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Elektronenmikroskopische Aufnahme von Coronaviren
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Herausforderung Coronavirus

Von Thomas Lay

Die mediale Berichterstattung über das Coronavirus SARS-CoV-2 spannt sich von „nicht schlimmer als ein Schnupfen“ über „Ruhe bewahren“ bis „Katastrophe“. Anfang März 2020 scheint die Situation in Deutschland beherrschbar.
Coronaviren sind seit Mitte der 1960er Jahre bekannt. Die Krankheitsverläufe beim Menschen reichen „von gewöhnlichen Erkältungen bis hin zu gefährlichen oder sogar potenziell tödlich verlaufenden Krankheiten wie dem Middle East Respiratory Syndrom (MERS) oder dem Severe Acut Respirator Syndrom (SARS)“.1 Das aktuelle Coronavirus SARS-CoV-2 kam möglicherweise Anfang Dezember 2019 aus einem Großhandelsmarkt für Meeresfrüchte in der Stadt Wuhan. Die chinesischen Behörden schlossen diesen Markt bereits Anfang Januar.

Sicher ist, was das neue Virus auslöst. Meist klagen die Patienten über Atembeschwerden, Fieber und Husten. Die bisher festgestellten Todesfälle traten gehäuft bei älteren Patienten auf, die bereits an schweren Grunderkrankungen litten.

In Deutschland werden die Zahlen der mit dem Coronavirus Infizierten vom Robert Koch Institut erfasst. Am 5. März 2020 waren dort deutschlandweit 349 Fälle bekannt, davon 175 in Nordrhein-Westfalen, 65 in Baden-Württemberg und 52 in Bayern. Dementsprechend fielen im DeutschlandTrend die Antworten auf die Frage aus: Wie groß ist ihre Sorge, sich mit dem Coronavirus anzustecken? 6 Prozent der Befragten antworteten mit „sehr groß“, 17 % schätzten sie „groß“, 37% „weniger groß“ und 39% „klein“ ein.

Weltweit sammelt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Infesktionszahlen. Aus der Volksrepublik China wurden 80.409 Fälle bekannt, 5.766 aus Südkorea, 3.089 aus Italien, 2.922 aus dem Iran und 706 Fälle wurden auf dem Passagierschiff „Diamond Princess“ in Japan gemeldet. Bereits am 30. Januar stellte die WHO fest, dass es sich „bei dem aktuellen Ausbruch durch das neuartige Coronavirus in China um eine ‚gesundheitliche Notlage mit internationaler Tragweite‘ handelt.“2

Die Spanische Grippe

Als die folgenreichste Grippeepidemie der Geschichte gilt die sogenannte Spanische Grippe. Diese trat im Jahr 1918 plötzlich auf und bis zum Jahr 1920 verstarben daran weltweit – die Schätzungen variieren sehr stark – zwischen 20 bis über 100 Millionen Menschen. Allein für Deutschland geht man von 426.000 Opfern dieser Influenza aus.

Es konnte nie zweifelsfrei geklärt werden, woher die Spanische Grippe kam. Recht sicher ist die Forschung aber, dass ihr Ursprung nicht in Spanien lag. Manches deutet darauf hin, dass sie zuerst im März 1918 im US-Bundesstaat Kansas auftrat. Der erste Patient soll Albert Gitchell gewesen sein, der als Koch im Militärfort Riley tätig war. Innerhalb weniger Tage infizierten sich mehr als 500 Männer. Von dort breitete sich die Epidemie rasch aus. Die Madrider Zeitung "El Sol" meldete bereits im Mai 1918, dass viele Menschen an einer rätselhaften Krankheit litten. Im Juni erreichte die Pandemie China, Australien, Neuseeland und Indien und gelangte dann nach Europa.

Heute geht man davon aus, dass die Spanische Grippe relativ harmlos begann: Im Frühjahr 1918 erkrankten zwar viele Menschen, aber nur wenige starben. Die zweite, für viele Menschen tödlich endende Welle, begann im Herbst 1918 und breitete sich besonders in Kriegsgefangenenlagern aus.

© WHO

Das Robert Koch Institut (RKI)

In Deutschland ist das Robert Koch Institut als zentrale Einrichtung der Bundesregierung unter anderem für die Krankheitsüberwachung und -prävention zuständig. Das Institut wurde im Jahr 1891 in Berlin als das „Königlich Preußische Institut für Infektionskrankheiten“ gegründet und bis 1904 von Robert Koch geleitet, einem der angesehensten Ärzte seiner Zeit, der den Erreger der Tuberkulose entdeckte und dafür im Jahr 1905 mit dem Nobelpreis geehrt wurde. Zurzeit arbeiten an den vier Standorten des Instituts in Berlin und Wernigerode mehr als 1100 Menschen, darunter rund 450 Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen.

Auf seiner Internetseite stellt das RKI umfangreiche Information zu dem Coronavirus SARS-CoV-2 für die Öffentlichkeit zur Verfügung. Nach heutigem Kenntnisstand liegt das durchschnittliche Alter der Erkrankten bei 51 Jahren. Etwa 80 Prozent der Erkrankungen verlaufen mild. Ein deutlich höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf und Tod haben aufgrund der in China erhobenen Daten Menschen über 60 Jahren, wobei Männer auffallend häufiger betroffen sind als Frauen. Das RKI räumt ein: „Momentan steht kein Impfstoff zur Verfügung. Wann ein Impfstoff zur Verfügung stehen könnte, ist derzeit nicht absehbar.“ Zur Risikobewertung führt das RKI aus: „Inzwischen sind in fast allen Bundesländern Infektionsfälle mit dem neuen Coronavirus (SARS-CoV-2) bestätigt worden. … Das Robert-Koch-Institut erfasst kontinuierlich die Lage, bewertet alle Informationen und schätzt das Risiko für die Bevölkerung in Deutschland ein. Auf globaler Ebene handelt es sich um eine sich sehr dynamisch entwickelnde und ernst zu nehmende Situation. Bei einem Teil der Fälle sind die Krankheitsverläufe schwer, auch tödliche Krankheitsverläufe kommen vor. Mit weiteren Fällen, Infektionsketten und Ausbrüchen muss in Deutschland gerechnet werden. Die Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung wird in Deutschland aktuell als mäßig eingeschätzt. Eine weltweite Ausbreitung des Erregers ist zu erwarten. … Sobald in Deutschland mehr Fälle auftreten, die nicht mehr auf einen bereits bekannten Fall zurückgeführt werden können und deutlich würde, dass die Verbreitung auch in Deutschland auf Dauer nicht zu vermeiden ist, wird die Bekämpfungsstrategie schrittweise angepasst.“

© WHO

Staatliche Maßnahmen gegen das Virus

Mehrere Bundesministerien haben sich mit den möglichen Auswirkungen des Coronavirus beschäftigt. Das Bundesministerium des Innern (BMI) hat zusammen mit dem Bundesministerium für Gesundheit einen Krisenstab eingerichtet, der zweimal in der Woche tagt. Unter anderem nehmen an den Beratungen auch Vertreter des Verteidigungsministeriums, des Auswärtigen Amtes, des Bundesfinanzministeriums, des Bundeslandwirtschaftsministeriums und des Bundeskanzleramtes teil.

Für die Sicherheitsbehörden stellt das BMI heraus, dass deren Funktionsfähigkeit „durch die Umsetzung der in Bund und Ländern existierenden Pandemiepläne mit geeigneten Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionsgefahren gewährleistet“ ist. Die Bundespolizei hat nach der Sitzung des Krisenstabs am 28. Februar 2020 ihre Kontrollen im 30 Kilometer breiten Grenzraum verstärkt. Sollten Corona-Verdachtsfälle auftreten, werden die erforderlichen Maßnahmen in Abstimmung mit den örtlichen Gesundheitsbehörden getroffen. Die Bahnunternehmen müssen Passagiere, die Symptome einer Coronavirus-Erkrankung aufweisen, den Behörden melden. Wie ein Zugbegleiter eine solche Diagnose stellen soll, lässt das BMI allerdings offen. Über die Möglichkeit, die Grenzen zu schließen, schreibt das BMI: „Nach Art. 25 und 28 des Schengener Grenzkodex kann die vorübergehende Einführung von Kontrollen an den Binnengrenzen als ultima ratio angeordnet werden. Voraussetzung dafür ist eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der Inneren Sicherheit. Bei Grenzkontrollen ist es angesichts der Inkubationszeit beim COVID 19-Virus kaum oder nur bedingt möglich, Träger des Virus oder bereits infizierte Personen zu erkennen.“ Vor diesem Hintergrund war es konsequent, dass der Krisenstab am 28. Februar ebenfalls entschied, dass die Beförderer im Luft- und Schiffsverkehr neben Reisenden aus China auch für Passagiere aus Südkorea, Japan, Italien und dem Iran deren Gesundheitsstatus melden müssen. Auf sogenannten Aussteigerkarten müssen die Flugreisenden aus den genannten Ländern Angaben zu ihrem Flug und zu ihrem Aufenthaltsort in den folgenden 30 Tagen nach der Landung machen. Zudem müssen sie eine Selbstauskunft zu ihrem Aufenthaltsort in den Herkunftsländern, Kontaktpersonen und gesundheitlichem Befinden abgeben. Das BMI stellt ebenso dar, dass erforderliche Quarantänemaßnahmen durch die zuständigen Landesgesundheitsbehörden erfolgen. Die Strafen bei Zuwiderhandlung gegen diese Anordnungen sind im §74 des Infektionsschutzgesetzes geregelt, sie können mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden.

Folgewirkungen

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie stellt auf seiner Internetseite fest: „Die Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft sind nach bisherigen Erkenntnissen schwer abzuschätzen.“ Dass einzelne Maßnahme auch Auswirkungen auf die Wirtschaft haben werden, steht jedoch bereits jetzt – im März 2020 – außer Zweifel. So hat der Gemeinsame Krisenstab am 28. Februar die Prinzipien des Robert Koch-Instituts zur Risikobewertung von Großveranstaltungen als bundesweit geltende einheitliche Leitlinien beschlossen. Auf seiner Internetseite schreibt das BMI: „Der Krisenstab ist der Auffassung, dass bei Anwendung dieser Prinzipien unmittelbar bevorstehende internationale Großveranstaltungen abgesagt werden sollten.“ Sowohl die Internationale Tourismusbörse als auch die Leipziger Buchmesse finden daher 2020 nicht statt; die Hannover Messe wurde in den Sommer verschoben. Der Krisenstab regelt auch Details, so wurde Anfang März ein Exportverbot für Schutzausrüstung, namentlich für Atemschutzmasken, Schutzkleidung und Handschuhe verhängt.

Zu drastischen Maßnahmen griff die japanische Regierung, indem sie Ende Februar alle Schulen schloss, um das Virus unter Kontrolle zu bringen. Beobachter vermuten, der Auslöser für diese Maßnahme könnte die Furcht sein, die Olympischen Spiele, die im Sommer in Tokio stattfinden sollen, absagen zu müssen. Der Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees, der Kanadier Dick Pound, hatte herausgestellt, bis Ende Mai müsse über die Austragung der Spiele in Tokio entschieden werden.

An vielen Aktienbörsen setzten Ende Februar große Kursverluste ein. Der Deutsche Aktienindex verlor zeitweise rund 15 Prozent seines Wertes. Wie so vieles andere auch ist es fraglich, wie die Weltwirtschaft auf das Coronavirus reagieren wird.

Hoffnung kommt aus der alljährlichen Erfahrung, dass Viruserkrankungen mit der wärmeren Jahreszeit abnehmen.

 

Quellen:

1 www.rki.de Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Coronavirus SARS-CoV-2.
2 Ebenda.

 

Über den Autor
Thomas Lay
Thomas Lay
Thomas Lay ist Mitglied der Redaktion von Veko-online. Aufgrund seiner langjährigen polizeilichen Erfahrung im In- und Ausland widmet er sich vornehmlich Sicherheitsthemen.
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