Innere Sicherheit von A bis Z.

Die wichtigsten Begriffe für Studium und Ausbildung.

Stefan Goertz,
Stuttgart 2022,
448 Seiten.
ISBN 978-3-415-07281-7.
Ladenverkaufspreis 29,80 €.
Stefan Goertz lehrt an der Hochschule des Bundes in Lübeck im Fachbereich Bundespolizei. Er studierte Politik- und Sozialwissenschaften, Öffentliches Recht und Arabisch unter anderem in Berlin, München und Damaskus. Als Soldat der Bundeswehr nahm er an mehreren Auslandseinsätzen teil.

Unter anderem war er im Rahmen einer EU-Mission in Bosnien und gehörte der Beobachtermission der Vereinten Nationen im Libanon an. Im Mittelpunkt seiner Forschungstätigkeit stehen seit Jahren die Sicherheitspolitik, Extremismus und Terrorismus. Vor diesem Hintergrund ist es naheliegend, dass sich Goertz auch dem weiten Feld „Innere Sicherheit“ widmet. Dazu wählt er in dem hier zu besprechenden Buch die Form des Lexikons.

Vielen Lesern begegnen lexikalische Beiträge auf einer wohlbekannten Seite im Internet. Dort ergibt sich jedoch ein grundsätzliches Problem: Manche dieser Beiträge sind ganz hervorragend, von Fachleuten geschrieben und können als erste Information sehr hilfreich sein. Andere Einträge auf dieser Internetseite sind jedoch selbst für einen ersten Einstieg in ein Thema ungeeignet, da sie voller sachlicher Fehler sind und daher mehr verwirren als erklären. Somit stellt sich dem kritischen Nutzer stets die Frage: Ist das, was ich da gerade lese, richtig oder ist es falsch?

Stefan Goertz Lexikon „Innere Sicherheit“ ist das Ergebnis einer jahrelangen Forschungstätigkeit und daher vereinfachend ausgedrückt aus einem Guss. Der Leser kann sicher sein, dass er in jedem der Beiträge, die von A wie „Altermedia“ bis Z wie „Zollkriminalamt“ reichen, aktuelle und sachlich richtige Informationen erhält, die den aktuellen Stand der Wissenschaft widergeben. Zu jedem Stichwort gibt der Verfasser Querverweise zu anderen Einträgen und listet die verwendeten Quellen auf. Dabei wählt er primär solche Informationen aus, die im Internet von jedermann eingesehen werden können. Somit ist ausgehend von dem Lexikonartikel eine weitere Vertiefung problemlos möglich.

Im Vorwort beschreibt der Autor die Zielgruppen und Institutionen, an die sich sein Lexikon richtet. Unter anderem sind das die Polizeien des Bundes und der Länder, die Ausbildungsstätten der Polizei, die Verfassungsschutzbehörden, aber auch die Bundes- und Landeszentralen für politische Bildung.

Die thematische Einordnung des Themas erfolgt im Eintrag „Innere Sicherheit“. Dort umschreibt Goertz auch, was er unter „Innerer Sicherheit“ versteht. Dabei orientiert er sich an diversen Veröffentlichungen der Bundesregierung und des Bundesministeriums des Innern. Er führt aus, dass eine allgemeingültige Definition des Begriffs nicht existiert und betont des Weiteren, dass dieser Begriff und sein Inhalt einem steten Wandel unterliegt. An dieser Stelle ist der Gedankengang des Autors mitunter etwas sprunghaft. So wird hier und da ein Aspekt lediglich stichwortartig erwähnt, was für einen Leser, der sich bereits mit der Materie befasst hat, ausreichend ist, einem Einsteiger jedoch Probleme bereiten könnte. Auch in diesem Überblicksartikel stellt sich dem Autor das grundsätzliche Problem, auszuwählen, was er behandelt – und was nicht. So geht er weder hier noch an einer anderen Stelle auf das im Grundgesetz seit 1968 verankerte Widerstandsrecht ein, berücksichtigt aber das „Volkszählungs-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts von 1983, in dem zur Beschränkung staatlicher Befugnisse den Bürgern ein „Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung“ eingeräumt wird.

Die „Innere Sicherheit“ ist ein weites Feld, das viele unterschiedliche Phänomene beinhaltet. Was dazugehört, hängt, wie die Wertung und Gewichtung, stark vom Betrachtungswinkel ab. Vereinfachend erklärt: Während für einen Streifenpolizisten die Alltagskriminalität in seinem Bezirk eine große Bedrohung für die Innere Sicherheit darstellt, wird ein Bundespolizist das Hauptproblem in der Bekämpfung der Schleuserkriminalität sehen, während ein Verfassungsschützer als seine primäre Aufgabe die Erfassung links- oder rechtsextremistischer Bestrebungen beschreibt.

In jedem Lexikon, wie umfangreich es auch immer sein mag, muss eine Auswahl getroffen werden. Dieser Herausforderung muss sich auch Stefan Goertz stellen. Tendenziell entscheidet er sich eher für aktuelle beziehungsweise zeitnahe Entwicklungen, während er historische Ereignisse eher vernachlässigt. Das mag erklären, dass er auf immerhin zwei Seiten den „Nationalsozialistischen Untergrund“ behandelt, während er die „Rote Armee Fraktion“ lediglich in einem Halbsatz erwähnt. Manche Entscheidung für oder gegen die Aufnahme eines Begriffs mag auch der Verfügbarkeit von aussagekräftigen aktuellen Informationen geschuldet sein. So erläutert er auf drei Seiten das Kampfsportformat „Kampf der Nibelungen“, lässt jedoch die „Kommunistische Plattform“ außen vor. Man findet weder das „Schengener Informationssystem“ noch den Prümer Vertrag.

Mehrere Stichworte stechen heraus. Mit der facettenreichen „Organisierten Kriminalität (OK)“ beschäftigt sich Goertz auf acht Seiten. Als Quellen nutzt er unter anderem die gleichnamigen Bundeslagebilder des BKA aus den letzten Jahren. Er geht aber auch auf die Rahmenbedingungen für das weltweit wachsende Phänomen der OK ein, allem voran die oft fehlenden staatlichen Strukturen in den Ursprungsländern der Täter, in den „failing und failed states“.

Noch mehr Gewicht räumt der Autor dem „Antisemitismus“ ein. Eindrucksvoll weist er nach, dass es eine unzulässige Verkürzung wäre, diesen einzig als eine Erscheinung im rechten politischen Spektrum anzusehen. Antisemitismus gewinnt auch in linksextremistischen Gruppierungen und in extremen islamistischen Gruppen und Strömungen an Bedeutung. All dies stellt eine große Herausforderung für den demokratischen Rechtsstaat dar.

In der Summe ist das Lexikon sowohl als erste Orientierung hilfreich, seine Stärke liegt aber auch in der Aktualität der Quellen- und Literaturhinweise, wodurch es in der Aus- und Fortbildung in verschiedenen Berufen wohl bald ein hilfreiches Medium sein wird. An wenigen Stellen haben sich kleine Fehler eingeschlichen, so etwa, wenn in der Überschrift steht: „Spezialeinsatzkommando (SER)“ oder „Bundeskriminalamt (BRA)“. Kleinigkeiten, die in einer zweiten Auflage leicht zu korrigieren sind.

Dr. Reinhard Scholzen

 

Über den Autor
Dr. Reinhard Scholzen
Dr. Reinhard Scholzen
Dr. Reinhard Scholzen, M. A. wurde 1959 in Essen geboren. Nach Abitur und Wehrdienst studierte er Geschichte und Politikwissenschaft an der Universität Trier. Nach dem Magister Artium arbeitete er dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter und promovierte 1992. Anschließend absolvierte der Autor eine Ausbildung zum Public Relations (PR) Berater. Als Abschlussarbeit verfasste er eine Konzeption für die Öffentlichkeitsarbeit der GSG 9. Danach veröffentlichte er Aufsätze und Bücher über die innere und äußere Sicherheit sowie über Spezialeinheiten der Polizei und des Militärs: Unter anderem über die GSG 9, die Spezialeinsatzkommandos der Bundesländer und das Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr.
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