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Während des Gesprächs mit Veko-online in Ludwigsfelde: Apprich-Geschäftsführerin Uta Großer, Prokurist und Geschäftsleiter Roberto Pareras sowie Großkundenbetreuer Robert Frischbier.

Von der sondergeschützten Limousine zum Geldtransporter 4.0

Von S. Lay

Für Harry Apprich war 1991 das Jahr der Entscheidung, denn es ging um nichts Geringeres als die Entscheidung über den wohlverdienten Ruhestand oder den Aufbruch in ein neues Abenteuer. Für sein Unternehmen, die heutige Apprich Secur GmbH, sollte die Beantwortung dieser Frage den Grundstein für den heutigen Erfolg des Unternehmens legen.

 

In seiner 1971 gegründeten Firma baute Harry Apprich im Baden-Württembergischen Hochdorf gepanzerte Limousinen in Einzel- und Kleinserienfertigung. Als Vorreiter seiner Zunft setzte er schon damals leichte Firmengründer Harry ApprichPanzerungswerkstoffe und moderne Fügeverfahren ein, um die Fahrzeuge so sicher und effizient wie möglich zu panzern. Als Deutschland sich 1989 an der Schwelle zum großen Umbruch befand, stand auch für Harry Apprich die Wende an – vom Unternehmer zum Ruheständler. Es war der gute Freund und spätere Landespolizeipräsident von Sachsen, Ulrich Herzberg, der Apprich von seinen Ruhestandsplänen abhalten sollte. „Du hast doch schon immer von einer Serienfertigung für gepanzerte Fahrzeuge gesprochen! Hier und jetzt gibt es die Möglichkeit dafür.“ Diese Worte arbeiteten einige Tage im Kopf des Unternehmers und schließlich schaute er sich die Sache näher an.

Apprich fand am Traditionsstandort Ludwigsfelde bei Berlin 1991 auf dem Gelände des ehemaligen VEB IFA (Industrieverband Fahrzeugbau) ein passendes 20.000 Quadratmeter großes Grundstück mit einer geeigneten Produktionshalle. Bis 1990 wurden hier zu DDR Zeiten circa 600.000 Fahrzeuge hergestellt. Nach der Wende schloss die Treuhand den Standort und suchteRoberto Pareras erläutert die Panzerung einer Tür. neue Investoren. Einer davon war Harry Apprich aus Esslingen. Zusammen mit einer Handvoll Mitarbeitern aus der Region baute er in einem der typischen Backsteinbauten einen modernen Industriebetrieb auf.

Er war sich sicher: „Wenn wir hier neben den Limousinen auch Geldtransporter bauen, dann müssen die anders sein als alles, was es auf dem Markt gibt. Wir wollen nicht nachbauen!“ Seine damaligen Erfahrungen beim Bau der Sonderschutzlimousinen kamen Apprich nun zugute: Am alten Standort Hochdorf bei Esslingen wurden nur verklebte Panzerungen in den Fahrzeugen verwendet. Gleiches erfolgte nun am neuen Standort in Nostalgischer Rückblick: Ein MB Pullman, von Apprich gepanzertBrandenburg. Und hier kam ihm auch die Idee, zunächst auf einem Bierdeckel gezeichnet, für Geldtransporter eine elektrische Schiebetür zu entwickeln. Dieser Gedanke ist bis heute Teil des technischen Konzeptes.

Eine automatische Schiebetür hört sich heute erst einmal nicht spektakulär an. Aber bis jetzt wird die 1995 patentierte elektrische Schiebetür des im Jahre 2000 verstorbenen Harry Apprich für Geldtransporter in Deutschland und Europa verwendet.

 

Konzentration auf Geldtransporter

Bis 1996 kamen aus Ludwigsfelde diverse gepanzerte PKW für Politik, Polizei und Prominenz, oft auf Basis von Modellen der Marke Mercedes-Benz.

Uta Großer vor einem ungepanzerten (!) GeldtransporterMitte der 1990er Jahre gab es von Mercedes zur Sicherstellung der hohen eigenen Produktqualität neue Richtlinien hinsichtlich der Gewährleistung. Alle Aufbauhersteller wurden darauf hingewiesen, dass die eigenständige Modifikation von Fahrzeugen den Verlust der Gewährleistung zur Folge hat.

Prokurist und Vertriebsleiter Roberto Pareras erinnert sich: „Wir standen vor der Frage, ob wir trotz aller Restriktionen, die Mercedes-Benz als führender Automobilhersteller uns damals vorgab, weitermachen wollten!“ Denn Mercedes-Benz stellte klar: Wer das Fahrzeug verändert, haftet für sämtliche Gewährleistungsansprüche, ob der Motor einen Schaden hat oder nur der Scheibenwischer abfällt.

Und die Alternative für Harry Apprich? Pareras: „Wir mussten einen neuen Weg beschreiten, für den wir bereits zwei Meilensteine gesetzt hatten!“ Der neue Weg bestand im Ausbau des Kerngeschäfts Nutzfahrzeuge, denn für diese hatten die Hersteller vertraglich abgesicherte Veränderungen vorgesehen.

Deshalb baut das Unternehmen heute mehr denn je Fahrzeuge der großen deutschen Hersteller um. Apprich Secur handelt dabei als Van-Partner und baut sozusagen im Auftrag und strikt Vorbereitung eines Serienfahrzeugs für den Umbau zu einem gepanzerten Geldtransporternach den Qualitätsvorgaben der Sindelfinger.

Im Bereich der PKW hat heute fast jeder Hersteller, zumindest was die deutschen Autobauer betrifft, eine eigene Sonderschutzfertigung. Im Nutzfahrzeugbereich wird hingegen jedes zweite Fahrzeug von einem Aufbauhersteller geändert oder sogar veredelt, bevor es an den Endkunden übergeben wird. Hier werden bewusst Partnerschaften zwischen Hersteller und Karosseriebauer gesucht.

 

Service in Landessprache

Robert Frischbier demonstriert den Zugang zu einem Geldtransporter mittels Biometrie.Für Apprich Secur hört der Service nicht bei der Ausstattung, dem Umrüsten und dem Verkauf auf. Drei Mitarbeiter bilden die Serviceabteilung, die den Kunden und seine Fahrzeuge über den „Lebenszyklus“ hinweg durch Schulungen in Ludwigsfelde oder vor Ort betreuen. Überall dort, wo Apprich Fahrzeuge ausliefert, gibt es vor Ort einen Servicepartner, der den Kunden in Landessprache unterstützt. Dieses Konzept hat sich über viele Jahre bewährt und wird von den Kunden sehr geschätzt.

 

Innovation im Fokus

Egal, ob es sich bei dem Basismodell um einen VW, Mercedes, Iveco, Ford oder einen anderen Hersteller handelt, die Ludwigsfelder sind höchst innovativ. So werden Werttransportfahrzeuge schon seit 1996 mit einer eigens von Apprich entwickelten Steuerung ausgestattet, Entwicklung und Wissen bleiben somit im Unternehmen. „Apprich Secur ist ein typenoffener Anbieter von Fahrzeugen. Und dabei soll es auch bleiben“, bekräftigt Geschäftsführerin Uta Großer die Firmenphilosophie.

Die Aufträge kommen dabei nicht nur aus Deutschland, sondern aus ganz Europa; die Bestellungen reichen von Skandinavien bis nach Zypern. Aber auch Apprich Secur spürt wirtschaftliche Schwankungen. Die Konzentration auf dem Markt der Wertdienstleister führt zurzeit zu einer Konsolidierung – mit der Folge, dass weniger Neufahrzeuge bestellt werden. Treue Kunden, die selbst als Innovationstreiber gelten, sind deshalb von besonderer Bedeutung.

So zählt Apprich Secur einen Kunden zu seinen Auftraggebern, den man zuerst gar nicht mit Werttransportern Laderaumansicht eines gepanzerten Geldtransportersverbindet: Die Deutsche Bahn. Aber inzwischen hat die DB einen beachtlichen Fuhrpark und ist bundesweit im Einsatz. Tendenz steigend.

Mit ihren hochmodernen Fahrzeugen und der darin verbauten Technik wird der DB eine Vorreiterrolle zugeschrieben.

So wurde zum Beispiel schon 2014 auf dem Bargeld-Logistik-Kongress in Wiesbaden von der DB die zukunftsträchtige Idee eines intelligenten Fahrzeuges vorgestellt. Dieses kann am Bahnhof eingesammeltes Geld verarbeiten; es wird direkt gezählt, auf das Kundenkonto gutgeschrieben und wieder dem Bargeldkreislauf am Bahnhof zugeführt. Fahrten zum Cash Center werden auf ein Minimum reduziert.

 

Soft Skin Fahrzeuge

Wieder einmal kam eine neue Idee zunächst aus Skandinavien. Dort sind bereits seit längerer Zeit sogenannte Soft Skin Fahrzeuge im Einsatz. Diese Fahrzeuge verfügen über keine physische Panzerung im herkömmlichen Sinne, sondern ausschließlich über einen elektronischen Schutz. Hinzu kommt häufig, dass das Personal unbewaffnet ist.

Intelligente Schutzsysteme kontra Panzerstahl! Heute sichern biometrische Systeme die Zugänge zu den Schleusen in den Fahrzeugen anstelle von zentimeterdicken Stahlwänden. Inzwischen ist das Fahrzeug Teil des gesamten Geldkreislaufes.

Die heutigen Sicherungssysteme sind nicht nur in der Lage zu erfassen, wie viel Geld sich an Bord des Fahrzeuges befindet, sie bestimmen auch, dank Biometrie, wer und wie viele Personen Zugang zum Fahrzeug bekommen und wer es fahren darf. Diese Vereinzelung sorgt im Ernstfall mit hoher Sicherheit dafür, dass keine zweite Person mit ins Fahrzeug gelangt. Alle Daten können in Echtzeit erfasst und abgerufen werden.

 

Wohin geht die Reise?

Apprich Secur setzt sowohl auf die Einbindung fremder Systeme als auch auf die stetige Entwicklung und Weiterentwicklung eigener Technologien. In einer eigenen Forschungsabteilung werden zum Beispiel automatische Identifikationssysteme (RFID) in das eigene System eingebunden.

Dabei spielt die Frage, ob ein Safeback mit einem RFID-Chip ausgestattet werden kann, der die genaue Position im Fahrzeug anzeigt, eine große Rolle. Verschiedene Hersteller haben ein solches System bereits erfolgreich getestet.

In Deutschland ist die Bedrohungslage aktuell zum Glück recht niedrig, verglichen mit den europäischen Nachbarn kommt es zu sehr wenigen Überfällen. Entsprechend gering ist der Druck, hier neue Technologien einzuführen. Interessant ist allerdings ein Vergleich der Schadenssummen je Überfall: Die durchschnittliche Raubsumme bei Überfällen auf Geldtransporte liegt in England bei ca. 20.000 bis 30.000 Pfund. In Deutschland liegt sie dagegen bei knapp 350.000 Euro.

Das Ausland gilt wie schon oft als Innovationstreiber. Dort werden bereits intelligente „Vereinzelungs-Systeme“ genutzt – bis hin zu Fachanlagen. Und hier setzt Apprich Secur an. Das Ziel ist der Geldtransporter 4.0.

Mit der Steuerungsgeneration 2016 aus dem Hause Apprich, der vierten dieser Art, schafft man die Voraussetzung für ein neues und noch intelligenteres Fahrzeug. Apprich geht damit schon heute die Herausforderungen der Industrie 4.0 an.

Und das ist nur der Anfang, denn auf Europas Straßen sind ganz andere Werte als Bargeld unterwegs. Unterhaltungselektronik, Medikamente, Land- und Baumaschinen sind akut vom Diebstahl bedrohte Güter. Die neue Produktlinie ProCaV hat sich deren Schutz zum Ziel gesetzt. Das gesamte Know-how des Geldtransporterbaus fließt hier in neue Systeme ein, die speziell auf die besonderen Anforderungen der neuen Zielgruppe zugeschnitten sind.

 

Europa schaut genau hin

Während der ESTA-Konferenz ausgestellt: Ein ballistisch geschützter GeldtransporterUnter dem Motto "Ein sich kontinuierlich entwickelnder Bargeldmarkt" fand vom 31. Mai bis 02. Juni 2015 die Konferenz der European Secure Transport Association (ESTA) statt, in der die Apprich Secur GmbH seit 1998 Mitglied ist. Tagungsort war in diesem Jahr Berlin. Die Veranstaltungsorganisation erfolgte in Zusammenarbeit mit der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste (BDGW).

Die Apprich Secur GmbH hatte im Rahmen der Konferenz zwei Fahrzeuge ausgestellt, ein gepanzertes und ein Soft Skin Fahrzeug, die das breite Spektrum der Europäischen Geld- und Werttransportfahrzeuge repräsentieren.

Besonderes Interesse des Fachpublikums erweckte der ungepanzerte Geldtransporter.Das gepanzerte Fahrzeug auf Basis des Volkswagen T5 stand exemplarisch für diverse Varianten ballistisch geschützter Fahrzeuge. Ausgestattet mit der Apprich Secur® Steuerungstechnik zeigte dieses Fahrzeug das Zusammenspiel aus mechanischer und elektronischer Sicherheit.

Ein Beispiel für die zunehmende Zahl ungepanzerter Geldtransportfahrzeuge war andererseits das Soft Skin Fahrzeug auf Basis des Mercedes-Benz Sprinter. Modernste Steuerungstechnik vernetzt hier Fahrzeug, Sicherheitstechnik und verschiedene IBNS-Systeme zu einem System.

Zwei echte Hingucker, die große Beachtung fanden.