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Tägliche Praxis auf See: Zusammenwirken von Schiffen und Helikoptern der Bundespolizei.

Die Bundespolizei See

Eine wichtige Akteurin bei der Bekämpfung der Piraterie

Von Bodo Kaping, Leiter der Bundespolizei See

Seit über fünf Jahren stellt das Phänomen der Piraterie im Seegebiet rund um das Horn von Afrika eine akute Bedrohung für einen der bedeutendsten Seehandelswege zwischen Europa und Asien dar. Durch das entschlossene, aufeinander abgestimmte und gemeinsame Handeln von Reedereien, Schiffsbesatzungen, Streitkräften und Sicherheitsbehörden hat sich die Lage am Horn von Afrika seit Mitte 2011 entspannt. Die Bundespolizei hat dazu im Rahmen ihren gesetzlich zugewiesenen Aufgaben einen Beitrag geleistet.

 

Die Bundespolizei untersteht dem Bundesministerium des Innern. Im Sicherheitssystem der Bundesrepublik Deutschland leistet sie, mit rund 40.000 Beschäftigten, von denen mehr als 32.000 Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte sind, einen wichtigen Beitrag für den Erhalt der inneren Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland und in Europa. Die Bundespolizei ist bundesweit disloziert und nimmt umfangreiche und vielfältige polizeiliche Aufgaben wahr. Dazu gehören auch maritime Aufgaben auf Nord- und Ostsee sowie auf Hoher See. Die Bundespolizei verfügt insbesondere bei der GSG 9 und der Fliegerstaffel in Fuhlendorf sowie bei der Bundespolizei See über vielfältige maritime Fähigkeiten und Kompetenzen.

Kontrolle eines Schiffes auf See; an Bord gehen über eine Lotsenleiter.Die Fähigkeiten und Kompetenzen für Maßnahmen zur Gewährleistung der Maritimen Sicherheit sind in den vergangenen Jahren auch im Bereich der Bekämpfung der Piraterie, in enger Abstimmung und Kooperation mit anderen nationalen und internationalen Sicherheitspartnern, kontinuierlich erweitert, vervollkommnet und der Lageentwicklung angepasst worden.


Bundespolizei See – Organisation und Ausstattung

Seit der Aufstellung, vor nunmehr fast 50 Jahren, hat sich die Bundespolizei See zu einer modernen Polizeiorganisation entwickelt; sie ist integraler Bestandteil der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt. Diese ist eine von bundesweit acht Flächendirektionen der Bundespolizei, die neben der Bundespolizeidirektion Flughafen Frankfurt/Main und der Bundespolizeidirektion Bereitschaftspolizei dem Bundespolizeipräsidium in Potsdam unterstehen. Sie ist die einzige Bundespolizeidirektion mit maritimen Aufgaben.

Der örtliche Zuständigkeitsbereich der unteren Bundesbehörde erstreckt sich auf die Bundesländer Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Darüber hinaus ist die Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt zuständig im gesamten deutschen Küstenmeer für ca. 300 km Seegrenze / ca. 1760 km Küstenlinie in der Nordsee und ca. 400 km Seegrenze / knapp 1500 km Küstenlinie in der Ostsee sowie in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone.   

Sämtliche für den maritimen Einsatz erforderlichen grundsätzlichen, taktischen, logistischen und technischen Fragestellungen werden im Direktionsbereich See mit Sitz in Neustadt in Ostholstein  bearbeitet. Der Direktionsbereich See fungiert somit als Stab für die Bundespolizei See. Zum Direktionsbereich See gehört auch ein Bereich Auswertung und Analyse. Dort werden regelmäßig das Lagebild Piraterie und, für das Bundeskriminalamt, Beiträge zum Lagebild Seesicherheit erstellt.

Zur Durchführung komplizierter und umfangreicher Ermittlungen auf See, zur Seeunfalluntersuchung und für Ermittlungen in Pirateriefällen wurde in Neustadt eine Maritime Ermittlungs- und Fahndungseinheit eingerichtet, der auch Polizeitaucher angehören. Angehörige dieser Einheit  sind bei allen Seeüberwachungsflügen als Ermittlungsbeamte mit an Bord der Hubschrauber der Bundespolizeifliegerstaffel Fuhlendorf, um insbesondere bei Umweltverschmutzungen vor den deutschen Küsten unverzüglich mit den Ermittlungen beginnen zu können.
Der auf den maritimen Bedarf ausgerichtete Polizeiärztliche Dienst und das Maritime Schulungs- und Trainingszentrum befinden sich ebenfalls in Neustadt.

Ausbildung mit Kontrollboot.Im Maritimen Schulungs- und Trainingszentrum werden die Besatzungen der Schiffe und – boote von  Bundespolizei und Zoll in den erforderlichen Spezialrichtungen aus- und fortgebildet. Außerdem wird diese Einrichtung zunehmend auch von anderen Behörden mit maritimen Aufgaben, aus dem In- und Ausland, nachgefragt. Vorteilhaft ist dabei, dass in Neustadt eine sehr praxisnahe Aus- und Fortbildung angeboten werden kann.

Die operativen Aufgaben werden durch die drei Bundespolizeiinspektionen See in Cuxhaven, Neustadt und Warnemünde wahrgenommen. Neben einer Führungsgruppe bestehen diese Inspektionen aus jeweils acht Besatzungen; sie verfügen über je zwei moderne und vielfältig einsetzbare Einsatzschiffe. Die Schiffe sind mit ihren  Besatzungen an 365 Tagen rund um die Uhr vor den deutschen Küsten in Nord- und Ostsee präsent. Unterstützt werden sie dabei durch täglich stattfindende Überwachungsflüge der navalisierten Hubschrauber vom Typ AS 322 L und einem Superpuma  bzw. EC 155 der Bundespolizeifliegerstaffel Fuhlendorf.
Die Inspektionen in Neustadt und Warnemünde verfügen außerdem über zwei bzw. drei Kontroll- und Streifenboote, die zur „Verdichtung“ der grenzpolizeilichen Überwachung im küstennahen Bereich und zur Kontrolle in den Häfen eingesetzt werden.

Die Bundespolizei See ist bereits Ende der 80er Jahre dazu übergegangen, pro Schiff / Boot mehrere Besatzungen vorzuhalten, um für diese teuren Einsatzmittel  eine hohe Auslastung auf See zu erzielen. Seit zwei Jahren werden zunehmend auf allen Schiffen und Booten von Bundespolizei und Zoll gemischte Besatzungen aus Angehörigen beider Behörden eingesetzt. Dies schont die Ressourcen und steigert die Effizienz des Seeeinsatzes.

Der Einsatz vor den deutschen Küsten erfolgt in enger Abstimmung mit den anderen im Seebereich zuständigen und handelnden Behörden und wird durch das Gemeinsame Lagezentrum (GLZ) in Cuxhaven koordiniert. Im Gemeinsamen Lagezentrum, dem Herzstück des Maritimen Sicherheitszentrums (MSZ), arbeiten seit dem 01. Januar 2007 die Vertreter der Bundes- und Landesbehörden mit maritimen Aufgaben zusammen. Über die Leitstelle der Bundespolizei im GLZ werden die Schiffe und Boote der Bundespolizei in Nord- und Ostsee geführt.


Bundespolizei See  -  Aufgaben und Zuständigkeiten

Die Überwachung der Grenzen auf See ist originäre Aufgabe der Bundespolizei See. Die maritimen Grenzen der Bundesrepublik Deutschland in Nord- und Ostsee sind sogenannte Schengenaußengrenzen. Somit haben die Maßnahmen zur Kontrolle und Überwachung des grenzüberschreitenden Verkehrs an den Seegrenzen den Bestimmungen des Schengener Grenzkodex zu entsprechen.

Die Kontrolle des Non–Schengenverkehrs findet grundsätzlich in den als Grenzübergangsstelle zugelassenen Häfen statt und erfolgt in den fünf norddeutschen Küstenländern sowohl durch die Bundespolizei als auch, auf Grundlage von Vereinbarungen, durch die Wasserschutzpolizei (Hamburg) und den Zoll.

Rückkehr eines Kontrollbootes zum Einsatzschiff BP25 Bayreuth.Neben den grenzpolizeilichen Aufgaben nimmt die Bundespolizei See noch weitere originäre und übertragene Aufgaben wahr. Seewärts der Begrenzung des Küstenmeeres ist die Bundespolizei See auf Grundlage des Bundespolizeigesetzes und weiterer Spezialgesetze zuständige Allgemeinpolizei und nimmt schifffahrtspolizeiliche Vollzugsaufgaben, in Mandatsverwaltung für die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, wahr. Zur Bekämpfung der Umweltkriminalität obliegt der Bundespolizei See außerhalb des deutschen Küstenmeeres die Verhinderung von schädlichen Umwelteinwirkungen sowie auf der Grundlage des Seeaufgabengesetzes die Verfolgung von Straftaten gegen die Umwelt durch deutsche und fremdflaggige Schiffe. Auf dem Gebiet der Fischereiüberwachung außerhalb des Küstenmeeres unterstützt die Bundespolizei See auf der Basis einer Ressort-Vereinbarung die Überwachungskräfte der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. Die Bundespolizei See führt auf hoher See im Auftrag der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung Ermittlungen nach dem Seesicherheits-Untersuchungs-Gesetz durch und unterstützt die Bundeszollverwaltung auf der Grundlage des Zollverwaltungsgesetzes bei der Überwachung des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs. Weiterhin leistet die Bundespolizei See Amtshilfe bzw. unterstützt die Polizeien der Länder bei deren Aufgabenerfüllung.

Die Bundespolizei See ist auf See außerhalb des deutschen Küstenmeeres auch befugt, Vollzugsmaßnahmen zur Durchsetzung völkerrechtlicher Befugnisse zu treffen. Hierzu zählen vor allem polizeiliche Befugnisse zur Verfolgung von Straftaten auf Schiffen unter deutscher Flagge oder zur Verfolgung anderer Taten, wie z.B der Piraterie.


Piraterielage am Horn von Afrika

Im Kern ist Piraterie die Gewalt, die außerhalb von Hoheitsgewässern von Personen an Bord eines privaten Schiffes gegen ein anderes Schiff, gegen seine Ladung oder seine Besatzung und Passagiere ausgeht und privaten Zwecken dient.
Notfalltraining im Maritimen Schulungs- und Trainingszentrum. Die Seefahrt sieht sich in den letzten Jahren verstärkt Gefahren ausgesetzt, deren Ursachen in sozialen Problemfeldern oder politischen Konflikten begründet liegen. Dazu zählt insbesondere die wachsende Problematik der modernen Piraterie, die in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen die Schifffahrt erheblich gefährdet.

Deutschland als Exportnation und Betreiber der drittgrößten Handelsflotte sowie der größten Containerflotte der Welt, ist wesentlich auf den Handel über See angewiesen. Sichere Seewege für den nationalen und internationalen Seehandel sind dafür unverzichtbar. Schiffe deutscher Reedereien transportieren Waren und Passagiere auf den Meeren der Welt, deutsche und ausländische Crewmitglieder sind auf Schiffen unter deutscher und fremder Flagge weltweit unterwegs.

Bei Piratenüberfällen besteht stets das Risiko, dass Besatzungsmitglieder und Passagiere verletzt, entführt oder getötet werden. Darüber hinaus resultieren aus der Piraterie und ihren Folgeerscheinungen Jahr für Jahr große wirtschaftliche Schäden für die maritime Wirtschaft der seefahrenden Nationen sowie aufgrund des betroffenen Handels für die internationalen Volkswirtschaften insgesamt.

Die Maritime Eingreifgruppe im Einsatz.Piraterie ist zudem kein lokales, sondern ein weltweites Phänomen. Dabei haben sich als Schwerpunkt der expandierenden Piraterie-Aktivitäten am Horn von Afrika der Golf von Aden, die Arabische See sowie die Gewässer des Indischen Ozeans herauskristallisiert. Doch auch die Gewässer vor Westafrika, hauptsächlich der Golf von Guinea, entwickeln sich zunehmend zum Brennpunkt.
Im Jahre 2011 wurden weltweit 439 Attacken durchgeführt, davon allein 236 vor der Küste Somalias. Insgesamt wurden 176 Schiffe geentert, 45 Schiffe entführt und 802 Geiseln genommen. Allein 64 Überfälle gab es auf Schiffe im Besitz deutscher Reeder. Die Kosten der weltweiten Pirateriebekämpfung werden für 2011 auf immerhin knapp sieben Milliarden USD geschätzt.

Seit Mitte 2011 kann für die Seegebiete am Horn von Afrika ein deutlicher Rückgang der Vorfälle bilanziert werden. Im Jahr 2012 wurde in 78 Fällen versucht, Schiffe zu kapern. Beamter der Maritimen Eingreifgruppe im Kontrollboot.Dabei wurden sieben Handelsschiffe und 25 Schiffe der regionalen Schifffahrt, sogenannte Dhaus, durch die Piraten entführt und die Besatzungen als Geiseln genommen. Derzeit befinden sich immer noch mehr als 100 Seeleute in der Gewalt der Piraten. Als äußerst positiv ist zu vermerken, dass Schiffe unter deutscher Flagge und von deutschen Reedereien betriebene Schiffe seit 2011 nicht mehr Opfer von Piratenattacken geworden sind.  Sämtliche Angriffe konnten erfolgreich durch die Besatzungen, oft auch mit Hilfe von an Bord befindlichen bewaffneten Sicherheitskräften, abgewehrt werden.

Die deutlich ausgeweiteten  Selbstschutzmaßnahmen der Schifffahrt und die vor Ort befindlichen internationalen Marineeinheiten sind die entscheidenden Faktoren  hinsichtlich der zurückgehenden Aktivitäten der somalischen Piraten im Seegebiet rund um das Horn von Afrika. Die Praxis zeigt, dass in allen Fällen, in denen Piraten aktiver Widerstand entgegengesetzt wurde, diese von ihrem Vorhaben abließen.


Pirateriebekämpfung durch die Bundespolizei

In den letzten Jahren wurden in der Bundesrepublik Deutschland vielfältige und umfangreiche Anstrengungen unternommen, um den negativen Auswirkungen der Piraterie entgegenzuwirken. Die dabei erzielten Erfolge sind beachtlich. Es ist ein belastbares, wirksames und handlungsfähiges Netzwerk von verschiedensten Akteuren entstanden. Funkausbildung beim Maritimen Schulungs- und Trainingszentrum.Staatliche Stellen arbeiten dabei abgestimmt, arbeitsteilig und vertrauensvoll mit Verbänden, Versicherern und der Maritimen Wirtschaft zusammen. Das Auswärtige Amt, die Deutsche Marine, das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, das Bundeskriminalamt und der Verband Deutscher Reeder sind nur einige der handelnden Institutionen. Selbstverständlich ist auch die Bundespolizei ein Partner in diesem Netzwerk. Zunehmend werden auch Unternehmen der Sicherheitswirtschaft in diesem Netzwerk ihren Platz ein- und Verantwortung übernehmen.

Die Bundespolizei verfolgt einen integrativen Bekämpfungsansatz der Piraterie. So sind die wesentlichen Ressourcen für die  Prävention, die Lagebeobachtung und -auswertung sowie für die  Repression organisatorisch im Direktionsbereich See der  Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt konzentriert. Dadurch werden Schnittstellen und  Informationsverluste vermieden. Bei Bedarf stehen die erforderlichen maritimen, einsatztaktischen und kriminalistischen Kompetenzen schnell, umfassend und ausdauernd zur Verfügung. Ermittlungen im Zusammenhang mit Piraterievorfällen werden durch die spezialisierten Ermittlungsbeamten der Maritimen
Ermittlungs- und Fahndungsgruppe (MEFG) geführt. Bei Erforderlichkeit können dabei auch Kräfte und Mittel anderer Bereiche der Bundespolizei genutzt werden.

Die Präventionsarbeit wird im Piraterie-Präventionszentrum (PPZ) der Bundespolizei geleistet und koordiniert. Das PPZ wurde 1. Februar 2010 in Neustadt in Holstein eingerichtet und in Deutschland federführend mit der Koordinierung kriminalpräventiver Maßnahmen im Phänomenbereich Piraterie beauftragt. Neben der Gewährleistung einer kontinuierlichen fachlichen Präsenz und der Durchführung von Workshops für  Company Security Officer (CSO) für deutsche Reedereien, richtet sich der Fokus der Arbeit des Piraterie-Präventionszentrums insbesondere auf die Koordinierung des Zusammenwirkens verschiedener Stellen, die Zusammenführung, Aufbereitung und zielgerichtete Steuerung aktueller Ereignisse im Phänomenbereich Piraterie, die Gewährleistung einer kontinuierlichen Ansprechbarkeit für die maritime Wirtschaft, Behörden und Organisationen sowie die Optimierung bisheriger Verfahrensweisen und  Entwicklung neuer kriminal-präventiver Ansätze.

Seit 2010 wurden bereits 18 Workshops für die private maritime Wirtschaft im PPZ durchgeführt. Dies ist auch ein Beleg für das anhaltend hohe Interesse und die positive Resonanz der deutschen Reedereien. Die vermittelten Inhalte haben in den vergangenen Jahren zu einer größeren Sensibilisierung und zunehmenden Akzeptanz zur Durchführung von, durchaus kostenintensiven, Selbstschutzmaßnahmen auf den Schiffen der deutschen Reedereien  beigetragen.

Vorführung von passiven Abwehrmöglichkeiten auf Schiffen für CSO deutscher Reedereien.Die Workshops beinhalten einen ganzheitlichen, aus einer Kombination von Theorie und Praxis bestehenden, Ansatz. So wird insbesondere die aktuellste Version der von der International Maritime Organization  (IMO) herausgegebenen Handlungsempfehlungen zum Schutz vor Piraterie, die sogenannten „Best Management Practices for the Protection of Seafarers from Somali Based Piracy“ (BMP) vermittelt. Simulation eines Piratenangriffes – Enterversuch mithilfe einer Leiter. Alle Fotos: BundespolizeiDies geschieht durch Vorträge und Präsentationen. Einen breiten Raum nehmen die praktischen Vorführungen und Simulationen von Selbstschutzmaßnahmen für Schiffe und deren Besatzungen ein. Diese werden, unter Nutzung der Schiffe, Boote und Boardingteams  der Bundespolizei See sowie unter Einbeziehung der teilnehmenden CSO, sehr realitäts- und  hautnah getestet.

Das Piraterie-Präventionszentrum bietet neben Reedereien auch international fahrenden Freizeitskippern verschiedene Beratungsmöglichkeiten. Im Einzelnen zählen dazu individuelle Beratungen für Reedereien,  telefonische Beratungen im Nachgang zu Individualberatungen, Risikoanalysen bei Passagen durch Hoch-Risiko-Gebiete und auch Vorträge zur Piraterie. Sämtliche Angebote des Piraterie-Präventionszentrums sind selbstverständlich kostenfrei.
Seit November 2012 wird durch das Piraterie-Präventionszentrum, als weiterer Service für die private Wirtschaft, die Web-basierte „INFO-Plattform

Piraterieprävention“ betrieben. Hier haben Unternehmen u.a. die Möglichkeit, nach erfolgter Anmeldung beim und Freigabe durch das PPZ, sich aktuell über diese Thematik zu informieren und in geschützten Fachforen auszutauschen. Dieses Angebot ist auch deshalb interessant, weil neben der Bundespolizei auch andere Behörden und staatliche Stellen hier Informationen einspeisen. Außer für Reedereien ist dieses Angebot sicher auch zunehmend für Unternehmen der privaten Sicherheitswirtschaft von Interesse.  


Rolle der Bundespolizei im Zulassungsverfahren für Bewachungsunternehmen

Der Einsatz privater bewaffneter Sicherheitsdienste auf Seeschiffen zum Schutz vor Piratenangriffen hat seit Mitte 2011 sprunghaft zugenommen. Den Piraten ist es bisher nicht gelungen ein Schiff zu entern oder gar zu entführen, welches bewaffnete Sicherheitskräfte an Bord hatte. Auch die befürchtete Eskalation der Gewalt und die Aushöhlung der Gesamtverantwortlichkeit der Kapitäne sind bislang ausgeblieben. Somit stellen private bewaffnete Sicherheitsteams, auch nach Einschätzung der IMO, eine wirksame Option für den Schutz der Schiffe vor Piraterie dar.

Auf Handelsschiffen deutscher Reedereien ist derzeit der  Einsatz privater bewaffneter Sicherheitskräfte, bei Beachtung der Vorgaben des Gewerbe- und Waffenrechts, zulässig. Dabei beschränken sich die Handlungsbefugnisse der privaten Sicherheitskräfte auf die Jedermannsrechte wie Notwehr, Notstand oder Selbsthilferechte.
International und national werden seit geraumer Zeit Anstrengungen unternommen um Empfehlungen und Leitlinien, sowie rechtliche Rahmenbedingungen für den Einsatz von privaten bewaffneten Sicherheitsdiensten zu erarbeiten.

 

Kötter Security

 

In Deutschland wird  dazu gegenwärtig das geltende Gewerberecht auf maritime Bewachungsdienstleistungen ausgerichtet. Es wird ein Verfahren für die Zulassung von Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen nach dem neuen § 31 Absatz 4 Satz 1 der Gewerbeordnung eingeführt. In diesem Verfahren wird das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) im Benehmen mit der Bundespolizei Zulassungen für Bewachungsaufgaben auf Seeschiffen an Antragstellende Unternehmen erteilen.
Nach derzeitigem Stand ist beabsichtigt, die  bundespolizeilichen Prüfanteile durch den Direktionsbereich See der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt ausführen zu lassen. Somit würde dort, neben den Ressourcen für die  Prävention, die Lagebeobachtung und -auswertung sowie für die  Repression, eine weitere Komponente konzentriert. Die erforderlichen fachlichen, materiellen und personellen Ressourcen könnten so mit den bereits vorhandenen maritimen, einsatztaktischen und kriminalistischen Kompetenzen und Gegebenheiten verknüpft werden.

Die Bundespolizei wird, ebenso wie die Hamburger Waffenbehörde und das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, in dem Zulassungsverfahren Verantwortung übernehmen und dabei insbesondere die maritime Kompetenz der Unternehmen zu prüfen haben. Dies schließt eine maritime Sachkundeprüfung ein, bei der die Sicherheitsunternehmen ihre nautischen und seemännischen Grundkenntnisse, sowie die Kenntnisse in Bezug auf Schiff und Ausrüstung unter Beweis stellen müssen. Des Weiteren müssen die Sicherheitsunternehmen u.a. über folgende Kompetenzen verfügen:

  • Kenntnisse über Best Management Practices (BMP)
  • Planung und Durchführung von Einsätzen auf See
  • Führungs- und Managementkenntnisse
  • Kenntnis der aktuellen Piraterielage
  • Kenntnisse zu betrieblichen Verfahrensabläufen
  • Ausstattung und Bewaffnung der Teams

Die Prüfung durch die Bundespolizei soll auf Grundlage einer reinen Aktenprüfung, firmenbezogen durchgeführt werden. Kontrollaudits bei den Sicherheitsunternehmen und auf den Schiffen sind nicht vorgesehen.
Nach Abschluss der Prüfung durch die Bundespolizei erfolgt eine Empfehlung an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle Dieses entscheidet dann über die Zulassung oder die Ablehnung des Sicherheitsunternehmens.
Parallel zur Einführung des Zulassungsverfahrens für private bewaffnete Sicherheitsteams an Bord von deutschen Schiffen ist eine Änderung der Seeeigensicherungsverordnung beabsichtigt. Demnach sollen Reeder verpflichtet werden, sofern sie private Sicherheitskräfte an Bord eines deutschflaggigen Schiffes einsetzen, in einem Zusatz zu dem beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie  einzureichenden Gefahrenabwehrplan anzugeben, dass nur vom BAFA zugelassene Unternehmen zum Einsatz kommen.
Die neuen gesetzlichen Regelungen sollen voraussichtlich Mitte 2013 in Kraft treten.

 

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Fazit

Durch das entschlossene, abgestimmte und gemeinsame Handeln von Reedereien, Schiffsbesatzungen, Streitkräften und Sicherheitsbehörden ist es seit Mitte 2011 gelungen, die Anzahl der Entführungen von Handelsschiffen am Horn von Afrika zu reduzieren. Der zunehmende Einsatz von privaten bewaffneten Sicherheitsteams an Bord von Handelsschiffen hat sich insgesamt positiv dabei ausgewirkt und bisher nicht zu der befürchteten Eskalation von Gewalt geführt. Trotzdem bleibt die von Piraten ausgehende Gefahr latent und in den unternommenen Anstrengungen darf nicht nachgelassen werden.

Die zur Bekämpfung der Piraterie entstandenen nationalen und internationalen Netzwerke haben sich zunehmend bewährt. Die Einbeziehung von privaten Unternehmen hat sich dabei als vorteilhaft erwiesen. Grundvoraussetzung dafür ist eine klare Rollen- und Auftragsverteilung bei gleichzeitiger Bereitschaft zur vertrauensvollen Zusammenarbeit. In dem Spannungsfeld zwischen staatlichem und privatem handeln gilt es, gemeinsam innovative Wege zu beschreiten, um der Bedrohung auf See erfolgreich begegnen zu können.

Die Bundespolizei verfügt über umfangreiche Kompetenzen und Ressourcen zur Bekämpfung der Piraterie und wird auch weiterhin als zuverlässiger Akteur und Partner zur Verfügung stehen.

 

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