Integrierte Cash-Management-Lösung

Neue Wege für Handel, Banken und Wertdienstleister

Von Detlef Mayrle

Seit mehreren Jahren vollzieht sich in Deutschland - von der allgemeinen Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt - eine grundlegende Veränderung des Bargeldkreislaufes. Die Bundesbank zieht sich aus ihrem Kerngeschäftsfeld Bargeld, dem „Cash-Recycling“, sukzessive zurück. Damit werden die bisher von der Bundesbank getragenen Kosten in dreistelliger Millionenhöhe zunehmend in die gewerbliche Wirtschaft verlagert. Besonders schmerzlich trifft dies die ohnehin von Sach- und Personalkostensteigerungen geplagte und mit Imageproblemen kämpfende Branche der Geld- und Wertdienstleister. Der Einsatz neuer Techniken und strategische Partnerschaften mit anderen gewerblichen Bargeldakteuren, Einzelhandel und Banken könnten ein Ausweg aus dieser Kostenfalle sein.


Die alltägliche Verfügbarkeit von Bargeld geht im Allgemeinen auch mit der Annahme der Kostenfreiheit einher. Eine vieldiskutierte Ausnahme bildet hier wohl nur die Auszahlung am Geldautomaten, sofern es sich um Transaktionen von Direktbankkunden und Kunden anderer Bankengruppen handelt. Durch die Entwicklungen der letzten Jahre wird sich Bargeld jedoch immer mehr vom kostenfreien Gut zum bepreisten Produkt entwickeln. Dies muss jedoch keine grundsätzlich negative Entwicklung sein. Einerseits ergeben sich für diejenigen Banken – insbesondere Sparkassen, die Bargeld noch als Kernprodukt betrachten – zusätzliche Ertragspotenziale. Andererseits wird der Weg frei für neue, innovative Lösungen im Bargeldhandling. Denn nicht alle Kostensteigerungen im Prozess der gewerblichen Bargeldakteure werden sich auf die Endkunden abwälzen lassen.

Strategische Partnerschaft der gewerblichen Bargeldakteure

Ist Bargeld als Note gedruckt oder als Münze geprägt, wird es über die Bundesbank in „Umlauf“ gebracht. Ab diesem Zeitpunkt treten neben der Bundesbank gewerblich tätige Unternehmen in den Prozess ein, der wie bei anderen Gütern und Produkten den Transport und die Lagerung beinhaltet. Wenn die dabei entstehenden Aufwendungen nicht staatlich ersetzt oder von Kunden über ein entsprechendes Entgelt kompensiert werden können, bleiben Kosten und am Ende Verlust.
Ein Beispiel: Wenn sich Münzgeld zu Tonnen summiert und der Geldtransport mit gepanzerten Fahrzeugen und Bewaffnung erfolgen muss, sind damit erhebliche Kosten verbunden. In der Kasse eines Einzelhändlers ist Bargeld für das Rückgeld notwendig, mehr aber nicht. Die Tageseinnahmen müssen schnellstmöglich in Kontoguthaben umgewandelt werden, um Zahlungsziele zu nutzen, Kredite zu tilgen oder Zinserträge zu erzielen. Darüber hinaus sind Banken und Sparkassen notwendig, um Bargeld in Giralgeld umzuwandeln, weil kein Werttransportunternehmen und nur wenige Handelsunternehmen eine Lizenz für Zahlungsdienste besitzen.
Bis auf wenige Ansätze gehen die drei gewerblichen Bargeldakteure – Einzelhandel, Banken und Wertdienstleister – noch immer den Weg der Eigenoptimierung. Strategische Partnerschaften scheiterten bislang vor allem an mangelndem Vertrauen. Vertrauen ließe sich aber herstellen, wenn alle Beteiligten die notwendige Transparenz über die Bargeldbewegungen haben, die Sicherheit angemessen hoch ist und die Effizienz über die Zusammenarbeit gesteigert wird.


Marktreife technische Voraussetzungen

Wie selbstverständlich ist es heutzutage für jede Privatperson, den Bargeldbedarf am Automaten um die nächste Ecke zu decken. Auch Bargeldeinzahlungen von Noten und Münzen lassen sich vereinzelt in den SB-Standorten der Banken und insbesondere der Sparkassen vornehmen.
Auch für Gewerbetreibende in Deutschland steht nunmehr eine angemessene technische Lösung für die Bargeldeinzahlung zur Verfügung. Diese besteht aus intelligenten Einzahlungstresoren, sogenannten Retail-Deposits, die beim Einzelhändler stehen. Wie beim Geldautomaten werden diese Tresore über webbasierte Anwendungen online permanent überwacht. Mit den vorhandenen Informationen ist der Wertdienstleister in der Lage, je nach Füllstand die Abholung zu planen und technische Störungen sofort zu beheben. Sowohl Hardware als auch Software stehen der Technik der Banken in nichts mehr nach.


Argumente für Neue Wege

Insbesondere der Handel kann von diesem innovativen Produkt profitieren. Über das ihm zur Verfügung stehende Webportal erhält er Detailinformationen über seine Liquiditätssituation, die er bisher nicht oder nur mit erhöhtem Verwaltungsaufwand generiert hat. Dies kann bis zu einer konzernweiten Liquiditätssteuerung mit Vorteilen im Risikomanagement und der Senkung von Versicherungsprämien führen.
Die vorliegenden Umsatzdaten können über Schnittstellen der Buchhaltung und dem Controlling des Händlers zur Verfügung gestellt werden. Auch die Sicherheit wird durch die tagsüber jederzeit mögliche Abschöpfung aus den Kassensystemen erhöht. Hierbei ist nicht wie bisher eine Kontrollfunktion durch einen zweiten Mitarbeiter oder den Filialleiter notwendig, denn der Einzahlungstresor quittiert und prüft das Bargeld sofort. Ebenso entfällt die persönliche Übergabe an den Wertdienstleister. Denn der hat den Tresorbestand online im Blick und verfügt über einen gesicherten Zugang, ohne Mitwirkung der Handelsmitarbeiter. In Summe benötigt der Einzelhändler also weniger Zeit für sein Bargeldhandling und bekommt sofort nach Einzahlung in den Tresor eine Kontogutschrift.
Der zweite Gewinner sind die Wertdienstleister. Sie können sich als Systemdienstleister von ihrem bisherigen „Tanks and Guns“-Image lösen und neue Ertragspotenziale erschließen. Allerdings gelingt dies nur in Partnermodellen mit Banken und Sparkassen, denn ihnen selbst fehlt die Zulassung nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz.
Die Banken und Sparkassen können die Beziehung zu ihren gewerblichen Kunden intensivieren und mit einer entsprechenden Strategie Neukunden gewinnen. Die oft nicht mehr auf die Entgegennahme von größeren Bargeldmengen ausgelegten Filialen werden gleichzeitig entlastet.


Fazit:

Eine integrierte Cash-Management-Lösung über eine strategische Partnerschaft der gewerblichen Bargeldakteure ist eine zeitgemäße Antwort auf die aktuellen Herausforderungen. Sie kann die absehbaren Kostensteigerungen begrenzen, die Sicherheit und Transparenz im Bargeldhandling erhöhen.

 

 

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