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Das Dilemma der Einsatzkräfte

Von Werner Sabitzer

Österreichs bekanntester Waffenexperte Ingo Wieser und die Psychologin Eva Schrank schildern in einem Buch, wie sich „First Responder“ auf den Einsatz nach einem katastrophalen Terroranschlag vorbereiten können.

Die ersten Helfer, die nach einem katastrophalen Terroranschlag am Tatort eintreffen, sind Einsatzkräfte der Rettung, Feuerwehr und Polizei. Diese „First Responder“ finden sich in einem rauchenden Trümmerfeld wieder, Leichenteile liegen herum, Schwerverletzte wimmern oder schreien und es riecht nach verbranntem Fleisch. Das bedeutet eine enorme Belastung für die Psyche der Einsatzkräfte.

Die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA mit fast 3.000 Todesopfern sowie die Bombenanschläge auf einen Zug am 11. März 2004 in Madrid mit 191 Toten und über 2.000 Verletzten haben gezeigt, dass es vielen Terroristen darum geht, eine möglichst große Zahl von Menschen zu töten und katastrophale Zerstörungen der Infrastruktur anzurichten.
Der Katastrophenterrorismus werde das künftige Terrorgeschehen repräsentieren, sagt Dr. Ingo Wieser, MSc, Österreichs bekanntester Experte für das Waffen-, Schieß- und Sprengmittelwesen sowie gerichtlich beeideter Sachverständiger auf diesen Gebieten. „Die Frage lautet nicht, ob ein Akt des Katastrophenterrorismus auch bei uns stattfindet, sondern wann!“, betont Wieser. Ein absoluter Schutz vor Terror ist nicht möglich; die Gesellschaft habe nur begrenzte Mittel zur Verfügung.


Das Trauma der Einsatzkräfte

Eva Schrank, Ingo Wieser: Terror. Das Trauma der EinsatzkräfteWelche Gefahren der Gesellschaft durch Katastrophenterrorismus drohen, schildern Ingo Wieser und seine Frau Dr. Eva Schrank in ihrem Buch „Terror. Das Trauma der Einsatzkräfte“ - Das Buch richtet sich an alle, die sich mit der Terrorismusbekämpfung und der Ausbildung von Einsatzkräften beschäftigen.

Das Autorenduo gibt einen Überblick über die historische Entwicklung des Terrorismus und beschreibt die verschiedenen Arten der Bedrohungen und die Folgen von Anschlägen. Weltweit seien ca. 290 Gruppierungen in terroristische Aktivitäten involviert. Die Drahtzieher des Katastrophenterrorismus hätten die Kapazität, transnationale Terrorangriffe durchzuführen – mit schwerwiegenden Folgen wie einige Tausend Tote und großen Zerstörungen, etwa der kritischen Infrastruktur wie Energieversorgung, Nahrungsmittelproduktion sowie Transport- und Kommunikationseinrichtungen. Mit Massenvernichtungswaffen könnten Terroristen große Gebiete radiologisch, chemisch und biologisch kontaminieren. Die Auswirkungen könnten mehrere Staaten betreffen, etwa durch radioaktiven Niederschlag. Die medizinischen Einrichtungen seien für die Auswirkungen des Katastrophenterrorismus nicht bzw. nicht ausreichend vorbereitet. Panik und ziviler Ungehorsam seien weitere Folgen. Zu den großen Schäden kämen indirekte Kosten, etwa durch die Gefährdung von Arbeitsplätzen, Flugverboten, Wohlstandsminderung und erhöhten Kosten für die Sicherheit. Ein Kapitel widmet sich den Verletzungsmustern durch Schusswaffen und Sprengmittel.

Eva Schrank und Ingo Wieser erläutern ausführlich, wie moderne Methoden der Psychologie dazu beitragen, dass Einsatzkräfte Traumata bewältigen können, die mit dem Einsatz nach einem Terroranschlag potenziell verbunden sind. Behandelt werden die Felder Trauma, posttraumatisches Belastungssyndrom (PTBS) und traumatischer Stress, Resilienz und Persönlichkeitsfaktoren sowie die psychischen und physischen Anforderungen an „First Responder“. „Die Einsatzkräfte sind für diese Aufgaben ungenügend vorbereitet“, erläutert Wieser. „Sie haben unterschiedliche Aufgaben, eine unterschiedliche Ausbildung, aber sie sind alle mit denselben Eindrücken konfrontiert.“ Die psychologische Nachbehandlung der First Responder sei daher wichtig.


Virtuelles Realitäts-Biofeedback-Training

Ausführlich stellen die Autoren die Funktionsweise und den Nutzen des virtuellen Realitäts-Biofeedback-Trainings (VRBT) vor, das sie mit anderen Experten des „International Security Competence Centre“ (ISCC) in Baden entwickelt haben. Die Dome-Darstellung von 3D-Szenarien in Echtzeit wird mit Geräuschen und Gerüchen sowie lebensechten „Menschen“ und Gegenständen kombiniert. First Responder können sich auf Einsätze nach Terroranschlägen vorbereiten. Im VRBT werden Schreckensszenarien virtuell präsentiert und es werden die Atemfrequenz, der Herzschlag und der Hautleitwert des Teilnehmers gemessen. Das Training dient vor allem zur Prävention von posttraumatischen Belastungssyndromen der Einsatzkräfte nach traumatischen Einsätzen. Die virtuelle Trainingswelt soll gewährleisten, dass Einsatzkräfte auch in außergewöhnlichen Situationen handlungsfähig bleiben und ihre Aufgaben zum Schutz der Menschen wahrnehmen können.

Die virtuelle Trainingswelt wurde entwickelt als Teil eines Ausbildungsprogramms im Rahmen des EU-Forschungsprojekts CAST (Comparative Assessment of Security-centered Training Curricula for First Responders on Disaster Managament in the EU). An diesem Projekt beteiligten sich unter der Leitung der Universität Salzburg 14 Partner aus sechs EU-Staaten, darunter das ISCC. Im Zentrum stand die Frage, ob Einsatzkräfte ausreichend auf Katastrophen vorbereitet sind.
Werner Sabitzer


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