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Professionelle Drohne mit Fotoapparat. (Foto: Alexander Helbing)

Videoüberwachung durch Drohnen - eine rechtliche Betrachtung

- Fortsetzung des Beitrages in der Ausgabe 1/15 -

Von Dr. Ulrich Dieckert

  1. Einsatz durch Ordnungsbehörden

  1. Überblick

Auch die Ordnungsbehörden haben Video-Drohnen längst als taugliches Einsatzmittel für sich entdeckt. Denn diese fliegenden Aufklärungsgeräte sind wesentlich flexibler einsetzbar als Polizeihubschrauber und bleiben im Gegensatz zu diesen häufig unentdeckt. Aus diesem Grund werden Video-Drohnen bereits seit einigen Jahren von der Bundespolizei eingesetzt, die damit das Grenzgebiet überwacht oder Gleisanlagen sichert. Auch mehrere Bundesländer haben in den vergangenen Jahren Drohnensysteme angeschafft und setzen diese Geräte für unterschiedliche Zwecke ein.[1] So filmt das „fliegende Auge“ der Berliner Polizei Staus, Tatorte oder Umweltdelikte. Den am Boden tätigen Ermittlern kann die Drohne einen besseren Überblick über einen Tatort liefern. Gleiches gilt, wenn auf unzugänglichem Gelände große Mengen an Müll entsorgt wurden oder wenn die Polizei Fluchtwege dokumentieren oder Großeinsätze planen will.[2] Die Polizei in Hessen arbeitet seit 2009 mit einer Drohne, um beispielsweise Betäubungsmittelplantagen aufzuspüren.[3] Die niedersächsische Polizei hat ihre Drohnen zur Überwachung von Demonstrationen eingesetzt, wie vor einigen Jahren bei den heftig umstrittenen Castor-Transporten. Die sächsische Polizei setzt ihre Drohnen u. a. zur Überwachung von Hooligans bei Fußballspielen ein.[4] 

 

Auch in anderen europäischen Ländern werden Drohnen für polizeiliche Zwecke verwendet, wie z. B. in den Niederlanden zur Aufspürung von Cannabis-Plantagen.[5] Außerdem gibt es auf europäischer Ebene ein Forschungsprojekt, welches sich mit dem Einsatz von „intelligenten Sicherheitssystemen“ befasst (INDECT).[6] Dieses Forschungsprojekt untersucht neben der computergestützten Gesichtserkennung auch den Einsatz von UAV, die intelligent und autonom vernetzt werden und miteinander kooperieren, um verdächtige bewegliche Objekte oder Personen sowohl zu identifizieren als auch im städtischen Raum verfolgen zu können.[7] Wie der Einsatz von Polizeidrohnen in ferner Zukunft aussehen könnte, beschreibt der Autor Tom Hillenbrandt in seinem Kriminalroman „Drohnenland“, welcher bei Datenschützern aufgrund der dort beschriebenen Totalüberwachung Albträume auslösen dürfte.[8]

Bekanntlich bedarf der Einsatz von UAV durch Polizeibehörden keiner luftverkehrsrechtlichen Erlaubnis, soweit dieser „zur Erfüllung ihrer Aufgaben unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich ist“ (vgl. § 30 Abs. 1 a LuftVG). Das heißt jedoch nicht, dass der Betrieb von Überwachungsdrohnen uneingeschränkt zulässig ist. Immer dann, wenn durch Video-Drohnen auch Film- bzw. Fotoaufnahmen gefertigt werden, greifen die einschlägigen Vorschriften aus den Datenschutz- bzw. Polizeigesetzen. Beim repressiven Einsatz hat die Polizei darüber hinaus die Regelungen in der Strafprozessordnung zu beachten. Denn der Einsatz von Polizeidrohnen greift regelmäßig in Grundrechte der Bürger ein und bedarf daher nicht nur einer gesetzlichen Legitimation, sondern muss darüber hinaus auch dem Verhältnismäßigkeitsprinzip genügen. Neben dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem daraus abgeleiteten Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus den Artikeln 1 und 2 Grundgesetz können durch die luftgestützte Videoüberwachung auch die Versammlungsfreiheit (Artikel 8 Abs. 1 GG) und die Meinungsfreiheit (Artikel 5 Abs. 1 GG) betroffen sein. Werden Videoaufnahmen im privaten Wohnumfeld gefertigt, ist darüber hinaus Artikel 13 Abs. 1 GG zu beachten.[9]

 

 

  1.  Ausgewählte Einsatzbereiche und Ermächtigungsnormen

Nachfolgend sollen einige Bereiche vorgestellt werden, in denen Videodrohnen von der Polizei eingesetzt werden. Dabei soll zwischen dem Einsatz aus präventiven Zwecken (1) und dem Einsatz zum Zwecke der Ermittlung und Strafverfolgung (2) unterschieden werden.

 

  1. Einsatz aus präventiven Zwecken

Wie in der Einführung besprochen, nutzt die Polizei unbemannte Flugkörper vornehmlich zu präventiven Zwecken. Einige davon sollen nachfolgend erläutert werden. Was die einschlägigen Rechtsgrundlagen angeht, werden in diesem Aufsatz Vorschriften des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds.SOG) stellvertretend für die inhaltsgleichen Regelungen anderer Landespolizeigesetze herangezogen. Eine Besprechung der ebenfalls inhaltsgleiches Befugnisse der Bundespolizei erfolgt nicht. Auch wird nicht näher auf Landesdatenschutzgesetze eingegangen, weil die Regelungen in den Polizeigesetzen vorrangig sind. Nur wenn kommunale Behörden außerhalb ihrer Ordnungsfunktion tätig werden, z. B bei der Anfertigung von Luftaufnahmen zur Neuberechnung von Anschlussgebühren[10], müssten gegebenenfalls die Landesdatenschutzgesetze als Ermächtigungsgrundlage herangezogen werden. 

 

  1. Gefahrenabwehr im öffentlichen Raum 

Gemäß § 32 Abs. 3 Nds.SOG dürfen die Verwaltungsbehörden und die Polizei öffentlich zugängliche Orte mittels Bildübertragung offen beobachten, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben (Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung) erforderlich ist. Die Polizei kann die übertragenen Bilder auch aufzeichnen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass an den beobachteten Orten oder in deren unmittelbarer Umgebung künftig Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen werden oder wenn an besonders gefährdeten Objekten tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass an oder in Objekten dieser Art terroristische Straftaten begangen werden sollen.

Mit Vorschriften dieser Art wird von vielen Landespolizeibehörden die Überwachung von Kriminalitätsschwerpunkten durch stationäre Videoüberwachungssysteme gerechtfertigt. Der teilweise massive Einsatz von Videokameras (insbesondere in der Innenstadt von Hannover) ist in der Vergangenheit auf Kritik bei Datenschützern und engagierten Bürgern gestoßen. So wurde beispielsweise bemängelt, dass für einen Passanten nicht immer erkennbar und nachvollziehbar ist, an welchen Örtlichkeiten eine Überwachung stattfindet. Aufgrund einer entsprechenden Klage wurde der Polizei vom Verwaltungsgericht Hannover mit Urteil vom 14.07.2011 verboten, öffentlich zugängliche Orte zu filmen, wenn dies nicht hinreichend deutlich gekennzeichnet ist.[11] Die Polizei hat daraufhin an allen Kamerastandorten deutlich sichtbare Hinweisschilder angebracht und darüber hinaus die Standorte und Erfassungsbereiche auch auf ihrer Webseite veröffentlicht. 

 

 

Soweit die Polizei Kriminalitätsschwerpunkte künftig auch durch Video-Drohnen überwachen will, wird das Tatbestandsmerkmal der „offenen Beobachtung“ nicht so einfach zu erfüllen sein. Denn diese Fluggeräte zeichnen sich gerade dadurch aus, dass sie deutlich weniger wahrnehmbar sind als z. B. ein Polizeihelikopter. Inwieweit zusätzliche Maßnahmen wie z. B. Kenntlichmachung der Drohnen durch Blinkzeichen oder vorherige Ankündigung in den Medien hier Abhilfe schaffen können, dürfte fraglich sein. Will man Aufklärungsdrohnen künftig häufiger zur Überwachung von Kriminalitätsschwerpunkten einsetzen, wird man gegebenenfalls die Landespolizeigesetze entsprechend anpassen müssen. 

Dies könnte auch deshalb erforderlich sein, weil die Vorschriften zur Überwachung von Kriminalitätsschwerpunkten in der Vergangenheit auch in anderen Bundesländern Gegenstand gerichtlicher Überprüfungen waren. Dabei kam es in erster Linie darauf an, ob die jeweiligen Vorschriften als Ermächtigungsgrundlage für den Einsatz von Videosystemen ausreichend sind. Dies wurde vom Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf die Videoüberwachung der Reeperbahn auf Grundlage des Hamburgischen Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei in einer Entscheidung vom 25.01.2012 bejaht.[12] Auch der Verwaltungsgerichtshof Baden Württemberg hatte die Regelungen in § 21 Abs. 3 PolG BW über die Videoüberwachung für verfassungsgemäß gehalten, weil diese der gebotenen Normenklarheit und -bestimmtheit gerade noch gerecht werden.[13] Zum Einsatz von Videodrohnen zur Überwachung von Kriminalitätsschwerpunkten gibt es derzeit noch keine einschlägige Rechtsprechung.

  

  1. Überwachung öffentlicher Veranstaltungen (außerhalb Versammlungsgesetz) 

Gemäß § 32 Abs. 1 Nds.SOG kann die Polizei bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Veranstaltungen oder Ansammlungen, die nicht dem Versammlungsrecht unterliegen, Bildaufnahmen sowie Bild- und Tonaufzeichnungen über solche Personen anfertigen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten oder nicht geringfügige Ordnungswidrigkeiten begehen werden. Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden. 

Mit dieser Vorschrift wird der Einsatz stationärer und mobiler Videokameras auf Großveranstaltungen wie z. B. Jahrmärkten, Fanmeilen sowie Umzügen wie z. B. Loveparade, Christopher Street Day, Karneval etc. gerechtfertigt. Denn auf solchen Veranstaltungen kommt es immer wieder zu deliktischen Übergriffen durch Personen bzw. Personengruppen, die der Polizei bereits bekannt sind. Dies trifft auch auf sportliche Großveranstaltungen zu, bei denen durch Fangruppen oder Hooligans regelmäßig Gewalttaten ausgelöst werden. Aus diesem Grund hat der Deutsche Fußballbund die Vereine der ersten bis dritten Fußballliga verpflichtet, in den Stadien Videoüberwachungsanlagen vorzuhalten. Während der Spiele werden diese Anlagen von der Polizei zur Gefahrenabwehr genutzt. Darüber hinaus finden im Umfeld der Stadien häufig Überwachungen durch mobile Geräte statt. Dabei hat die sächsische Polizei in den letzten Jahren sogenannte „Sensocopter“ zur Überwachung von Hooligans eingesetzt. Dabei stützt sich die sächsische Polizei als Ermächtigungsgrundlage auf § 38 des Polizeigesetzes des Freistaates Sachsen, der den o. a. Regelungen des Nds.SOG entspricht. 

 

  1. Verdeckter Einsatz technischer Mittel bei längerfristiger Observation  

Gemäß § 35 Nds.SOG kann die Polizei im Rahmen einer planmäßig angelegten verdeckten Personenüberwachung durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel Bildaufnahmen und -aufzeichnungen anfertigen, das nicht öffentlich gesprochene Wort abhören oder aufzeichnen sowie den jeweiligen Aufenthaltsort einer Person bestimmen. Dies setzt voraus, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die beobachteten Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden und dass die Verhütung dieser Straftaten auf andere Weise nicht möglich erscheint. Der Einsatz ist des Weiteren gerechtfertigt, wenn die Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person nicht möglich erscheint und wenn der Einsatz für die Aufklärung des Sachverhaltes unerlässlich ist (vgl. § 34 Abs. 1 Nds.SOG). Aufgrund der damit verbundenen massiven Grundrechtseingriffe bedürfen derartige Maßnahmen jedoch einer zeitlich befristeten richterlichen Anordnung. 

Diese Vorschrift, die sich inhaltsgleich in anderen Landespolizeigesetzes wiederfindet, gestattet der Polizei also auch die heimliche Überwachung ganz bestimmter Personen, wobei alle Arten von geeigneten technischen Mitteln eingesetzt werden können (z. B. Richtmikrofone, Teleobjektive, Mini-Kameras und Abhörgeräte). Es bedarf keiner besonderen Phantasie, dass hierzu künftig auch Videodrohnen zählen können. So gibt es bereits jetzt besonders kleine Fluggeräte im polizeilichen Einsatz (sogenannte „Fancopter“), die mit Mikrofonen, einer gesteuerten Zoomvideokamera, Infrarot- Wärmesensoren etc. ausgestattet sind und auch in Häuser hineinfliegen können. Es ist davon auszugehen, dass von diesen Mitteln in Zukunft häufiger von der Polizei Gebrauch gemacht wird. Konkrete Gerichtsentscheidungen über die Zulässigkeit derartiger Mittel liegen noch nicht vor. 

 

  1. Überwachung von Versammlungen 

Gemäß § 12 Abs. 2 des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes kann die Polizei eine unübersichtliche Versammlung und ihr Umfeld mittels Bild- und Tonübertragungen offen beobachten, wenn dies zur Abwehr einer von der Versammlung ausgehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist. Sie kann zur Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit offen Bild- und Tonaufzeichnungen von nicht bestimmten teilnehmenden Personen (Übersichtsaufzeichnung) anfertigen. Die Auswertung von Übersichtsaufzeichnungen mit dem Ziel der Identifizierung einer Person ist nur zulässig, um eine von dieser Person verursachte erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwehren. Für geschlossene Versammlungen gilt mit § 17 NVersG eine analoge Regelung. 

Soweit einige Bundesländer noch kein eigenes Versammlungsgesetz haben, wird der Einsatz von Videotechnik auf § 12 a des Versammlungsgesetzes des Bundes gestützt. Dort wird allerdings nicht zwischen der Beobachtung (in Echtzeit) und der Aufzeichnung differenziert. Vielmehr ist dort ausschließlich von der Fertigung von Bild- und Tonaufnahmen von Teilnehmern bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Versammlungen die Rede. In Anbetracht der Tatsache, dass durch solche Maßnahmen erheblich in die Grundrechte von Versammlungsteilnehmern aus Artikel 5 GG (Meinungsfreiheit) und Artikel 8 GG (Versammlungsfreiheit) eingegriffen wird, hat sich die Rechtsprechung in der Vergangenheit mehrfach mit deren Zulässigkeit sowie mit der Verfassungsmäßigkeit der einschlägigen Rechtsgrundlagen auseinandersetzen müssen. Denn nach Auffassung von Kritikern wird die Überwachung häufig „anlasslos“ bzw. „zur Einschüchterung der Teilnehmer“ eingesetzt.[14] Dies wurde von einigen Verwaltungsgerichten auch bestätigt, die den Einsatz von Videoüberwachungsmaßnahmen bei konkreten Versammlungen für unzulässig hielten. So entschied das VG Berlin in einem Urteil vom 05.07.2010, dass das anlasslose Filmen einer Veranstaltung durch die Polizei verfassungswidrig ist.[15] Nach einer Entscheidung des OVG NRW vom 23.11.2010 verstieß die massive Beobachtung einer friedlichen Versammlung von 40 bis 70 Teilnehmern wegen der damit verbundenen Verunsicherung und Einschüchterung gegen die in Artikel 8 GG garantierte Versammlungsfreiheit.[16] Nach einer Entscheidung des VG Göttingen vom 11.12.2013 sind Übersichtsaufzeichnungen gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 NVersG bei „übersichtlichen“ Versammlungen nicht erforderlich und damit rechtswidrig.[17] Schließlich hat das OVG Koblenz Anfang dieses Jahres entschieden, dass die Anfertigung von Übersichtsaufnahmen einer Versammlung rechtswidrig ist, wenn von dieser keine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.[18] Wer damit rechnen muss, dass die Teilnahme an einer Versammlung behördlich registriert wird und ihm dadurch persönliche Risiken entstehen könnten, werde nach Meinung des OVG möglicherweise auf die Ausübung seines Grundrechtes verzichten. Das Versammlungsgesetz des Bundes sähe keine Übersichtsaufnahmen ohne Aufzeichnung vor und sei daher keine taugliche Ermächtigungsgrundlage. 

In Anbetracht dieser massiven Kritik dürfte der künftige Einsatz von Video-Drohnen zur Anfertigung von Übersichtsaufnahmen unter besonderer Beobachtung der Gerichte stehen. Denn durch diese Flugobjekte könnten die Teilnehmer noch stärker eingeschüchtert werden. Nicht ohne Grund hat es bei den bisher bekannten Einsätzen von Video-Drohnen bei politischen Versammlungen heftige Proteste in der Öffentlichkeit gegeben.[19] Aus diesem Grund hat die Polizei in jüngerer Zeit auf den Einsatz dieser Mittel verzichtet. Rechtssicherheit wird man wohl erst dann herbeiführen können, wenn der Einsatz von Videodrohnen konkret in den Versammlungs- bzw. Polizeigesetzen geregelt ist. 

 

  1. Einsatz im Rahmen der Strafverfolgung 

Auch bei der Aufklärung von Sachverhalten zum Zwecke der Strafverfolgung werden von der Polizei mittlerweile Video-Drohnen eingesetzt. Entsprechende Ermächtigungsnormen lassen sich der Strafprozessordnung entnehmen.

 

  1. Zu Zwecken der Ermittlung 

Gemäß § 161 StPO kann die Staatsanwaltschaft zur Erforschung eines Sachverhaltes von allen Behörden Auskunft verlangen und Ermittlungen jeder Art entweder selbst vornehmen oder durch die Behörden oder Beamten des Polizeidienstes vornehmen lassen. Nach der Generalklausel in § 163 StPO haben die Behörden und Beamten des Polizeidienstes Straftaten zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten. Zu diesem Zwecke sind sie u. a. befugt, Ermittlungen jeder Art vorzunehmen, soweit nicht andere gesetzliche Vorschriften ihre Befugnisse besonders regeln. 

Bei großzügiger Auslegung dieser Vorschriften lassen sich Drohneneinsätze jedenfalls dann rechtfertigen, wenn es um die Aufklärung von Tatorten bzw. die fototechnische Dokumentation derselben geht, ohne dass dabei personenbezogene Daten erfasst werden. Auch die Aufspürung von illegalem Anbau von Drogenpflanzen (z. B. Cannabis, Mohn etc.) dürfte durch die o. a. Generalklausel gedeckt sein. Gleiches gilt für die Beschaffung von Infrastrukturinformationen und die Beschaffung oder Sicherung von Beweisen durch die Fertigung von Bildaufnahmen. 

Des Weiteren ist der Einsatz von Videodrohnen bei akuten bzw. schon eingetretenen Gefahrensituationen wie Entführungen, Geiselnahmen, Verfolgungsjagden etc. denkbar und dürfte in Zukunft häufiger erfolgen. Da es hier gleichermaßen um Prävention und Tataufklärung gehen kann, dürften sowohl die Generalklauseln aus den Polizeigesetzen wie auch die Generalklausel aus der Strafprozessordnung einschlägig sein.

 

  1. Einsatz zu Observationszwecken  

Analog zur Regelung in § 35 Nds.SOG (vgl. II. 1. c)) dürfen auch nach der Strafprozessordnung bestimmte technische Mittel für Observationszwecke verwendet werden, wenn die Erforschung des Sachverhaltes oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten auf andere Weise weniger Erfolg versprechend oder erschwert wäre (vgl. § 100 h Abs. 1 Nr. 2 StPO). Allerdings dürfen derartige Mittel ohne Wissen des Betroffenen nur außerhalb von Wohnungen eingesetzt werden. Die Strafverfolgungsbehörden nutzen bei ihren Tatermittlungen z. B. Nachtsichtgeräte, Wärmebildkameras, Richtmikrofone und auch Videokameras, um den Beschuldigten auf die Spur zu kommen. Es ist davon auszugehen, dass zu diesem Zweck künftig auch vermehrt Videodrohnen eingesetzt werden. Allerdings bedarf es hierzu in der Regel einer Zustimmung durch das Gericht, bei Gefahr im Verzug kann auch die Anordnung der Staatsanwaltschaft oder ihre Ermittlungspersonen eingeholt werden.

 

  1. Zusammenfassung 

Auch und gerade im polizeilichen Einsatz werden Video-Drohnen in der Zukunft immer häufiger eine Rolle spielen. Die bestehenden Rechtsgrundlagen reichen jedoch nicht immer aus, alle Erscheinungsformen eines Einsatzes zu legitimieren. Dies betrifft beispielsweise das Erfordernis der „offenen“ Beobachtung, was bei einer Beobachtung aus der Luft mangels entsprechender Erkennbarkeit nicht immer sichergestellt ist. Insofern dürfte es hier gesetzgeberischen Nachholbedarf geben. Auch muss beim polizeilichen Einsatz von Video-Drohnen aufgrund der damit verbundenen Grundrechtseingriffe stets der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. Der Nützlichkeit derartiger technischer Mittel bei der Abwehr, Aufklärung und Verfolgung von Straftaten tut dies jedoch keinen Abbruch.

 

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Quellen

[1] siehe hierzu den Beitrag von Jeannette Seifert, „Das fliegende Auge des Staates“ vom 19.10.2012 , www.deutschlandfunk.de
[2] siehe hierzu Aufsatz von Ulla Reinhard, „Fliegendes Auge der Berliner Polizei filmt Tatort und Unfälle“, Beitrag in der Berliner Morgenpost vom 04.09.2014, www.morgenpost.de
[3] ebenda
[4] siehe Beitrag Seifert, Deutschlandfunk
[5] hierzu werden die sogenannten “Cana-Chopper” eingesetzt
[6] Intelligent information system supporting observation, searching and detection for security of citizens in urban environment
[7] vgl. Eintrag zu Indect unter wikipedia.org
[8] siehe Tom Hillenbrandt, „Drohnenland“, Kriminalroman aus dem Jahr 2013
[9] siehe hierzu den Aufsatz von Christoph Gusy, „Aufklärungsdrohnen im Polizeieinsatz. Grundgesetzliche Vorgaben und Grenzen beim präventiv-polizeilichen Einsatz von Drohnen“, 2014 ,www.kriminalpolizei.de
[10] vgl. Beitrag von RA Jens Ferner, „Drohnen – Einsatz durch die Gemeinde – zulässig?“, 2010, www.ferner-alsdorf.de
[11] vgl. Entscheidung des VG Hannover vom 14.07.2011 Az. 10 A 5452/10
[12] vgl. BVerwG, Urteil vom 25.01.2012, 6 C 9.11
[13] vgl. VGH-Baden Württemberg, Urteil vom 21.07.2003, Az. 1 S 377/02
[14] vgl. die Dokumentation von Bürgerrechtlern auf der Website www.wiki.freiheitsfoo.de
[15] vgl. VG Berlin, Urteil vom 05.07.2010, VG 1 K 905.09
[16] vgl. OVG NRW, Urteil vom 23.11.2010, 5 a 2288/09
[17] vgl. VG Göttingen, Urteil vom 11.12.2013, 1 a 283/12
[18] vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 05.02.2015, 7 a 10683/14.OVG
[19] so bei der Überwachung von Protestaktionen gegen den Castortransport zum Zwischenlager Gorleben (2010) und bei einer Demonstration in Bad Nenndorf (2012)