Graffiti an einer Mauer am Bahnhof Celle. Text: "Bevor wir betteln gehn wir klau'n!!".
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Für Einbrecher wird es jetzt (ein wenig) ungemütlich

Von Horst Zimmermann

Entgegen mancherorts vorherrschender Ansicht sind Bewegungen im Kriminalitätsaufkommen, egal ob Anstieg oder Rückgang, keinesfalls zufällig oder gottgegeben. Es gibt für jede Bewegung Gründe, nach deren Identifizierung sich Ansätze für polizeiliches Vorgehen ergeben – wenn polizeilicher und politischer Wille dies wollen.

Ein Paradebeispiel ist die Situation auf dem Gebiet der Wohnungseinbrüche. Über viele Jahre hinweg wurden Wohnungseinbrüche wie Bagatellen behandelt. Erst als die Zahlen immer neue Rekordstände erreichten und wesentlich zu einem Gefühl der Unsicherheit in der Bevölkerung beitrugen, setzten in den letzten beiden Jahren und vor allem im letzten Jahr nennenswerte polizeiliche und private Aktivitäten ein.

Viele Bürger rüsteten ihre Wohnungen mit Einbruchsicherungen aus. Die Polizei führte in den Brennpunkten mehr (aber noch immer nicht genug) Straßenkontrollen durch. Bekannte Intensivtäter (90 Prozent der Einbrecher sind Wiederholungstäter) wurden und werden gezielt beobachtet. Durch die vermehrten (aber noch immer nicht ausreichenden) Kameras an Verkehrsknotenpunkten lassen sich Bewegungen bekannter Einbrecher besser entdecken. Durch den vermehrten Einsatz der Spurensicherung nach Wohnungseinbrüchen werden mehr Zusammenhänge aufgedeckt. Insgesamt macht sich der verstärkte Einsatz von Polizeikräften bemerkbar.

So ist es kein Wunder, dass voriges Jahr erstmals seit zehn Jahren die Zahl der Wohnungseinbrüche zurückging, um beachtliche zehn Prozent auf 151.000 im Jahr 2016. Dabei ergeben sich in einigen Bundesländern deutliche Rückgänge(so in NRW, Hessen, Baden-Württemberg, Hamburg, Saarland), während in anderen Bundesländern, so in Sachsen und Sachsen-Anhalt, der Anstieg weiterging.

Ein genauer Blick in die Länderzahlen ist lohnend. Hessen verzeichnete einen Rückgang um zehn Prozent. Der Rückgang fand jedoch ausschließlich bei den erfolglosen Versuchen statt – eine klare Folge der verstärkten privaten Sicherungsmaßnahmen und der gestiegenen Hinweisbereitschaft der Bürger. Die vollendeten Wohnungseinbrüche stiegen noch einmal um ein Prozent, wahrscheinlich eine Folge des verstärkten Auftretens organisierter Banden.

Wesentlich für den hessischen Erfolg war unter anderem eine verstärkte und organisierte Zusammenarbeit mit Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz mit tagesaktuellem Austausch über Tatvorgänge einschließlich Erkenntnissen über den Modus Operandi. So konnten Erkenntnisse über Tatzusammenhänge und die Einsatzwege professioneller Einbrecherbanden aus Rumänen, Albanern, Bosniern, Serben und Chilenen gewonnen werden.

Spurensuche nach Fingerabdrücken an einem Tatort.
Foto: © Amij at Dutch Wikipedia
NRW erzielte einen Rückgang um stattliche 15,7 Prozent, nicht zuletzt eine Folge der Bildung spezieller Einsatzgruppen und von 65 Ermittlungskommissionen. In NRW gingen die vollendeten Wohnungseinbrüche um 18 Prozent zurück. Die positive Entwicklung zeigte sich besonders in Bereichen erhöhter polizeilicher Aktivität. Dagegen ging „auf dem Land“, z.B. in Borken und Höxter, der Anstieg weiter. In NRW war voriges Jahr jeder zweite ermittelte Einbrecher ein Nichtdeutscher. Im Jahr 2009 war es nur jeder vierte.

Die verstärkten polizeilichen Maßnahmen machten sich bisher nicht in einer deutlichen Verbesserung der Aufklärungsquote bezahlt. In NRW werden nur 16 Prozent der Wohnungseinbrüche aufgeklärt (Bundesdurchschnitt: 20 Prozent). Die Spurensicherung nach Einbrüchen muss erheblich ausgeweitet werden, weil sich dadurch Tatzusammenhänge aufdecken lassen. Ermittelten Tätern lassen sich unter Umständen mehrere Taten zuordnen. NRW hat für dieses Jahr die Gelder für DNA-Analysen um 500. 000 Euro aufgestockt. Ziel müsste sein, dass nach jedem Einbruch eine Spurensicherung stattfindet.

Noch ist es nicht viel mehr als eine schöne Hoffnung: Dass die vielerorts testweise eingesetzten Prognose-Programme einmal verlässlich voraussagen können, wo eine Tat bevorsteht und wer für die Tat in Frage kommt.

Das alles bringt letztlich so lange noch nicht den großen Durchbruch wie die Justiz die Bedeutung der Einbruchskriminalität noch nicht vollständig erkannt hat. Für festgenommene Mehrfachtäter muss grundsätzlich U-Haft angeordnet werden. Es kann nicht angehen, dass ein fester Wohnsitz ausreicht, um einem Intensivtäter die weitere Ausübung seiner Profession als Einbrecher zu ermöglichen. Dass die Täter oftmals genau wissen, wie Schwachstellen in der Strafverfolgung zu nutzen sind, bewies letztes Jahr ein Fall in Hessen. Eine rumänische Bande verschaffte ihren jeweils zum Tateinsatz im Raum Wiesbaden/Mainz einreisenden Mitgliedern sofort gefakte „feste Wohnsitze“, mit denen sie den Haftgrund der Fluchtgefahr widerlegten.

Über den Autor
Horst Zimmermann
Horst Zimmermann
Horst Zimmermann, schon während des Studiums (Jura und Politik) an der Uni Bonn Mitarbeit bei mehreren Tageszeitungen, dann Mitglied der Bundespressekonferenz (bis 2010), bis 1999 NRW-Korrespondent der WELT am Sonntag und freier Mitarbeiter von zeitweise bis zu 14 Tageszeitungen. Schwerpunkt: Innere Sicherheit und speziell Terrorismus. In den letzten Jahren Schwerpunkt Sicherheit auf Reisen.
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