Eliteeinheiten umgibt ein Schleier des Geheimnisvollen. Eine weitgehende Geheimhaltung ist notwendig, um zukünftige Einsatzerfolge nicht zu gefährden. (Foto: KSK)

Geiseln befreien und noch viel mehr

Das Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr

Von Dr. Reinhard Scholzen

Für die westliche Welt stellt der Terrorismus seit Jahrzehnten eine permanente Bedrohung dar. Nahezu alle demokratischen Staaten reagierten darauf, indem sie Anti-Terror-Einheiten schufen. In der Bundeswehr sind die Soldaten des Kommando Spezialkräfte (KSK) besonders ausgebildet und ausgerüstet, um weltweit Geiseln zu befreien und in sogenannten asymmetrischen Konflikten bestehen zu können.

 

Die Bundeswehr unterscheidet sich in vielen Dingen von den meisten anderen Armeen. Nur in der Bundeswehr sieht man es als unverzichtbar an, den Umgang der Soldaten miteinander besonders zu regeln, was als „Innere Führung“ bezeichnet wird. Bei uns ist der Soldat ein „Staatsbürger in Uniform“, woraus sich ergibt, dass dieser Beruf ein Beruf wie jeder andere ist und keine Privilegien mit sich bringt. Zudem unterschied für mehrere Jahrzehnte die strikte Beschränkung auf die Verteidigung unsere Bundeswehr von den meisten anderen Armeen.

Die vielen Vorsichtigkeiten, mit denen man die Bundeswehr von Beginn an umgab, blieben nicht ohne Folgen und führten dazu, dass die deutsche Öffentlichkeit ihrer Bundeswehr lediglich ein „freundliches Desinteresse“ entgegenbringt, wie es Bundespräsident Horst Köhler so treffend formulierte. Die Geringschätzung der Bundeswehr zeigt sich – von der Mehrheit der Deutschen völlig unbemerkt – auch in der protokollarischen Rangfolge, die festlegt, wer in unserer Gesellschaft an welcher Stelle steht: Ganz oben rangiert unser Bundespräsident, diesem folgt der Bundestagspräsident und danach die Bundeskanzlerin. Etwas weiter unten stehen die Kardinäle der katholischen Kirche, deutlich dahinter sind die parlamentarischen Staatssekretäre eingereiht, irgendwann kommt die Kanzlerin des Ordens Pour le Mérite,  die Nobelpreisträgerin Frau Prof. Christiane Nüsslein, und eine Stufe weiter unten findet man den Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Frank Weise. Direkt hinter dem Chef aller Arbeitslosen reiht sich der ranghöchste Soldat der Bundeswehr, Generalinspekteur Volker Wieker (Foto: Wikipedia/Patrick Fischer)Generalinspekteur Volker Wieker, ein.

Die genannten Rahmenbedingungen, zu denen auch noch eine stets angespannte Finanzsituation kam, prägten die Bundeswehr. Sie führten dazu, dass vieles, was woanders selbstverständlich ist, in unserer Armee nie vorhanden war. So gibt es in den meisten modernen Armeen seit vielen Jahren Spezialkräfte, die zum Teil bereits während des Zweiten Weltkriegs dafür ausgebildet und ausgerüstet worden waren, besonders schwierige militärische Aufgaben zu lösen. Die USA stehen auch in dieser Hinsicht ganz oben. Sie leisten sich in Heer, Luftwaffe und Marine gleich mehrere Verbände, die unter anderem Geiselbefreiungen durchführen können.

 

Wurzeln des KSK in Afrika

Im April 1994 entflammte in Ruanda ein seit langer Zeit schwelender Konflikt. Der Hass zwischen den Volksstämmen der Hutu und Tutsi entlud sich in Pogromen, denen Hunderttausende Einheimische zum Opfer fielen. Viele Ausländer konnten fliehen, weil französische Fallschirmjäger den Flugplatz der Hauptstadt Kigali besetzten. Nachdem sich die Franzosen zurückgezogen hatten, gab es für die noch im Land Verbliebenen keine Fluchtmöglichkeit mehr. Auch elf Mitarbeiter der „Deutschen Welle“ saßen in einer  Relaisstation fest. Die Vereinten Wenige Wochen nach der Rettung der deutschen Geiseln aus Ruanda erhielt der belgische Fallschirmjägermajor Baumans vom damaligen Bundesaußenminister Klaus Kinkel (links) das Bundesverdienstkreuz. (Foto: Deutsche Welle)Nationen, die USA, Frankreich, Belgien und Deutschland suchten fieberhaft nach einer Möglichkeit, diese Frauen und Männer und einige Entwicklungshelfer und Missionare zu evakuieren. Schließlich übernahmen belgische Fallschirmjäger diese Aufgabe. Ohne dass ein Schuss fiel, brachten sie ihre Landsleute, dazu schweizerische und deutsche Staatsbürger nach Bujumbura in Burundi. Von dort holte sie eine Transall der Bundeswehr ab und flog sie in die Heimat zurück.

Die Demonstration der deutschen Ohnmacht brachte den Inspekteur des Heeres in Rage. Generalleutnant Hartmut Bagger befahl: „Was in Ruanda passiert ist, möchte ich nicht wieder erleben“.

 

Aufbau des KSK

Sofort begannen die militärischen Führungsgremien, die Möglichkeiten auszuloten, um zukünftig für ähnliche Situationen besser gewappnet zu sein. Hierzu war es zunächst erforderlich, den rechtlichen Rahmen für Auslandseinsätze der Bundeswehr neu zu definieren. Am 12. Juli 1994 entschied das Bundesverfassungsgericht in seinem „Out-of-Area-Urteil“, humanitäre sowie militärische Einsätze der Bundeswehr seien auch außerhalb des NATO-Gebietes zulässig. Die Karlsruher Richter pochten auf das Primat der Politik und machten sich gleichzeitig für die Parlamentsarmee stark, indem sie bestimmten, dass die Bundesregierung zuvor die Zustimmung des Deutschen Bundestags einholt, wozu die einfache Mehrheit ausreicht.

Elf Monate nach den Ereignissen in Kigali nahmen die Planungen eine wichtige Hürde als Verteidigungsminister Volker Rühe in seinem Ressortkonzept den Aufbau eines „Kommando Spezialkräfte (KSK)“ ankündigte. Bereits in dieser sehr frühen Phase der Planungen wollte man eine Spezialeinheit mit einem breiten Fähigkeitsspektrum Geiselbefreiungen werden ständig geübt. Unter anderem aus Eisenbahn und Omnibus (Fotos: KSK) schaffen: Neben der Geiselbefreiung, sollte sie befähigt werden, gegen Terroristen und Kriegsverbrecher vorzugehen und auch Aufträge weit hinter den feindlichen Linien durchzuführen.Dem Verteidigungsministerium schwebte somit eine ungewöhnlich schlagkräftige, global einsetzbare Truppe vor, die  sich am breiten Fähigkeitsspektrum des britischen SAS, einer  im Jahr 1941 aufgestellten Spezialeinheit, oder vergleichbarer amerikanischer Einheiten orientieren sollte. Damit ging dieses Verwendungskonzept weit über den bisherigen Horizont der bundesrepublikanischen Soldaten hinaus. Jedoch galt von vornherein die Einschränkung, dass die Einsätze des deutschen KSK nur auf ganz spezielle Fälle beschränkt sein sollten. Lang dauernde und personalintensive weltweite Alleingänge standen zu keinem Zeitpunkt auf seinem Programm. In derartigen Szenarien sah die militärische Führung die deutschen Kommandosoldaten lediglich als Teil einer multinationalen Truppe.

Die Heimat des KSK wurde Calw, die Stadt, in der 1877 der Schriftsteller Hermann Hesse geboren wurde. Calw war seit den 1950er Jahren die Heimat eines Fallschirmjägerverbandes gewesen. Aus diesen Reihen meldeten sich viele Soldaten freiwillig zum Dienst im KSK. Sie wollten die Möglichkeiten der neuen Einheit erleben, in der vom Start weg kein Mangel herrschte: Eine Anschubfinanzierung von 41 Millionen D-Mark – also mehr als 20 Millionen Euro – brachte die Ausrüstung der Soldaten bald auf die Höhe der Zeit.

 

Erste Einsätze

Rund zwei Jahre nach der Aufstellung nahmen deutsche Kommandosoldaten im ehemaligen Jugoslawien einen Kriegsverbrecher fest. Weitere Einsätze auf dem Balkan folgten.

Nach den Anschlägen auf das World Trade Center in New York arbeiteten die Geheimdienste der USA fieberhaft. Ihre Suche nach Tätern und Hintermännern führte sie im Herbst 2001 nach Afghanistan. Ein Feldzug gegen die Drahtzieher – allen anderen voran Usama bin Ladin – war bald beschlossene Sache. Dabei wollte Deutschland nicht Auch für Operationen hinter den feindlichen Linien ist das KSK ausgebildet. (Foto: Scholzen)abseits stehen; denn der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte nach 9/11 flugs seine uneingeschränkte Solidarität verkündet und somit waren, als die Amerikaner im Land am Hindukusch einmarschierten, an ihrer Seite auch Soldaten des deutschen KSK.

Bald nahm das KSK im Kampf gegen die Taliban eine exponierte Rolle ein. Jedoch entsprachen die Einsätze zunächst kaum den klassischen Aufträgen einer Spezialeinheit, was deren Kommandeur bald öffentlich beklagte und aus der Unterforderung seiner Männer kein Hehl machte.

Der Dauereinsatz des KSK am Hindukusch ließ zum einen dessen Personalbedarf deutlich steigen, schreckte aber zum anderen nicht wenige potentiell geeignete Bewerber ab; denn einen drögen Dienst an irgendeinem Checkpoint oder die wochenlange Beobachtung eines Gebirgspasses konnten sie auch in irgendeiner normalen Einheit der Bundeswehr erleben.

Deutlich anspruchsvoller waren die Einsätze bei Geiselnahmen. So spürte das KSK im Frühjahr 2003 in Algerien und in Mali zusammen mit der GSG 9 den Kidnappern nach, die mehrere Deutsche in ihre Gewalt gebracht hatten. Wie groß der Anteil dieser Spezialisten an der Befreiung der „Sahara-Geiseln“ war, blieb der Öffentlichkeit verborgen. Streng geheim, wie alle Aktionen des KSK und der GSG 9.

 

Personalrekrutierung

Von Beginn an legte man die Messlatte für die KSK-Kandidaten sehr hoch, dementsprechend war die Chance, in das KSK aufgenommen zu werden, nur gering. Trotz eines notorischen Personalfehls in dem Eliteverband wollte man keinerlei Abstriche bei der Qualität der KSK-Soldaten machen. Um die Besten zu finden, unterzieht man die Der Eignungstest, dem sich alle KSK-Bewerber unterziehen müssen, stellt höchste Ansprüche an deren körperliche Fähigkeiten. (Foto: KSK)Bewerber seit einigen Jahren einem ausgeklügelten Test, der  gleichermaßen deren physische und psychische Leistungsgrenzen auslotet. Hierzu zählt als Höhepunkt eine einwöchige Übung, bei der die Soldaten mit schwerem Gepäck rund 200 Kilometer durch den Schwarzwald zurücklegen. Auf dem Weg müssen sie zahlreiche körperlich extrem belastende Prüfungen absolvieren, die sich mit schwierigen Testaufgaben abwechseln. Psychologen und militärische Ausbilder begleiten die Kandidaten auf Schritt und Tritt und achten besonders in den anspruchsvollsten Phasen darauf, wie sich die Bewerber verhalten. Über Erfolg oder Misserfolg entscheiden nicht zuletzt die Willensstärke des Einzelnen und seine Teamfähigkeit.

 

Motive für den Dienst im KSK

Es stellt sich die Frage, aus welchen Gründen junge Männer solche extremen Belastungen im Auswahltest, in den Übungen und später im Einsatz auf sich nehmen. Die Bundeswehr lockt seit einigen Jahren mit finanziellen Anreizen. Gegenwärtig ist mit dem Bestehen des Eignungstests eine Prämie von 3.000 € verbunden. Mit Beginn Nach dem Ende der Ausbildung erhalten die Kommandosoldaten das Tätigkeitsabzeichen des KSK. (Foto: KSK)der  anschließenden Ausbildung im KSK wird monatlich eine Zulage in Höhe von 963 € (brutto) auf das Konto des Soldaten überwiesen. Nach dem Ende der zweijährigen Lehrzeit verleiht der Kommandeur dem KSK-Mann in einer Feierstunde das begehrte Tätigkeitsabzeichen – ein Schwert im Eichenkranz – und darüber hinaus wird eine Bonuszahlung von 10.000 € fällig. Nach Abschluss der sechsjährigen Pflichtzeit in den Einsatzkräften erhält jeder Kommandosoldat für jedes weitere Jahr, das er in Calw bleibt, eine Prämie von 5.000 €. Rechnet man alle Zulagen und Prämien ein und berücksichtigt zudem noch die kürzeren Beförderungsintervalle, so ergibt sich für einen Stabsfeldwebel (Besoldungsstufe A 9) ein Gehalt, das dem eines Oberstleutnants (Besoldungsstufe A 14) entspricht. Auch bodenständige Männer lockt dieser Lohn: „Ich spare das Geld. Am Ende kann ich mir dann ein Haus kaufen!“ sagt ein junger Feldwebel.

Trotz alledem kann das Geld nicht der entscheidende Grund sein, sich für den Dienst im KSK zu entscheiden; denn private Sicherheitsunternehmen zahlen ihren Angestellten für gefährliche Einsätze sehr viel mehr. So wurde publik, dass zum Beispiel für Himmelfahrtskommandos im Irak Tagesgagen von bis zu 1000 Dollar üblich sind. Die bekannteste dieser Firmen ist Blackwater, die von Erik Prince, einem ehemaligen Angehörigen der US-Eliteeinheit Navy Seals, gegründet wurde. Mittlerweile hat er die Firma verkauft und das Unternehmen heißt jetzt nach vielen Umbenennungen „Academi“.

So viel kann die Bundeswehr nicht zahlen und man legt auf der Hardthöhe großen Wert darauf, Söldnermentalitäten vom KSK fernzuhalten. Auch deshalb setzt der Verband aus Calw bei der Auswahl der Bewerber auf Psychologen. Deren Leiter veröffentlichte einige Ergebnisse von Befragungen der Bewerber. Er fand heraus, jeder Vierte suche „Freude am Beruf durch neue und sinnvolle Aufträge“. Jeden Fünften locke besonders die „interessante Ausbildung mit modernsten Waffen“; 17 Prozent sähen das KSK schlichtweg als Traumverwendung; zwölf Prozent wollten „mit Profis zusammenarbeiten“ und vier Prozent erwarteten Kameradschaft und Abenteuer.

Diese Ergebnisse decken sich jedoch nur zum Teil mit schriftlichen Befragungen der KSK-Bewerber, die der Autor dieses Beitrags im Jahr 2003 und 2012 durchführte. Im Frühjahr 2003 erhielten 34 KSK-Bewerber einen Schnelligkeit ist bei einem Zugriff oft entscheidend. (Foto: Scholzen)Fragebogen, in dem sie auch nach ihrer Vorbereitung auf den Aufnahmetest und ihren Bewerbungs-Motiven befragt wurden. Sehr häufig gaben die Soldaten als Beweggrund die hervorragende Ausbildung im KSK an, darüber hinaus erwarteten sie in Calw einen besonderen Teamgeist und Kameradschaft. Hinter einigen Antworten steckten wohl berufliche Enttäuschungen. So erwartete ein Kandidat „Aufträge mit weitreichender Bedeutung und Wirkung“, die er offenbar in seinem bisherigen Berufsleben vermisst hatte. Ein Oberleutnant nahm an, die Spezialeinheit aus Calw verfüge über eine „größere Lobby“. Ein Fernmelder betonte seine „Unzufriedenheit mit bisheriger Einheit“ und wollte daher zukünftig einer „Elite“ angehören. Auch ein Oberfeldwebel strebte an, zur „Auswahl der Besten“ zu gehören und suchte beim KSK die „Herausforderung“. Vier seiner Kameraden träumten davon, zukünftig in einem „professionellen Team“ arbeiten zu dürfen. Nicht wenige betrachteten im Jahr 2003 Calw als Sprungbrett für ihre Karriere. Drei verbanden damit vor elf Jahren die Hoffnung, Berufssoldat werden zu können. Auch idealistische Ziele wurden genannt: Ein Oberfeldwebel wollte „Irgendwann mal was Gutes tun“. Ein Fernspäher „wollte schon immer einen Beruf ausüben, bei dem ich Menschen helfen kann und einen interessanten und fordernden Alltag habe.“

Vergleicht man die beiden Befragungen, so sticht ins Auge, dass die KSK-Bewerber im Jahr 2012 durchschnittlich 24 ½ Jahre alt waren und damit zwei Jahre jünger als 2003. Mehrere Soldaten betonten, dass sie in ihrer Vorbereitung neben einem umfangreichen sportlichen Fitnessprogramm auch ihre Allgemeinbildung verbesserten, in Büchern über Bewerbungstraining lasen oder sich besonders in den Fächern Deutsch und Mathematik um eine Verbesserung ihrer Leistungsfähigkeit bemühten. Wie bei der ersten Befragung gaben auch im Jahr 2012 viele KSK-Kandidaten als Motiv an, sie wollten zu den Besten gehören und einen Beruf erlernen, in dem sie täglich gefordert seien. Ein Soldat aus Baden-Württemberg betonte, er suche nicht „irgendeinen Job, sondern eine Tätigkeit, die mein Leben ausfüllt und mich körperlich und geistig fordert.“ Politisch völlig korrekt antwortete ein im Jahr 2009 in die Bundeswehr eingetretener Soldat: „Es muss Männer und Frauen geben, die bereit sind, mit guter Ausbildung und Material für Sicherheit und Friedensstabilisierung in Krisengebieten zu sorgen.“

Die Bewerber der Gegenwart informieren sich in der Regel aus sehr unterschiedlichen Quellen über das KSK und lassen dabei auch kritische Betrachtungen nicht außen vor. Dennoch bleibt das Problem, dass die Tätigkeit des KSK in weiten Teilen der Geheimhaltung unterliegt und sich somit einer objektiven Betrachtung entzieht. Als Gründe dafür gibt die Bundeswehr unter anderem an, dass detaillierte Informationen über die Einsätze das zukünftige Vorgehen des KSK erschweren und dadurch die Risiken für die einzelnen Soldaten steigen würden.

Die Risiken sind trotz der weitgehenden Geheimhaltung hoch: Bei Übungen wurden zahlreiche Kommandosoldaten Jeder KSK-Soldat absolviert eine Fallschirmsprungausbildung. (Foto: KSK)verletzt, einige kamen ums Leben. So verstarb ein  Soldat bei einer Fallschirmsprungübung, ein anderer wurde bei einer gefährlichen Schießübung von einem seiner Kameraden erschossen.

Dass die Einsätze des KSK risikoreich sind, ist eine Binsenweisheit. Bei einem Einsatz im Jahr 2000 erlitten drei Elite-Soldaten auf dem Balkan zum Teil schwere Verwundungen. Im Februar 2013 wurde ein weiterer KSK-Soldat in Afghanistan angeschossen, im Mai kam dort ein Kommandosoldat im Einsatz zu Tode, ein weiterer erlitt lebensgefährliche Verwundungen. Die Bundeskanzlerin kam wenige Tage danach zu einem bereits längere Zeit geplanten Besuch nach Afghanistan. Während einer Pressekonferenz in Kundus sagte sie: „Ich habe natürlich am Ehrenhain derer, die gefallen sind, gedacht, ganz besonders auch des Kameraden aus dem KSK, der vor wenigen Tagen tödlich verunglückt ist, und habe mit seinen Kameraden ein Gespräch über die Situation geführt, die entstanden ist – auch mit dem verwundeten Soldaten, der über den Hergang berichtet hat.“ Wochen später berichteten die Medien über die Hintergründe des Todes des Kommandosoldaten. Es wurden viele Indizien dafür gefunden, dass die deutschen Elitesoldaten von afghanischen Sicherheitskräften in eine Falle der Taliban gelockt worden waren. Der Spiegel hatte erfahren, die Bundeswehr wolle prüfen, wie man weiterhin mit den Afghanen kooperieren solle: „Bei Notrufen der vermeintlichen Partner von den afghanischen Sicherheitskräften werde man jedoch in Zukunft genau prüfen, ob es sich nicht um einen gezielten Hinterhalt handelt.“

 

Ausbildungsinhalte

Die Bundeswehr verwendet sehr viel Energie und auch Geld darauf, die Kommandosoldaten bestmöglich auf ihre vielfältigen Einsätze vorzubereiten. Angesichts der Aufgabenvielfalt kann es nicht verwundern, dass die Soldaten eine dreijährige Ausbildungszeit hinter sich bringen müssen, bevor sie voll einsatzfähig sind. Die angehenden KSK-Soldaten erlernen ihr Handwerk im „Ausbildungs- und Versuchszentrum“ (AVZ) in Calw und an zahlreichen Ausbildungsstätten und Truppenübungsplätzen im In- und Ausland.

Im Mittelpunkt steht für die angehenden Kommandosoldaten zunächst das Erlernen eines breit gefächerten Basiswissens. Hierbei werden in jedem einzelnen Bereich innerhalb von zwei Jahren ein sehr umfangreiches Wissen und vielfältige Fähigkeiten vermittelt. Auf dem Stundenplan der zukünftigen KSK-Soldaten stehen unter anderem:

- Grundlagen des Kommandokampfes.

Da eine hohe physische und psychische Leistungsfähigkeit für die Einsätze des KSK unverzichtbar ist, wird von Beginn an bis zum Ende der Ausbildungszeit die Belastung kontinuierlich gesteigert. Nur sehr wenige Bewerber bringen in dieser Hinsicht die geforderten Fähigkeiten mit. Dies gilt in noch stärkerem Maße für die taktische Kampfausbildung. Ganz gleich, wo die Bewerber zuvor ihren Dienst versehen haben, das, was sie im KSK in Hinsicht auf die Taktik erlernen, ist beispiellos in der gesamten Bundeswehr.

- Kommandoschießausbildung

Auch dieser Bereich der Ausbildung stellt ein Alleinstellungsmerkmal des KSK dar. Zwar wird auch in anderen Bereichen den Soldaten das Schießen in vielfältigen Ausprägungen beigebracht, aber nirgendwo sonst wird eine Das Schießausbildungszentrum in Calw bietet vielfältige Trainingsmöglichkeiten. (Foto: Scholzen)derart hohe Perfektion erreicht wie im KSK. Besonderer Wert wird dabei sowohl auf eine größtmögliche Präzision als auch Stressresistenz gelegt. So muss der Auszubildende zum Beispiel auch dann noch sicher zwischen Täter- und Geiselscheiben unterscheiden können, wenn er völlig übermüdet und ausgehungert ist und zudem seine Wahrnehmung durch schlechte Sicht und infernalisches Getöse behindert wird. Eine Firma aus Hessen baute die Raumschießanlage in Calw, die über vielfältige moderne Möglichkeiten verfügt und weit über das hinausgeht, was ein „Schießkino“ bieten kann. Auf einer Fläche von mehr als 1400 m2 können auf unterschiedlichen Ebenen zum Beispiel Duellsituationen trainiert und unterschiedliche Ziele im Raum bewegt werden.

- Pionierlehrgang

Jeder Kommandosoldat erhält eine breit gefächerte und in einigen Bereichen auch sehr spezielle Ausbildung im Pionierwesen. So erwirbt jeder den großen Sprengberechtigungsschein und durchläuft den Sonderlehrgang „Sprengen KSK“.

- Fallschirmspringen

Die Ausbildung im Fallschirmsprung ist ein Charakteristikum nahezu jeder Eliteeinheit. Auch das KSK sieht die taktischen Möglichkeiten, die in dieser Art der Verbringung stecken. Darüber hinaus gilt es nach wie vor als besondere Herausforderung, aus einem intakten Flugobjekt mit dem Fallschirm abzuspringen. Alle KSK-Soldaten werden so weit ausgebildet, dass sie mindestens den automatischen Sprung mit dem Gleitfallschirm beherrschen. Viele dürfen danach die Freifalllehrgänge besuchen, deren höchste Stufe die Ausbildung zum Tandemmaster darstellt. Diese Soldaten können einen Nichtspringer in einem speziellen Passagiergurtzeug mitnehmen.

- Nahkampf

Seit dem Jahr 2012 wird im KSK eine besondere Form des Nahkampfes gelehrt, die als „Anwendung kontrollierter Gewalt“ bezeichnet wird. Während die KSK-Soldaten früher eine für alle möglichen Situationen geeignete Form des Nahkampfes erlernten, erhalten sie heutzutage eine speziell auf ihre Aufgaben zugeschnittene Ausbildung.

- Sanitätsausbildung

Eine spezielle Sanitätsausbildung ist für Spezialeinheiten unverzichtbar; denn es gehört zu den Charakteristika ihrer Aufgaben, dass sie zum Teil für lange Zeit auf sich allein gestellt sind. Daher müssen Erkrankungen, Verletzungen und Verwundungen von den Soldaten selbst behandelt werden können. Jeder KSK-Soldat ist nach dem „Medical Course“ unter anderem befähigt, Zugänge zu legen, Wunden zu versorgen und Medikamente zu verabreichen.

- Klimazonenausbildung

Einen weiteren, sehr zeitaufwendigen Schwerpunkt der Ausbildung bildet die Klimazonenausbildung. Die Ein Teil der Ausbildung findet in Nordeuropa statt. (Foto: KSK)Kommandosoldaten werden befähigt, sowohl in der Wüste, als auch im Dschungel und ebenso in arktischen Regionen ihren Auftrag auszuführen.

Nach ihrer Ausbildung erhalten die KSK-Soldaten in einer feierlichen Zeremonie ihr Kommandoabzeichen und sind danach vollwertige Kommandosoldaten.

Danach ist jedoch das Lernen nicht beendet. In ihren Einsatzkompanien erhalten die jungen Soldaten eine sehr detaillierte Ausbildung in einer der als klassisch zu bezeichnenden Spezialisierungen: Sanitäter, Fernmelder, Waffen- oder Sprengspezialist.

Darüber hinaus lernen die KSK-Soldaten die zahlreichen sehr unterschiedlichen Fahrzeuge kennen, unter anderem Quads, Motorräder und Schneemobile, aber auch Kajaks und Sturmboote.

In der Fremdsprachenausbildung stellt das perfekte Beherrschen der englischen Sprache eine der Grundvoraussetzungen für internationale Einsätze dar. Darüber hinaus lernen die KSK-Soldaten weitere Sprachen – je nach Einsatzland.

- Sportausbildung

Die Basis der hohen körperlichen Fitness der KSK-Soldaten wird in einer intensiven Sportausbildung gelegt. Sport ist Alltag – wenn möglich, wird auch im Einsatz die körperliche Ertüchtigung nicht vernachlässigt. Regelmäßig durchgeführte Sporttests, die mit wissenschaftlichen Verfahren ausgewertet werden, bilden bei den regelmäßig durchgeführten Leistungsüberprüfungen die Entscheidungsgrundlage, ob der Mann weiter im KSK bleiben darf oder nicht.

 

Grenzen der Kernkompetenz

Das Kommando Spezialkräfte wurde geschaffen, um deutsche Geiseln befreien zu können. Niemand zweifelt daran, dass die Soldaten des KSK aufgrund ihrer umfangreichen Ausbildung dazu in der Lage sind. So betonte der frühere Zum festen Repertoire der Einheit gehören auch Festnahmen. (Foto: KSK)Kommandeur des KSK, Heinz Josef Feldmann: „Bezogen auf das Können unserer Soldaten und bezogen auf die Ausbildung, die sie durchlaufen, halten wir jedem Vergleich stand. Das zeigen auch unsere Erfolge im Einsatz.“ Zweifel bestehen jedoch, ob die Ausrüstung in jedem Fall ausreichend ist, um weltweit deutschen Staatsbürgern helfen zu können. Kritiker führen gebetsmühlenartig die fehlenden Transportkapazitäten der Bundeswehr an. Generalleutnant a. D. Helmut Willman sah bereits vor Jahren auch in anderen Bereichen Bedarf: „Für die weltweiten Einsätze braucht man strategische Instrumente in der Aufklärung, der elektronischen Kampfführung sowie Luft- und Seetransport-Kapazitäten. Und genau die haben wir nicht.“ In vielleicht noch größerem Maße werden die Möglichkeiten des KSK aber durch ungeklärte Fragen der Zuständigkeit limitiert. Dies Auch Zugriffe auf Schiffen üben die Kommandosoldaten. Ob sie jedoch eingesetzt werden, hängt nicht zuletzt von rechtlichen Bedingungen ab. (Foto: KSK)zeigte sich im Frühjahr 2009 bei der Entführung des deutschen Schiffes „Hansa Stavanger“ durch Piraten vor der Küste Somalias. Im Zentrum der medialen Kritik stand bald die GSG 9, die per Gesetz für Fälle von Piraterie zuständig ist. Zwar habe die Eliteeinheit der Bundespolizei bereitgestanden, um eine Befreiungsaktion durchzuführen, aber der Einsatz sei dann wegen zu hoher Gefährdung für die Geiseln und die Polizisten abgeblasen worden, konnte man zum Beispiel im „Spiegel“ lesen. In diesem Zusammenhang wurde Kritik laut am Verteidigungsminister Franz Josef Jung. Dieser hatte die Fähigkeiten der Elite-Polizisten in Frage gestellt und sich stattdessen dafür ausgesprochen, solche Lagen zukünftig durch das KSK lösen zu lassen. Dazu, so seine Auffassung, sei jedoch eine Änderung des Grundgesetzes erforderlich: „Wir sollten über eine Verfassungsänderung nachdenken, die der Bundeswehr den Zugriff ermöglicht, wenn die Polizei nicht handeln kann“. Diesem Vorschlag des Juristen Jung widersprach die Justizministerin Brigitte Zypries. Sie vertrat die Auffassung, ein Einsatz der Bundeswehr sei durch die Verfassung gedeckt und hob hervor: „Natürlich darf die Geiselbefreiung aus Flugzeugen wird natürlich auch geübt. (Foto: KSK)Bundeswehr im Rahmen der Operation Atalanta vor dem Horn von Afrika Geiseln aus der Hand von Piraten befreien.“ Die Bundeskanzlerin bewertete die Sachlage anders als ihre Justizministerin. Angela Merkel kritisierte den fehlgeschlagenen Einsatz der GSG 9 und vertrat zusammen mit Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble die Auffassung, eine Änderung des Grundgesetzes sei erforderlich, um für die Zukunft Klarheit zu schaffen. Dazu gehöre es auch, die Zuständigkeiten der GSG 9 und des KSK klarer zu definieren, da man erlebe, „dass man dies nicht so trennen kann, wie wir uns das wünschen“.

Manches wurde seither verändert, jedoch nicht immer auch verbessert. Als lediglich halbherzige Lösung muss man wohl werten, dass in vergleichbaren Fällen die Befehlskette für die GSG 9 kürzer geworden ist, womit aber eine faktische Entmachtung des Führers der GSG 9 und eine gleichzeitige Aufwertung des übergeordneten Bundesinnenministeriums verbunden waren. Damit wurde der Grundsatz, dass die GSG 9 von vorne geführt wird, über Bord geworfen. Andere sicherlich ebenso wichtige Fragen sind immer noch nicht beantwortet. So ist Deutschland auch in der Gegenwart weder mit seinen Polizei- noch mit seinen Militäreinheiten fähig, unabhängig von Verbündeten und Freunden weltweit deutsche Geiseln zu befreien. Und vielleicht wird sich in einem kommenden Fall einer Geiselnahme die immer noch ungeklärte Frage, welche Einheit, wann, wo zuständig ist, noch gravierender auswirken. Dann wird in den Ohren der Geiseln das so oft zitierte Wort des ehemaligen Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich, Sicherheit sei ein Supergrundrecht, wie Hohn klingen.

 

nach oben