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 Feintstaub-Partikelmessung in einem Nahrungsmittelwerk.

Die Belegschaft darf sich krankatmen

Von Peter Göhringer

Feinstaub gefährdet die Gesundheit und kommt praktisch überall vor – so auch bei offenen Prozessen in der Pharma- und Lebensmittelproduktion. Die zulässigen Grenzwerte für Feinstäube am Arbeitsplatz liegen indes weit über den Grenzwerten für die Außenluft. Absurd.

Unter Feinstaub versteht man die Masse aller im Gesamtstaub enthaltenen Partikel mit einem Durchmesser kleiner als 10 µm. Sie kommen auch bei der Pharma- und Lebensmittelproduktion vor - hauptsächlich bei offenen Prozessen. Bei hoher Konzentration treten Atemwegs- und Herzkreislauferkrankungen auf, stellen Untersuchungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) fest.

Feinstaub-Diskussion und Regelwerk nehmen indes groteske Züge an: Da legt die Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSchV) Grenzwerte für die Außenluft fest, die weit unter den zulässigen Grenzwerten für Innenräume liegen. Öffentlichkeit und auch die Fachmedien haben davon noch keine Notiz genommen.

Feinstaubfilter bei einem spanenden MetallverarbeiterFür die Außenluft gilt in den meisten europäischen Ländern seit 2005 ein Tagesgrenzwert von 0,05 mg/m³, der nicht öfter als 35 Mal im Jahr überschritten werden soll. Der zulässige Jahresmittelwert liegt seit 2010 bei 0,04 mg/m³. Dieses Regelwerk ist auch Bestandteil der BImSchV und hat Gesetzeskraft. Im Schlepptau dieser Verordnung entstand ein bundesweites Messnetz und die Bürokratie gebar unter anderem das umstrittene Plakettensystem für den innerstädtischen Autoverkehr.

 

Absurd hohe Grenzwerte  für die Raumluft

Und welche Grenzwerte wurden für die Luft am Arbeitsplatz festgelegt? Nach den Berufsgenossenschaften liegen die Limits – je nach Schadstoff – zwischen 1 und 10 mg/m³. Das ist das Zwanzig- bis Zweihundertfache (!) des BImSchV-Wertes für die Außenluft. Eine beispiellose Absurdität .

Ein Blick in die Praxis: In der verarbeitenden Industrie wird die Hallenluft oft abgesaugt, gereinigt und dann wieder in die Halle zurückgeführt. Viele dieser genehmigungspflichtigen Anlagen haben erfahrungsgemäß eine schwache Filterleistung  und lassen über 2 mg/m³ an Feinstaub passieren. Dieser Wert liegt immer noch vierzig Mal über dem BImSchV-Grenzwert für die Außenluft. Den Arbeitnehmern mutet man demnach eine Belastung von 10 bzw. 2 mg/m³ zu, während  Verkehrsteilnehmern und Stadtmenschen schon bei mehr als 0,04 mg/m³ eine Erkrankung drohen soll. Das unsinnige Regelwerk zu ändern, ist eine dringliche Herausforderung für Berufsgenossenschaften und Verbände.

 

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