Skip to main content

Verschlüsselt

Die Geschichte geheimnisvoller Codes von den Hieroglyphen bis heute.

Stephen Pincock, Mark Frary,
Haupt Verlag, Bern 2023, 192 Seiten.
ISBN 978-3-258-08339-1.
Ladenverkaufspreis 36 €.
Analysis und Zahlentheorie, das Sieb des Erastothenes und die Riemannsche Vermutung. Nur auf den ersten Blick interessieren sich dafür nur Mathematiker. Näher betrachtet, nutzt fast jeder täglich Geräte und Verfahren, die auf diesen Erkenntnissen fußen. Denn ohne Mathematik sind moderne Verschlüsselungen unmöglich.

Geheimschriften und Verschlüsselungen begannen mit einer recht einfachen Aufgabe: Ein Text soll so abgeändert werden, dass ein Unbefugter diesen nicht lesen kann. Irgendwann in der Antike kamen zu diesem Zweck Chiffren und Codes auf. Es wurden also entweder die einzelnen Buchstaben eines Textes durch einen anderen ersetzt oder es traten an die Stelle von Begriffen oder ganzen Sätzen Zeichen oder Symbole. Darüber hinaus war es auch schon im Altertum gang und gäbe, wichtige Schriftstücke in einem Text oder einem Bild zu verbergen oder sie mit einer geheimen Tinte zu schreiben. Der römische Imperator Caesar wandte eine monoalphabetische Substitution beim Verfassen seiner geheimen Texte an. Dabei wurde der Klartext so abgeändert, dass jeder einzelne Buchstabe beispielsweise um drei Stellen nach links oder rechts verschoben wurde. Idealerweise kannte nur der Empfänger den Entschlüsselungscode.

Einen großen Schritt nach vorn brachte in der Entschlüsselung die Häufigkeitsanalyse, deren Wurzeln in der islamischen Kultur des 8. Jahrhunderts n. Chr. liegen. Vereinfacht ausgedrückt wird dabei eine Relation hergestellt zwischen dem verschlüsselten Text und der Sprache, in der dieser verfasst wurde. So ist bekannt, dass im Deutschen das „e“ am häufigsten vorkommt (ca. 17%), gefolgt vom „n“ (10%), „i“, „s“ und „r“ (jeweils 7-7,5%). Der Schlüssel zum Knacken eines solchen Codes liegt für Pincock und Frary in einer „Kombination aus Ausprobieren, Hartnäckigkeit, begründeten Vermutungen und Glück.“

Im Spätmittelalter setzte man in der Verschlüsselung darauf, die Regelmäßigkeit des Auftretens der Buchstaben zu durchbrechen. Daher wurden für den gleichen Buchstaben mehrere unterschiedlichen Codierungen verwendet. Zudem änderte man diese Codierungen innerhalb eines zu verschlüsselnden Textes mehrfach. Dazu wurden mechanische Chiffrierscheiben entwickelt. Es blieb aber das Problem, dass bestimmte häufige Buchstabenkombinationen – „der“, „die“, „das“, „Mann“, „Stadt“ usw. – immer noch identifiziert werden konnten. Was jedoch zum Teil sehr zeitaufwendig war.

Sowohl für die Verschlüsselung als auch für die Entschlüsselung eröffnete die Elektronik völlig neue Möglichkeiten. Geradezu legendär ist sowohl die deutsche Verschlüsselung mit der „Enigma“ als auch die Leistung der britischen Kryptologen in Bletchley Park, denen es bereits 1940 erstmals gelang, den Code zu knacken.

Mit dem Siegeszug des Computers und wichtigen Erkenntniszugewinnen in der Physik eröffneten sich für die Kryptografie völlig neue Horizonte, von denen zahlreiche unter dem Oberbegriff der Quantenkryptografie zusammengefasst werden. Andere Verfahren beruhen im Kern auf der Polarisation des Lichts.

Abschließend suchen die Autoren Antworten auf die Frage: Welchen Stellenwert hat die Verschlüsselung in der modernen Welt? Die Möglichkeiten scheinen schier unendlich und ebenso die Möglichkeiten, die moderne Technik der Verschlüsselung auch zu missbrauchen. Manche sehen moderne Verschlüsselungsverfahren als einen Teil einer „goldenen Ära der Überwachung.“ Gewiss ist, dass moderne Kommunikation, Zahlungsverkehr oder neue Währungen ohne komplexe Krypto-Systeme nicht denkbar sind. Und diese beruhen zum Teil auf den eingangs bereits beschriebenen, vielen als unlösbar erscheinenden mathematischen Problemen wie etwa der Riemannschen Vermutung.

-Dr. Reinhard Scholzen-

 

Über den Autor
Dr. Reinhard Scholzen
Dr. Reinhard Scholzen
Dr. Reinhard Scholzen, M. A. wurde 1959 in Essen geboren. Nach Abitur und Wehrdienst studierte er Geschichte und Politikwissenschaft an der Universität Trier. Nach dem Magister Artium arbeitete er dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter und promovierte 1992. Anschließend absolvierte der Autor eine Ausbildung zum Public Relations (PR) Berater. Als Abschlussarbeit verfasste er eine Konzeption für die Öffentlichkeitsarbeit der GSG 9. Danach veröffentlichte er Aufsätze und Bücher über die innere und äußere Sicherheit sowie über Spezialeinheiten der Polizei und des Militärs: Unter anderem über die GSG 9, die Spezialeinsatzkommandos der Bundesländer und das Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr.
Weitere Artikel des Autoren