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Aktuelle Gewalt gegen Politikerinnen und Politiker sowie eine kurze Auswertung der aktuellen Polizeilichen Kriminalstatistik

Von Prof. Dr. Stefan Goertz, Hochschule des Bundes, Fachbereich Bundespolizei

Hier werden sowohl die aktuellen Fälle von Gewalt gegen Politikerinnen und Politiker und die mehrjährigen Statistiken dazu besprochen, als auch die Straftaten der aktuellen Polizeilichen Kriminalstatistik ausgewertet. Mit bundesweit 5,9 Millionen Straftaten wurde im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um 5,5 % erfasst.
Über 214.000 erfasste Straftaten in der Gewaltkriminialität bedeuten einen Anstieg von 8,6% im Vergleich zum Vorjahr.

„Auffällige Häufung der Gewalt“

In den vergangenen Tagen und Wochen gab es eine intensive mediale Berichterstattung darüber, dass dem SPD-Politiker Matthias Ecke in Dresden von einem Jugendlichen das Jochbein gebrochen wurde, die Grünen-Lokalpolitikerin Yvonne Mosler bedrängt, bedroht und bespuckt und die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) in einer Bibliothek tätlich angegriffen und verletzt wurde.

Im Jahr 2023 wurden die meisten Gewaltdelikte gegen die AfD verübt (86 Fälle), gefolgt von den Grünen (62 Fälle). Zu den Gewaltdelikten gegen Politikerinnen und Politiker hinzu kommen Äußerungsdelikte, Bedrohung, Beleidigung, Nötigung oder Verleumdung.1

Als Reaktion auf die aktuellen Gewaltvorfälle gegen die Politikerinnen und Politiker Matthias Ecke (SPD), Yvonne Mosler (Grüne) und Franziska Giffey (SPD) forderte die gesondert einberufene Innenministerkonferenz (IMK) wenige Tage später die Prüfung von Strafrechtsverschärfungen bei Delikten gegen politisch engagierte Menschen und Mandatsträger. Die Innenminister von Bund und Ländern stellten dabei fest, dass „sich die Folgen dieser Taten über die Verletzung des Einzelnen hinaus auf die Funktionsfähigkeit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung erstrecken“.2

Die Zahl der Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger hat sich in den letzten drei Jahren verdreifacht, erklärte BKA-Präsident Holger Münch Ende Mai 2024. Er sehe eine „auffällige Häufung der Gewalt“. „Und das häuft sich nun vor den anstehenden Wahlen“, sagte er. Damit bezieht er sich auf die Europawahl am 9. Juni sowie die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im September 2024.3

Nach Angaben des BKA-Präsidenten gab es im Jahr 2023 5.400 Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger. Diese Zahlen seien „zumindest ein Alarmsignal“, sagte er. „Keiner kann sagen, was der Schwellenwert ist, an dem die Demokratie kippt. Aber wenn zehn Prozent der Amts- und Mandatsträger sagen, sie überlegten wegen der Anfeindungen aufzuhören, und weitere fast zehn Prozent angeben, aufgrund der Anfeindungen nicht mehr kandidieren zu wollen, ist dieser Wert deutlich zu hoch.“4

(Umstrittene) Gegenmaßnahmen

Auf den sächsischen Vorstoß, einen neuen Straftatbestand für Angriffe auf Politikerinnen und Politiker zu schaffen, reagierte die Innenministerkonferenz eher verhalten. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte, Täter müssten durch schnelle Verfahren „die volle Härte des Rechtsstaates“ spüren. Wenn Strafverschärfungen nötig seien, werde sie mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) darüber sprechen. Der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul (CDU) zeigte sich in Bezug darauf jedoch skeptisch und möchte Gegenmaßnahmen nicht nur auf Politikerinnen und Politiker konzentriert wissen. So erklärte NRW-Innenminister Reul: „Wir in Nordrhein-Westfalen tun seit Jahren etwas gegen die wachsende Gewalttätigkeit gegenüber Mitarbeitern im öffentlichen Dienst, gegen Rettungskräfte, Mitarbeiter im Ausländeramt oder Polizisten. Stehen die nicht auch im Dienst der Allgemeinheit, brauchen die keinen Schutz?“

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Alexander Throm, ging noch weiter und sprach von dem Eindruck von „Gewaltopfern erster und zweiter Klasse“. Alexander Throm nennt das neueste Versprechen der Bundesinnenministerin „hilflosen Aktionismus“: „Auch immer mehr Bürgerinnen und Bürger spüren die zunehmende Gewalt in ihrem Alltag. Dazu schweigt die Innenministerin völlig.“

Auch der stellvertretende Vorsitzende der FDP, Wolfgang Kubicki, beklagt doppelte Standards: „Was mich stört: Wenn ein Politiker betroffen ist, dann schreien alle auf. Wenn eine Jugendbande eine Stadt terrorisiert oder Leute am Bahnhof zusammengeschlagen werden, dann wird das eher hingenommen.“ Die Hemmschwelle für Gewalt sei insgesamt dramatisch gesunken, so Kubicki. Dieser Auffassung widerspricht der SPD-Innenpolitiker Sebastian Hartmann. Die Debatte um Gewaltopfer erster und zweiter Klasse verkenne dieses Problem grob und sei „im Kern zersetzend als auch der Verteidigung unserer Demokratie abträglich“.5

Ein geplantes Statement der Bundesinnenministerin Nancy Faeser nach der Sondersitzung der Innenministerkonferenz Anfang Mai 2024 sorgte unter den Innenministern der Bundesländer für Streit. Nach übereinstimmenden Berichten von Teilnehmern der aktuell einberufenen IMK zeigten sich Unions-Innenminister „schwer verärgert“ über einen nicht abgesprochenen Auftritt der Bundesinnenministerin. „Frau Faeser tönt bloß in der Öffentlichkeit herum, trägt aber selbst nichts zum Schutz von Politikern bei“, kritisierte ein CDU-Landesinnenminister. Stattdessen erteile Faeser den Ländern unausgegorene Ratschläge, was sie zu tun hätten. So gehe etwa ihre Forderung nach „noch mehr sichtbarer Polizeipräsenz“ an Wahlkampfständen und bei Veranstaltungen völlig an der Sache vorbei. Denn Gewaltattacken gegen Politiker seien eher selten, meist würden Wahlkampfplakate abgerissen oder beschädigt. Weil der geplante Auftritt der Bundesinnenministerin direkt nach der Videokonferenz der 16 Landesinnenminister für reichlich Kritik innerhalb der Innenministerkonferenz sorgte, musste die Bundesinnenministerin diesen Termin jedoch wieder absagen.6

Die Innenministerkonferenz hat aktuell vor allem die Straftatbestände im 17. und 18. Abschnitt des Strafgesetzbuches im Blick, für die es noch keine solche Verschärfung gibt. Der Bundesrat möchte mit der im IMK-Beschluss erwähnten Gesetzesinitiative die Strafzumessung so ergänzen, dass „hinsichtlich der verschuldeten Auswirkungen der Tat auch solche in Betracht zu ziehen sind, die geeignet sind, gemeinnütziges Engagement der oder des Geschädigten nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen.“ Tatjana Hörnle, Leiterin der Abteilung Strafrecht des Max-Planck-Instituts, hält die Vorschläge der Innenministerkonferenz für problematisch: „Das Strafrecht verfügt bereits über ausreichende Instrumente, um derartige Delikte angemessen zu ahnden. Anlassbezogene Strafnormen sollten vermieden werden, weil sie das Strafgesetzbuch aufblähen und unübersichtlich machen – und vor allem, wenn sie suggerieren, dass Sonderrecht für Gruppen geschaffen wird. Eine angemessene Bestrafung, die dem Unrecht einer konkreten Tat entspricht, ist möglich, da die gesetzlichen Strafrahmen viel Spielraum lassen. Dafür müsse das Gesetz nicht geändert werden. „Es sollte nicht jede tagesaktuelle Konstellation neue Gesetze nach sich ziehen. Das ist rechtspolitisch unklug und reine Symbolpolitik.“7

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Die aktuelle Polizeiliche Kriminalstatistik 2023 – Kurze Auswertung

Die aktuelle Polizeiliche Kriminalstatistik 2023 wurde am 9.4.2024 von Bundesinnenministerin Nancy Faeser sowie den BKA-Präsidenten Holger Münch vorgestellt.

Mit bundesweit 5,9 Millionen Straftaten wurde im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um 5,5 Prozent erfasst. Über 214.000 erfasste Straftaten in der Gewaltkriminialität bedeuten einen Anstieg von 8,6% im Vergleich zum Vorjahr. Bundesinnenministerin Faeser führte aus: „Es ist erschütternd, dass im vergangenen Jahr Polizistinnen und Polizisten über 106.000 Mal im Dienst angegriffen wurden. Das sind täglich fast 300 Übergriffe gegen Polizeibeamte – und ein Anstieg um 10 Prozent.“8BKA-Präsident Holger Münch erläuterte die aktuelle Polizeiliche Kriminalstatistik wie folgt: „Die Polizeiliche Kriminalstatistik zeigt für das Jahr 2023 in vielen Bereichen einen Anstieg der Fall- und Tatverdächtigenzahlen. Es gibt Delikte, bei denen das Fallzahlniveau aus den Jahren vor der Corona-Pandemie nicht überschritten wird, z.B. beim Wohnungseinbruchsdiebstahl. In anderen Kriminalitätsbereichen, beispielsweise beim Ladendiebstahl und der Gewaltkriminalität, ist der Anstieg nicht nur mit einem Ausgleich der pandemiebedingten Rückgänge während der Corona-Einschränkungen zu erklären, sondern zusätzlich auf weitere kriminogene Faktoren zurückzuführen. Zu nennen sind hier die wirtschaftliche Entwicklung, die gestiegene Migration und eine höhere Mobilität. Insbesondere die Entwicklungen der Gewalt- und Jugendkriminalität werden wir weiter beobachten und analysieren, um gegebenenfalls Bekämpfungs- und Präventionsansätze nachzujustieren.“ Deutlich angestiegen ist auch die Zahl der Tatverdächtigen (um 7,3 Prozent auf 2.246.767). Vor allem die Zahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen hat mit einer Zunahme von 13,5 Prozent (ohne ausländerrechtliche Verstöße) deutlich zugenommen, so das BKA.9

In der Pressemitteilung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat vom 9.4.2024 erklärte der Vorsitzender der Innenministerkonferenz, Michael Stübgen, Innenminister des Landes Brandenburg: „Der überproportionale Anteil ausländischer Tatverdächtiger ist beunruhigend, darf aber nicht zu einem Generalverdacht führen. […] Wenn Migration zu sinkender Sicherheit führt, muss die Politik aber reagieren. Ausreisepflichtige Straftäter müssen konsequenter abgeschoben und die Grenzen der Aufnahmekapazitäten anerkannt werden. Integration ist das beste Mittel gegen Kriminalität von Zuwanderern, kann aber nur gelingen, wenn die Zahl der Ankommenden uns nicht überfordert. Im Kampf gegen Kindesmissbrauch und die Verbreitung von Kinderpornografie erwarte ich mehr Engagement von der Regierung. Die Speicherung von IP-Adressen muss nach den Vorgaben des EUGH ermöglicht werden. Es ist nicht zu ertragen, dass wir Kinder schützen könnten, aber die gesetzliche Grundlage blockiert wird.“10

Im Berichtsjahr 2023 wurden in Deutschland insgesamt 5.940.667 Straftaten registriert. Im Vergleich zum Jahr 2022 bedeutet das einen Anstieg von 5,5 Prozent (2022: 5.628.584). Im Vergleich zum letzten Jahr ohne Corona-bedingte Einschränkungen (2019: 5.436.401 Fälle) ist die Fallzahl 2023 um 9,3 Prozent höher. Das BKA betont ganz zu Beginn der Statistik, dass in der PKS nur das sogenannte Hellfeld – also die der Polizei bekannt gewordene Kriminalität – erfasst werden. Das Dunkelfeld könnte also deutlich höher sein.11

Im Jahr 2023 wurden insgesamt 3.469.752 Straftaten aufgeklärt, was einer Aufklärungsquote von 58,4 Prozent (im Jahr 2022 noch 57,3 Prozent) entspricht.

Deutliche Anstiege ausgewählter Straftaten waren 2023 im Vergleich zum Jahr 2022 (mindestens +20,0 Prozent) u.a. zu verzeichnen bei Computerbetrug mittels rechtswidrig erlangter Daten von Zahlungskarten (+60,3 Prozent, +8.130 Fälle), Straftaten gegen das Aufenthalts-, das Asyl- und das Freizügigkeitsgesetz/EU, ausländerrechtliche Verstöße (+ 32,4 Prozent, +73.080 Fälle, darunter: Unerlaubte Einreise +40,4 Prozent, +26.822 Fälle, Unerlaubter Aufenthalt, +28,6 Prozent, +41.564 Fälle), Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung jugendpornographischer Schriften +31,2 Prozent, +2.105 Fälle sowie illegaler Handel mit der Droge Kokain +29,1 Prozent, +8.322 Fälle.12

Bei „Straftaten insgesamt“ wurden im Jahr 2023 insgesamt 2.246.767 Tatverdächtige in der PKS erfasst. Damit ist die Zahl der Tatverdächtigen gegenüber dem Vorjahr um 7,3 Prozent angestiegen. 1.323.498 Tatverdächtige waren deutsche Staatsangehörige, 923.269 der Tatverdächtigen besaßen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Unter den nichtdeutschen Tatverdächtigen waren 402.514 Zuwanderinnen und Zuwanderer. Die Erklärung des BKA dafür lautet: „Durch die starke Zuwanderung der Jahre 2022 und 2023 steigt nicht nur die Einwohnerzahl und dadurch auch tendenziell das Aufkommen an Straftaten. Viele Zuge- wanderte weisen zudem multiple Risikofaktoren für verschiedene Deliktsformen auf, bspw. psychische Belastung oder eine unsichere Lebenssituation“.13

(Erheblicher) Anstieg einiger Straftaten

Gemäß der aktuellen Polizeilichen Kriminalstatistik des Bundesministeriums des Innern und für Heimat wurde im Jahr 2023 in Deutschland in 4.419 Fällen mit einer Schusswaffe gedroht (+8,0 Prozent, 2022: 4.092 Fälle) und in 4.687 Fällen mit einer Schusswaffe geschossen (+5,5 Prozent, 2022: 4.442 Fälle). Die Gewaltkriminalität stieg im Jahr 2023 um 8,6 Prozent auf 214.099 Fälle an (2022: 197.202 Fälle). Die darin enthaltenen Delikte Mord, Totschlag, Tötung auf Verlangen stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 2,1 Prozent auf 2.282 Fälle an (2022: 2.236 Fälle), Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexueller Übergriff im besonders schweren Fall einschl. mit Todesfolge um 2,4 Prozent auf 12.186 Fälle (2022: 11.896 Fälle), Raubdelikte um 17,4 Prozent auf 44.857 Fälle (2022: 38.195 Fälle) und die gefährliche und schwere Körperverletzung um 6,8 Prozent auf 154.541 Fälle (2022: 144.663 Fälle).

Im Vergleich zum Berichtsjahr 2019 (vor Corona) nahm die Gewaltkriminalität im aktuellen Berichtsjahr um 18,3 Prozent (2019: 181.054 Fälle) zu, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexueller Übergriff im besonders schweren Fall einschließlich mit Todesfolge stieg um 29,3 Prozent (2019: 9.426 Fälle) an. Raubdelikte stiegen um 24,4 Prozent (2019: 36.052 Fälle) und die gefährliche und schwere Körperverletzung um 16,1 Prozent (2019: 133.084 Fälle). Im Jahr 2023 gab es – im Hellfeld erfasst – mindestens 8.951 Messerangriffe in Deutschland. Dazu gab es 1.114.817 Straftaten der „Straßenkriminalität“. Anstiege sind hier vor allem bei den Delikten „sexuelle Belästigung § 184i StGB“ (+10,5 Prozent auf 19.307 Fälle), „sonstige Raubüberfälle auf Straßen, Wegen oder Plätzen“ (+18,0 Prozent auf 19.074 Fälle) sowie „gefährliche und schwere Körperverletzung auf Straßen, Wegen oder Plätzen“ (+12,9 Prozent auf 68.899 Fälle) zu erkennen.14

Allein in der Stadt Berlin gab es im Jahr 2023 111 Fälle von Vergewaltigungen durch mehr als zwei Täter, häufig Gruppenvergewaltigungen, erklärte der Berliner Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) Mitte Mai 2024 auf eine parlamentarische Anfrage hin. Die Opfer waren von unter sechs Jahren bis über sechzig Jahre alt. Besonders häufig betroffen waren jedoch Jugendliche im Alter von 14 bis 16 Jahren sowie Erwachsene im Alter von 25 bis 30 Jahren.15 Im Jahr 2023 gab es in Deutschland insgesamt rund 126.000 Straftaten – im Hellfeld – gegen die sexuelle Selbstbestimmung, sogenannte Sexualdelikte, die damit einen historischen Höchststand in Deutschland erreicht haben.16

All diese – teilweise erheblich – angestiegenen Zahlen von Straftaten verdeutlichen, dass unsere Öffentliche Sicherheit bedroht wird.

Wie bewertet die Bevölkerung in Deutschland die Öffentliche Sicherheit? Die repräsentative Umfrage des BKA „Sicherheit und Kriminalität in Deutschland – SKiD 2020 Bundesweite Kernbefunde des Viktimisierungssurvey des Bundeskriminalamts und der Polizeien der Länder“ zeigt beispielsweise, dass bereits im Jahr 2020, zu Beginn bzw. während der Corona-Pandemie und damit verbundenen Ausgangsbeschränkungen, dass sich weniger als die Hälfte der Bevölkerung (46 %) nachts in öffentlichen Verkehrsmitteln sicher fühlte. Unter Frauen war dieser Anteil (33 %) deutlich geringer als unter Männern (60 %). Um sich vor Kriminalität zu schützen, meidet ein Großteil der Bevölkerung nachts bestimmte Orte (44 %) oder die Nutzung des ÖPNV (37 %) – dies gilt vor allem für Frauen (58 % bzw. 52 %). Der Großteil der Bevölkerung (77 %) hält die Polizei zudem für überlastet. Ebenso empfindet ein großer Teil (39 %) die Polizeipräsenz im öffentlichen Raum als nicht ausreichend.17 Im Jahr 2024 würden diese Werte – mit Blick auf die teilweise massiv angestiegenen Zahlen der Straftaten in der Polizeilichen Kriminalstatistik – wohl nicht besser ausfallen.

Fazit

Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamtes
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Die Zahl der Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger hat sich in den letzten drei Jahren verdreifacht, erklärte BKA-Präsident Holger Münch Ende Mai 2024. So gab es im Jahr 2023 5.400 Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger.

Im vergangenen Jahr haben die deutschen Polizeien so viele Straftaten registriert wie seit 2016 nicht mehr. Im Jahr 2023 wurden bundesweit rund 5,94 Millionen Straftaten statistisch erfasst. Das sind 5,5 % mehr als im Vorjahr. Bundesinnenministerin Nancy Faeser betonte bei der Vorstellung der Statistik allerdings: „Deutschland ist weiterhin eines der sichersten Länder der Welt.“ „Wir müssen bei den sozialen Ursachen ansetzen, die sich hinter Kriminalität und Gewalt verbergen“, erklärte Faeser. Dazu gehörten fehlende Schulabschlüsse und Perspektivlosigkeit sowie Kinderarmut. „Das bedeutet auch: Gute Sozial- und Bildungspolitik ist die wirkungsvollste Prävention.“18 Für den Anstieg der Straftaten könnten nach Einschätzung des Bundeskriminalamtes im Jahr 2023 vor allem drei Faktoren eine Rolle gespielt haben: Nachwirkungen der Corona-Pandemie, die hohe Inflation und starke Zuwanderung innerhalb eines kurzen Zeitraums, die für den Einzelnen zu schlechteren Integrationschancen führen könne.19

- Dieser Beitrag stellt die persönliche Auffassung des Autors dar.-

Quellen:

1  Vgl. https://www.welt.de/politik/deutschland/article251432106/Angriffe-auf-Politiker-Gewaltopfer-erster-und-zweiter-Klasse-Kritik-an-Vorstoss-zur-Strafverschaerfung.html (2.6.2024).
2  Vgl. ebd.
3  Vgl. https://www.welt.de/politik/deutschland/article251686612/BKA-Praesident-sieht-auffaellige-Haeufung-von-Gewalt-gegen-Politiker.html#:~:text=Er%20sehe%20eine%20%E2%80%9Eauff%C3%A4llige%20H%C3%A4ufung,9.%20Juni%20ist%20die%20Europawahl. (2.6.2024).
4  Vgl. ebd.
5  Vgl. https://www.welt.de/politik/deutschland/article251432106/Angriffe-auf-Politiker-Gewaltopfer-erster-und-zweiter-Klasse-Kritik-an-Vorstoss-zur-Strafverschaerfung.html (2.6.2024).
6  Vgl. https://www.welt.de/politik/deutschland/article251440282/Innenministerkonferenz-Nancy-Faesers-Umgang-mit-Gewaltattacke-in-Dresden-sorgt-fuer-Eklat.html (2.6.2024).
7  Vgl. https://www.welt.de/politik/deutschland/article251432106/Angriffe-auf-Politiker-Gewaltopfer-erster-und-zweiter-Klasse-Kritik-an-Vorstoss-zur-Strafverschaerfung.html (2.6.2024).
8  https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/kurzmeldungen/DE/2024/04/vorstellung-pks.html (2.6.2024).
9  https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2024/04/pks2023.html;jsessionid=226BD5B82AED440A624B5A8A293AAD28.live871 (2.6.2024).
10  Ebd.
11  Vgl. Bundesministerium des Innern und für Heimat (2024): Polizeiliche Kriminalstatistik 2023. Ausgewählte Zahlen im Überblick. Berlin, S. 9.
12  Vgl. ebd.
13  Ebd., S. 12.
14  Vgl. ebd., S. 12-15.
15  Vgl. https://www.welt.de/vermischtes/kriminalitaet/article251726450/111-Gruppenvergewaltigungen-in-Berlin-im-vergangenen-Jahr.html (2.6.2024).
16  Vgl. https://de.statista.com/themen/800/sexual-und-drogendelikte/#topicOverview (2.6.2024).
17  Vgl. Bundeskriminalamt (2020): Sicherheit und Kriminalität in Deutschland – SKiD 2020 Bundesweite Kernbefunde des Viktimisierungssurvey des Bundeskriminalamts und der Polizeien der Länder, S. VI-IX.
18  https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/polizeiliche-kriminalstatistik-2023-100.html (2.6.2024).
19  Vgl. ebd.

 

Über den Autor
Prof. Dr. Stefan Goertz
Prof. Dr. Stefan Goertz
Prof. Dr. Stefan Goertz, Professor für Sicherheitspolitik, Schwerpunkt Extremismus- und Terrorismusforschung, Hochschule des Bundes, Fachbereich Bundespolizei
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