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KI
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"Wir müssen die Entscheidungshoheit der Menschen in den Mittelpunkt rücken"

Die Jahreskonferenz des interdisziplinären Forschungsverbunds Forum Privatheit beleuchtete Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz. Zentrales Anliegen dabei war, die Entwicklung von KI kritisch zu reflektieren, um sie sowohl zum Wohle des Individuums als auch der Gesellschaft zu gestalten.

Die Konferenz des Forschungsverbunds Forum Privatheit fand dieses Jahr am 18. und 19. November 2021 in Kooperation mit dem Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (HBDI) im klassizistischen Musiksaal des Wiesbadener Schlosses statt, der nach Ende des Zweiten Weltkriegs erster Tagungsort des hessischen Parlaments war. 

Der Hessische Landtag habe eine besondere Bedeutung für die Entwicklung des Datenschutzes, wie Landtagsvizepräsidentin Karin Müller in ihrer Begrüßung betonte. Hier wurde das erste Datenschutzgesetz der Welt beschlossen, das am 13. Oktober 1970 in Kraft trat. Datenschutz sei auch bei Entwicklung und Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) mitzudenken, denn einerseits könne KI die demokratische Willensbildung unterstützen, andererseits könnten KI-Assistenten Bürgerinnen und Bürger in ihren politischen Meinungen beeinflussen. Daher sei es gut, dass die Tagung Chancen und Risiken der KI für die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger und die Demokratie untersuche. 

Frau Professorin Ina Schieferdecker, Leiterin der Abteilung „Forschung für technologische Souveränität und Innovationen“ im Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstrich besonders die Bedeutung eines gesellschaftlichen Diskurses um neue Technologien wie KI: „Künstliche Intelligenz hat sich zu einer Schlüsseltechnologie unserer Zeit entwickelt. Umso wichtiger ist es, die weitere Entwicklung nicht unreflektiert zu gestalten. Wir müssen die Entscheidungshoheit der Menschen in den Mittelpunkt rücken und die weitere Entwicklung zielgerichtet an den gesellschaftlichen Bedarfen ausrichten.“

Automatische Gesichtserkennung birgt problematisches Überwachungspotenzial

Wie wichtig es ist, die Entscheidungshoheit des Menschen im Blick zu behalten, rückten gleich mehrere Vorträge in den Vordergrund. So schilderte Matthias Marx von der Universität Hamburg eindrücklich, wie er zunächst auf sein Foto in der Gesichtsdatenbank des amerikanischen Unternehmens „Clearview AI“ gestoßen sei und im Rahmen eines Auskunftsersuchens an das Unternehmen immer tieferen Einblick in dessen Praxis der Datensammlung und -auswertung bekommen habe. Wie bei einem Eisberg, dessen Spitze zwar erkennbar ist, aber dessen wahres Ausmaß sich nur erahnen lasse, sei er sich erst nach und nach über das verborgene Überwachungspotenzial der automatischen Gesichtserkennung und seiner gesellschaftlich problematischen Wirkung bewusst geworden.

Nikolaus Bauer vom Bayerischen Forschungsinstitut für Digitale Transformation (bidt) griff diese Beobachtung auf und machte deutlich, dass es sich bei der Gesichtserkennung, wie schon bei der Rasterfahndung und der Online-Durchsuchung, tatsächlich um eine Technologie mit einer erheblichen „Eingriffstiefe“ in die bürgerlichen Freiheiten handele, die vermutlich die verfassungsrechtlichen Grenzen überschreite. Er plädierte deshalb - bis zum Abschluss der gesellschaftlich notwendigen Diskussion - für ein Moratorium für den Einsatz biometrischer Gesichtserkennung in Deutschland.

-PM Forschungsverbunds Forum Privatheit-