Skip to main content

Raumfahrt für den täglichen Einsatz

Neue Anwendungen für Technologien und Strukturen aus der Raumfahrt: Gründerzentrum und Innovationsnetzwerk der Anwendungszentrum GmbH Oberpfaffenhofen (AZO)

Von Lena Klemm

Die Anwendungszentrum GmbH Oberpfaffenhofen (AZO) wurde 2001 vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und dem Bayerischen Wirtschaftsministerium am bekannten Luft- und Raumfahrtstandort Oberpfaffenhofen nahe München gegründet. Das Hauptziel des Unternehmens ist die Förderung von Innovation und Inkubation im Transfer von Raumfahrttechnologien und Raumfahrtinfrastrukturen in andere Anwendungsbereiche. Dieser Beitrag dient zur Vorstellung der Institution und der Darstellung der Ziele, die sich das Anwendungszentrum gesetzt hat.


Technologien aus den Forschungsprogrammen der Raumfahrt können in den unterschiedlichsten industriellen Anwendungsbereichen zum Einsatz gebracht werden: Im alltäglichen Leben ist der Einsatz von Satellitennavigation beispielsweise in Navigationsgeräten für PKW oder in der weltweiten Logistik über Land, auf dem Wasser oder in der Luft mittlerweile kaum noch wegzudenken. Neben der Ortung und Positionierung wächst auch die Bedeutung von Erderkundungssatelliten. Aber nicht nur für den Massenmarkt, sondern gerade auch für spezielle Anwendung im Rahmen der Polizeiarbeit haben die Technologien aus der Raumfahrt enormes Potenzial. Die Anwendungsmöglichkeiten für den Transfer von Raumfahrttechnologien in neue Einsatzgebiete reichen von Robotik, über Informations- und Kommunikationstechnologie, Ortung, Navigation & Identifikation, Aufklärung und Unterstützung bis hin zu Trainings- und Simulationstechnologien.

Das AZO hat sich seit seiner Gründung im Jahr 2001 zu einem führenden Knotenpunkt für Technologietransfer von Raumfahrttechnologien und „Entrepreneurship“ entwickelt. Um innovative Geschäftsideen und Unternehmerteams in den Bereichen Satellitennavigation und Erdbeobachtung aufzuspüren, hat das AZO neben dem bereits etablierten European Satellite Navigation Competition (ESNC), 2011 erstmals auch den neuen European Earth Monitoring Competition (GMES Masters) realisiert. Beide Wettbewerbe richten sich an Firmen, Unternehmer, Forschungseinrichtungen, Hochschulen und Privatpersonen. Die aus den beiden Wettbewerben hervorgehenden Firmen können im weiteren Verlauf in das Inkubationsprogramm des ESA BIC Bavaria aufgenommen werden. Das ESA BIC wurde am 3. August 2009 unter dem Namen ESA BIC Oberpfaffenhofen eröffnet und wird seither vom AZO betrieben. Aufgrund der großen Nachfrage von Firmengründern wurde das ESA BIC 2011 um zwei Standorte, Nürnberg und Berchtesgadener Land, erweitert. Die drei Initiativen des AZO ergänzen sich hervorragend, indem Start-up-Firmen von der Ideenfindung bis hin zum Markteintritt gefördert werden.

 

Unicorn


Innovationswettbewerbe als Generator für neue Einsatzfelder von Raumfahrttechnologien

Mit dem European Satellite Navigation Competition (ESNC) hat das AZO eine internationale Plattform aufgebaut, um neue Geschäftsideen und Unternehmerteams aufzuspüren. Mit der Einbindung in ein europaweit einmaliges Kompetenz- und Know-How-Netzwerk, das mehr als 180 Experten aus Industrie und Forschung verknüpft, ist das AZO in der Lage, vorgelegte Geschäftspläne ebenso rasch wie sachkundig zu evaluieren und neue Produkte oder Dienstleistungen hinsichtlich ihres Marktpotenzials einzuschätzen.

Seit seiner Gründung im Jahr 2004 wird der ESNC jährlich ausgetragen und hat sich mittlerweile zum führenden Innovationsnetzwerk im Bereich Satellitennavigation entwickelt. Angefangen mit drei Partnerregionen, stehen den Teilnehmern heute mehr als 20 regionale Partner bei der Umsetzung ihrer Ideen zur Seite. Zusätzlich wurde mit dem Jahr 2007 die Kategorie der Spezialpreise eingeführt. Die Spezialpreise des ESNC sind eine Möglichkeit für Unternehmen und Forschungsinstitute, durch sogenannte „open innovation“ ganz gezielt innovative Lösungen und Ideen zu generieren. Unter „open innovation“ versteht man gemeinhin, dass Innovation nicht mehr ausschließlich innerhalb der unternehmenseigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen stattfindet, sondern für externe Beiträge geöffnet wird.

Das Konzept der Spezialpreise hat sich als sehr erfolgreich erwiesen, so reichen im Schnitt knapp 90% der Teilnehmer ihre Idee zusätzlich zum obligatorischen Regionalpreis auch für einen der Spezialpreise ein. Ziel des ESNC ist es Ideen zu generieren, aber mehr noch, diese in Form von Firmengründungen und Produktentwicklungen auch in die Praxis umzusetzen. Die enge Zusammenarbeit mit Partnern und Experten aus Industrie und Forschung ist grundlegend für den Erfolg des ESNC. So wurden seit 2004 mehr als 2.000 Anwendungsideen eingereicht, 1/3 der bisherigen Gewinner hat als Folge des ESNC eine Firma gegründet, und 78% der Ideen wurden mittlerweile umgesetzt oder befinden sich noch in Entwicklung. In jeder der Partnerregionen sowie in jeder Spezialpreiskategorie wird ein Gewinner gekürt. Aus diesen wird dann der Gesamtgewinner – der Galileo Master ausgewählt. Die Jury besteht insgesamt aus über 180 Experten aus Industrie und Forschung. Neben Geldpreisen erhalten die Gewinner vor allem auch technische und betriebswirtschaftliche Unterstützung bei der Realisierung ihrer Ideen in Form von Business Inkubation (Gründerunterstützung), Coaching, Patentberatung, Unterstützung bei der Entwicklung von Prototypen, Zugang zu Testeinrichtungen, Marketingunterstützung, sowie Zugang zu Kunden und Anwenderkreisen. Die eingereichten Ideen werden in sechs Anwendungsbereiche Smart Moving, Sicherheitsrelevante Anwendungen, Öffentliche & Soziale Dienste, Mobile Location Based Services (LBS), Industrierelevante Anwendungen und Hochpräzise Anwendungen unterteilt.

Neben dem bereits etablierten ESNC richtet das AZO seit 2011 auch den neuen European Earth Monitoring Competition (GMES Masters) aus. Der Wettbewerb zeichnet jährlich die besten Ideen, Anwendungen und Dienstleistungen aus, die auf den Fokusthemen des Europäischen Erdbeobachtungsprogrammes GMES (Global Monitoring for Environment and Security) – Land, Ozean, Luftqualität, Katastrophenhilfe und Klimawandel – basieren. Studenten, Unternehmer, Entwickler und KMUs sind dazu aufgerufen, marktorientierte Anwendungen zu entwickeln, welche GMES-Daten auf neue Art und Weise nutzen. Im zweiten Jahr wurden Preise in sieben Kategorien ausgeschrieben. Wie beim ESNC, erhalten auch die Gewinner des GMES Masters von den Partnern Unterstützung dabei, die prämierten Ideen zur Marktreife weiterzuentwickeln. In der ersten Austragungsrunde des Wettbewerbs wurden fünf Gewinnerideen ausgezeichnet: Ein ambitioniertes Projekt, das Satellitenbilder nutzt und Bürger weltweit zum Schutz der Regenwälder einbezieht; eine Smartphone App zur Anzeige von Wasserqualität in Echtzeit; ein Projekt zur Nutzung von Erdbeobachtungsdaten um Umwelteinflüsse im Zusammenhang mit Kühlwasser-Ableitungen von Wärmekraftwerken präzise zu kontrollieren; ein Projekt, das den weltweit ersten, kontinuierlichen, High-Definition (HD) Video-Stream der Erde aus dem All generiert; sowie ein Service, der Satellitendaten von weltweiten Katastrophenvorfällen innerhalb von nur zwei Minuten nach Empfang verfügbar macht.


Technologiegründerzentrum ESA Business Incubation Centre (BIC) Bavaria

Das Hauptziel des ESA BIC’s ist es, Technologien und Methoden aus der Raumfahrt in andere Wirtschaftsbereiche zu transferieren und somit die Wettbewerbsfähigkeit des High-Tech-Standorts Deutschland zu stärken und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Gerade KMU’s und Start-up-Firmen schaffen durch Innovationsstärke und Wirtschaftskraft enormes Potenzial für den Technologietransfer. Deshalb ermutigt das ESA BIC Bavaria Unternehmer und Gründer aus Forschungseinrichtungen und Unternehmen sowie aus Raumfahrt- und Nicht-Raumfahrt-Unternehmen zur Firmengründung an einem der drei Standorte, Oberpfaffenhofen, Nürnberg und Berchtesgadener Land. Je nach Standort werden die Start-up-Firmen von den lokalen Partnern technologisch wie den Instituten und Experten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen, dem Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) in Nürnberg, oder der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Berchtesgadener Land unterstützt. Finanzielle Unterstützung erhalten die Firmen vom Bayerischen Wirtschaftsministerium und der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA). Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, ein Darlehen von der jeweiligen lokalen Sparkasse oder Kreissparkasse zu erhalten. Darüber hinaus profitieren die Unternehmen von individuellen Coaching-Leistungen und umfassender Infrastruktur im Gründerzentrum.

Seit der Gründung 2009 hat das ESA BIC Bavaria 32 Firmen erfolgreich hervorgebracht. Die Branchen umfassen so unterschiedliche Bereiche wie Transportwesen (Straße, Wasser, Luft), Sport, Erdbeobachtung, Energie, Robotik, Mechatronik, Satellitenkommunikation, Materialien, Agrarwirtschaft, Satellitennavigation – und mobile Services und mehr.

Viele der verwendeten Raumfahrttechnologien eignen sich hervorragend für technische, logistische und prozedurale Unterstützung bei der Planung, Durchführung und Auswertung von Einsätzen. Für weitere Informationen können Sie gerne das Projektmanagement des ESA BIC Bavaria kontaktieren: Dr. Christin Bindl, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

 

nach oben