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Die Welt im Wandel

Die Welt im Wandel: Wie zukunftsfähig sind wir eigentlich?

 Von Peter Sehr, Leitender Kriminaldirektor

Trotz der Abgedroschenheit der Phrase: Die Welt verändert sich rasant und teilweise in dramatischen Entwicklungszyklen. Ursächlich dafür sind neben den ökologischen Veränderungen die Entwicklung und der Einsatz neuer Technologien, die unser Leben mehr und mehr dominieren. Neben diesen neuen Technologien verändert sich aber auch unsere Gesellschaft, und dies in einem sehr heterogenen Maße. Neben den möglichen und wahrscheinlichen Entwicklungstendenzen geht dieser Artikel der Frage nach, ob und wie die Polizei in Deutschland ihrem Sicherheitsauftrag noch nachkommen kann, und ob nicht andere Wege für eine sichere Zukunft beschritten werden müssen.

 

Die weiter prosperierende Internationalisierung wirtschaftlicher Interessen führt neben der schier unendlichen Kommunikations- und Wissensplattform Internet zu einer umfassenden Globalisierung, die isolierte Betrachtungen von gesellschaftlichen, ökologischen, ökonomischen und technologischen Problemstellungen und darauf fußende Lösungsansätze von vorne herein zum Scheitern verurteilt.

Die jedem Bürger mittlerweile bewusste Vernetzung ist nicht nur durch das Internet manifestiert- sie zieht sich mittlerweile vollständig durch unser normales Alltagsleben und wird von uns als selbstverständlich, als „normal“ angesehen.

Wir zeigen uns dank der Medien und der neuen technologischen Möglichkeiten bestens informiert über militärische Konflikte, Bürgerkriege und Naturkatastrophen. Durch die veränderten Bedingungen und dem Eintritt in eine offene, grenzenlose Kommunikationsgesellschaft nehmen wir bereits unmittelbar Einfluss auf das politische oder gesellschaftliche Handeln.

Auch unsere Denkprozesse verändern sich. Informationen über Alles und Jeden sind jederzeit an fast jedem Ort verfügbar. Aber dieser Service fordert auch einen hohen Preis: Denk- und Behaltensprozesse werden durch Unterstützung von Apps und anderer Software weitgehend ersetzt. Ein Merken von Informationen erübrigt sich. Viele kennen ihre eigene Handynummer nicht mehr. Die schlichte Frage, wie komme ich von A nach B, löst heute ein Navigationssystem.

Informations- und damit Reizüberflutungen werden Normalzustand und fordern den Menschen zum multitaskingfähigen Handeln.

Hierzu ist er eigentlich nicht ausgelegt.

Vermutung oder Tatsache? Häufig ist über Autounfälle zu lesen, deren Verursachung „aus unbekannten Ursachen“ erfolgte. Unbekannte Ursachen?

Wissen wir nicht alle, wie viel mit Handys im Auto während der Fahrt telefoniert wird? Und wissen wir nicht auch, dass eigentlich nur eines ordentlich geht, telefonieren oder Auto fahren?

 Unser Smartphone ersetzt also mittlerweile die Denkprozesse. Schleichend werden wir immer abhängiger. In wenigen Jahren wird ein Großteil der Bevölkerung nicht mehr in der Lage sein, sich in fremder Umgebung zu orientieren.

….und die Frage, was passiert, wenn plötzlich diese nützlichen „Apps“ nicht mehr zur Verfügung stehen, sollten wir nicht versuchen zu beantworten, da sich das dann entstehende Chaos nicht beschreiben lässt.

Für Viele ist es nicht vorstellbar, dass sich Menschen auch ohne Hilfe des Internet in der Welt zu Recht finden. Und die Veränderungen haben, gemessen an den derzeit wahrnehmbaren technologischen Entwicklungen, gerade erst begonnen.

 

Veränderte Welt:

Was können wir in naher Zukunft eigentlich erwarten? Was wird unser Leben steuern, beeinflussen, verändern?

Wir werden uns mit großer Sicherheit wieder auf militärische Konflikte einstellen müssen, die sich nicht regional begrenzen lassen. Die Spannungen zwischen Israel und dem Iran zeigen das nachdrücklich.

Das Gewaltmonopol des Staates mit den jeweiligen Ausprägungen der Äußeren und Inneren Sicherheit wird sich weiter reduzieren. Neben den immer unschärfer werdenden und sich mehr und mehr vermischenden Aufgabenstellungen der Inneren und Äußeren Sicherheit werden auch andere Akteure weltweit mehr und mehr auf den Plan treten, die Gewalt in unkontrollierbarer Weise ausüben können.

Ein Beispiel?

Wo sind Tausende von Boden-Luft-Raketen nach dem Zusammenbruch des libyschen Regimes verblieben?

Terrorismus wird sich weiter als festes Element in der Welt etablieren. Nährboden hierfür sind die ökonomischen und ökologischen Verhältnisse insbesondere in Staaten, die extreme Gegensätze zwischen Arm und Reich aufweisen und nicht oder nicht ausreichend über soziale Netze verfügen. Ressourcenzugänge werden zum politischen Kalkül und dienen als Erpressungsmittel in Konfliktsfällen.

Religionskonflikte insbesondere an den Nahtstellen der großen Konfessionen Christentum und Islam nehmen weiter zu.

Ressourcenengpässe, insbesondere fehlende Rohstoffe, aber auch die zunehmende Wasserknappheit wird zu weiteren Auseinandersetzungen führen, wobei davon ausgegangen werden kann, dass sie auch mit Gewalt einher gehen. Viele Beispiele wie die Region der Kurden mit reichen Erdölvorkommen oder dem Südsudan, der sich unabhängig erklärt hat, belegen das.

Die zunehmende Verwüstung ganzer Landschaften führt zu dramatischen Verschlechterungen der Lebensumstände. Küstenregionen werden von Meerwasser überflutet.

Diese Verhältnisse führen zu weiteren Migrationsströmungen, die die reichen Länder als Ziel haben.

Weiter zunehmende Entfremdung sich national als Einheit empfindender Völker durch unkontrollierten Zuzug von Flüchtlingen wird Tendenzen hin zur Nationalstaatlichkeit verstärken. Staaten werden sich gesellschaftlich weiter abschotten, mit weiteren Rechtsrucktendenzen insbesondere in europäischen Gesellschaften muss man rechnen. Beispiele hierfür sind die Entwicklungen in Holland, Österreich und Frankreich.

Die Wohlstandsverteilung wird von den zu kurz Gekommenen immer mehr als Ungerechtigkeit empfunden. Es wird auch in Deutschland zu Protesten mit häufigeren Gewalttaten kommen, wenn sich die wirtschaftlichen Rahmendbedingungen zum Schlechteren wenden.

Wir werden dann feststellen, dass die Zivilisationsdecke sehr dünn ist.

 

 

 

Auswirkungen auf die polizeiliche Welt:

Die Globalisierung der Wirtschaft und der Finanzen führt aber auch zur Globalisierung der Kriminalität. Tatmittel wird hier zukünftig überwiegend das Internet sein.

Neben der Möglichkeit einer „preiswerten“ Kriegsführung von Staaten gegen Staaten und ihrer Derivate bilden sich weitere Kriminalitätsformen im Umfeld von Wirtschafts- und Finanzabläufen aus.

Opfer sind für Täter anonym, Täter für Opfer und Ermittlungsbehörden meist ebenfalls. Hemmschwellen sinken dadurch, oder sie sind erst gar nicht vorhanden.

Tatorte entstehen weltweit, Schäden sind teilweise beträchtlich, es werden durchaus auch Existenzen vernichtet und oftmals Menschen aus der Bahn geworfen.

Neue illegale Märkte entstehen. Grauzonen vergrößern sich, da gesetzliche Regelungen an (nationale) Grenzen stoßen oder erst gar nicht gewollt sind.

Wertvorstellungen und ethisches Verhalten werden sich ebenfalls drastisch ändern und sich eher zurückbilden.

Virtuelle Welten und Konstrukte werden fester Bestandteil von Internetnutzern bis hin zur Vermischung der realen mit der virtuellen Welt. Eine ganze Industrie wird sich darum bilden.

Es werden neue „Sprachen“, Idiome und „Slangs“ entstehen, Abhängigkeiten und Suchtpotenziale werden sich verstärken.

Man kann es sich auch täglich anschauen: Bei Vorträgen, in Seminaren oder bei sonstigen öffentlichen oder privaten Veranstaltungen wurden früher die Pausen zum Smalltalk und anderen Gesprächen genutzt. Heute beugen sich alle über ihr Smartphone und kommunizieren mit den Daumen.

Es bilden sich aber auch schon erste Gegenbewegungen, gerade wenn es um die Nutzung des Internet geht. Wer einmal drastisch zur Kasse gebeten wurde, weil er Opfer einer Phishing- Attacke oder Botnet-Angriffs geworden ist, überlegt sich durchaus, ob er Bankgeschäfte zukünftig nicht lieber wieder traditionell abwickelt und die Hände vom Computer lässt.

Sehr spannend wird es sein zu beobachten, in welchem Umfang sich solche Bewegungen, nennen wir sie mal die „Zurück-zur-Einfachheit-Bewegung“ ohne Internet und Hypertechnologie, entwickeln werden. Wie werden sich Befürworter einer solchen Bewegung verhalten? Werden sie sich politisch organisieren? Werden sie in den Untergrund gehen, quasi zwangsläufig, da sie nicht im Internet wahrnehmbar sind?

Spätestens an dieser Stelle kann man nur noch spekulieren.

Trotzdem müssen diese Betrachtungen, beispielsweise durch Szenarienbildungen, durchgeführt werden, da sich hier auch für die Polizei Konsequenzen ergeben. Wenn das Internet als Recherchemedium genutzt wird, weil polizeiliche Ermittler sich nicht mehr vorstellen können, dass außerhalb dessen Sphäre noch Aktivitäten von Menschen (Tätern) statt finden, dann liegt der Schluss nahe, dass es zu Ermittlungslücken kommen wird.

Und überhaupt: Wir haben mittlerweile abertausende Reporter, Ermittler, Richter, Ankläger.

Die Anonymität lässt jede Hemmschwelle weichen, gilt es, vermeintliche Skandale offen zu legen und vermeintliche Täter zur Strecke zu bringen.

Unter diesem Druck arbeiten professionelle Medienvertreter zunehmend unsauber, um möglichst schnell als erste weltweit informieren zu können. Auch die Tendenz, alles skandalisieren zu wollen bzw. zu müssen, damit die Information überhaupt noch wahrgenommen wird, führt in der Regel zu einer Emotionalisierung insbesondere der Internetnutzer, was zu sehr bedenklichen Ausuferungen führt. Der Mordfall Lena mit einer Verhaftung eines Verdächtigen unter Mitwirkung von Medien in Emden mit einer sich anschließenden Verbreitung des Namens des vermeintlichen Täters bis hin zur Skandierung nach Lynchjustiz vor der Polizeistation ist uns allen noch in Erinnerung.

Dieses Beispiel zeigt aber auch deutlich auf, auf was sich die Polizei zukünftig einstellen muss.

Im Internet wird der Erfolgsdruck drastisch und schnell aufgebaut. Dort überschlagen sich Hinweise, Vermutungen, Verdachtslagen. Sauber recherchiert wird hier erst gar nicht.

Die Polizei kommt somit nicht umhin, auch darauf zu reagieren.

Neben der Sensibilisierung des eigenen Verhaltens, dass Tatverdächtige gegen die Preisgabe ihres Namens zu schützen sind, muss auch in Blogs oder Foren deeskalierend auf besonders bedenkliche (Meinungs-) Entwicklungen eingewirkt werden.

Hier baut sich ein erhebliches Spannungsfeld zwischen dem Recht um Auskunft auf der einen Seite und den Schutzinteressen betroffener Bürger auf der anderen auf, auch wenn sie tatverdächtig sind.

Es ist, um diese Vorgänge in die alte heile (?) Welt zu transportieren, so, als gäbe es einen riesigen Stammtisch, an dem sich alle kräftig hoch schaukeln.

Die Polizei muss mit an den Tisch, und das erfordert neben der notwendigen Sensibilität sehr viel Geschick beim Umgang mit heißen Themen, um eine Deeskalation zu bewirken.

Man wird über dieses neue Tätigkeitsfeld innerhalb der Polizei schnell nachdenken müssen.

Man wird aber auch sich der Frage stellen müssen, wie wir dann mit dem Legalitätsprinzip umzugehen haben.

Es mag erst einmal durchaus gefallen, dass man mit Polizisten per Du verkehrt, spätestens bei strafverfolgungswürdigem Verhalten hört dann der Spaß für alle Beteiligten auf.

Erste Arbeitsgruppen der Bundesländer und des Bundes haben sich mit der Gesamtproblematik beschäftigt. Von den Ergebnissen her wird man nicht umhin kommen, sich dieses Feldes anzunehmen, sei es, um geplante Straftaten rechtzeitig erkennen zu können, sei es, um die wild wuchernden Spekulationen um vermeintlich „falsches“ oder „rechtswidriges“ Vorgehen von Polizisten zu beendet oder mindest zu beeinflussen.

 

Kommunikation und deren Möglichkeiten zur Überwachung

Keine Frage, wir sind mittlerweile im Zuge der Vernetzung eine weltweit kommunizierende Community geworden. Im Internet erlebt man gemeinsam Abenteuer, löst Aufgaben, tauscht sich aus, schließt Freundschaften. Dabei ist es ziemlich egal, ob die neuen „Freunde“ aus Deutschland, England, Mexico, Südafrika oder Osteuropa kommen.

Die Faszination des gemeinsamen Erlebnisses zieht mehr und mehr Menschen in seinen Bann. Früher nicht oder nur mit größten Aufwänden überbrückbare Distanzen spielen heute keine Rolle mehr.

Technologien tragen diesem Verlangen nach immer mehr Vernetztheit Rechnung. Es entsteht das „Next Generation Network“, was nichts Anderes bedeutet, dass sich jederzeit und überall auf allen Kommunikationsgeräten wie Handy, Smartphone, Computer, Fernseher etc. Kommunikation betreiben lässt. Dies führt zu einem gigantischen Markt, der neben den konvergenten Netzen deutlich mehr Diensteanbieter aufweisen wird. Darüber hinaus werden sich Transport- und Diensteebenen trennen. In diesem Zusammenhang werden mehr Protokolle genutzt werden, steigende Übertragungsraten und –mengen werden obligatorisch sein.

Die Daten werden nicht mehr dezentral verfügbar gestellt- vielmehr werden nahezu alle Services in der „Cloud“ vorrätig gehalten.

Diesen Vorgang kann man gut mit dem Beispiel der Nutzung von Lichtquellen vergleichen.

Früher gab es für die Sippe das gemeinsame Lagerfeuer, dann hatten Hütten oder Häuser Fackeln, Öllampen, später lokal erzeugtes elektrisches Licht.

Heute wird Strom international erzeugt und gehandelt. Keiner weiß, aus welchen Quellen der eigene genutzte Strom erzeugt wird, und woher er kommt. Ähnlich wird es sich mit den Daten im Internet verhalten. Cloud- oder Gridcomputing dringt rasant in unser Nutzerleben.

Anonymisierung und Kryptierung werden weiter zunehmen, auch das nomadisierende Nutzen verschiedener Zugänge zum Internet, die beispielsweise einen unberechtigten Zugang erlauben.

Es entstanden und entstehen illegale Zentren für Anonymisierungsdienste (z.B. TOR-Dienste).

Weitere Varianten wie z.B. „Caller-ID Spoofing“ wurden bereits entwickelt (Caller-ID Spoofing: Beim Anruf wird eine vermeintlich richtige Telefonnummer übermittelt, die tatsächlich jedoch falsch generiert ist.

 Ein Beispiel: Firma A bemüht sich um einen millionenschweren Auftrag und liegt aussichtsreich vor der Konkurrenzfirma B. Diese ruft den Auftraggeber an und gibt sich als Vertreter der Firma A aus. Im Telefondisplay wird auch die Telefonnummer des Unternehmens A angezeigt. Im Gespräch wird so viel Inkompetenz übermittelt, dass der Auftrag schließlich an das Unternehmen B geht.

Bei diesen bereits eingetretenen, sich bildenden oder in Kürze zu befürchtenden Entwicklungen stellt sich nun für die Polizei die Frage, wie zukünftig überhaupt noch Kommunikation überwacht werden kann. Oder handelt es sich bei dem Anruf tatsächlich um die Person, zu der die Telefonnummer ausgegeben wurde? Polizeiliche Ermittlungen müssen daher in Bereichen ansetzen, die bisher nicht zu überprüfen waren.

Ohne hier ins Detail gehen zu wollen: Es dürfte durchaus erwägenswert werden, dass sich die Polizei wieder vermehrt um Personalbeweise kümmern muss.

Dies dürfte auch durch die geplanten drastischen Einsparungen im Haushalt des Bundes und den Haushalten der Länder erforderlich werden.

Technologische Hochrüstung der Polizeien erfordert zunehmend große Summen, um überhaupt nur annähernd der kriminellen Seite entgegen treten zu können.

Das Bundesministerium des Innern vollzog vor drei Jahren einen durchaus richtigen Schritt, in dem es ein „Competence Center TKÜ (CC TKÜ)“ einrichten wollte. Die Idee war, alle nationalen Sicherheitsbehörden des Bundes zukünftig in einem Kompetenzzentrum für TKÜ zusammen zu führen.

Einer Umsetzung, wie es z.B. in Großbritannien mit der NTAC gelungen ist, stand die Weigerung des Bundeskanzleramtes entgegen, die den Bundesnachrichtendienst (BND) nicht in diesem Konstrukt sehen wollte.

Das CC TKÜ entwickelte sich schließlich aus dem BMI nach geordneten Behörden BKA, BPol und BfV. Die Entscheidung, das CC TKÜ nicht, wie ursprünglich vorgesehen, im BKA anzusiedeln, sondern im Bundesverwaltungsamt (BVA), stieß in der nationalen Polizeiwelt auf Widerstand, da eine Kooperation mit einer nicht vollzugspolizeilichen Behörde als rechtlich schwierig bis unmöglich eingeschätzt wurde.

Die Idee wurde schließlich aufgegeben. Es entstand an Stelle des CC TKÜ ein „Strategie- und Forschungszentrum Telekommunikation (SFZ TK). Hier werden vom BKA, der BPol und dem BfV Forschungsprojekte und Methodenentwicklungen gemeinsam geplant und finanziert.

Dieses Konstrukt zeigt schon sehr deutlich, wie sich zukünftig polizeiliche Arbeit ausrichten muss: Es müssen sich insbesondere bei kostspieligen Vorhaben zunehmend Kooperationen bilden, wobei sich diese nicht nur auf rein polizeiliche Partnerschaften eingrenzen sollten.

Auch im Bereich der Länderpolizeien haben sich im TKÜ- Bereich Kooperationen gebildet, um gemeinsame TKÜ- Zentren zu betreiben.

Es dürfte auch in absehbarer Zeit wieder die Frage gestellt werden, ob jedes Bundesland eine (kostenintensive) Kriminaltechnik vorhalten muss, oder ob es nicht auch hier zu einem arbeitsteiligen Zusammenwirken kommen sollte.

Beim Blick über Deutschlands Grenzen hinaus stellt man fest, dass sogar in der Schweiz erkennbar Tendenzen sich manifestieren, aus den Kantonen Aufgaben auf den Bund zu verlagern.

Die Selbständigkeit der Kantonspolizeien ist von ihrer Qualität her auf eine große Unabhängigkeit vom Bund noch eine ganz andere als in Deutschland. Also treten auch hier die gleichen Zwänge auf, die im Wesentlichen auf Grund der immensen technologischen Kosten zu einer Zusammenarbeit mit dem Bund zwingen.

Das BKA arbeitet im Bereich der Technologien bereits seit Jahren mit der Schweizerischen Bundespolizei (fedpol), dem österreichischen Bundeskriminalamt und dem Strategie- und Innovationszentrum des Bayerischen Landeskriminalamtes zusammen. Die gewonnenen Synergien sind für alle Beteiligten eindrucksvoll und werden zu weiteren Kooperationen führen.

Weitere Premiumpartner auf dem Gebiet der technologischen Zusammenarbeit sind die Polizeien von Kanada, Großbritannien, Niederlande und Israel.

Damit einher gehend spielt die Vernetzung von Keyplayern eine immer wichtigere Rolle.

Bevor kostspielige Aktivitäten eingeleitet werden, seien es Beschaffungen, Entwicklungen, Forschung oder ähnliches, sollten die entsprechenden Stellen in den Polizeibehörden über ihre Netzwerke erst einmal in Erfahrung bringen,

wer

  • eventuell das gleiche Problem hat,
  • an einer Lösung bereits arbeitet oder ein einsetzbares Produkt besitzt,
  • sich an einer Initiative beteiligen will oder
  • einen Hinweis geben kann, an welche Experten man sich wenden sollte.

 

Gute Netzwerke unterstützen daher Lösungsprozesse, in dem sowohl Zeit als auch Ressourcen geschont werden können.

 

Forschung und Entwicklung in der deutschen Polizei:

Für den Forschungs- und Entwicklungsbereich sollte die deutsche Polizei ganzheitlich deutlich aktiver werden.

Es kommen schon Bedenken auf, wenn bei Einladungen zu Technologiesymposien aus einigen Bundesländern nur die Spezialkräfte (MEK, SEK) anreisen. Bei aller Wertschätzung dieser Kolleginnen und Kollegen wird aber ein anderes Klientel erwartet, das sich nicht nur technikaffin zeigt, sondern auf wissenschaftlicher Basis oder mit tiefer gehenden Sachverstand (Ingenieure) sich um die Aufgabenstellungen kümmern kann.

Der durch den Arbeitskreis II der Innenministerien und –senatoren erkannte Nachholbedarf ist zwischenzeitlich im Polizeitechnischen Institut der Deutschen Hochschule der Polizei angelangt. Hier gibt es eine Neustrukturierung und Optimierung, die insbesondere die Netzwerkbildung als zentrale Aufgabe in den Mittelpunkt stellen wird.

Eine weitere Initiative wurde ebenfalls an der DHPol gestartet. Hier wird zentral eine Schnittstelle im Bereich der Sicherheitsforschung zwischen den Polizeien, Universitäten, Instituten und der Wirtschaft gebildet, um zukünftig vermehrt Drittmittel aus den jeweiligen Forschungsprogrammen der Bundesregierung zu erlangen.

Die Rolle der Polizei umfasst folgende Aspekte:

Oftmals wird bei Technologieprojekten, die starken Bezug zur polizeilichen Arbeit haben, eine qualifizierte Beratung benötigt.

Auch in Bezug auf einen potenziellen Nutzen benötigen die Konsortien (in der Regel deutsche Wirtschaftsunternehmen, Universitäten und Forschungsinstitute) sogenannte „end User“. Sinn und Zweck dieser Eigenschaft ist, dass es für ein Forschungsprojekt auch einen Nutzen geben muss, was bedeutet, dass bei einem marktfähigen Produkt die Polizei auch am Ergebnis derart interessiert ist, dass das Produkt gekauft und genutzt wird.

Hier bieten sich im Übrigen noch Potenziale für Verhandlungen über Nutzungsrechte.

Während die Forschungsvorhaben bisher meist dicht vor dem Prototypen oder mit Realisierung des Prototypen geendet haben, sollen im in Kürze erfolgenden 3. Call des nationalen Forschungsprojekts des BMBF auch marktreife Produkte entstehen. Das bedeutet, dass zusätzlich Produktions- und ggf. Vertriebsunternehmen mit in die Konsortialspartnerschaften integriert werden könnten. Für die Polizei ergibt sich hier ein neues Feld, da ja auch der zu leistende Input bei der Beratung durchaus geldwerte Vorteile erbringt.

Verhandlungen über freie Nutzungsrechte der Produkte wie z.B. Ersparnis von Lizenzkosten sollten zumindest zukünftig bei Eintreten einer solchen Entwicklung ernsthaft geprüft werden.

In der internationalen Zusammenarbeit ist diese Variante schon lange Usus. Es geht zu wie zu Zeiten des Tauschhandels: Ich gebe dir mein Produkt, du gibst mir dafür deines.

Beispiel im BKA: Erfahrungen des BKA belegen, dass man dann Offenheit und Zusammenarbeit in sensiblen Technologiefeldern erwarten kann, wenn man auf Augenhöhe verhandeln kann.

Für das BKA ist das nicht immer einfach, ist es auf der einen Seite zwar Zentralstelle für die Polizeien des Bundes und der Länder, aber in diesen Fällen der eigenen Aufgabenwahrnehmung eben nicht. Sowohl die KLPD in den Niederlanden als auch die CAST in Großbritannien sind hingegen Zentralstellen mit Zuständigkeiten für alle Polizeidistrikte in der Fläche. Insofern ist auch der Ressourcenansatz in den beiden Ländern ein ungleich höherer als beim BKA.

Ein wesentlicher Punkt ist, um das noch einmal verstärkt aufzugreifen, die rechtzeitige Beschaffung einer benötigten Information und ihr Transport zu der richtigen Stelle.

Sicherlich hilft auch das Internet bei entsprechenden Recherchen. Es wird aber oftmals keine Auskunft z.B. über Forschungsvorhaben geben, da es in der Regel ein Interesse gibt, diese Entwicklungen erst einmal „im kleinen Kreis“ zu halten.

Auch hierzu benötigt die Polizei ein verlässliches Netzwerk, was bedeutet, dass alle nutzbringenden Kontakte nachhaltig alle zur Verfügung stehen.

Präsident Ziercke (BKA) hatte mit seiner Global Player Initiative den Grundstein für eine weitere Vernetzung zwischen großen Wirtschaftsunternehmen und dem BKA gelegt. Im Zuge dieser Initiative wurden nunmehr auf technologischer Fachebene entsprechende Kontakte hergestellt und verfestigt. Hierzu leistet sich das BKA einen eigenen „Netzwerker“, der für das „Technische Entwicklungs- und Servicezentrum, Innovative Technologien (KI 2-TESIT) Sondierungsgespräche initiiert.

So wurden ab dem 4. Quartal 2011 alle acht Fraunhoferinstitute, die sich mit Sicherheitsforschung beschäftigen, besucht.

Weitere Kontaktaufnahmen erfolgten (BITCOM, BDI) bzw. stehen an (Bundeswehr).

In den Gesprächen galt und gilt es auszuloten, auf welchen Gebieten eine zukünftige engere Zusammenarbeit möglich ist.

 

Fazit:

Um noch einmal (sinngemäß) ein Zitat von Professor Dr. Backes, Universität des Saarlandes, zu bemühen:

 „Jede Gesellschaft muss erst einmal wissen, was sie will oder eben nicht will. Erst dann kann sie entsprechend handeln.“

Diese Aussage passt ebenfalls zur polizeilichen Arbeit. Die Gesellschaft ist nun gefragt, wie sie mit den zukünftigen Problemstellungen umgehen will. Bei einer starken Betonung freiheitlicher Rechte ist die Kehrseite der Medaille die Restriktion der Überwachung und Verfolgung von Tatverdächtigen und Straftätern. Man kann dann nicht verlangen, dass die Polizei und die Dienste alles wissen. Will man eine strikte Trennung der Informationen von Nachrichtendiensten und Polizeien, muss man sich über Informationslücken nicht wundern. Ein Puzzle entsteht nicht als Bild, wenn die Teile in mehreren unterschiedlichen Räumen vorhanden sind.

Als Gesellschaft kann man ja durchaus damit leben. Die Mängel sollten aber allen bewusst sein, und die Gesellschaft sollte dies dann auch akzeptieren. Vielleicht führt das auch zu mehr Gelassenheit, denn uns ist allen klar, dass es einen Rund-Um-Schutz nicht geben kann.

Will man dennoch mehr Sicherheit, bedarf es hierzu auch einem konsequenten Bekenntnis zu einer modernen Polizei, die mit den neuen technologischen Entwicklungen Schritt hält.

Sicherlich konnten bei der Weite der in diesem Artikel betrachteten Felder nicht alle Aspekte betrachtet werden. Das braucht es auch nicht, weil sich die Botschaften leicht aus dem Geschilderten generieren lassen, sofern man, wie ich es einschätze, in Deutschland in einer möglichst sicheren Gesellschaft leben will.

 

Aus meiner Sicht sind hierzu folgende Schritte notwendig: 

  • Es sollte gründlicher erforscht werden, welche Entwicklungen insbesondere im Hinblick auf Gesellschaft, Ökologie, Ökonomie und Technologie zu erwarten sind.
  • Auf dieser Basis müssen die vordringlichen Aufgabenstellungen für die deutschen Polizeien definiert werden.
  • Es müssen Konzepte erarbeitet werden, die in konkrete Umsetzungspläne münden.
  • Die (politischen) Entscheidungsträger müssen von der Notwendigkeit von Investitionen in die Sicherheit überzeugt werden.
  • Entsprechende Ressourcen müssen aus den jeweiligen Haushalten bereit gestellt werden.
  • Umsetzungspläne müssen immanent zum Ziel haben, über das bestehende und auszubauende Netzwerk auszuschließen, dass das Rad neu erfunden wird
  • Über das Netzwerk sollten auch potenzielle Partner gesucht und gefunden werden
  • Drittmittel sollten bei Forschungs- und Entwicklungsvorhaben generiert werden. Forschung und Entwicklung darf nicht länger ein Nischendasein in der Polizei führen.
  • Schließlich sollte der Aspekt der Prävention deutlich mehr in den Vordergrund polizeilicher Arbeit gestellt werden.

 

Sind das nur fromme Wünsche?

Manchmal sehe ich einsame Brücken irgendwo im Wald stehen, die für viel Geld gebaut wurden und das Produkt einer Fehlplanung sind.

Dieses Geld würde jedem Bundesland genügen, um sich einiger Sorgen in der Polizei zu entledigen.

Oder aber ein teures Waffensystem, eine unsinnige Subvention, oder aber auch Strafen, die wir an die EU zahlen, weil wir mit nationalen Umsetzungen gemeinsamer Beschlüsse nicht nachkommen. Die Vorratsdatenspeicherung lässt grüßen….

 

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