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Schießtraining ohne scharfen Schuss

Von Dr. Reinhard Scholzen

Geräte, mit denen das Schießen gefahrlos, kostengünstig und dennoch realitätsnah trainiert werden kann, verwenden Polizisten und Soldaten bereits seit Jahren. Zu AGDS ist ein modernes System, mit dem das Schießen realitätsnah geübt werden kann. den modernsten Möglichkeiten, das Schießen zu simulieren, zählt das „Ausbildungsgerät Duellsimulator“ (AGDS), das zum Beispiel die Feldjäger der Bundeswehr verwenden.

Lange Zeit galt der Satz: „Den scharfen Schuss kann nichts ersetzen!“ Weder Schießtrainer der Polizei noch des Militärs stellten dies in Frage. Zwar konnten auch früher manche Abläufe „trocken“ trainiert werden – mit Exerzierpatronen das Laden und Entladen des Magazins, das Durchladen, Sichern und Entsichern der Waffe –, aber das machte noch keinen guten Schützen. „Schießen kann man nur durch Schießen lernen!“ auch das stimmte lange Zeit ohne Einschränkung. Jedoch wussten die erfahrenen Ausbilder auch, dass gerade die Schießausbildung mit der Pistole eigenen Gesetzmäßigkeiten folgte. Während man einem Polizeischüler oder Rekruten viele Dinge antrainieren konnte und sich im Lauf der Zeit bei sachgerechtem Üben in der Regel auch Fortschritte einstellten, blieben die Lernerfolge im Pistolenschießen nicht selten aus. Dies gipfelte in der resignierenden Feststellung: „Entweder kann man mit der Pistole schießen oder man kann es nicht!“ Insbesondere in der Polizei konnte man mit diesem Ergebnis nicht zufrieden sein, da es gerade dort zu allen Zeiten darauf ankam, die Dienstwaffe möglichst perfekt verwenden zu können.

Mit Kleinkaliber zum besseren Schießen

Als eines der Grundprobleme wurde die bei manchen Schützen vorhandene Angst vor dem Schuss erkannt. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg war es daher beim Militär und der Polizei gang und gäbe in den ersten Trainingseinheiten kleinkalibrige Wechselsysteme für Pistolen und Gewehre zu verwenden. Somit absolvierten die Auszubildenden ihre ersten scharfen Schüsse mit diesen rückstoßschwachen und vergleichsweise leisen Waffen. An diesem Prinzip wurde auch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs festgehalten. So beschaffte zum Beispiel die rheinland-pfälzische Polizei in den frühen 1960er Jahren Kleinkaliber-Einstecksysteme für ihre FN-Gewehre. Dies bot zudem den Vorteil, dass die daraus verschossene Kleinkaliber-Munition im Vergleich mit der Einsatzmunition deutlich preisgünstiger war und damit auch Schießstätten genutzt werden konnten, die nicht über die deutlich aufwendigeren und damit teureren Sicherheitsvorkehrungen verfügten, die das Schießen mit Großkalibern erforderte.

Die in dieser Form Ausgebildeten lernten sehr viel besser, den Abzug langsam zu betätigen, um sich vom Schuss überraschen zu lassen, anstatt die Waffe zu verreißen. So konnte auch das reflexhafte Schließen der Augen beim Schuss, das sogenannte Mucken, verringert werden. Trotz alledem blieben Probleme bestehen; denn eine gute Schießausbildung war nach wie vor sehr zeitaufwendig und benötigte viele sehr gut qualifizierte Ausbilder.

In der anschließenden Schießausbildung, in der dann großkalibrige Waffen verwendet wurden, mussten zahlreiche Sicherheitsvorschriften beachtet werden. Daher Auch das Schießen auf die Ringscheibe ist möglich, aber AGDS ist primär dafür entwickelt worden, einsatznah zu üben.reduzierte sich die Ausbildung auf wenige Szenarien. Soldaten schossen zunächst auf Ringscheiben, später dann auf Pappkameraden. Diese hielten ein Gewehr in der Hand oder kauerten hinter einem Holzstoß. Der Feind aus Pappe bewegte sich nicht und schoss selbstredend auch nicht zurück. Allenfalls konnte er mittels eines Seilzugs plötzlich aus der Versenkung auftauchen. Die Schützen schossen im Stehen, im Sitzen, im Liegen oder kniend. Fortgeschrittene nutzten einen Pfosten als Deckung oder feuerten aus einem Tür- oder Fensterrahmen heraus. Die Schussentfernungen waren auch festgelegt. In der Regel schoss man aus 50, 100, 200 oder 300 Meter Entfernung. Mit diesen wenigen Variationsmöglichkeiten konnte die Wirklichkeit eines Feuerkampfes selbst bei bestem Willen nicht simuliert werden. Das Schießen aus der Bewegung heraus, war noch vor wenigen Jahren für den einfachen Soldaten tabu. So etwas war ganz wenigen Spezialisten vorbehalten.

Schießkinos

Moderne Technik brachte Fortschritte. Seit den 1960er Jahren wurden bei der Polizei und wenig später auch bei der Bundeswehr sogenannte Schießkinos eingerichtet. Mit scharfen Waffen wurde auf eine Leinwand geschossen, auf die unterschiedliche Fotos oder Szenarien projiziert wurden. Dies war aber nur eine Übungsvariante für geübte Schützen. Brachte man die Eleven zu früh in Kontakt mit dieser Form des Schießens, so nahmen die Leistungen bei vielen Auszubildenden deutlich ab, da der höhere Stresspegel vorhandenes Fehlverhalten verstärkte. Zudem waren die hiermit erzielbaren Fortschritte gering. Zu schnell gewöhnten sich die Auszubildenden an die in nur geringer Zahl abspielbaren Szenarien. Die Ausbilder konnten zahlreiche Fehler der Einer der Trainingsfilme zeigt unterschiedliche Variationen einer Fahrzeugkontrolle an einem Checkpoint.Schützen lediglich erahnen, aber häufig nicht exakt feststellen, worin die Ursache für einen schlechten Schuss oder einen Fehlschuss lag. Die Kosten konnten mit dieser Trainingsvariante nicht verringert werden; denn die Einrichtung eines Schießkinos war teuer und im laufenden Betrieb musste es die gleichen Sicherheitseinrichtungen aufweisen wie jede andere Raumschießanlage. Als die Gefährlichkeit der beim Schuss entstehenden Emissionen erkannt wurde, mussten neue Munitionssorten eingeführt und aufwendige Filteranlagen in die Schießanlagen eingebaut werden.

So war es einmal. Nachdem zunächst leistungsfähige elektronische Schießsimulatoren nur von den Spezialeinheiten der Polizei genutzt wurden, hielten zu Anfang des 21. Jahrhunderts auch bei den Schutz- und Kriminalpolizeien elektronische Schießsysteme wie FATS (FireArms Training Systems) Einzug. Zum Beispiel wurden in Rheinland-Pfalz seit dem Jahr 2009 vier Anlagen in Enkenbach-Alsenborn, Wittlich-Wengerohr, Mainz und Koblenz eingerichtet. Besonders gut ist FATS geeignet, um den sicheren Umgang mit der Waffe zu üben. Das System kann auch Filmsequenzen abspielen, mit denen die Grundlagen der Eigensicherung trainiert werden können. Dabei ist es für die Polizisten immer wichtig, die einzelnen Szenen rechtlich zu prüfen. Insbesondere müssen die Beamten in Sekundenbruchteilen entscheiden, ob in einer Szene der Gebrauch der Schusswaffe zulässig ist oder nicht. Es fehlen jedoch geeignete Trainingsfilme – man behilft sich häufig mit Filmmaterial, das für die niederländische Polizei angefertigt wurde – zudem sind die Möglichkeiten der Auswertung der Übungen durch den Schießtrainer eingeschränkt.

Schießausbildung der Feldjäger

Etwa zur gleichen Zeit führten die Feldjäger der Bundeswehr in ihrer Schießausbildung eine ähnliche, allerdings weiter entwickelte Anlage ein: Das „Ausbildungsgerät Duellsimulator“ (AGDS) passt in acht handliche Behälter. Diese enthalten die PC Steuer-Einheit, die Treffererkennung, den Projektor die Audio-Einheit, vier Lautsprecher, je zwei umgerüstete G 36 und P 8, mit jeweils zwei Magazinen, 47klueh security 2014 Kopiezwei Ladegeräte für die Waffen und eine IR-Taschenlampe. Darüber hinaus noch einige Kabel, um die einzelnen Komponenten mit dem Zentralrechner zu verbinden. Die Waffen sind jedoch nicht verkabelt, was den Schützen ein freies Bewegen im Raum ermöglicht.

AGDS eignet sich zum Erlernen der ersten Handgriffe. Gefahrlos kann mit den Waffen, das Laden und Entladen geübt werden. Unterschiedliche Anschlagarten können trainiert werden, ebenso der Wechsel vom Gewehr zur Pistole.

Die ersten Schüsse erfolgen dann auf Ringscheiben oder auf Symbole. Hierbei kann das Computerprogramm unterschiedliche Entfernungen simulieren. So sind mit dem Gewehr Schüsse bis auf eine Distanz von 100 Metern möglich.

Das System gibt dem Ausbilder zahlreiche Informationen an die Hand. Es werden nicht nur die Treffer angezeigt, sondern darüber hinaus zahlreiche weitere Informationen gespeichert. Unter anderem, wie die Waffe vom Schützen gehalten wurde und wie viel Zeit zwischen den einzelnen Schüssen lag. Der Ausbilder hat die Möglichkeit, die Schützen während der Schussabgabe auch von vorne zu beobachten. So lassen sich Fehler wie das „Mucken“ feststellen.

Darüber hinaus ist es mit dieser Ausrüstung möglich, zahlreiche unterschiedliche Darstellungen auf eine Leinwand zu projizieren und einen Raum aus allen Richtungen Treffer können sofort angezeigt und unterschiedliche Trefferzonen markiert werden, um bestimmte Ausbildungsziele zu erreichen: Ein Schuss ins Bein wäre in dieser Situation – der Täter ist mit einer Pistole bewaffnet – die falsche Entscheidung gewesen.zu beschallen. An der Anlage können gleichzeitig bis zu vier Soldaten mit vier Waffen trainieren, wobei das Trainingsspektrum nahezu grenzenlos ist: AGDS kann zur Aus- und Weiterbildung der Schießtechnik und des Schießrhythmus eingesetzt werden. Es können unterschiedliche Übungen absolviert werden, die der Erhaltung und Erhöhung der Schießfertigkeit dienen. Die Anlage eignet sich ebenso zur Spezialausbildung von Personenschützern und Zugriffsgruppen. Darüber hinaus kann – wie zum Beispiel beim System FATS – von allen das „Schießen und Nichtschießen“ geübt werden und es können die jeweiligen Übergänge vom waffenlosen Kampf zur Schusswaffenanwendung und umgekehrt trainiert werden.

Kohlendioxid, mit dem die Magazine gefüllt geladen werden, sorgt für das Repetieren und den Rückschlag der Waffen.Zunächst konnten mit dem AGDS nur umgebaute G 36 k und Pistolen des Modells P 8 verwendet werden. Einige Zeit später wurde auch die insbesondere im Personenschutz verwendete MP 7 für das Schießen mit AGDS eingerichtet. Damit die Waffen zweifelsfrei als Übungsgeräte erkannt werden, sind sie mit blauen Markierungen versehen. Unabhängig vom verwendeten Waffenmodell kann jeder Schuss der jeweiligen Waffe zugeordnet werden, da sie jeweils auf einer unterschiedlichen Wellenlänge im Bereich zwischen 808 bis 980 nm schießen. Neben der Lasertechnik weisen die Gewehre und Pistolen noch eine Besonderheit auf. Die Magazine der Waffen werden mit Kohlendioxid gefüllt. Dadurch erzeugen sie einen Rückschlag und repetieren wie echte Waffen.

Es braucht nicht mehr als einen in die Funktionsweise der Anlage eingewiesenen Bediener, dann kann diese zu jeder Tageszeit genutzt werden. Darüber hinaus kann AGDS ohne großen Aufwand fast in jedem beliebigen Raum aufgestellt werden kann. Dies ist ein großer Vorteil gegenüber den vergleichbaren alten Geräten, die fest installiert und somit kaum mobil waren.

AGDS verfügt über eine große Filmbibliothek, in der unterschiedliche typische Szenarien des Feldjägereinsatzes gezeigt werden. So kann zum Beispiel das taktisch richtige Verhalten an einem Checkpoint trainiert werden. Die Anlage bietet dabei viele unterschiedliche Variationsmöglichkeiten. Je nach Ziel der Ausbildung können sowohl Varianten eingespielt werden, bei denen die Soldaten schießen müssen oder nicht schießen dürfen. Da sich die übenden Soldaten völlig frei im Raum bewegen, können sie vorhandene Deckungen nutzen und die Gestaltung des Raumes kann beliebig verändert werden. Diese Übungen sind jedoch nur dann sinnvoll, wenn die Feldjäger dabei ihre vollständige Ausrüstung, inklusive der schweren persönlichen Schutzausstattung tragen. Eine hilfreiche Einrichtung ist die mitgelieferte Infrarot-Fernbedienung. Damit kann der Ausbilder die unterschiedlichen Variationen des Programms von jedem beliebigen Punkt des Raumes einspielen. Die Grenzen des Möglichen liegen in der Phantasie des Ausbilders.

Die Filme ermöglichen ein Interagieren: Kommt es im Verlauf der Übung zum Schusswaffeneinsatz, reagiert der „Feind“ je nachdem, wo er getroffen wird. Auch hierbei zeigt sich eine große Vielfalt. Ein Treffer in die waffenführende Hand oder in ein Bein kann zur sofortigen Aufgabe führen. Es kann aber auch sein, dass der Angreifer nur kurz innehält und sodann seine Attacke fortsetzt. Oder er zeigt sich – was durchaus der Einsatzrealität entsprechen kann – von der Schussverletzung völlig unbeeindruckt. Die jeweils abgegebenen Schüsse können sowohl in Echtzeit als auch bei der anschließenden Nachbereitung der Szene jedem einzelnen Feldjäger zugeordnet werden. Da die Ergebnisse abgespeichert werden können, ist es auch noch nach längerer Zeit möglich, das Verhalten jedes einzelnen Soldaten zu vergleichen und zu analysieren. Das System erzieht zum rationalen Waffeneinsatz, ohne hierbei das instinktmäßige Schießen zu unterdrücken. Oder anders ausgedrückt: Die Soldaten lernen, schnell zu schießen und sicher zu treffen, aber nicht wild herumzuballern.

Mit der AGDS-Taschenlampe können auch Szenen in der Dunkelheit wirklichkeitsnah geübt werden.Aus der Auswertung des polizeilichen Schusswaffeneinsatzes ist bekannt, dass dieser sehr häufig im Nahbereich stattfindet, also auf Distanzen von unter fünf Metern. Ebenso ist bekannt, dass die Waffe häufig bei schlechten Sichtverhältnissen eingesetzt werden muss. Diese Fakten wurden bei der Konstruktion von AGDS berücksichtigt. Die Soldaten können eine Laser-Leuchte verwenden, die in Form und Gewicht einer Maglite-Taschenlampe entspricht. Je nach Üb-Situation kann die Beleuchtung des Films stufenlos verringert werden. Mit der IR-Lampe können sodann von dem Soldaten Bereiche beleuchtet werden. So kann auch die gleichzeitige Verwendung der Taschenlampe und der Waffe trainiert werden.

Da einzelne Szenen beliebig oft wiederholt werden können, ist es den Ausbildern möglich, bestimmte Verhaltensweisen einzuschleifen und zu automatisieren. Zudem erlaubt es AGDS, auch innerhalb größerer Gruppen objektive Leistungsvergleiche bei bestimmten Bedingungen anzustellen, wobei die individuelle Reaktionszeit nur einer von vielen Parametern ist.

Wenn die Auszubildenden eine hohe Fertigkeit im Schießen erreicht haben, können die Übungen erschwert werden. Der Ausbilder kann die Soldaten in Stress versetzen, um so die Anspannung eines realen Feuergefechts zu simulieren. Zur Annäherung an die Wirklichkeit werden die Soldaten zunächst körperlich und geistig bis an ihre Grenze belastet und direkt im Anschluss daran die Schießübung durchgeführt. Die Anspannung des Einzelnen wird erfahrungsgemäß erhöht, wenn die Übung mit einem Wettkampf verbunden wird, bei dem es um etwas geht.

Es wäre jedoch ein großer Fehler, anzunehmen, das Ausbildungsgerät Duellsimulator mache den scharfen Schuss überflüssig. Vielmehr muss beides miteinander kombiniert werden. Dabei eignet sich das AGDS sehr gut, um die Schießfertigkeit des Soldaten aufzubauen und eine taktische Grundschulung durchzuführen. Auf der Standortschießanlage und den Truppenübungsplätzen wird das Erlernte gefestigt und vertieft. Die seit fünf Jahren praktizierte neue Schießausbildung der Bundeswehr bietet den Soldaten vielfältige Trainingsmöglichkeiten, um für die Einsatzwirklichkeit bestmöglich gewappnet zu sein. Zudem decken die zahlreichen Module der neuen Schießausbildung auch Bereiche ab, die zuvor ein Schattendasein führten. AGDS und die neu konzipierte Schießausbildung bringen auch noch Soldaten was, die bereits eine sehr hohe Schießfertigkeit erlangt haben. Selbst erfahrene Personenschützer, die bereits mehrfach im Einsatz waren, profitieren von den modernen Möglichkeiten.

Die Feldjäger geben sich jedoch nicht mit dem Erreichten zufrieden. Wie die GSG 9 der Bundespolizei, die SEKs der Bundesländer oder das KSK der Bundeswehr Beim Auftreffen zerplatzt die Hülle der FX-Munition und die getroffene Stelle wird mit Farbe markiert.trainieren sie auch mit FX-Munition. Die Energie der FX-Geschosse liegt etwa 50 Prozent unter der einer Luftgewehrkugel, bei rund 3,8 Joule. Es ist daher erforderlich, dass die Soldaten insbesondere ihr Gesicht, aber auch die Hände gegen die Projektile schützen. Bei einem Treffer platzt deren dünne Hülle, die Farbe tritt aus und markiert so die getroffene Stelle. Treffer an ungeschützten Stellen sind schmerzhaft. Das Training mit FX-Patronen eignet sich hervorragend, um das taktische Verhalten im Feuergefecht zu schulen. Insbesondere lernen es die Auszubildenden, in Deckung zu gehen.

Wandel durch Terroranschläge

Die auch von Praktikern häufig vorgetragene Kritik, die Polizei schieße zu wenig, ihre Waffen- und Schutzausstattung sei unvollständig und das Training nicht hinreichend praxisnah, erhielt durch die terroristischen Anschläge in Paris und Brüssel neue Nahrung. Auf die ständig vorhandene Bedrohung durch den internationalen Terrorismus reagierte Deutschland unter anderem mit dem Aufbau einer neuen Spezialeinheit. Die BFE plus (Beweis- und Festnahmeeinheit plus) wurde im Herbst 2015 bei der Bundespolizei geschaffen und soll in der nächsten Zeit an fünf Standorten mit jeweils 50 Beamten disloziert werden. Ihre spezielle Ausbildung für den Kampf gegen Terroristen erhalten die Beamten bei der GSG 9 in Sankt Augustin. Dort und in dem nur wenige Kilometer entfernten zweiten Ausbildungszentrum können die BFE-Polizisten Trainingsmöglichkeiten nutzen, die zu den modernsten weltweit zählen. Hier ist es möglich, im Gebäude und auf der Schießbahn realitätsnah den Waffeneinsatz zu trainieren. Hierbei kommen zwar auch moderne Schusssimulatoren zum Einsatz, aber der Schwerpunkt der Schießausbildung liegt gegenwärtig beim scharfen Schuss.

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Auch beim Kommando Spezialkräfte in Calw setzt man auf moderne Technik, um den Soldaten den perfekten Umgang mit ihren Waffen beizubringen. Das neueste Glied in einer langen Kette von Schuss-Simulatoren stellt die Adaption des AGSHP auf das „Wirkmittel 90mm“ dar. Durch einen von der Firma Thales entwickelten Simulator ist es den Elitesoldaten möglich, das Schießen mit dieser modernsten Variante einer Panzerfaust zu trainieren. Jedoch scheint dort die vor Jahren noch feststellbare Euphorie in Bezug auf Schießsimulatoren zu verflachen. Folglich wird dem scharfen Schuss wieder deutlich mehr Bedeutung beigemessen. In diese Richtung zielt auch eine Forderung des Bundeswehrverbandes vom April 2016. Die Soldatengewerkschaft fordert eine Renaissance des Militärischen, verlangt mehr Geld für die wirklich wichtigen Dinge und nennt an vordersten Stelle höhere Ausgaben für Munition. Offenbar gilt nicht nur für Spezialeinheiten nach wie vor, dass den scharfen Schuss nichts ersetzen kann.

(Alle Fotos: Dr. Reinhard Scholzen)

Über den Autor
Dr. Reinhard Scholzen
Dr. Reinhard Scholzen
Dr. Reinhard Scholzen, M. A. wurde 1959 in Essen geboren. Nach Abitur und Wehrdienst studierte er Geschichte und Politikwissenschaft an der Universität Trier. Nach dem Magister Artium arbeitete er dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter und promovierte 1992. Anschließend absolvierte der Autor eine Ausbildung zum Public Relations (PR) Berater. Als Abschlussarbeit verfasste er eine Konzeption für die Öffentlichkeitsarbeit der GSG 9. Danach veröffentlichte er Aufsätze und Bücher über die innere und äußere Sicherheit sowie über Spezialeinheiten der Polizei und des Militärs: Unter anderem über die GSG 9, die Spezialeinsatzkommandos der Bundesländer und das Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr.
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