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Koalitionsvertrag und Innere Sicherheit-Zeitenwende sieht anders aus
Von Bernd Walter, Präsident eines Grenzschutzpräsidiums a.D.
Um die Pointe vorwegzunehmen: Der aktuelle Koalitionsvertrag wird entgegen der Behauptung des bayerischen Ministerpräsidenten bei der Pressevorstellung kein politischer Bestseller. Vielmehr wird er sich wie viele ähnliche Politprogramme, die mehr Autoren als Leser haben, nach kurzer Halbwertszeit in den Asservatenkammern überholter Absichtserklärungen des Politikbetriebes wiederfinden.
Bereits jetzt ist seine Auslegung umstritten. Er reiht sich nahezu nahtlos in die Genealogie seiner Vorgänger ein, enthält er doch ähnlich wie jene eine Kumulation von nicht einklagbaren Versprechen, wolkigen Bekundungen, unbestimmten Rechtsbegriffen, prätentiösen Absichtserklärungen und aussageschwachen Allgemeinplätzen. Wer die Umsetzungschancen der einzelnen Programmpunkte realistisch beurteilen will, muss die feinen semantischen Unterschiede von „wir werden“ und „wir wollen“ und von „prüfen“ und „evaluieren“ kennen. Um nicht ungerecht zu sein: Das Papier enthält vieles Richtige. Nur handelt es sich hierbei ausnahmslos um Sachverhalte, die die Vorgängerregierungen bei nötigem Willen schon als erledigt zu den Akten hätten schreiben können, statt sich auf Nebenkriegsschauplätzen zu verlieren.
Allerdings hat der Vertrag auch eine bemerkenswerte Sonderheit, der für die am Entstehen interessierte Leserschaft nicht ohne Reiz ist. Die Arbeitspapiere der einzelnen Arbeitsgruppen gelangten-gewollt oder ungewollt-vorab in die Öffentlichkeit und enthielten in Rot (SPD) und Blau (CDU/CSU) die Absichten der Koalitionäre bei Sachverhalten, bei denen keine Einigung bestand. So kann man bei sorgfältigem Gegenlesen nicht nur feststellen, wer sich mit seiner Auslegung letztendlich durchgesetzt hat, sondern man erkennt auch die grundsätzlich unterschiedlichen Philosophien der Koalitionäre in Sicherheitsfragen. Überdies erfährt man auch, von welcher Qualität die gefundenen Kompromisse sind, die dem Vernehmen nach zwar die Essenz lebendiger Demokratie sein sollen, aber häufig nur ein Treffer auf kleinstem Nenner sind, da häufig Ideologie und politischer Opportunismus und nicht die praktischen Notwendigkeiten der Sicherheitsbehörden die Feder führen. Dieses soll an einigen Sachverhalten verdeutlicht werden, wobei die Punkte, bei denen keine Übereinstimmung bestand, im Vordergrund stehen.
Eingangs des Artikels über Innere Sicherheit (Titel: Sicheres Zusammenleben, Migration und Integration) erfährt man als Zielsetzung für diesen Bereich, dass die Koalitionäre eine Sicherheitsoffensive starten und dabei die neuen Finanzierungsmöglichkeiten zugunsten von Bund und Ländern nutzen. Details erfährt man nicht. Weder wird der Begriff der Sicherheitsoffensive definiert noch wird präzisiert, in welchem Umfang Finanzmittel dafür bereitgestellt werden sollen. Aus der ursprünglichen Formulierung der CDU/CSU, dass mit einer neuen Sicherheitsstrategie, einem nationalen Sicherheitsrat und einem nationalen Sicherheitskoordinator die Realisierung dieser Ziele unterstützt werden, und für alle nationalen Krisenszenarien ein stehender Bund-Länder- und ressortübergreifender Nationaler Krisenstab der Bundesregierung mit einem Nationalen Lagezentrum geschaffen werden soll, entstand für den ersten Teil der Absicht eine Kompromisslösung mit anderem Zungenschlag. Danach soll der Bundessicherheitsrat, im Rahmen des Ressortprinzips, zu einem Nationalen Sicherheitsrat im Bundeskanzleramt weiterentwickelt werden und wesentliche Fragen einer integrierten Sicherheitspolitik koordinieren. Ob der Bundessicherheitsrat der geeignete Nucleus für einen Nationalen Sicherheitsrat ist, darf bezweifelt werden, denn er hat schon jetzt ganz andere Aufgaben. Die Betonung des Ressortprinzips, an dem bisher alle Versuche zur Einrichtung eines Sicherheitsrates an Eitelkeiten der Posteninhaber scheiterten, lässt ein Verharren im Status quo ante vermuten. Von einer neuen Sicherheitsstrategie ist keine Rede mehr, obwohl die bisherige im Auswärtigen Amt und ohne Beteiligung der Länder entstanden Nationale Sicherheitsstrategie von Anfang an keine Strahlkraft hatte. Und auch der nationale Sicherheitskoordinator wurde wohl von der To-Do-Liste gestrichen.
Die Absichtserklärung der Koalitionäre, die europa- und verfassungsrechtlichen Spielräume ausschöpfen zu wollen, um ein Höchstmaß an Sicherheit zu gewährleisten, ist eine sprachliche Nebelkerze. Europarechtlich muss Deutschland nicht „ausschöpfen“, sondern gestalten, damit nicht Rechtsakte aus Brüssel wie der Schengener Grenzkodex, die Dublinverordnung und die Rückführungsrichtlinien Deutschlands Migrationsregime Fesseln anlegen, da man im europäischen Gesetzgebungsverfahren die Folgen für das eigene Land nicht bedacht hat. Nicht von ungefähr existiert in Brüssel die Metapher von der „German Vote“, womit die Unberechenbarkeit der Bundesregierung bei Abstimmungen gemeint ist. Auch bei der Verfassung muss Hand angelegt werden. Wer z.B. die Zusammenarbeit zwischen Sicherheits-, Zivilschutzbehörden und Bundeswehr ausbauen will, muss im Zweifelsfall das Grundgesetz ändern.
Die von der CDU/CSU gewünschte sechsmonatige Speicherfrist für IP-Adressen und Portnummern wurde auf drei Monate heruntergehandelt. Immerhin besser als das Quick-Freeze-Verfahren. Die Forderung der CDU/CSU, allen Sicherheitsbehörden die Quellen-Telekommunikationsüberwachung zu ermöglichen sowie ihnen die Möglichkeit zu schaffen, verdeckt auf informationstechnische Systeme zuzugreifen und aus ihnen retrograde Daten zu erhaben, wurde vom Koalitionspartner abgeräumt. Stattdessen einigte man sich auf eine Billigversion, wonach der Bundespolizei im Rahmen ihrer begrenzten Zuständigkeiten zur Bekämpfung schwerer Straftaten die Quellen-TKÜ ohne Zugriff auf retrograd gespeicherte Daten ermöglicht werden soll.
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Mit dem Vorhaben, Sicherheitsbehörden die automatisierte Datenrecherche sowie den nachträglichen biometrischen Abgleich mit öffentlich zugänglichen Internetdaten zu ermöglichen, wird nur nachgeholt, was der kanadische Journalist Michael Colborne vom Recherchekollektiv Bellingcat bei der Enttarnung der Straftäterin Daniela Klette mit der Gesichtserkennungssoftware des polnischen Unternehmens PimEyes vorexerziert hat. Er hat dazu 30 Minuten benötigt.
Die von der CDU/CSU gewünschte Einführung der automatisierten Gesichtserkennung zur Identifizierung schwerer Straftäter an Kriminalitäts-Hotspots wurde ersatzlos gestrichen. Mit der Erlaubnis zum Einsatz automatisierter Kennzeichenlesesysteme zu Strafverfolgungszwecken wird lediglich nachgeholt, was die meisten Bundesländer seit vielen Jahren -Rheinland-Pfalz seit 2005- unter dem Rubrum der Prävention bzw. der Straftatenvorbeugung bereits eingeführt haben.
Eine ausgesprochene Neuheit im Ensemble der Sicherheitsmaßnahmen ist der Vorschlag der Koalitionäre, die frühzeitige Erkennung entsprechender Risikopotenziale bei Personen mit psychischen Auffälligkeiten festzustellen, um Gewalttaten wie in jüngste Vergangenheit zu verhindern. Hierzu soll eine gemeinsame Risikobewertung und ein integriertes behördenübergreifendes Risikomanagement eingeführt werden. Da die Absicht wohl auf auffällige migrantische Gewalttäter der Neuzeit zielt, darf man gespannt sein, wie dieses Vorhaben in unserer insbesondere im Bereich der Ausländerpolitik extrem diversifizierten Behördenlandschaft „behördenübergreifend“ umgesetzt werden soll, ist doch der potenzielle Täter entweder gar nicht bekannt oder untergetaucht.
Mit der Forderung nach einem Bundespolizeigesetz mit zeitgemäßen rechtlichen Grundlagen greift man einen Vorgang auf, der seit nunmehr dreißig Jahren überfällig ist und in der Ampelkoalition Opfer der Uneinigkeit der beteiligten Parteien wurde. Allerdings hätte diese Forderung durchaus eine Schärfung dahingehend vertragen, dass man auch die Zuständigkeiten der Bundespolizei insbesondere im Bereich der Strafverfolgung prüfen und an die Forderungen der Praxis anpassen wird.
Ein Musterbeispiel für koalitionäre Verhandlungstricks ist der Umgang mit dem Amt des Polizeibeauftragten des Deutschen Bundestagesbeauftragten. Die von der CDU/CSU-Fraktion bereits im Vorfeld lautstark und medienwirksam verkündete Abschaffung wurde kurzerhand gestrichen. Dies konnte unbesehen erwartet werden, wusste doch der Fachmann, dass dieser Posten als Lieblingsprojekt der vormaligen Ampelregierung gegen erheblichen Widerstand durchgepaukt wurde und mit einer für diese Funktion überhaupt nicht angebrachten und jeglichen Sparbemühungen in der öffentlichen Verwaltung widersprechenden B 9-Planstelle geadelt wurde, um sie dann mit einem verdienten Parteisoldaten der SPD zu besetzen. Welche Wertschätzung der Polizei dahinter steckt, wird in der Gegenäußerung der SPD-Vertreter deutlich, die allerdings auch gestrichen wurde. Danach ist die Stärkung dieses Kontrollamtes deswegen erforderlich, weil transparente und effiziente Polizeiarbeit von besonderer Bedeutung für das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizeibehörden und das staatlich Gewaltmonopol ist. Mit dieser Stoßrichtung verstieg man sich sogar zur absurden Überlegung, den Aufgabenbereich des Polizeibeauftragten auf das Zollkriminalamt auszuweiten. Allerdings scheiterte schon die Werthebach-Kommission beim Versuch der Neuordnung der Bundespolizeibehörden an der Einbeziehung der Zöllner, die zutreffenderweise auf ihre exklusive Stellung als Bestandseil der Finanzverwaltung pochten.
Die CDU/CSU konnte die Banden- und Clankriminalität bei der Forderung nach Verschärfung des Kampfes gegen Organisierte Kriminalität nur dadurch unterbringen, dass der Clankriminalität der Zusatz „sogenannte“ beigefügt wurde. Dabei spielte es wohl keine Rolle, dass die Strafverfolgungsorgane bis jetzt ohne diesen Zusatz auskamen. Immerhin einigte man sich aber auch auf eine vollständige Beweislastumkehr beim Einziehen von Vermögen unklarer Herkunft. Allerdings handelt es sich lediglich um die Wiederholung eines Dauerthema, das die Strafverfolgungsorgane schon seit Jahren beschäftigt.
Bei der berechtigten Forderung nach Ausbau der Zusammenarbeit zwischen Sicherheits-, Zivilschutzbehörden und Bundeswehr sowie der Schaffung der Voraussetzungen für eine wirksame Drohnendetektion und -abwehr durch die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern hätte man gern erfahren, ob auch eine Verfassungsänderung dahingehend beabsichtigt ist, die Bundeswehr im Bedarfsfall auch bei der Gefahrenabwehr im Innern einzusetzen. Das wäre echte Verantwortung für Deutschland gewesen-so der Titel des Koalitionsvertrages.
Mit der Forderung nach rechtlichen Grundlagen für eine Bundestagspolizei setzte sich die SPD durch, zumal es sich hierbei um ein Lieblingsprojekt der vormaligen Bundestagspräsidentin Bas handelt. Allerdings erhebt sich hierbei die Frage nach den aktuellen Prioritäten. Während man sich mit diesem Anliegen um die höchst überschaubaren Tätigkeitsfelder einer Miniaturpolizei kümmert, wird das für die Belange der Inneren Sicherheit gerade beim aktuellen Schutz der maritimen Infrastruktur im Küstenvorfeld viel wichtigere Seeaufgabengesetz seit vier Legislaturperioden verschleppt. Eine Befassung mit diesem sensiblen Thema wäre ein echtes Aufbruchsignal gewesen.
Auch mit der Forderung, im Disziplinarrecht des Bundes die Möglichkeit, Beamte und Soldaten durch bloßen Verwaltungsakt zu entfernen, wieder zurückzunehmen, konnte sich die CDU/CSU nicht durchsetzen. Stattdessen entstand ein typischer, eine Entscheidung vermeidender Formelkompromiss, wonach das Gesetz zur Beschleunigung der Disziplinarverfahren und seine Auswirkungen erst im Jahre 2027 evaluiert und ggf. geändert werden soll. Für die von der Gesetzesänderungen Betroffenen werden allerdings bis dahin vollendete Tatsache geschaffen.
Von dem Bemühen der Koalitionäre, selbst Detailaspekte abzuhandeln zeugt die Forderung der SPD nach Einrichtung eins NSU-Dokumentationszentrums, eine Restmenge noch aus dem Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung.
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Den Dissens in dieser Frage regelten die Chefunterhändler dahingehend, dass die Forderung durch die Festlegung des Gründungsortes der Stiftung ergänzt wurde. Es war ursprünglich Berlin und ist nun Nürnberg, dem Geburtsort des bayerischen Ministerpräsidenten.
Im Bereich des Straffprozessrechts ist der Arbeitsgruppe nicht viel Neues eingefallen. So sollen die Tatmittel in § 89a StGB (Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat) durch Alltagsgegenstände wie Messer oder PKW ergänzt werden. Abgesehen von der Tatsache, dass es eine Vielzahl von geeigneten Alltagsgegenständen gibt, dürfte es schwerfallen, diese den bisherigen Tatmitteln mit hohem Gefährdungsgrad gleichzustellen. Das Messer und der PKW finden sich bei Umsetzung in Gesellschaft von Schusswaffen, Sprengstoffen, Spreng- oder Brandvorrichtungen, Kernbrenn- oder sonstigen radioaktiven Stoffen oder Stoffen, die Gift enthalten oder hervorbringen können, wieder.
Mit der Forderung, Chatkontrollen und Client-Side Scanning -Verfahren, die zurzeit auf Unionsebene mit unterschiedlichen Mehrheiten diskutiert werden- auch zukünftig nicht zuzustimmen, weil damit grundsätzliche Bürgerrechte ausgehebelt würden, konnte sich die SPD nicht durchsetzen.
Die Diskussion um die Teillegalisierung von Cannabis ist ein weiteres Musterbeispiel für das Abarbeiten eines Dissenses durch Vertagung. Aus dem Bekenntnis der CDU/CSU, die Teillegalisierung rückgängig zu machen, wurde durch die Chefunterhändler lediglich die Zusage einer ergebnisoffenen Evaluierung des Gesetzes im Herbst 2025 ausgehandelt.
Auch mit der Forderung, angesichts des Umstandes, dass terroristische und kriminelle Vereinigungen ungestraft in der Öffentlichkeit für ihre Ziele werben können, die Sympathiewerbung wieder unter Strafe zu stellen, konnte sich die CDU/CSU nicht durchsetzen. Die Regelung des § 129a StGB wurde im Jahr 2002 durch Rot-Grün entschärft; Sympathiewerbung steht seitdem nicht mehr unter Strafe. Das Werben für eine terroristische Vereinigung ist heute nur noch dann strafbar, wenn es auf die Gewinnung von Mitgliedern oder Unterstützern abzielt.
Dem Plan der SPD, § 265 a StGB (Erschleichen von Leistungen) zu streichen sowie selbstbestimmte Schwangerschaftsabbrüche außerhalb des Strafrechts (§ 218 StG) zu regeln und diese nach der Beratungslösung in der Frühphase der Schwangerschaft rechtmäßig zu stellen, stimmte der Koalitionspartner nicht zu.
Ansonsten ist der Abschnitt über Straftaten von der schon in der Vergangenheit auf tönernen Füßen stehende Überzeugung bestimmt, dass durch Schließen vermeintlicher Lücken durch Einführung zusätzlicher Straftatbestände bzw. Androhung höherer Straftaten mehr Sicherheit produziert wird. So soll der strafrechtliche Schutz von Einsatz- und Rettungskräften, Polizisten sowie Angehörige der Gesundheitsberufe (wer damit gemeint ist, bleibt unklar) verschärft werden, obwohl diese bereits jetzt mit den §§ 113,114,115 III StGB ausreichend geschützt sind. Weiterhin soll ein erweiterter Schutz für Kommunalpolitiker und für Personen, die für das Allgemeinwohl tätig sind, geprüft werden. Allein die dann fällige Interpretation des letztgenannten Personenkreises dürfte ein vollkommen neues Feld juristischer Auslegungskunst erschließen.
Auch Personen, die sich der nachrichtlichen Agententätigkeit nach § 99 StGB verschrieben haben, sollen mit einem höheren Strafrahmen rechnen müssen.
Von einer gewissen Ratlosigkeit, aber auch von Voreingenommenheit zeugt die Ankündigung, die Strafbarkeit von Amtsträgern und Soldaten zu prüfen, die im Zusammenhang mit der Dienstausübung antisemitische und extremistische Hetze in geschlossenen Chatgruppen teilen. Zurzeit erfüllt der Informationsaustausch in Chatgruppen nicht den Tatbestand des §130II StGB (Volksverhetzung). Gleichwohl bleibt erstaunlich, dass Chatgruppen von Amtsträgern-dazu gehören nach der Definition des § 11 I Nr. 2 StGB beispielsweise auch Gerichtsvollzieher, Schöffen, Fluglotsen, THW-Helfer, Feuerwehrleute, Referendare, Schornsteinfeger-beim Chatten einer besonderen Strafbewehrung unterliegen sollen, während Fußballmannschaften, Kegelclubs, Hobbyvereine, Jugendclubs und Hausfrauenvereinigungen und ähnliche auf gemeinsamen Interessen beruhenden Zusammenschlüsse gefeit sind.
Entgegenspäteren Verlautbarungen bestand offensichtlich auch beim Dauerbrenner Migration und Integration offensichtlich Dissens in Einzelfragen. Die CDU/CSU konnte sich mit ihrer Absicht, sichere und rechtstaatliche Asylverfahren in sicheren Drittstaaten zu ermöglichen, nicht durchsetzen. Stattdessen entstand eine abgespeckte Minimalvariante dahingehend, dass man sich auf europäischer Ebene für eine Streichung des Verbindungselements einsetzen will. Dieses Element war überhaupt erst durch die deutsche Bundesregierung in den Verhandlungen zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) eingeführt worden und hat eine Umsetzung faktisch unmöglich gemacht, indem darauf bestand wurde, dass ein Asylbewerber nur in einen sicheren Drittstaat überstellt werden kann, wenn eine „Verbindung es vernünftig erscheinen lässt, dass diese Person sich in den sicheren Drittstaat begibt.“ Diese Regelung wurde von den meisten Mitgliedstaaten der EU bereits abgelehnt. begibt.
Von welcher subtilen Stilistik Kompromisse sein können, beweist das Thema Ausweisung. Forderte die SPD die Ausweisung, wenn der Täter erheblich straffällig wird, einigten sich die Chefunterhändler auf die bedeutsame Variante nicht unerheblich. Aus dem Kriterium Konflikte auf deutschem Boden wurde gewalttätige Stellvertreterkonflikte auf deutschem Boden.
Die Forderung der CDU/CSU-Fraktion nach Einrichtung vom Bund betriebener Bundesausreisezentren in der Nähe großer deutschen Flughäfen zur Erleichterung von Rückführung wurde ein bloßer Prüfauftrag. In ähnlicher Weise wurde die Forderung der CDU/CSU-Fraktion nach Kürzung der Sozialleistungen auf das verfassungsrechtlich Erforderliche weitgehend entschärft, indem nunmehr nur noch für eine konsequente Umsetzung der bestehenden Anspruchseinschränkungen gesorgt werden soll.
Fazit: Auch wenn Koalitionsverträge stets der Atem des Vorläufigen auszeichnet und die Festlegungen nicht einklagbar sind, sind sie doch Indizien für beabsichtigte Umsetzung und lassen erkennen, ob und welche neuen Wege man beschreiten will. Von grundsätzlich neuen und durchgreifenden Innovationen im Bereich der Inneren Sicherheit kündet der aktuelle Koalitionsvertrag nicht. Eher lässt seine Kleinteiligkeit vermuten, das Bisheriges fortgeschrieben wird. Immerhin lassen die Lösungen bei den konfliktär gestellten Sachverhalten erahnen, wer letztlich der Punktsieger bei der Durchsetzung seiner Sicherheitsphilosophie wurde.