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Cyberattacken, Spionage und Sabotage gegen Deutschland

Von Prof. Dr. Stefan Goertz, Hochschule des Bundes, Fachbereich Bundespolizei

Nach Angaben der deutschen Sicherheitsbehörden führen russische Geheimdienste und von ihnen beauftragte Hacker seit Beginn des Ukrainekriegs gegen die Ukraine verstärkt Cyberattacken gegen deutsche Behörden und Wirtschaftsunternehmen durch. Die russischen Cyberattacken sind oft auf Informationsbeschaffung, Spionage im Cyberraum, ausgerichtet, hinzu kommt Sabotage.

Cyberattacken gegen Deutschland und andere westliche Staaten

Cyberattacken sind nach aktuellen Angaben des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) mittlerweile fester Bestandteil geheimdienstlicher Methoden der Spionage. Das digitale Zeitalter eröffne auch für Spionage durch Cyberattacken neue Möglichkeiten und Wege und stelle damit für die deutsche Spionageabwehr neue Herausforderungen dar. Seit Beginn des Ukrainekrieges stellen die deutschen und andere westliche Sicherheitsbehörden vermehrt Cyberattacken gegen Parlamente, Behörden und westliche Wirtschaftsunternehmen fest, mutmaßlich bzw. bestätigt ausgehend von russischen Akteuren. Diese russischen Cyberattacken finden auf hohem technischem Niveau statt und gefährden daher massiv die Informationssicherheit in diesen Bereichen, so das BMI aktuell. Cyberattacken können zur Spionage, zum Ausspähen von Daten, zur Einflussnahme beispielsweise durch Desinformation sowie zur Sabotage, also zum Stören von behördlichen und betrieblichen Abläufen, genutzt werden. Die Nachhaltigkeit und Zielauswahl von russischen Cyberattacken gegen die deutsche Politik und Bundesverwaltung zeigen klar den Versuch, Deutschland strategisch auszuspionieren. Die überwiegende Zahl der in Deutschland festgestellten Cyberattacken mit mutmaßlich staatlicher Steuerung werden Russland, China und Iran zugeordnet, so das BMI aktuell.1

Durch den Diebstahl von Daten und durch Industriespionage sowie Sabotage entstanden der deutschen Wirtschaft im Jahr 2023 mindestens 206 Milliarden Euro Schaden. Das ergab eine aktuelle Bitkom-Umfrage (mehr als 1000 deutsche Firmen wurden befragt).2 Immer mehr Cyberattacken kommen aus Russland und China. Bitkom-Präsident Wintergerst forderte in Bezug auf die Problematik Hellfeld-Dunkelziffer eine Meldepflicht für Firmen im Fall von Cyberattacken. 82 % der befragten Unternehmen gaben an, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten häufiger angegriffen worden waren. Immer mehr Cyberattacken kamen im Jahr 2023 nach Angaben von Bitkom aus Russland und China. Dies decke sich mit den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes, erklärte der Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Sinan Selen, bei der Vorstellung der Umfrage. 75 % der befragten deutschen Firmen halten die deutschen Sicherheitsbehörden gegen Angriffe aus dem Ausland für machtlos.3

Die Gefahr von Sabotage durch Cyberattacken gilt vor allem für Kritische Infrastrukturen (KRITIS), beispielsweise für Energieversorgungsunternehmen. Bei einer erfolgreichen Cyberattacke besteht ein umfassender und schneller Zugriff auf große Datenmengen. Cyberspionageattacken sind auch deswegen so gefährlich, weil sie von den Betroffenen oftmals nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt erkannt werden.

Im April 2023 wurde bekannt, dass der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall erneut Ziel einer Cyberattacke wurde. Rheinmetall ist Deutschlands größter Rüstungskonzern. Bei Militärfahrzeugen und im Munitionsgeschäft zählt das Unternehmen zu den drei größten Herstellern der westlichen Welt.

Eine weltweite Welle von Cyberattacken mit Erpressungssoftware legte zu Beginn des Jahres 2023 zahlreiche Unternehmen und öffentliche Einrichtungen in Europa und Nordamerika lahm. Nach Angaben des deutschen Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) könnten Hunderte deutsche Firmen davon betroffen sein. Der geographische Schwerpunkt der Cyberattacken lag auf Frankreich, den USA, Deutschland und Kanada.4

Im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zählte das CyberPeace-Institut in Genf für das Jahr 2022 mehr als 850 Cyberattacken. Diese wurden demnach von pro-russischen Hackern gegen Ziele in der Ukraine und rund drei Dutzend westlichen Ländern ausgeführt. Pro-russische Hackernetzwerke würden durch immer stärkere Vernetzung immer unberechenbarer, erklärte die Chefanalystin des Instituts, Emma Raffray Anfang 2023. Bei den Flughäfen seien Websites vorübergehend gestört worden. Allein im September 2022 wurden an zwei Tagen fünf Cyberattacken mit 18 Zielen in Deutschland registriert.5

Die Firma Vulkan kooperiert nach Angaben westlicher Sicherheitsbehörden mit den wichtigsten russischen Geheimdiensten FSB, GRU und SWR. In den im Frühjahr 2023 medial ausgewerteten „Vulkan Files“ werden Angriffsziele benannt, beispielsweise das „Lahmlegen von Kontrollsystemen von Eisenbahn-, Luft- und Schiffstransport“ und die „Störung von Funktionen von Energieunternehmen und kritischer Infrastruktur“. Mehrere westliche Geheim- und Nachrichtendienste halten die „Vulkan Files“ für authentisch. Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Deutschen Bundestages, Konstantin von Notz, geht von „Hunderten solcher Cyberwaffen“ aus, die gerade entwickelt würden. Die „Vulkan Files“ legen zudem nahe, dass die als „Sandworm“ weltweit bekannte gewordene Spezialeinheit 74455 des russischen Militärgeheimdienstes GRU mit der IT-Firma Vulkan kooperiert hat. „Sandworm“ soll unter anderem verantwortlich sein für Angriffe auf ukrainische Firmen im Juni 2017. Die Schadsoftware geriet außer Kontrolle und befiel weltweit Tausende Computer, auch in den USA und verursachte Schäden in dreistelliger Millionenhöhe.6

Seit Beginn der westlichen Unterstützung für die Ukraine mit Waffenlieferungen und Sanktionen gegen Russland gelten Cyberattacken gegen Energieversorger oder militärische Einrichtungen als Bedrohung für Deutschland und andere westliche Staaten.

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Mangelnde Cyberabwehrfähigkeiten Deutschlands

Bundesinnenministerin Nancy Faeser prägte im Frühjahr und Sommer 2023 den Begriff „Zeitenwende in der Inneren Sicherheit“.7 Nötig wäre eine solche Zeitenwende, denn die Bedrohung durch Cyberattacken, Desinformationskampagnen und Spionage hat mit dem Beginn des Ukrainekrieges ein nie dagewesenes Maß erreicht.

Die wesentliche Herausforderung besteht aktuell darin, hybride Bedrohungen – Cyberattacken, Spionage, Sabotage und Desinformationskampagnen – sowie die dahinterstehenden Akteure zu erkennen und abzuwehren, Maßnahmen zu koordinieren und die Resilienz von Staat und Gesellschaft zu stärken. Nach eigenen Angaben koordiniert das Bundesinnenministerium innerhalb der Bundesregierung den Umgang mit hybriden Bedrohungen. Das BMI arbeitet seit Anfang des Jahres 2023 an einem „Gemeinsamen Aktionsplan von Bund und Ländern gegen Desinformation und für eine wehrhafte Demokratie“. Dieser steht jedoch weiter aus.

Schon im Juli des Jahres 2022 hatte Bundesinnenministerin Faeser ihre Cybersicherheitsagenda vorgestellt, von einer „neu organisierten Cybersicherheit“ gesprochen und erklärt „damit nehmen wir uns bewusst viel für diese Legislaturperiode vor. Das ist absolut notwendig. Denn die Bedrohungslage im Cyberraum wächst jeden Tag. Die Zeitenwende, die wir angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine erleben, erfordert eine strategische Neuaufstellung und deutliche Investitionen in unsere Cybersicherheit“.8 Damals kündigte Faeser eine Grundgesetzänderung an, um das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu einer Zentralstelle im Bund-Länder-Verhältnis auszubauen. Vorbilder sollten das Bundeskriminalamt und das Bundesamt für Verfassungsschutz sein, die eng mit den jeweiligen Landesbehörden (Landeskriminalämter und Landesämter für Verfassungsschutz) kooperieren.9

Claudia Plattner, die neue Präsidentin des deutschen Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), warnte Anfang Januar 2024, die Frage sei „nicht ob, sondern wann Deutschland auch großflächig, tiefgreifend und nachhaltig von einem Cyberangriff getroffen wird“. Darauf müsse sich „Deutschland jetzt vorbereiten“.10 Die BSI-Präsidentin Plattner führte aus, dass in einem Cyber-Krisenfall drei Punkte entscheidend seien: „Sofort alle Informationen verfügbar zu haben, schnell ins Handeln zu kommen und ergriffene Maßnahmen übergreifend zu koordinieren.“ Dafür sei Deutschland „heute noch nicht aufgestellt“, „für den Krisenfall sind wir hier noch nicht ausreichend gerüstet“ so die Plattner: „Wir haben nicht das eine Lagebild, das gesamtstaatliche Informationen bündelt. Wir haben auch nicht das eine Lagezentrum, von dem aus schnell auch über föderale Grenzen hinweg abgestimmt gehandelt werden kann.“11 „Und wenn die Lichter ausgehen, müssen wir auch gemeinsam sofort handeln können“, mahnte Plattner im Januar 2024 an. In entscheidenden Aspekten sei eine „regelmäßige beziehungsweise dauerhafte oder gar institutionalisierte Unterstützung der Länder durch das BSI ist zum heutigen Tage verfassungsrechtlich ebenso wenig möglich wie eine Koordinierung der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern“ sprich Plattner das aktuell große Problem aus: „Zusammenarbeiten dürfen wir aktuell lediglich im Wege der Amtshilfe – und das nur ausnahmsweise und punktuell“.12

Die deutsche Cyberabwehr erscheint also aktuell als lediglich bedingt abwehrbereit. Ein großer institutioneller Wurf, eine neue Behörde zur Abwehr von Cyberattacken und Desinformationskampagnen, wäre absolut notwendig. Eine „Zeitenwende in der Inneren Sicherheit“ ist von der Bedrohungslage her seit dem Frühjahr 2022 – Beginn des russischen Angriffskrieges – tatsächlich eingetreten, von außen aufgezwungen. Allerdings ist eine wirksame sicherheitspolitische Antwort auf institutioneller Ebene bisher ausgeblieben.

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Spionage in und gegen Deutschland

„Das Niveau der Spionageaktivitäten gegen Deutschland steht dem während des Ost-West-Konflikts bis 1990 in nichts nach. Wir haben es mit einem klaren Systemwettbewerb zu tun!“ Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz13

Unter Spionage versteht man nach Angaben der deutschen Verfassungsschutzbehörden „die Erkundung der politischen Faktoren sowie der wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und militärischen Potenziale eines anderen Staates durch ausländische Nachrichtendienste oder in deren Auftrag - zumeist mit verdeckten Mitteln und Methoden. Soweit Spionage gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtet ist, kommt eine Strafbarkeit gemäß § 93 ff. StGB in Betracht.“14

Das BMI und das BfV stellen aktuell fest, dass die Hauptakteure der gegen Deutschland gerichteten Spionage, für nachrichtendienstlich gesteuerte Cyberattacken, Proliferation und Einflussnahme – mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten – Russland, China, die Islamische Republik Iran und die Türkei sind.

Gegen die deutsche Politik, deutsche Behörden und deutsche Unternehmen gerichtete Spionageaktivitäten ausländischer Geheimdienste werden aktuell vielgestaltiger und ausgefeilter, umfassen menschliche Quellen genauso wie Cyberattacken, erklärt das BfV und bewertet die augenblicklichen Spionagetätigkeiten als „ernsthafte Bedrohung für Deutschland und deutsche Interessen“.15 Deutschland als prägendes Mitglied der Europäischen Union, als Mitglied der NATO und in anderen internationalen Organisationen ist Ziel vielfältiger politischer Spionage. Die geopolitischen und geoökonomischen Umbrüche infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sowie Chinas offensive Geheimdienstaktivitäten stellen ein neues Bedrohungsniveau dar. Zudem stehen auch deutsche Unternehmen und Forschungseinrichtungen weiterhin im Fokus von Wirtschafts- und Wissenschaftsspionage und auch strategisch motivierter ausländischer Direktinvestitionen.

Die Aktivitäten russischer Geheimdienste in Deutschland bewegten sich seit vor dem Beginn des Ukrainekrieges auf hohem Niveau und dieses Niveau wurde seither noch übertroffen. Die russischen Spionageaktivitäten erstrecken sich mit unterschiedlicher Intensität auf die Zielbereiche Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Technik (u.a. Rüstung und Energie) sowie die Bundeswehr und Sicherheitsbehörden. Der primäre Fokus russischer Geheimdienste liegt auf deutschen Politikfeldern wie der Außen- und Wirtschaftspolitik, aber auch auf der deutschen Innenpolitik in Bezug auf parteipolitische Strukturen und Entwicklungsprozesse.

Zwei aktuelle einflussreiche Fälle von russischer Spionage gegen die deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik sind der mutmaßliche Spionagefall Carsten L., Referatsleiter im Bundesnachrichtendienst in der Abteilung Technische Aufklärung aus dem Dezember 2022 sowie der mutmaßliche Spionagefall des Selbstanbieters Thomas H., Hauptmann im Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr, enttarnt im Sommer 2023. Einen „Maulwurf“ in der Abteilung Technische Aufklärung des BND zu führen stellte für die russischen Geheimdienste einen außergewöhnlichen Spionageerfolg dar, gefährdete durch die verratenen Geheimnisse potenziell zahlreiche Menschenleben in der Ukraine und stellt einen erheblichen Image- und Vertrauensverlust – gerade gegenüber einflussreichen Partnern wie den USA und Großbritannien – für den BND dar.

Die Bundesanwaltschaft wirft einem Mitarbeiter und Bundeswehroffizier des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr Spionage für Russland vor. Der Offizier der Bundeswehr, Thomas H., soll sich nach Angaben der Bundesanwaltschaft seit Mai 2023 „aus eigenem Antrieb“ (Selbstanbieter) mehrfach an das Russische Generalkonsulat in Bonn und die Russische Botschaft in Berlin gewandt und eine Zusammenarbeit angeboten haben.16

Im April 2022 wies die deutsche Bundesregierung 40 russische Diplomaten – im Wesentlichen getarnte Mitarbeiter russischer Geheimdienste – aus, was eine vorübergehende Schwächung der russischen geheimdienstlichen Kapazitäten in Deutschland darstellte. Jedoch muss mittel- bis langfristig mit einem Ausweichen auf alternative Wege der Informationsbeschaffung gerechnet werden. Hierzu gehören auch Cyberattacken und Cyberspionage.

Die Geheimdienste Chinas sind mit umfangreichen Befugnissen ausgestattet und dienen maßgeblich dem Machterhalt der „Kommunistischen Partei Chinas“. Die ehrgeizigen Ziele der chinesischen Staats- und Parteiführung sind der Ausbau von Macht und Einfluss, der Umbau der Volkswirtschaft zu einer führenden Industrienation und dafür die Markt- und Technologieführerschaft in strategischen Sektoren. In Deutschland stehen die Ziele Politik und Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Technik sowie Militär im Fokus der chinesischen Geheimdienste. Für die Realisierung seiner ambitionierten Industriepolitik nutzt China Spionage in Wirtschaft und Wissenschaft, kauft ganz oder teilweise deutsche Unternehmen der Spitzentechnologie und wirbt gezielt Wissensträger an, erklärt das BfV aktuell. Seit 2018 beobachten die deutschen Sicherheitsbehörden neben den wirtschaftlichen Zielen chinesischer Cyberattacken mit dem Fokus auf Unternehmen in der Technologie-, Chemie-, Schifffahrts- oder Rüstungsbranche zusätzlich ein verstärktes Interesse chinesischer Cyberspionage an politischen Zielen in Deutschland und anderen westlichen Staaten.17

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Sabotage in und gegen Deutschland

Sabotage ist die bewusste Beeinträchtigung von militärischen oder politischen Prozessen oder von Produktionsabläufen. Dazu kann das Beschädigen oder Zerstören wichtiger Anlagen und Einrichtungen beispielsweise im Bereich Kritischer Infrastrukturen (KRITIS) zählen (z.B. Kraftwerke, Verkehrsverbindungen oder Kommunikationsanlagen).

Zum Sabotageschutz gehört der Schutz von KRITIS wie beispielsweise der Energie- und Wasserversorgung, Informationstechnik und Telekommunikation. Um lebens- und verteidigungswichtige Einrichtungen vor Sabotagehandlungen zu bewahren, ist es wichtig, zu gewährleisten, dass an besonders sicherheitssensitiven Stellen solcher Einrichtungen keine Personen beschäftigt sind, bei denen Sicherheitsrisiken vorliegen. Dies ist der Aufgabenbereich des personellen Geheim- und Sabotageschutzes der Sicherheitsbehörden. Ein vitales Instrument des präventiven personellen Sabotageschutzes ist die Sicherheitsüberprüfung, von den Verfassungsschutzbehörden durchgeführt, um die Gefahr vor Sabotagehandlungen durch Innentäter zu reduzieren. Innentäter sind Personen, die als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der zu schützenden Einrichtung die Möglichkeit haben, Sabotagehandlungen durchzuführen. Dazu gehören auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Fremdfirmen, die an einer sicherheitsempfindlichen Stelle in der zu schützenden Einrichtung tätig sind. Sabotagehandlungen können auch durch fremde Geheimdienste geplant und durchgeführt werden.18

Sabotage stellt für viele relevante Bereiche eine ernst zu nehmende Gefahr dar. Politik und Verwaltung, das öffentliche Leben, aber auch Unternehmen und Forschungseinrichtungen können betroffen sein. Staatliche Akteure aus dem Ausland, aber auch Extremisten aus dem Inland könnten relevante Einrichtungen und Anlagen ins Visier nehmen, um diese zu schädigen. Ziele von Sabotage könnten beispielsweise sein: Die Störung Kritischer Infrastrukturen, wie z.B. Internet, Energie-, Treibstoff-, Wasserversorgung. Hinzu kommt aber auch eine potenzielle Störung von Arbeitsabläufen und Kommunikation in Politik und Verwaltung sowie die Störung von Betriebsabläufen in Wirtschaftsunternehmen. Deutsche Unternehmen und Forschungseinrichtungen können sich mit Sicherheitsmaßnahmen vor diesen Gefahren schützen. Die deutschen Verfassungsschutzbehörden sind für die Abwehr von Spionage und Sabotage durch ausländische Nachrichtendienste sowie von Extremismus zuständig und stehen als vertraulicher Ansprechpartner zur Verfügung.

Cybersabotage beschreibt das absichtliche Schädigen von IT-Infrastrukturen und Daten. Portscans geben Hinweise zu ungesicherten Services, die genutzt werden können, um z.B. datenlöschende Wiper-Malware einzuschleusen. Beim “Pre-Positioning“ dringen Angreifer in ein IT-System ein, verhalten sich jedoch bis zur Sabotagehandlung unauffällig, erklären die deutschen Verfassungsschutzbehörden aktuell.

Fazit

Nach Angaben des BMI sind Cyberattacken mittlerweile – vor allem vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine – fester Bestandteil geheimdienstlicher Methoden der Spionage und Sabotage. Die Digitalisierung eröffnet so auch für die Spionage neue Möglichkeiten und Wege. Dies stellt neue, vitale Herausforderungen für die deutsche Cyber- und Spionageabwehr dar.

Claudia Plattner, die neue Präsidentin des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik warnte Anfang Januar 2024 davor, dass Deutschland „großflächig, tiefgreifend und nachhaltig von einem Cyberangriff getroffen werden“ könnte, sich „jetzt darauf vorbereiten“ müsse und die zahlreichen staatlichen und nicht-staatlichen Stellen und Akteure, die mit Cybersicherheit befasst sind, „alle effizient und vertrauensvoll zusammenarbeiten“ müssten.19 Die deutsche Cyberabwehr erscheint nach Angaben der BSI-Präsidentin als nur bedingt abwehrbereit. Ein großer institutioneller Wurf, eine neue Behörde zur Abwehr von Cyberattacken und Desinformationskampagnen, wäre absolut notwendig. Eine „Zeitenwende in der Inneren Sicherheit“ – von Bundesinnenministerin Nancy Faeser im Sommer 2023 so beschrieben – ist von der Bedrohungslage her seit dem Frühjahr 2022 tatsächlich eingetreten – von außen aufgezwungen. Jedoch blieb eine wirksame institutionelle Reaktion darauf bisher aus.

- Dieser Beitrag stellt die persönliche Auffassung des Autors dar.-

Quellen

1  Vgl. https://www.bmi.bund.de/DE/themen/sicherheit/spionageabwehr-wirtschafts-und-geheimschutz/cyberspionage/cyberspionage-node.html (27.1.2024).
2  Vgl. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/cybercrime-deutschland-100.html (27.1.2024).
3  Vgl. ebd. (27.1.2024).
4  Vgl. https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/cyberattacke-deutschland-101.html (27.1.2024).
5  Vgl. https://www.derstandard.de/story/2000142348963/fancy-bear-und-killnet-mehr-als-850-cyberattacken-pro-russischer (27.1.2024).
6  Vgl. https://www.zdf.de/politik/frontal/doku-vulkan-files-cyberangriff-russland-ukraine-krieg-leak-daten-100.html (27.1.2024).
7  Vgl. Bundesministerium des Innern und für Heimat (2023): Verfassungsschutzbericht 2022, S. 3.
8  Vgl. https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2022/07/cybersicherheitsagenda.html (27.1.2021).
9  Vgl. ebd.
10 Vgl. https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/die-frage-ist-nicht-ob-sondern-wann-die-gefahr-eines-grossflachigen-cyberangriffs-ist-real-11049061.html (27.1.2024).
11 Vgl. https://background.tagesspiegel.de/cybersecurity/cybernation-deutschland-nicht-meckern-machen (27.1.2024).
12 Vgl. https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2022/07/cybersicherheitsagenda.html (27.1.2021).
13  https://www.verfassungsschutz.de/DE/verfassungsschutz/der-bericht/vsb-spionageabwehr/vsb-spionageabwehr-node.html#doc1036458bodyText1 (27.1.2024).
14  https://www.verfassungsschutz.de/DE/themen/spionage-und-proliferationsabwehr/begriff-und-hintergruende/begriff-und-hintergruende_node.html (27.1.2024).
15 Vgl. Bundesministerium des Innern und für Heimat (2023): Verfassungsschutzbericht 2022, Berlin Juni 2023, S. 278.
16 Vgl. https://www.dw.com/de/spionierte-bundeswehr-offizier-f%C3%BCr-russland/a-66485883 (27.1.2024).
17 Vgl. https://www.verfassungsschutz.de/DE/verfassungsschutz/der-bericht/vsb-spionageabwehr/vsb-spionageabwehr-node.html#doc1036458bodyText1 (27.1.12024).
18 Vgl. https://www.verfassungsschutz.de/DE/themen/geheim-und-sabotageschutz/begriffe-und-hintergruende/Begriffe-und-Hintergruende_node.html#doc721820bodyText2 (27.1.2024).
19  https://background.tagesspiegel.de/cybersecurity/cybernation-deutschland-nicht-meckern-machen (27.1.2023).

 

Über den Autor
Prof. Dr. Stefan Goertz
Prof. Dr. Stefan Goertz
Prof. Dr. Stefan Goertz, Professor für Sicherheitspolitik, Schwerpunkt Extremismus- und Terrorismusforschung, Hochschule des Bundes, Fachbereich Bundespolizei
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