Skip to main content

 

Lage und Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität aus Sicht des Bundeskriminalamtes

Von Meike Küllmer

Wirtschaftskriminalität verursacht in Deutschland jährlich einen immensen Schaden bei einer relativen geringen Anzahl von Straftaten.
Straftaten der Wirtschaftskriminalität machten 2012 1,4% aller Gesamtstraftaten aus, verursachten bundesweit aber knapp 50 % des Gesamtschadens i.H.v. 3,75 Mrd. Euro. Diese Dimension verdeutlicht das hohe Schadens- und Gefährdungspotenzial der Wirtschaftskriminalität.

Zudem ist das mittelbare Schadenspotenzial der Wirtschaftskriminalität sehr groß:
Wettbewerbsverzerrungen, gesundheitliche Gefährdungen und Schädigungen Einzelner, Reputationsverluste von Unternehmen oder auch ganzer Wirtschaftszweige bis hin zu Vertrauensverlusten in die Funktionsfähigkeit der bestehenden Wirtschaftsordnung – um nur einige der möglichen Folgen zu nennen. Diese Aspekte verdeutlichen, wie wichtig eine qualifizierte und koordinierte Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität ist.

 

1. Definition Wirtschaftskriminalität

Um über Wirtschaftskriminalität sprechen zu können, ist zunächst zu klären, was unter Wirtschaftskriminalität zu verstehen ist.

Wirtschaftskriminalität betrifft alle Bereiche der wirtschaftlichen Betätigung. Je nach Tatausführung kommt es neben einer erheblichen Schädigung von Einzelinteressen auch zu Tathandlungen, die geeignet sind, das Wirtschaftsleben und das Vertrauen in wirtschaftliche Abläufe nachhaltig zu schädigen.

In Deutschland existiert zur Beschreibung der Wirtschaftskriminalität keine Legaldefinition.

Beispiele für mögliche Definitionen:

  • „Summe der Straftaten, die in Unternehmen, an Unternehmen und durch Unternehmen begangen werden“ (Homepage LKA Niedersachsen)
  • „Im Kern geht es um Bereicherungskriminalität, die verübt wird im Zusammenhang mit der (tatsächlichen oder auch nur vorgetäuschten) Erzeugung, Herstellung und Verteilung von Gütern oder der Erbringung und Entgegennahme von Leistungen des wirtschaftlichen Bedarfs“ (Homepage BMI)
  • „Wirtschaftskriminalität ist die vertrauensmissbrauchende Begehung von Straftaten, im Rahmen einer tatsächlichen oder vorgetäuschten wirtschaftlichen Betätigung, die unter Gewinnstreben die Abläufe des Wirtschaftslebens ausnutzt und zu einer Vermögensgefährdung oder einem Vermögensverlust jeweils großen Ausmaßes führt oder eine Vielzahl von Personen oder die Allgemeinheit schädigt." (Bund-Länder-Projektgruppe Wirtschaftskriminalität und Korruption)
  • „Oberbegriff für nachstehende Formen von Handlungen zum Nachteil von Unternehmen: wie z.B. Betrug, Falschbilanzierung, Geldwäsche, Industriespionage, Korruption/Bestechung, Produktpiraterie, Unterschlagung, Veruntreuung“ (aus Studie Wirtschaftskriminalität 2005 von PriceWaterHouse Coopers)

 Die deutsche Polizei hat sich auf eine Arbeitsdefinition verständigt, die sich bei der Zuordnung von Straftaten zur Wirtschaftskriminalität am Katalog des § 74c Abs. 1 Nr. 1 bis 6b des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) orientiert. Dieser beschreibt die Zuständigkeitszuweisung für die Wirtschaftsstrafkammern bei den Landgerichten.

Demnach zählen zu den klassischen Delikten der Wirtschaftskriminalität im Sinne der polizeilichen Definition:

  • Anlagedelikte (Kapitalanlagebetrug)
  • Finanzierungsdelikte (Kreditbetrug u.a.)
  • Wettbewerbsdelikte (Produkt- und Markenpiraterie, Ausschreibungsbetrug, Konkurrenzausspähung u.a.)
  • Insolvenzdelikte (Bankrott u.a.),
  • Arbeitsdelikte (Straftaten nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz u.a.)
  • Gesundheitsdelikte (Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen)
  • und sonstige Wirtschaftsstraftaten (Betrug)

Das Spektrum der Straftaten ist weit.

 

2. Aufgaben des BKA

Das Bundeskriminalamt ist die Zentralstelle der deutschen Kriminalpolizei. Seine Aufgabe in der deutschen Sicherheitsarchitektur besteht insbesondere darin, die Zusammenarbeit des Bundes und der grundsätzlich für die Kriminalitätsbekämpfung zuständigen Länder zu gewährleisten und die Länder dabei zu unterstützen.

Das BKA ist für den internationalen Informationsaustausch verantwortlich und bedient sich dazu insbesondere der Informationskanäle von Interpol, des Europäischen Polizeiamtes Europol sowie des Schengener Informationssystems.

Das BKA nimmt originär die polizeilichen Aufgaben auf folgenden Gebieten der Strafverfolgung war:

  • in Fällen des international organisierten ungesetzlichen Handels mit Waffen, Munition, Sprengstoffen, Betäubungsmitteln oder Arzneimitteln
  • der international organisierten Herstellung oder Verbreitung von Falschgeld
  • sowie damit im Zusammenhang begangener Straftaten einschließlich der international organisierten Geldwäsche
  • in Fällen international organisierter Straftaten nach § 129a StGB (Bildung krimineller Vereinigungen, auch im Ausland)
  • in Fällen von Computersabotage, soweit die Tat sich gegen die innere oder äußere Sicherheit der BRD oder gegen sicherheitsempfindliche Stellen lebenswichtiger Einrichtungen richtet, die für das Funktionieren des Gemeinwesens unverzichtbar sind.

Ferner ist das BKA zuständig für die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus in Fällen, in denen eine länderübergreifende Gefahr vorliegt, die Zuständigkeit einer Landespolizeibehörde nicht erkennbar ist oder die oberste Landesbehörde um eine Übernahme ersucht.

Das bedeutet für den Deliktsbereich der Wirtschaftskriminalität, dass das BKA hier vorrangig Zentralstellenaufgaben und die Aufgabe der Durchführung des internationalen polizeilichen Nachrichtenaustausches wahrnimmt. In der Regel sind demnach im Bereich der Wirtschaftskriminalität die Länderpolizeien ermittelnd tätig.

Das BKA kann jedoch – wie in den letzten Jahren mehrfach geschehen – auf Ersuchen der zuständigen Landesbehörde, i. d. R. einer Staatsanwaltschaft – auch hier die polizeilichen Ermittlungen übernehmen.

Daimler

Die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität ist nicht nur eine polizeiliche Aufgabe. Die Bekämpfung erfordert ein Zusammenwirken aller Akteure, die zur Verhinderung bzw. Aufklärung von Wirtschaftskriminalität einen Beitrag leisten können.

Aus diesem Grunde findet neben der institutionalisierten polizeilichen Zusammenarbeit auch eine Kooperation des BKA mit Verfolgungsbehörden wie der Finanzverwaltung (Zoll, Steuerfahndung), aber auch mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleitungsaufsicht – zur verstärkten Bekämpfung der Kapitalmarktkriminalität – statt.

Großen Wert legt das BKA auch auf die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, da die Sicherheitsbehörden auf die Kooperationsbereitschaft der Unternehmen angewiesen sind. Zu nennen ist hier insbesondere der Dialog im Rahmen der sog. Global Player Initiative (z.Zt. 55 weltweit tätige deutsche Großunternehmen) oder die Kooperation mit dem ASW (Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit in der Wirtschaft) und anderen Wirtschaftsverbänden.

Der Informationsaustausch zwischen dem BKA und der Wirtschaft bezieht sich auf die Kriminalitäts- / Sicherheits- und Bedrohungslage im In- und Ausland (z.B. neue modi operandi) und verbessert damit die Erkenntnislage zur Abwehr/Prävention von Gefahren für die Wirtschaft.

 

3. Lage    

Auskunft über die Lage der Wirtschaftskriminalität gibt das jährlich vom BKA herausgegebene Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität (www.bka.de), welches auf den Daten der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) und dem kriminalpolizeilichen Nachrichtenaustausch bei Wirtschaftsdelikten beruht.

Im Jahr 2012 wurden laut PKS in Deutschland 81.793 Fälle der Wirtschaftskriminalität registriert. In den vergangenen 10 Jahren bewegten sich die Fallzahlen zwischen 80.000 und 110.000 Fällen. Die polizeilichen Fallzahlen zeigen nur einen Ausschnitt des tatsächlichen Phänomens.

 

 Fallzahlen

 

Der Anteil der Wirtschaftskriminalität an den insgesamt polizeilich bekannt gewordenen Straftaten ist eher gering – im Schnitt zwischen ein und zwei Prozent. Wer die Gefahren von Wirtschaftskriminalität verstehen will, darf allerdings nicht bei den Fallzahlen stehenbleiben, sondern muss sich die Folgen anschauen.

Wirtschaftskriminalität verursachte im vergangenen Jahr 3,75 Milliarden Euro an Schäden und war damit für knapp die Hälfte des in der PKS ausgewiesenen Gesamtschadens (Gesamtschaden 2012: 7,7 Mrd. Euro) verantwortlich.

 Gesamtschaden

Neben dem unmittelbaren materiellen Schaden sind auch die erheblichen, nicht quantifizierbaren mittelbaren bzw. immateriellen Schäden zu berücksichtigen.

Hierbei geht es insbesondere um:

  • Wettbewerbsverzerrungen
  • Reputationsverluste von einzelnen Unternehmen oder auch ganzer Wirtschaftszweige bis hin zu Vertrauensverlusten in die Funktionsfähigkeit der bestehenden Wirtschaftsordnung
  • gesundheitliche Gefährdungen und Schädigungen Einzelner als Folge von Verstößen gegen das Lebensmittel- und Arzneigesetz , gegen das Arbeitsschutzrecht, das Umweltstrafrecht und gegen Markenrechte.

In Anbetracht der relativ geringen Fallzahlen ist anzumerken, dass ein hohes Dunkelfeld existiert, da Wirtschaftskriminalität häufig nicht zur Anzeige gebracht wird. Die in Teilen fehlende Anzeigebereitschaft hat unterschiedliche Gründe.

Einer dieser Gründe ist die Angst betroffener Unternehmen vor einem Reputationsschaden. Viele Unternehmen fürchten einen Imageverlust und sind versucht, unternehmensinterne Lösungen vorzuziehen.

 

Wirtschaftskriminalität und Tatmittel Internet

Insbesondere die sich fortlaufend weiterentwickelnden technischen Rahmenbedingungen bringen immer neue Tatgelegenheitsstrukturen auch für Wirtschaftsstraftäter hervor. So gibt es heute kaum noch einen Kriminalitätsbereich, in dem sich die Täter nicht ausgefeilter Informationstechnik bedienen und das Internet als Tatmittel nutzen. Dies trifft auf den Bereich der Wirtschaftskriminalität in besonderer Weise zu.

2012 registrierte die Polizei bundesweit rund  10.135 Fälle von Wirtschaftskriminalität mit dem Tatmittel Internet. Das heißt, dass 2012 bei fast jedem siebten Fall von Wirtschaftskriminalität das Internet genutzt wurde.

Das Internet, immer leistungsfähigere Speichermedien und technische Lösungen haben neben den strukturellen Verflechtungen zugleich das Dokumentationsverhalten und die Speicherkapazitäten auch innerhalb der Wirtschaft völlig verändert. Die Folge: Die Strafverfolgungsbehörden werden mit immer größeren Datenmengen konfrontiert. So stoßen wir in aktuellen Verfahren auf Datenmengen im dreistelligen Terabyte- Bereich.

Securitas

 

Wirtschaftskriminalität und OK

Auch im Bereich der Organisierten Kriminalität sind Wirtschaftsdelikte von zentraler Bedeutung. Kriminalität im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsleben war 2011 der zweitgrößte OK – Bereich nach der Rauschgiftkriminalität. Auf sie entfielen im Jahr 2011 mit 576 Millionen Euro etwa 65% der festgestellten Schadenssumme aller OK – Verfahren.

Die Erträge beliefen sich im Bereich der Kriminalität i. Z. m. dem Wirtschaftsleben auf über 171 Millionen Euro (nahezu 50 % aller ermittelten Erträge). Interessant ist auch die Tatsache, dass in über 4/5 der Fälle der Kriminalität im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsleben die Tätergruppen ausschließlich in diesem Deliktsbereich agierten.

 

Industriespionage/Konkurrenzausspähung

Im Zuge der immer weiter voranschreitenden Globalisierung des Wirtschaftslebens und des damit einhergehenden wachsenden Konkurrenzdrucks innerhalb der Wirtschaft nimmt auch die Gefahr der Ausspähung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen zu. Da die Anforderungen an die Ermittlungen andere sind, wird seitens der Polizei unterschieden: Ist die Spionagetätigkeit staatlich gelenkt, sprechen wir von Wirtschaftsspionage; geht die Ausforschung von einem Unternehmen aus, von Konkurrenzausspähung bzw. Industriespionage.

Bei der Industriespionage wurden im vergangenen Jahr 525 Fälle polizeilich registriert. Schwerpunktmäßig geht es um die Weitergabe von Kundendaten, - z.B. von Banken, Personaldienstleistern, aus dem Bereich des Internethandels, aber auch um geheime Produktionsunterlagen, Computerprogramme und andere sensible Firmeninformationen.

Die Fallzahlen des letzten Jahr haben eine leicht steigende Tendenz auf niedrigem Niveau.

Korruption

Besondere Erwähnung soll an dieser Stelle – wegen der engen Verknüpfung mit der Wirtschaftskriminalität – auch die Korruption finden, die durch die in jüngster Zeit bekannt gewordenen Korruptionsskandale auch stärker in den öffentlichen Fokus gerückt ist. Ausgehend von der Regelungslage in Deutschland geht es dabei um die Amtsträgerbestechung (§§ 331 ff StGB), aber auch die Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (§§ 299,300). Die Strafbarkeit internationaler Korruption ergibt sich dabei in Deutschland aus den Vorschriften des § 299 III StGB bzw. den Regelungen des Internationalen Bestechungsgesetzes und des EU – Bestechungsgesetzes.

Ausgehend vom nationalen Recht können Unternehmen in Deutschland in unterschiedlicher Weise von strafbarer Korruption betroffen sein. So können Unternehmensmitarbeiter von Mitarbeitern ausländischer Unternehmen bestochen werden, um beim Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen in unlauterer Weise im Wettbewerb bevorzugt zu werden. Unternehmensangehörige können sich wegen Bestechung oder Vorteilsgewährung strafbar machen, wenn sie einem Amtsträger für die Dienstausübung oder zwecks Vornahme einer pflichtwidrigen Amtshandlung einen Vorteil angeboten, versprochen oder gewährt haben.

Im Jahre 2011 wurden insgesamt 46.795 Korruptionsstraftaten polizeilich festgestellt. Die Zahlen haben sich gegenüber dem Vorjahr (15746) verdreifacht.

 

4. Möglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden/BKA       

Aufgrund des Legalitätsprinzips sind die Strafverfolgungsbehörden verpflichtet, Ermittlungsverfahren einzuleiten, sobald sie Kenntnis vom Verdacht einer Straftat erhalten. Die möglichen strafprozessualen Maßnahmen umfassen ein großes Repertoire.

Auch bei schweren Fällen der Wirtschaftskriminalität sind grundsätzlich Maßnahmen möglich, die üblicherweise im Bereich der OK-Bekämpfung angesiedelt werden.

 

Securiton

 

Folgende praktischen Möglichkeiten haben die Strafverfolgungsbehörden in Deutschland, um Wirtschaftskriminalität national und international zu bekämpfen:

  • Durchführung von offenen und verdeckten Ermittlungshandlungen wie z.B. Überwachung der Telekommunikation, Durchsuchung, Beschlagnahme/Sicherstellung von Beweismitteln, Zeugenvernehmungen, Inhaftierungen (z.B. zur Verhinderung von Verdunkelungshandlungen wie Vernichtung von Beweismitteln)
  • die Durchführung von Zeugenschutzmaßnahmen, auch in internationaler Kooperation
  • Inanspruchnahme von Informanten sowie entsprechende Gewährleistung des Schutzes von deren Identität  auch im Strafprozess
  • Durchführung von Finanzermittlungen im In – und Ausland zum Verbleib kriminell erlangter Vermögensgegenstände sowie Ausbringen von dinglichen Arresten zur entsprechenden Sicherung
  • Zielfahndung und Durchführung von Auslieferungsmaßnahmen bei Flucht ins Ausland
  • Enge Zusammenarbeit mit ausländischen Strafverfolgungsbehörden beispielsweise durch Einrichtung/Initierung von Bildung gemeinsamer Ermittlungsgruppen (GEG) /Joint Investigation Teams (JITs) bei Europol/Eurojust wie zuletzt in einem Verfahren der StA Bochum wegen Verdachts des gewerbsmäßigen Betruges im Zusammenhang mit Spielmanipulationen.
  • Auf internationaler Ebene unterstützt das BKA den polizeilichen Informationsaustausch nicht nur als nationale Zentralstelle für Interpol und Europol und im Rahmen des Schengener Informationssystems, sondern vor allem auch mit seinem Netz von über 60 Verbindungsbeamten in über 50 Staaten mit Nebenakkreditierungen in weiteren über 90 Staaten

Zur wirksamen Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität bedarf es auch präventiver Maßnahmen:

So werden vom BKA beispielsweise anlassbezogen aktuell festgestellte Modi Operandi, die die Wirtschaft betreffen, mittels Warnmeldungen über die Global Player Initiative bzw. den ASW der Wirtschaft zur Kenntnis gegeben.

Ferner werden in geeigneten Fällen Warnhinweise über die BKA-Homepage www.bka.de veröffentlicht.

 

5. Möglichkeiten der Unternehmen – Bedeutung von Compliance

Zur wirksamen Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität bedarf es aber nicht nur einer vertrauensvollen Kooperation zwischen Strafverfolgungsbehörden und der Wirtschaft.

Eine besondere Bedeutung kommt der Eigenverantwortung der Wirtschaftsunternehmen zur Verhinderung von Wirtschaftskriminalität zu.

Wirtschaftskriminalität kann jedes Unternehmen treffen. Der Mittelstand – aber auch Großunternehmen – als Wirtschaftsmotor mit ihrer großen Innovationskraft stellen ein attraktives Ziel für Wirtschaftsstraftäter dar. Dabei wird – wie Studien zeigen – aber gerade dort die Möglichkeit, Opfer von Wirtschaftskriminalität zu werden, überwiegend niedrig eingeschätzt.

Unternehmen drohen dabei nicht nur Schäden durch strafbare Handlungen von außen. Im eigenen Unternehmen sitzt eine nicht zu unterschätzende Gefahr – die eigenen Mitarbeiter. So wurde gemäß einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (PWC gemeinsam mit der Martin-Luther-Universität Halle - Wittenberg) zur Wirtschaftskriminalität aus dem Jahre 2011 jede zweite Tat in Deutschland von Tätern begangen, die aus dem eigenen Unternehmen stammen (52%), wobei es sich dabei überwiegend um langjährige Mitarbeiter handelte.

Unternehmen müssen sich den existenten Kriminalitätsrisiken und -gefahren auch bewusst werden/sein und entsprechend selbstständig Gegenmaßnahmen ergreifen.

Hier kommt dem Bereich der Compliance und der Installierung wirksamer Compliance-Systeme eine große Bedeutung zu.

Mobotix

 

Compliance beinhaltet die Einhaltung von Gesetzen und unternehmensinternen Richtlinien sowie die Aufstellung von Verhaltensregeln in Unternehmen. Jedes Unternehmen sollte demnach ein individuell auf seine Bedürfnisse/Abläufe angepasstes, wirksames Compliance-System implementieren.

Dieses dient dazu, Risiken im eigenen Unternehmen zu erkennen, durch geeignete Maßnahmen zu minimieren, eingetretene Compliance-Verstöße festzustellen und in geeigneter und angemessener Weise im Sinne des Unternehmens zu reagieren.

Compliance bedeutet aber auch, dass diese ge- und vorgelebt werden muss. Nur wenn sie von allen Unternehmensmitarbeitern verinnerlicht und akzeptiert wird, kann das Risiko des Unternehmens sinken, dass Unternehmensangehörige unternehmensbezogene Straftaten begehen (mit möglichen Haftungsfolgen auch für das Unternehmen selbst) bzw. dass das Unternehmen Opfer von Straftaten wird.

Eine Risikominimierung ermöglicht zugleich eine Effizienz- und Effektivitätssteigerung für die Unternehmen.

Ein Compliance-System ist als ein Vorteil im Wettbewerb anzusehen und stellt – entsprechend kommuniziert – eine positive Werbung nach außen dar.

 

6. Resümee

Angesichts der dargelegten Aspekte zur Thematik Wirtschaftskriminalität bleibt festzuhalten:

Die Verhütung und Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität wird und muss – im Hinblick auf das hohe Schadens- und Gefährdungspotenzial und die damit einhergehenden negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Integrität des Wirtschaftssystems - weiterhin ein priorisiertes Zielfeld der Strafverfolgungsbehörden bleiben.

Die gemeinsamen Anstrengungen zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität auf nationaler und internationaler Ebene müssen unvermindert fortgesetzt werden. Der gemeinsame Schulterschluss aller an der Bekämpfung Beteiligten ist eine wesentliche Voraussetzung zur wirksamen Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität. Nur gemeinsam kann kriminelles Handeln unterbunden werden.

Das Bundeskriminalamt wird hierzu auf polizeilicher Seite auch künftig seinen Beitrag leisten.

 

 

 nach oben