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Der Dienstwagen des Bundespräsidenten trägt immer „0-1“ (Foto: Audi AG)

Sondergeschützte Automobile von einst und heute

Von Helmut Brückmann

Das erste gepanzerte Auto in der Automobilgeschichte dürfte ein Cadillac gewesen sein, genauer ein 34-A A Town Sedan. Ein Prachtexemplar, das im vergangenen Jahr zur Versteigerung kam. Die Karosse in Dunkelgrün, das Innere komfortabel gepolstert, die Scheiben gegen die damaligen Waffen der Branche resistent. Apropos Branche: Die rekrutierte sich vornehmlich aus der Cosa Nostra in den amerikanischen Großstädten.

Einer der größten Verbrecher in den Vereinigten Staaten von Amerika war Alphonse Gabriel „Al” Capone in den Offizielles Polizeifoto Capones vom 17. Juni 1931 1920er und 1930er Jahren, den Zeiten der Prohibition, des Glückspiels und der Prostitution. Scarface, wie Capone auch genannt wurde, kontrollierte die Chicagoer Unterwelt („Chicago Outfit“) und machte seine Geschäfte vor allem mit illegalem Glücksspiel, Prostitution und während der Prohibitionszeit mit illegalem Alkoholhandel. Bis heute ist sein Name auch mit der Bezeichnung Geldwäsche verbunden, da er als Erster illegale Einnahmen in Waschsalons investierte und mit dieser Verschleierungsmethode Vorbild für viele Steuerhinterzieher und Betrüger wurde, wie man bei Wikipedia nachlesen kann. Der Begriff ist geblieben, aus den Waschsalons wurden Banken.

 

Ein gepanzerter Cadillac macht Geschichte

Al Capones gepanzertes Fahrzeug sah den 85 Fahrzeugen der Polizei in Chikago zum Verwechseln ähnlich. Es hatte sogar Polizeifunk. Foto: rm auctionsDa die Zeiten immer gefährlicher wurden, nicht wegen der Polizei, sondern wegen der Konkurrenz untereinander, ließ „Al“ 1928 sein Luxusgefährt gegen die damals üblichen Waffen panzern und im feschen Chicagoer Polizeigrün lackieren. Dazu gehörte eine polizeiliche Kennleuchte und ein Radio, mit dem man den Polizeifunk mithören konnte. Erwähnenswert ist noch das Heckfenster, dessen kugelsichere Scheibe  abgeklappt werden konnte, denn im Ernstfall ging auch hier Schussfeld vor Deckung. Kein Kinofilm über die wilden zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts in Chicago kommt ohne dieses Requisit aus. Der Wagen, letzter bekannter Besitzer war Fürst Rainier III. von Monaco, wurde am 19. Juli 2012 vom Auktionshaus RM Auctions versteigert.

Im Gegensatz zum Polizeifahrzeug war die Heckscheibe zum Herunterklappen, um auf Verfolger schießen zu können. Foto: rm auctionsVon seinem neuen Besitzer ist nichts bekannt, auch nicht die Kaufsumme. Die Echtheit des Oldtimers bestätigte Richard Capstran, heute im stolzen Alter von 94 Jahren. Er sah in der Chicagoer Autowerkstatt seines Vaters Ernst Capstran zu, wie der Umbau 1928 vonstatten ging.  Gut, er hat sich zunächst etwas geziert, den Auftrag anzunehmen. Doch der charmante Al ließ ihm die leichte Wahl zwischen einer Kugel und einem Dollarbündel. Auch der kleine Richard soll von Scarface mit ein paar Dollars bedacht worden sein.

Lange konnte sich der Besitzer des schmucken Cadillac nicht an dem Luxus und der Sicherheit des Wagens erfreDas Innere war luxuriös gepolstert. Foto: rm auctionsuen. Al Capone wurde am 17. Oktober 1931 wegen Steuerhinterziehung zu 11 Jahren Knast verurteilt, sein gepanzertes Luxusgefährt beschlagnahmt, heute würde man sagen: eingezogen. Nicht seine vielen Morde, nein eine lächerliche Steuerhinterziehung wurde dem König der Chicagoer Unterwelt zum Verhängnis – und die Dummheit seiner Anwälte, die vor Gericht falsch kalkuliert hatten.

Einige Jahre später, genauer am 8. Dezember 1941, sollte das Fahrzeug wieder zum Einsatz kommen, als der stark gehbehinderte Präsident Franklin D. Roosevelt vor beiden Häusern des Kongresses zum Überfall der Japaner auf Pearl Harbour im Kapitol sprechen wollte. In dieser Zeit gab es eine neue gesetzliche Bestimmung, die besagte, dass der US-Präsident nur im gepanzerten Fahrzeug fahren durfte. Man fürchtete japanische Attentäter. Und noch eine andere gesetzliche Vorschrift kam zum Tragen; sie legte fest, wie viel Geld der Staat für einen Dienstwagen ausgeben durfte. Gesetz ist Gesetz, wir kennen ja die Amerikaner, und Gesetze gelten auch für Präsidenten. Die Höchstsumme für ein Staatsvehikel, gepanzert oder nicht, betrug 750 US-Dollar, wobei anzumerken ist, dass der Dollar einen wesentlich höheren Wert hatte als heute. Doch für die festgelegte Summe war das Gewünschte nicht zu bekommen. Da erinnerte sich jemand daran, dass die gepanzerte Edelkarosse von Al Capone noch immer beim Finanzminister stand, denn Al hatte bereits auf Staatskosten ein besonderes sicheres Quartier in Alcatraz bezogen. Roosevelt, der es als einziger US-Präsent - entgegen der Verfassung - auf drei Amtsperioden brachte, soll beim Besteigen des Cadillac gesagt haben: „Ich hoffe, Mr. Capone stört es nicht.“

 

Die Großen in der Politik fahren sondergeschützt

Der Marke sind die US-Präsidenten bis heute treu geblieben. Auch Herr Obama lässt sich in einem geschützten Cadillac chauffieren. Insider nennen das Gefährt schlicht Cadillac Number One oder auch The Beast (zu dt. Die Bestie). Es bleibt zu vermuten, dass mittlerweile die finanzielle Höchstgrenze für Dienstwagen in den USA erheblich angehoben wurde.

Welchen Namen Bundeskanzlerin Angela Merkel ihrem AUDI gegeben hat oder ob überhaupt, wissen wir indes nicht. Sie hat nach allem, was bekannt ist, eine Vorliebe für ihre geschützte Staatslimousine, einen AUDI A8 L Security. Und nicht nur sie. Auch Bundespräsident Joachim Gauck und der ein oder andere Bundesminister hat einen sondergeschützten AUDI zur Verfügung.

Die Bundeskanzlerin empfängt den italienischen Ministerpräsidenten Letta. Foto: Audi AGDie Rede ist übrigens von einem Audi A8 L Security, der im Februar 2011 in der  dritten Generation der Öffentlichkeit als ein Fahrzeug vorgestellt worden war, „das den strengsten Sicherheitsanforderungen entspricht, die für Zivilfahrzeuge gelten.“ Dabei haben die Ingenieure von Audi bereits bei der Grundkonzeption der Baureihe A8 die Sonderschutzversion mit berücksichtigt, dessen Gesamtkonzept jeder Nachrüstlösung überlegen ist und ein exzellentes Crashverhalten besitzt. Wer schon einmal einen Total-Crash überlebt hat, weiß das besonders zu schätzen. Wenn man über Sicherheitsfahrzeug berichtet, will man natürlich auch etwas über den Test beim Beschussamt wissen. Sören Rinka, verantwortlich für das Marketing Audi Security Fahrzeuge, gibt Auskunft: „Der A8 L Security erhielt die offizielle Zertifizierung des deutschen Beschussamts in München; er erfüllt die Anforderungen der Beschussklasse VR 7 nach der Richtlinie BRV 2009. Das Kürzel BRV steht für Bullet  Resistant Vehicles, für kugelsichere Fahrzeuge. Die Widerstandsfähigkeit gegen Sprengungen wurde nach der Richtlinie ERV 2010 geprüft (Explosion Resistant Vehicles). In der Klasse VR 7 gelten die höchsten Anforderungen im Bereich ziviler Sonderschutzlimousinen. Das Blech und die Verglasung der Fahrzeugzelle müssen dem Beschuss mit NATO-Hartkernmunition standhalten. In Teilbereichen entspricht die Panzerung des

Sören Rinka, verantwortlich für das Marketing Audi Security Fahrzeuge. Foto: Audi AGAudi A8 L Security sogar den Kriterien der Klassen 9 und 10.” Ich verkneife mir die Frage, wie wie oft er diese Daten bei Kunden schon heruntergebetet hat. Jetzt will ich noch wissen, wie Audi trotz Leichtbauweise, sprich Verwendung von Aluminium statt Blech, die Beschussfestigkeit erreicht. Rinka bleibt auch diese Antwort nicht schuldig: „In der Sicherheitszelle der Sonderschutz-Limousine, die als selbst tragendes Bauteil in die Karosserie integriert ist, kommen extrem zähe und widerstandsfähige Materialien zusammen – warmumgeformter Panzerstahl, Aramidgewebe, Keramik, Aluminium in spezieller Legierung und mehrlagiges Glas. An den Übergangsstellen überlappen sich die Schutzmaterialien, um größtmögliche Sicherheit in der gesamten Fahrgastzelle zu realisieren.

Die Aluminium-Seitenschweller integrieren massive Stahlprofile, die den Schutz gegen Explosivwaffen erhöhen – ein Feld, auf dem die Anforderungen in den vergangenen Jahren stark gestiegen sind. Der Audi A8 L Security widersteht einem Angriff mit Militär-Handgranaten. Selbst eine durch das Prüfprogramm definierte Sprengladung bedeutet keine Lebensgefahr für die Passagiere, wie Messwerte aus Versuchen mit Dummys belegen.” Hoffentlich hat die Kanzlerin ihren eigenen Dienstwagen mit, wenn sie wieder mal zum Soldatenbesuch in Afghanistan unterwegs ist. Rinka setzt noch eins drauf: „Trotz des hohen Sicherheitsniveaus ist der A8 L Security mit dem W12-Motor das leichteste Fahrzeug in seinem Vergleichsumfeld.“ Was sich auch im Spritverbrauch bemerkbar macht, versuche ich mich als Kenner der Materie. Mein Gesprächspartner nickt bestätigend.