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Luftfrachtsicherung

Von Herbert Hoeck

Die Zivilluftfahrt ist einer permanenten Bedrohung durch den internationalen Terrorismus ausgesetzt. Seit dem Jahre 2010 steht der Bereich Luftfracht im Fokus. Was ist geschehen?

Über Kurierdienste versandten mutmassliche islamistische Terroristen Paketbomben aus dem Jemen Richtung USA. Dank saudi-arabischer Geheimdienstinformationen wurde am 29. Oktober 2010 ein Sprengstoffpaket in Mittelengland und ein weiteres in Dubai sichergestellt. Der Fall legte Sicherheitsmängel im weltweiten Luftfrachtverkehr offen. Unklar war aber noch, ob die mit Handys, Zeitzündern und Batterien verdrahteten Bomben auch tatsächlich in den Flugzeugen hätten ferngezündet werden können, wenn diese in der Luft sind. Aber allein die Tatsache, dass sie an Bord der Flugzeuge gelangten, ist Anlass zu grosser Sorge. Zeigt es doch vor allem, dass Terroristen nach immer neuen Wegen für Anschläge suchen.

Doch wie genau kann Luftfracht gesichert werden, resp. welche Verfahren werden angewandt?

Über Versender und Sicherheitsmaßnahmen

Luftfrachtsendungen sollen in besonderer Weise gegen unbefugte Zugriffe Dritter geschützt werden. Nur als sicher eingestufte Luftfracht darf ohne eigentliche Sicherheitskontrollen an Fluggesellschaften übergeben werden. Die gesetzlichen Vorgaben der EU beinhaltet die Philosophie der sicheren Logistikkette. An deren Anfang steht der „Bekannte Versender“. Dieser wird zum „Bekannten Versender“, indem er gegenüber der Aufsichtsbehörde (Deutschland = Luftfahrtbundesamt, Schweiz = Bundesamt für Zivilluftfahrt) eine Sicherheitserklärung ausstellt. In diesem Dokument erklärt er die Anwendung bestimmter Sicherheitsmassnahmen in seinem Betrieb wie den Schutz vor Zutritt durch Unbefugte, Beschäftigung von ausschliesslich zuverlässigem und eingewiesenem Personal sowie eine Qualitätssicherung.

Der „Bekannte Versender“ übergibt seine Fracht dem „Reglementierten Beauftragten“. Dieser ist ebenfalls von der zuständigen Aufsichtsbehörde zugelassen. Der „Reglementierte Beauftragte“ ist ein Status, der Logistikunternehmen eine einfachere Abwicklung der Fracht am Flughafen ermöglicht. Wenn ein solcher „Reglementierter Beauftragter“ die Fracht z. B. der Lufthansa Cargo übergibt, darf sie als sicher angesehen werden.

Allerdings muss die Sicherheitskette lückenlos geschlossen sein. Und dies von der Produktionsstätte des „Bekannten Versenders“ bis hin zur Übergabe an den „Reglementierten Beauftragten“. So muss auch jeder Subunternehmer vertraglich zur Einhaltung der Sicherheitsvorschriften verpflichtet worden sein.

Unregelmässigkeiten in der Lieferkette (sichtbare Beschädigungen an der Verpackung der Fracht, unbeaufsichtigt deponierte Frachtstücke usw.) führen dazu, dass die betroffene Frachtsendung ihren sicheren Status verliert und in der Folge einer Sicherheitskontrolle unterzogen werden muss.

Ebenfalls muss diejenige Luftfracht, welche von einem Versender herstammt, welcher nicht über den Status „Bekannte Versender“ verfügt, in jedem Fall einer Sicherheitskontrolle unterzogen werden.

Auf die Sinnhaftigkeit und die Wirksamkeit eines solchen „Papierkonzeptes“ wird an dieser Stelle nicht weiter eingegangen.

Wir erörtern hier die Frage, wie bestmögliche Sicherheitskontrollen an Luftfracht vorgenommen werden können. Dazu müssen wir uns als erstes darüber Gedanken machen, was eine Sicherheitskontrolle von Luftfracht von einer „normalen“ Sicherheitskontrolle eines Flugpassagiers und dessen Handgepäck unterscheidet.

Bei der Ausführung von Sicherheitskontrollen im Bereich Luftfracht muss berücksichtigt werden, dass sehr unterschiedliche Grössen von Packstücken und Gegenständen bestehen. Dies erfordert einerseits eine geeignete Infrastruktur, beispielsweise Röntgengeräten in Dimensionen, welche es überhaupt erst ermöglichen, Sicherheitskontrollen auszuführen.

FrachtröntgenanlageWährend sich im Bereich der Handgepäckkontrolle in den sicherheitskontrollierten Behältnissen meistens immer in etwa ähnlicher Inhalt befindet (Mobilgeräte, Geldbörse, Schlüssel, Brillen, etc.) bestehen im Bereich der Luftfrachtkontrollen grosse Unterschiede. Von der Schachtel, welche eine einzige Schraube beinhaltet, bis zu hochkomplexen technischen Anlagen wird alles nur Mögliche per Luftfracht versendet; und muss demzufolge auch sicherheitskontrolliert werden.

Entgegen der Situation bei einer Handgepäckkontrolle ist auch der Besitzer der zu kontrollierenden Güter nicht vor Ort anwesend. Die mit der Sicherheitskontrolle beauftragten Sicherheitsmitarbeiter können also vor Ort keine nutzvollen Hinweise über den Inhalt einholen, was Luftfracht-Sicherheitskontrollen nochmals erschwert und verlangsamt.

Dunkelalarm und Sprengstoffdetektor

Hinzu kommt, dass die eingesetzten Röntgengeräte aufgrund der Sendungsinhalte häufig an die physikalischen Grenzen stossen. Nur wenn es für die Röntgenstrahlung überhaupt erst möglich ist, das Kontrollgut zu durchdringen, kann ein Röntgenbild erst analysiert werden. Ist eine Durchdringung nicht möglich, beispielsweise weil das Material der Sendung eine sehr hohe Dichte aufweist, entsteht ein sogenannter Dunkelalarm. In einem solchen Fall muss eine alternative Kontrollmethode angewendet werden.

Sendung mit Dunkelalarm Einwandfrei analysierbares Bild

Explosive Trace Detection (ETD), auch als „Sprengstoffdetektor“ bezeichnet, ist ein Verfahren, bei welchem mittels chemischen und/oder physikalischen Messmethoden versucht wird, an der Frachtsendung anhaftende Mikrospuren von Sprengstoff zu detektieren. Gewichtiger Nachteil dieser Kontrollmethode gegenüber einer Röntgenkontrolle ist, dass bei dieser Methode die Verpackung der Frachtsendung geöffnet werden muss. Dies, weil die Probenentnahme auch am Frachtstück selbst, sprich am Inhalt, durchgeführt werden muss.

ETD Wischprobe ETD Analyse


Eine weitere Alternative zu den konventionellen Röntgenkontrollen stellt der Einsatz von Sprengstoffspürhunden (EDD) dar. Da derartige Kontrollverfahren im Herkunftsland des Autors, also in der Schweiz, nicht ausgeführt werden, wird auf diese Kontrollmethode nicht näher eingegangen. (Vgl. SPECIAL: Guter Riecher für die Luftsicherheit)

Ein wesentlicher Faktor für eine qualitativ hochstehende Ausführung von Luftfracht-Sicherheitskontrollen ist die Rekrutierung, Aus- und Weiterbildung des ausführenden Sicherheitspersonals.

Screener

Die Erkennung von verbotenen und/oder gefährlichen Gegenständen in den verschiedenen zu kontrollierenden Behältnissen stellt für das Sicherheitspersonal (Screener) keine leichte Aufgabe dar. Zunächst müssen Screener lernen und wissen, welche Gegenstände verboten sind und wie diese in Röntgenbildern aussehen (Bildanalyse). Um die Ausbildung zum Screener, primär im Bereich der Bildanalyse, überhaupt bestehen zu können, werden bei der Personalauswahl von Screenern umfangreiche Tests durchgeführt.
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Nicht jeder Mensch besitzt die visuell kognitiven Fähigkeiten, welche wichtige Voraussetzungen für die spätere Arbeit sind. Mit wissenschaftlich basierten Tests wird gemessen, wie eine Person mit diesen Faktoren umgehen kann. Diese Tests sind so aufgebaut, dass keinerlei Vorerfahrungen in der Röntgenbildinterpretation notwendig sind.

Die Vorgaben für die Ausbildung von Screener unterliegen europäischem Recht. In diesen Vorgaben sind Dauer und Inhalt der verschiedenen Ausbildungen vorgegeben. Aufgrund dieser Vorgaben muss die ausbildende Entität ein entsprechendes Ausbildungsprogramm und den Ausbildungsinhalt erarbeiten. Dieses muss der nationalen Aufsichtsbehörde, in der Schweiz dem Bundesamt für Zivilluftfahrt, zur Bewilligung vorgelegt werden.

Parallel zur oben beschriebenen Theorieausbildung erfolgt die Ausbildung im Bereich der Analyse von Röntgenbilder. Diese Ausbildung erfolgt computerbasiert.

Als Abschluss der Ausbildung erfolgt die Zertifizierung des Screener. Anlässlich dieser Prüfung, welche durch eine externe, vom Bundesamt für Zivilluftfahrt beauftragte Entität durchgeführt wird, werden die Leistungen des Auszubildenden überprüft. Die Prüfung erfolgt einerseits mit einem Theorietest, mit welchem das theoretische Wissen überprüft wird. Zusätzlich erfolgt ein Test in Bezug auf die Kompetenz der Röntgenbildanalyse. Dieser Test erfolgt am computerbasierten Trainingssystem. Kandidaten, welche beide Tests erfolgreich bestehen werden als X-Ray Screener zertifiziert und dürfen ab diesem Zeitpunkt selbständig an einem Röntgengerät arbeiten.

Mit bestens ausgebildeten Mitarbeitenden, auf die Bedürfnisse der Luftfracht zugeschnittener Sicherheitstechnologie und wirkungsvollen Prozessen kann sichergestellt werden, dass die Gefahr „Luftfracht“ verringert werden kann.