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SecurCash Fahrzeug mit Andocksystem für den Einsatz in den NIederlanden

Interview

„Aufträge wird es immer geben.“

Helmut Brückmann sprach mit Immo Decker von Hartmann Spezialkarosserien.

Wenn man über Geld- und Werttransportfahrzeuge berichtet, darf das Traditionsunternehmen Hartmann aus dem mittelhessischen Alsfeld nicht fehlen.
In der Tat, die Hartmann Spezialkarosserien GmbH hat eine Sonderstellung, denn das Unternehmen gehört zu 60 Prozent einer Stiftung. Geschäftsführer Immo Decker, steht wie immer zu einem Gespräch zur Verfügung und skizziert für unsere Leser kurz die Firmenkonstruktion.

 

Interviewpartner Immo Decker

„Der Frankfurter Unternehmer Heinz Friedrichs kaufte 1984 das Unternehmen hier in Alsfeld, das damals noch Ernst Hartmann hieß. Ihm gehörte bereits ein ähnliches Unternehmen in Frankfurt. Die beiden waren auf dem Markt Konkurrenten, insbesondere im internationalen Business. Nachdem sie nun einen gemeinsamen Eigner hatten, haben die Frankfurter, die Carl Friederichs GmbH, sich vornehmlich auf die Reparatur, Aufbauten und Panzerung von PKW spezialisiert, während wir uns mehr auf Transporter und LKW konzentrierten, wie zum Beispiel Geld- und Werttransporter. Kurz vor seinem Tode 1991 gründete Heinz Friederichs zusammen mit seiner Frau die ‚Heinz Gisela Friederichs Stiftung’, zu der wir gehören. Dabei haben die Stifter festgelegt, dass jeweils der kaufmännische und der technische Geschäftsführer je 20 Prozent der Anteile besitzen, während die restlichen 60 Prozent der Stiftung gehören. Durch die Beteiligung der beiden Geschäftsführer sollen diese an das Unternehmen gebunden werden. Man wollte eine Fluktuation und damit ein Abwandern von Know-how verhindern.“

Es gibt in der Branche noch mehr Unternehmen, die sich in einem schwindenden Markt mit der Panzerung von zivilen Fahrzeugen befassen. Wie kann sich das Unternehmen da behaupten?

„Auch wenn wir uns im Wesentlichen mit Geldtransportern befassen, so haben wir uns doch mehrere Standbeine zugelegt wie zum Beispiel den lokalen Markt hier in Alsfeld, den wir mit Reparaturen von Pkw und Lkw bedienen. Wir unterhalten auch eine Lackiererei, die von ortsansässigen Autohäusern frequentiert wird. Selbst Schreiner kommen zu uns, wenn es um Lkw-Aufbauten geht.“

Alles in allem aber ein lokaler Markt, insistiere ich.

„Ein wesentlicher Teil, und das ist kein kleiner, sind die gepanzerten Fahrzeuge, die wir nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa und bis nach Afrika geliefert haben. Und sogar nach Australien, als der Euro noch weniger gutstand.“

Dann wird sich dieser Markt wohl bald wieder für Sie öffnen, denn der Kurs des Euro sinkt ja bekanntlich.

„In der Tat, zurzeit sieht es nicht so schlecht aus. Wir sind gerade dabei, die Kontakte nach Australien wieder zu beleben.“

Was unterscheidet denn Ihr Unternehmen von der Konkurrenz?

„Der Hauptunterschied ist nach meiner Auffassung, dass wir auf die speziellen Wünsche des Kunden mehr eingehen. Wir bieten ihm ein individuelles Produkt.“

Verzeihen Sie, das sagen alle. Haben Sie ein Beispiel?

„Auf unserem Hof finden Sie gerade ein solches individuelles Produkt, welches auf einen Kunden in Holland Messefahrzeug mit Tresor Rondell RCCSzugeschnitten ist. Da werden spezielle Andocksysteme gefertigt. Für einen weiteren Kunden haben wir ein Rondellsystem entwickelt. Das ist ein Tresor, der auf mehreren Ebenen rundläuft und ähnlich wie ein Bankomat funktioniert, allerdings nur mit Einzahlungen. Das Besondere daran, der Kunde ist aus der Haftung, als hätte er bei der Bank eingezahlt. Gleichzeitig wird auch noch die Echtheit der Banknoten geprüft. Inzwischen ist das zehnte Fahrzeug dieser Art im Einsatz, der schon vor zweieinhalb Jahren in Holland gestartet wurde. Wir haben das System auf der Security 2012 in Essen vorgestellt.“

Und es gab damit bisher keine nennenswerten Probleme?

„Nicht mit der Technik, wohl aber mit den Vorschriften der Versicherungen. Denn die Versicherungspolicen decken nur einen festgelegten Betrag ab. Da kann es schnell vorkommen, dass durch den nicht vorhersehbaren Höhe des Geldeinwurfs der Kunden die maximale Höhe des versicherten Betrages schnell erreicht ist, was den Fahrer zur Umkehr zwingt – auch wenn der nächste Einzahler vielleicht nur 50 Schritte entfernt ist.“

Ich dachte bei meiner Frage mehr an Überfälle.

„Bisher noch nicht. Für den Täter ist ein solches Vorhaben auch schwierig. Er müsste zehn Einzeltresore knacken – in einem Fahrzeug, das zudem GPS-überwacht ist.“

Warum ist eine solche Technik nicht in Deutschland im Einsatz?

„Ein Fahrzeug mit diesem System ist in den Niederlanden als Ein-Mann-Fahrzeug zugelassen. In Deutschland wurde ein solches Verfahren durch die Berufsgenossenschaft verhindert; manche deutsche GWT-Unternehmen werden sich sicherlich schmerzlich daran erinnern. Von Deutschland abgesehen, werden sicherlich einige andere EU-Länder Ein-Mann-Fahrzeuge zulassen.“

Dann verkaufen Sie also in Deutschland nichts mehr?

„Natürlich verkaufen wir in Deutschland noch die bisherigen Techniken. Daneben haben wir aber noch größere Fahrzeuge für den Geldtransport im Programm. Im Prinzip decken wir alles von 3,5 bis 40 Tonnen ab. Schweiz ist zurzeit ein guter Abnehmer. Für diesen Kundenkreis ist es nach dem drastischen Anstieg des Schweizer Franken sehr lukrativ, bei uns einzukaufen.“

Diesen Vorteil haben aber die Hersteller aus anderen europäischen Ländern ebenfalls.

„Das stimmt, doch haben wir den Vorteil des viel schnelleren Service vor Ort. Die Schweizer sind unsere unmittelbaren Nachbarn, und Sprachbarrieren gibt es auch nicht.“

Manche Unternehmen fahren auch ihre Fahrzeuge länger als gewöhnlich, weil sie offenbar die wirtschaftliche Lage dazu zwingt. Ein möglicherweise verbilligter Einkauf in Spanien nutzt da auch nicht.

(lacht) „Kein Kommentar!“

Gibt es bei Ihren Fahrzeugen auch generelle technische Veränderungen?

„Wir sparen teuren Kraftstoff, indem wir das Gewicht des Fahrzeugs optimieren. Aramid statt Stahl, das schont auch die Vorderachsen. Wir verwenden zunehmend Koffersysteme, d.h. auf das Chassis eines Transporters wird quasi ein Koffer aus gewichtssparendem Material gesetzt, in dem die Einbauten bei den geraden Wänden leichter unterzubringen sind, inklusive des Schleusenganges. Solche Techniken verwenden inzwischen auch unsere Mitbewerber.“

Auf einer Security in Essen haben Sie das Führerhaus komfortabler, mit großer Rundumsicht und mehr Platz vorgestellt. Was ist daraus geworden?

„Das wurde von der GWT-Branche nicht angenommen. Die das gewünscht hatten, sind heute nicht mehr am Markt. Leider.“

Nicht nur in der Politik gibt es immer mehr Stimmen, das Bargeld ganz abzuschaffen. Bestechung und Schwarzarbeit, um zwei Beispiele von vielen zu nennen, wären dann wohl vorbei. Das gleiche Los würde dann aber auch Ihre Branche treffen.

„Ich glaube nicht, dass ein solches Vorhaben schnell umsetzbar ist, denn es müssten die wichtigsten Länder wie die Schweiz, die USA, die EU mitmachen, sonst könnte man ja mit einer Ersatzwährung, vielleicht dem Schweizer Franken, bezahlen. Oder in Gold- oder Silberstücken. Allerdings blieben gepanzerte Fahrzeuge für den Transport von Edelmetallen, Kunstgegenständen usw. noch im Geschäft. Für uns Spezial-Karosseriebauer wird es immer Aufträge geben.“

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