Bereich Geld & Wert so. Das Gleiche findet man beispielsweise auch bei den Logistikunternehmen, dem Handel und in der Bankenlandschaft. So funktioniert Deutschland, auch wenn die Märkte gesättigt sind. Das mag nicht immer gesund sein, ist aber eine Seite der Medaille. Die andere Seite zeigt, dass die Verhältnisse nicht so schlimm sind, denn es ist fast alles bestens reguliert: Es gibt viele Regeln, es gibt viele Verbote, es gibt viele Gebote. Das ist die Natur Deutschlands. Aber die Frage ist, ob der Markt eine so hohe Zahl von Playern bei all den Veränderungen, zum Beispiel im Bereich der Digitalisierung und des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, verträgt.

Veko-online: Nicht nur uns wundert, dass die vielen kleinen Unternehmen überleben können.

White: Der Mittelstand macht die Größe Deutschlands im Geschäftsleben aus. Ich denke, wichtig ist die Konzentration auf die eigenen Kernkompetenzen. Wir von Prosegur Cash Services Germany sind zum Beispiel eine der wenigen Firmen im GWT-Bereich, die nur CIT machen.

Veko-online: Das müssen Sie unseren Lesern erklären.

White: Unter CIT versteht man „Cash in transit“, also Bargeld-Transport von Punkt zu Punkt. Dazu kommt noch die Geldbearbeitung im Cash-Center, vereinfacht nur „Cash“ genannt. Auf der anderen Seite bündelt eine eigene Prosegur-Tochter Kompetenzen im Bereich Sicherheitstechnik. Wir sind also bei Prosegur Cash Services Germany – wie der Name sagt – eine der wenigen Firmen, die den Fokus nur auf Lösungen rund ums Bargeld und sonstige Werte legen. Andere, wie früher KÖTTER oder heute noch Ziemann, sind noch in anderen Geschäftsfeldern unterwegs, zum Beispiel in der Gebäudereinigung, Bewachung, Gebäudetechnik. Das macht Prosegur auch, aber in eigenen Tochterfirmen und nicht alles in Deutschland. Es gibt weltweit nicht viele Firmen, die nur CIT und Cash machen.

Veko-online: Danke für die Aufklärung. Ist Prosegur in Deutschland unter den GWT-Unternehmen die Nr. 1? Können Sie Zahlen nennen?

White: Wir haben in Deutschland circa 39 bis 40 Prozent Marktanteil.

Veko-online: Dürfen Sie etwas über den Umsatz sagen?

White: Wir machen mehr als 200 Millionen Euro Umsatz im Jahr.

Veko-online: Mit wie vielen Mitarbeitern?

White: Wir haben circa 4.200 Mitarbeiter und 31 Niederlassungen in Deutschland. Wenn man von den überregionalen Playern einmal absieht, haben die meisten Firmen zwischen 100 und 350 Mitarbeiter.

Veko-online: Zeichnet sich schon jetzt ab, dass die kleinen Unternehmen bald nicht mehr mithalten können?

White: Die kleineren Firmen sind fokussiert auf einen lokalen Markt und genießen meist exzellente Beziehungen zu ihren Kunden. Und darauf ist ihr Geschäft aufgebaut.

Veko-online: Also auf persönlichen Beziehungen?

White: Ja. Viele Volksbanken, Sparkassen sind sehr lokal begrenzt, das Gleiche gilt für den Handel. Die kleineren GWT-Unternehmen haben häufig gute persönliche Kontakte zu ihren Kunden, so dass man auch sehr gut funktionierende Geschäftsverbindungen aufbauen kann. In anderen Ländern, in denen ich zuvor tätig war, war das nicht so. Meist war die Qualität bei Unternehmen des Mittelstandes dort nicht so hoch wie in Deutschland.

Veko-online: Noch ein Blick auf GWT-Überfälle. Gravierend ist immer der Vergleich zwischen England und Deutschland.

White: Das stimmt. Im vergangenen Jahr waren es in England über 200 und in Deutschland 6 registrierte Überfälle. In anderen Ländern sind die geraubten Summen aber wesentlich kleiner als in Deutschland.

Veko-online: Wir haben in Deutschland aber auch eine besonders gesicherte Art des GWT-Transportes mit besonders sicheren Fahrzeugen. Auf der diesjährigen Security in Essen werden solche neuen Fahrzeuge gezeigt werden.

White: Wir haben gerade mit einem MAN TGE ein neues Fahrzeug für den deutschen Markt entwickelt, das eine neue Art von Panzerung hat.

Veko-online: Herr White, zum Abschluss noch eine indiskrete Frage: Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrem Unternehmen in Deutschland?

White: Unsere Strategie ist sehr einfach. Wir haben für Prosegur in Deutschland fünf Ziele festgeschrieben:

  1. Erfüllung unserer Rolle als Marktführer
  2. Produktive Harmonisierung Operations & Sales
  3. Umsetzung lokaler Verantwortung
  4. Erfüllung aller Trainingsanforderungen
  5. Ausübung einer Führungsrolle bei der Einführung neuer Produkte und Dienstleistungen am Markt

… und natürlich Erreichen unserer Planzahlen!

Veko-online: Ich danke für das Gespräch. Haben Sie noch etwas anzufügen?

White: Wie Sie wissen, bin ich Engländer, weshalb ich mich bei den Lesern mit einem Zitat von Shakespeare aus „Hamlet“ verabschieden möchte:
„There is nothing good or bad in this world – but thinking makes it so.” (Es gibt nichts Gutes oder Schlimmes in dieser Welt. Nur das Denken macht es dazu.). Das ist mein Schlusssatz.

Veko-online: Mr White, ich danke für das Gespräch und den passenden Schlusssatz.

Das Gespräch führte Chefredakteur Helmut Brückmann.